Gebührenpflichtige Negativauskunft

  • gebührenrechtlichen Schießbefehl.


    Das geht dann doch ein bißchen weit - immerhin gibt es ja sogar Gerichte, die es ähnlich sehen.

    Auch wenn ich mich auf dem dafür vorgesehenen Rechtsweg beschweren würde, würde ich (als "Kunde" der Justiz) in diesen Fällen nicht von den Kostenbeamten erwarten, dass sie sich entsprechenden, jedenfalls fomal wirksamen Weisungen widersetzen.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Man hat auch im Mysteriun auf die "Kritik" aus Rheinland Pfalz reagiert,
    (wohlgemerkt Sachbearbeiter in der Sache war der Autor zur Kommentierung des JVEG, 2.Auflage,
    der hier m.E. aber deutlich übers Ziel "hinausgeschossen" ist):

    "In der von dem Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz aufgeworfenen Rechtsfrage
    vertrete ich die Auffassung, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz vom
    22.06.2016 (14 W 295/16) keinen Anlass dazu gibt, den hiesigen Erlass vom 07.08.2014
    – gleiches Aktenzeichen – zu ändern.


    Das JVKostG findet unmittelbar nur für die Justizbehörden des Bundes Anwendung.
    Für die Landesjustizbehörden kann es hingegen nur dann unmittelbar angewendet werden,
    wenn es sich um ein in § 1 Abs. 2 JVKostG genanntes Geschäft oder ein gerichtliches Verfahren
    nach § 22 Abs. 1 Satz 1 JVKostG handelt (§ 1 Abs. 4 JVKostG). Aus diesem Grund bestimmt
    § 1 Abs. 1 Satz 1 JKostG LSA, dass in Justizverwaltungsangelegenheiten Kosten (Gebühren
    und Auslagen) nach dem JVKostG erhoben werden. Diese Regelung entspricht den in den
    Justizkostengesetzen der anderen Länder enthaltenen Regelungen. Damit soll sichergestellt
    werden, dass das JVKostG in vollem Umfang auch für die Justizbehörden der Länder
    Anwendung findet. Das folgt aus den Gesetzesbegründungen zu den jeweiligen Landesjustizkosten-
    gesetzen, auch zu dem Landesjustizverwaltungskostengesetz (LJVwKostG) in Rheinland-Pfalz,
    über welches das OLG Koblenz entschieden hat (vgl. Landtagsdrucksache Rheinland-Pfalz
    12/903, S. 8; Landtagsdrucksache Rheinland-Pfalz, Drucksachen Abteilung II Nr. 316, S. 1570 zu § 1).

    Die Regelungen im JKostG LSA treten deshalb ergänzend zu den Regelungen des JVKostG
    hinzu, was aus § 1 Abs. 2 JKostG LSA folgt. Die in der Anlage zum JKostG LSA enthaltenen
    Gebühren ersetzen deshalb die Gebühren des KV-JVKostG nicht, sondern gelten für Justiz-
    verwaltungsgeschäfte, die bei den Justizbehörden des Bundes nicht vorkommen (Landtags-
    drucksache Sachsen-Anhalt 1/2566, S. 11 zu § 1 JKostG LSA).

    Soweit es sich um eine Justizverwaltungsangelegenheit einer Landesjustizbehörde handelt,
    findet deshalb das JVKostG auch dann uneingeschränkt Anwendung, einschließlich des Kos-
    tenverzeichnisses (Anlage zu § 4 Abs. 1 JVKostG), wenn es sich nicht um ein in § 1 Abs. 2
    JVKostG genanntes Geschäft handelt und sich aus landesrechtlichen Regelungen auch keine
    Einschränkungen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 JKostG LSA) ergeben. Die Erteilung von schriftlichen
    Auskünften, die sowohl in Justizverwaltungsangelegenheiten des Bundes und der Länder vor-
    kommt, unterfällt deshalb wegen § 1 Abs. 1 Satz 1 JKostG LSA auch in den Fällen der Ertei-
    lung von Auskünften durch Justizverwaltungsbehörden des Landes Sachsen-Anhalt der Ge-
    bühr der Nr. 1401 KV-JVKostG.

    Da es sich bei den Aktenregistern um Schriftgut der Landesjustizverwaltung handelt, vertrete
    ich auch weiterhin die Auffassung, dass es sich bei den Fällen, in denen eine schriftliche Aus-
    kunft erteilt wird, dass keine Nachlassverfahren anhängig sind oder waren, um eine Justizver-
    waltungsangelegenheit handelt.

    Für die Erteilung von solchen Negativauskünften ist deshalb weiterhin eine Gebühr nach Nr.
    1401 KV-JVKostG zu erheben (vgl. LG Köln, Beschluss vom 22.09.2015, 34 T 204/15, juris)."

  • Ich hätte eine neue Variante dazu.

    Ein hessisches Nachlassgericht will EUR 15,- nach Nr. 1401 JVKostG nicht für eine Negativauskunft, sondern für die Auskunft aus der Sterbefallanzeige, die in Hessen das Ortsgericht an das Nachlassgericht schickt.

    Ist das Abheften und Aufbewahren dieser Sterbefallanzeigen (auch wenn es keine IV oder VI - Akte gibt) eine Justizverwaltungsangelegenheit oder eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit?

    Man hat die Angelegenheit überprüft und die Kosten sind zurückzuerstatten :)

  • Für Sachsen-Anhalt gilt:

    a) Die Gebühr nach Nr. 1401 KV JVKostG entsteht für die Bescheinigung oder schriftliche Auskunft, dass kein Nachlassverfahren anhängig ist oder war. Die den erteilten Negativbescheinigungen zugrunde liegenden Auskunftsersuchen Dritter sind als Angelegenheit der Justizverwaltung anzusehen. Unbeachtlich ist insoweit die Form der Auskunft, es kommt lediglich darauf an, dass sie schriftlich erteilt wird.

    (Hervorhebung durch mich)

    Und wenn ich mit meinem Gericht gut kann, rufe ich an oder gehe kurz vorbei und plaudere ein bißchen... und schon kostet eine Negativauskunft nix?

  • ...was ja zwangsläufig dazu führen müsste, dass die Justizverwaltung die Auskünfte aufgrund mündlichen Vortragens des Berechtigten immer schriftlich zu erteilen hätte, nachdem die Geschäftsstelle des Nachlassgerichts feststellt, dass kein Nachlassvorgang vorliegt. Das nenn ich mal Justizgewährungsanspruch :teufel:...

  • Könnte man das auch Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für gelangweilte Rechtspfleger nennen?


    (nicht, dass es davon viele geben würde, aber offensichtlich wird das an den Stellen so gesehen, die sich das ausgedacht haben)

  • Nun, ich versteh noch nicht mal sämtliche Hierarchien bei uns im Unternehmen, da kannst Du nicht verlangen, dass ich bei euch durchsteige... ;)

  • "...
    Da es sich bei den Aktenregistern um Schriftgut der Landesjustizverwaltung handelt, vertrete
    ich auch weiterhin die Auffassung, dass es sich bei den Fällen, in denen eine schriftliche Aus-
    kunft erteilt wird, dass keine Nachlassverfahren anhängig sind oder waren, um eine Justizver-
    waltungsangelegenheit handelt. ..." [Ergänzung: Das ist eine von Sersch zitierte Aussage des Ministeriums]

    Die nicht vorhandene Nachlassakte ist also Schriftgut der Landesjustiverwaltung? Was für eine herausragende Begründung. Schade, dass die eigentlichen Fragen nicht beantwortet wurden, z.B. § 1 Abs. 1 GNotKG und Art. 31 GG.

  • Ich denke auch, dass das MJ in dieser Weise völlig übers Ziel hinausgeschossen ist und warte nur auf die nächste Kostenentscheidung des Obergerichts unserers Landes. Schade nur, dass sich wohl kein Vertreter der Landeskasse (der Bezirksrevisor) den Schuh anziehen und dagegen remonstrieren wird.

  • Ich hoffe Du hast es versehentlich so zitiert, so dass ich vervollständige :D

    Gerade gelesen:
    OLG Koblenz vom 22.06.2016

    Zitat

    Da kein Nachlassvorgang vorhanden sei, handele es sich nicht um eine gerichtliche Auskunft, sondern um eine solche in einer Justizverwaltungsangelegenheit.

    Aktuell hat sich das OLG Koblenz mit der Thematik beschäftigt, Beschluss vom 22.06.2016, 14 W 295/16, bei juris veröffentlicht.

    "§ 1 Abs. 1 Satz 1 LJVwKostG iVm Nr. 1401 KVJVKostG stellt keine taugliche Grundlage für die Erhebung einer Auskunftsgebühr in Höhe von 15 € dar, wenn auf ein Auskunftsersuchen nach §§ 13, 357 FamFG mitgeteilt wird, dass kein Nachlassvorgang vorhanden ist."

  • Ich muss die Thematik mal bemühen... Erinnerung bei mir (Rheinland-Pfalz) gegen die 15,-€, Kostenbeamter hilft nicht ab, Bezirksrevisor schließt sich dem in seiner Stellungnahme an und stellt über Seiten hinweg letztlich zur Schau, dass er die OLG Koblenz Entscheidung für Humbug hält.

    Ich neige dazu, der Erinnerung abzuhelfen, weil ich die Argumente dieser Ansicht überzeugender finde, anderslautende Ansicht meines Ministeriums hin oder her.

    Gibt es dafür eine Formularnummer in Forumstar? Ich tu mich mit der Formulierung schwer. Ich müsste den Kostenbeamten quasi anweisen, von der Anforderung der 15 € abzusehen. Und dem Bezirksrevisor Rechtsmittel einräumen, klar...
    Wenn es keine Formularnummer gibt, mach ich es über die 530 :oops:

  • Ich sage es gerne immer wieder: Wer A sagt muss auch B sagen können.

    In diesem Fall stellen sich doch schon mal zwei Grundfragen zur Erhebung der Kosten nach § 1 JVKostG i. V. m. Nr. 1401 Anl. zu § 4 Abs. 1 JVKostG für den angeblichen gebührenpflichtigen Justizverwaltungsakt: Wer ist für die Erhebung der Kosten sachlich zuständig; Wer ist hierfür funktionell zuständig?

    Sachlich zuständig zur Erhebung der Kosten ist die jeweilige Justizbehörde, vertreten durch den Behördenleiter, sodass es m.E. keine Aufgabe des Kostenbeamten des Nachlassgerichts darstellt, mithin nicht der Rechtsbehelf aus § 81 GNotKG greifen kann, da ein gebührenpflichtiges Hauptsachegeschäft eines Gerichts - es soll ja ein Justizverwaltungsakt sein - gar nicht vorliegt, sondern das einer Justizbehörde.

    Danach liegt ein Rechtsbehelf nach § 22 Abs. 1 JVKostG vor

    (1) 1Über Einwendungen gegen den Ansatz der Kosten oder gegen Maßnahmen nach den §§ 8 und 9 entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Justizbehörde ihren Sitz hat. 2Für das gerichtliche Verfahren sind die §§ 5a, 5b, 66 Absatz 2 bis 8, die §§ 67 und 69a des Gerichtskostengesetzes entsprechend anzuwenden.

    Danach entscheidet über den eingelegten Rechtsbehelf zur Erhebung der Gebühr über einen Justizverwaltungsakt das sachlich zuständige Amtsgericht. Funktionell zuständig ist wohl mangels gesetzlicher Ausgestaltung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 JVKostG der zuständige Einzelrichter, weil sich das weitere Verfahren darüber nach § 66 Abs. 2 bis 8 GKG richtet. (so auch Hartmann im Fall der Anwendung nach dem § 30a EGGVG in Kostengesetze 46. Auflage Rn. 12, bei dem sich das weitere Verfahren nach § 81 Abs. 2 bis 8 GNotKG richtet, sodass es für die Erstentscheidung nur der nach dem FamFG zuständige Einzelrichter sein kann).

    Der Rechtspfleger ist in jedem Fall funktionell über die Entscheidung des eingelegten Rechtsbehelfs der Erinnerung nach § 22 JVKostG nicht zuständig.

  • Danke :)

    Ich bin nun gerade der Meinung, eine Erhebung der 15 € Gebühr über das Justizverwaltungsrecht kommt nicht in Frage, dann kann ich doch auch den Rechtsmittelweg nicht über 22 JVwKostG gehen :gruebel:

    Edit: 66 GKG ist dennoch anwendbar, wer lesen kann, ist klar im Vorteil

  • In Nds. gibt es nun auch eine Reaktion auf die Entscheidung des OLG Koblenz. Das MJ hat mit Erlass vom 14.12.2016 auf 4 Seiten ausgeführt, warum aus nds. Sicht dem OLG nicht zu folgen ist (also Kosten zu erheben sind).

  • Ich muss die Thematik mal bemühen... Erinnerung bei mir (Rheinland-Pfalz) gegen die 15,-€, Kostenbeamter hilft nicht ab, Bezirksrevisor schließt sich dem in seiner Stellungnahme an und stellt über Seiten hinweg letztlich zur Schau, dass er die OLG Koblenz Entscheidung für Humbug hält.

    Ich neige dazu, der Erinnerung abzuhelfen, weil ich die Argumente dieser Ansicht überzeugender finde, anderslautende Ansicht meines Ministeriums hin oder her.

    Das sind Rechtspfleger wie Cromwell sie sich wünscht. Chapeau!

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

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