Nacherbenvermerk am Surrogat

  • Mich beschäftigt der folgende Fall:

    Ausweislich des Erbscheins ist A auflösend bedingte Vollerbin. Sie verliert diesen Status mit ihrer Wiederheirat und ist dann nur noch Vorerbin, Nacherben sollen die gesetzlichen Erben des Erblassers sein.

    Die auflösend bedingte Vollerbin (= aufschiebend bedingte Vorerbin) hat Wohnungseigentum veräußert; der Notar hat vor Eigentumsumschreibung den Kaufpreis fällig gestellt, er wurde bereits vor Monaten gezahlt. Nach Angaben der Verkäuferin (Voll/Vorerbin) hat sie mit Mitteln des Nachlasses ein "Ersatzgrundstück" erworben. Dieser Vertrag ist längst abgewickelt. Sie ist inzwischen dort als Eigentümerin eingetragen worden; insoweit hatte das GBA keine Kenntnis davon, dass der Erwerb mit Mitteln aus einem möglicherweise dem Nacherbenrecht unterliegenden Nachlass erfolgt ist.

    Der Nacherbenvermerk ist bis heute nicht nin das Grundbuch des "Ersatzgrundstücks" übernommen worden.

    Das Grundbuchamt des Wohnungseigentums hat den Eigentumsumschreibungs-antrag beanstandet und verlangt die Zustimmung eines Pflegers der unbekannten Nacherben zur Veräußerung, weil der Nacherbenvermerk im Grundbuch des Wohnungseigentums gelöscht werden soll.

    M. E reicht es zur Sicherung des Nacherbenrechts aus, dass die Verkäuferin in der Form des § 29 GBO erklärt, dass sie das Ersatzgrundstück auch mit Mitteln des Nachlasses erworben hat, damit von Amts wegen der Nacherbenvermerk in das Grundbuch des "Ersatzgrundstücks" übernommen werden kann; jedenfalls dann, wenn dieser Kaufpreis (Verkehrswert) höher oder gleich ist.

    Zur Zustimmung des Pflegers noch:

    M. E. ist diese Zustimmung abhängig von der vorherigen "Übernahme" des Nacherbenvermerks.

  • Die bedingte Vorerbin ist m.E. als befreit anzusehen, so dass eine NE-Zustimmung nur bei (teilweise) unentgeltlichen Veräußerungen zu fordern wäre. Da hier wohl nichts gegen eine voll entgeltliche Veräußerung spricht, wäre ein Pfleger allenfalls für die Nacherben im GB-Verfahren anzuhören (rechtliches Gehör vor berichtigender Löschung des NE-Vermerks).

    Darauf, ob ein NE-Vermerk am Surrogat eingetragen ist oder wird, kommt es meiner Ansicht nach nicht an. Entscheidend ist allein, ob die Veräußerung voll entgeltlich erfolgt.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Der Erbschein weist keine Befreiung der bedingten Vorerbin aus, Grundlage war ein völlig blödsinnes privatschriftliches Testament.

  • Wenn tatsächlich keine Befreiung vorliegt (was ich bei einer Wiederverheiratungsklausel äußerst merkwürdig finde), müssen die Nacherben dem Verkauf zustimmen, wenn der NE-Vermerk gelöscht werden soll. Das lässt sich m.E. nicht durch die Eintragung des NE-Vermerks am Surrogat umgehen, weil der Erwerb des Ersatzgrundstücks nichts daran ändert, dass über das ursprüngliche Nachlassgrundstück in die NE beeinträchtigender Weise (§ 2113 Abs. 1 BGB) verfügt wird.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Wie ich vermutet hatte, auch wenn dieser Fall relativ selten vorkommt.

    Unter dieser Prämisse ist es jedenfalls nicht von vorneherein unplausibel, dass es sich um eine nicht befreite Vorerbschaft handelt. Ich würde gleichwohl mal einen Blick in die Nachlassakten werfen, ob die Frage der Befreiung im Erbscheinsverfahren überhaupt problematisiert wurde. Falls nein, könnte man eine erneute nachlassgerichtliche Überprüfung und ggf. die Einziehung und Neuerteilung des Erbscheins anregen.

    Also entweder Pflegerbestellung nach § 1913 BGB wegen Erteilung der erforderlichen Zustimmung (samt betreuungsgerichtlicher Genehmigung) für die unbekannten Nacherben (bei nicht befreiter Vorerbschaft) oder Bestellung eines solchen Pflegers zum Zweck der Anhörung wegen der Entgeltlichkeit der Verfügung (bei befreiter Vorerbschaft).

    Ansonsten wie Ulf: Die Frage, ob die Veräußerung (samt Löschung des NE-Vermerks) vollzogen werden kann, hat mit der Frage der Eintragung des NE-Vermerks am Surrogatsgrundstück nichts zu tun. Das Letztere - im Wege der Grundbuchberichtigung - zu erfolgen hat, steht außer Frage, aber der Vollzug der Veräußerung kann davon nicht abhängig gemacht werden. Sollte nach dem Gesagten eine materielle Zustimmung des zu bestellenden Pflegers (samt betreuungsgerichtlicher Genehmigung) erforderlich sein, wird der Pfleger diese Zustimmung aber natürlich erst nach erfolgter Berichtigung des Surrogationsgrundbuchs erteilen.

    War der Kaufpreis beim Erwerb gleich hoch oder niedriger als bei der Veräußerung, ist die Eintragung des NE-Vermerks am Surrogationsgrundbesitz kein Problem ("unbeschränkter" NE-Vermerk). War er höher, kann der NE-Vermerk nur für eine entsprechende Miteigentumsquote eingetragen werden.

  • Nun denn, irgendwie ist die Eigentumsumschreibung und Löschung des Nacherbenvermerks schon mit der Eintragung am Surragatsgrundstück verbunden, weil der Pfleger - wie Cromwell bestätigt - erst nach Übernahme des Vermerks zustimmen wird.
    Über eine mögliche, zwar nicht ausdrücklich ausgesprochene Befreiung der Vorerbin hatte ich auch nachgedacht. Weil die Testatoren in ihrem Testament für den Fall der Nacherbschaft aber eben unbekannte Nach erben = gesetzliche Erben eingesetzt haben, aber als Schlusserben ihre Söhne - mit Pflichtteilsstrafklausel - benannt haben, lege ich das Testament so aus, dass die testatoren genau wussten, was sie anrichten. Man muss m. E. davon ausgehen, dass ihnen der Unterschied zwischen der befreiten und nicht befreiten vorerbschaft bewusst war und sie niedergeschrieben haben, was sie wirklich wollten.
    Mag der Notar ggfls tätig werden.

    Braucht das Grundbuchamt bei Übernahme des Vermerks ein Wertgutachten?

  • Wozu ein Gutachten? Es kommt doch nur auf den erhaltenen bzw. gezahlten Kaufpreis an, wenn ich das richtig verstehe!?!

    Ulf

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  • Die Bewilligung des Vorerben unter Angabe, dass der Erwerb mit den Mitteln aus dem Verkauf des NL-Grundstücks erfolgte, würde ich mal sagen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ob man es Bewilligung nennt, dürfte keine Rolle spielen. Jedenfalls muss die Unrichtigkeit des Grundbuchs des Ersatzgrundstücks in grundbuchtauglicher Form nachgewiesen werden. Sei es das die Vorerbin nur urkundlich erklärt, dass sie das Ersatzgrundstück mit Mitteln des Nachlasses erworben hat oder aber eine "Berichtigungsbewilligung" abgibt. Ohne Mitwirkung der Vorerbin wird es schwierig.

    Zum Gutachten:
    Cromwell schrieb in seiner Antwort vom "anteiligen Nacherbenrecht", falls der Wert des Ersatzgrundstücks höher ist.
    Dieser wirkliche Wert muss nicht zwingend mit dem Kaufpreis übereinstimmen. Deshalb die Frage nach dem Gutachten.

  • Wenn die Vorerbin etwas urkundlich erklärt, könnte das im Grundbuchverfahren nur eine Berichtigungsbewilligung sein. Der Unrichtigkeitsnachweis sei andererseits auf § 35 GBO als Lex specialis beschränkt. In der Kosequenz bliebe - wie im verlinkten Thread - nur die Möglichkeit eines bewilligten Widerspruchs.

  • @ 45:

    Also ich würde den von Dir zu § 35 GBO verlinkten Fall gar nicht auf das hier besprochene Problem beziehen. In dem anderen Fall ging es doch - wenn ich das richtig überflogen habe - um die Erbfolge an sich. Hier geht es doch aber nur darum, ob ein Gegenstand zum Nachlass gehört. Das hat doch mit § 35 GBO nichts zu tun, meine ich.

    @ oldman:

    Ich denke nicht, dass es auf den tatsächlichen Wert ankommt sondern eben darauf, ob das Ersatzgrundstück vollständig oder evtl. nur anteilig mit NL-Mitteln erworben wurde und würde die Aussage von Cromwell entsprechend lesen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • @ 45:

    Also ich würde den von Dir zu § 35 GBO verlinkten Fall gar nicht auf das hier besprochene Problem beziehen. In dem anderen Fall ging es doch - wenn ich das richtig überflogen habe - um die Erbfolge an sich. Hier geht es doch aber nur darum, ob ein Gegenstand zum Nachlass gehört. Das hat doch mit § 35 GBO nichts zu tun, meine ich.

    Muß. Nach Cromwell bzw. Bestelmeyer ist eine Eintragung des Vermerks aufgrund einer Bewilligung nicht möglich. Beim Vermerk, der zeitgleich mit der Erbfolge eingetragen wird, ist das aus tatsächlichen Gründen schon nicht möglich, weil Buchberechtigter da noch der Verstorbene wäre. Aber Bestelmeyer bezieht sich in seinem Aufsatz ausdrücklich auf das Landgericht Berlin. Und da ging es um die Bewilligung des Vorerben auf Eintragung beim Ersatzgrundstück.

  • Wenn es um die ursprüngliche Eintragung der Erbfolge geht, muss das Nacherbenrecht unstreitig nach Maßgabe des § 35 GBO nachgewiesen werden. Wurde der Vorerbe ohne Erbschein aufgrund unzutreffender Auslegung einer notariellen letztwilligen Verfügung als Vollerbe (ohne Nacherbenvermerk) eingetragen, ist für die nachträgliche Eintragung des Nacherbenvermerks auch insoweit ein Erbnachweis nach § 35 GBO erforderlich. Eine nachträgliche Eintragung des Nacherbenvermerks im Rahmen der Berichtigung der ursprünglich eingetragenen Erbfolge kann demzufolge nicht auf bloße Bewilligung des Vorerben erfolgen.

    Ist bereits ein Nacherbenvermerk eingetragen und soll er gelöscht werden, weil die Nacherbfolge in Wahrheit von vorneherein nicht bestanden hat, geht es auch insoweit um den Nachweis der ursprünglichen (aber unrichtig eingetragenen) Erbfolge nach Maßgabe des § 35 GBO. Der Nacherbenvermerk kann demzufolge nicht auf bloße Bewilligung des vorgeblichen Nacherben gelöscht werden.

    Beim vorliegenden Fall geht es im Gegensatz zu den beiden vorstehenden Sachverhalten nicht um die ursprünglich zutreffende Erbfolge, sondern darum, dass die Erbfolge (samt Nacherbenvermerk) ursprünglich zutreffend eingetragen war, ein Nachlassgegenstand durch wirksame Veräußerung aus dem Nacherbenverband ausschied (Löschung aufgrund Unrichtigkeitsnachweis) und dafür ein anderer infolge Surrogationn nach § 2111 BGB hinzukam. Dieser Fall hat mit § 35 GBO nichts (mehr) zu tun, sondern es geht darum, dass das Grundbuch mangels Eintragung des Nacherbenvermerks unrichtig geworden und demzufolge durch nachträgliche Eintragung des Nacherbenvermerks zu berichtigen ist. Hierfür bedarf es - wie beim Verkauf und anschließenden Neukauf durch einen TV - lediglich des Nachweises der Voraussetzungen der Surrogation. Dieser Nachweis wird regelmäßig durch eine der Form des § 29 GBO entsprechende (Geständnis-)Erklärung des Vorerben erbracht, ohne dass es von Belang wäre, ob es sich dabei im Rechtssinne um eine Berichtigungsbewilligung handelt, weil hiervon im Ergebnis nichts abhängt.

  • Das hat Cromwell in seiner letzten Antwort 3. Absatz schön ausgedrückt, aber das wollte ich - wenn auch nicht so toll dargelegt - auch schreiben

  • Also Geständniserkärung geht, eine Berichtigungsbewilligung laut Aufsatz nicht und wenn der Vermerk schon anfänglich nicht eingetragen wurde, könnte der Nacherbe den Vermerk nicht im Klageweg erzwingen?

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