Inhaltsänderung Grunddienstbarkeiten

  • Guten Morgen liebe Kollegen,

    im Grundbuch des dienenden Grundstücks sind mehrere Geh-, Fahr- und Leitungsrechte zugunsten der Eigentümer mehrerer herrschender Grundstücke eingetragen. In den Grundbüchern der herrschenden Grundstücke sind jeweils Herrschvermerke eingetragen. Zum Umfang der Dienstbarkeit gehört u.a. jeweils, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks zur Erhaltung des begeh- und befahrbaren Zustands des Grundstücks verpflichtet ist.
    Nun bewilligen und beantragen die Eigentümer der herrschenden Grundstücke, die Eintragung der Ergänzung des Umfangs der Dienstbarkeiten dahingehend, dass "die jeweiligen Nutzer des belasteten Grundstücks neben dem Eigentümer verpflichtet sind, dieses in einem begeh- und befahrbaren Zustand zu erhalten."

    1.
    M.E. ist der Ausdruck "jeweilige Nutzer" zu unbestimmt. Das könnten ja auch Mieter u.a. Personen sein.
    2.
    Würdet ihr bei dieser Inhaltserweiterung die Zustimmung der gleich- und nachrangigen Berechtigten des dienenden und der herrschenden Grundstücke für erforderlich halten?

    Vielen Dank!

    2 Mal editiert, zuletzt von jonas (28. Januar 2016 um 10:04)

  • Zu 1) würde ich auch eine Klarstellung verlangen.

    Zu 2) Bislang war nach § 1021 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt worden, dass der Eigentümer die Anlage (Weg, auf den sich das Geh- und Fahrrecht bezieht bzw. in dem sich die Leitungen befinden) in einem begeh- und befahrbaren Zustand zu erhalten hat.

    Nunmehr soll diese Anlage von den Dienstbarkeitsberechtigten neben dem Eigentümer in einem begeh- und befahrbaren Zustand erhalten werden.

    Eine solche Vereinbarung ist nach § § 1021 Abs. 1 S. 2 BGB nur dann möglich, wenn dem Eigentümer des belasteten Grundstücks ein Mitbenutzungsrecht zusteht (KG, NJW 1970, 1686 = Rpfleger 1970, 281 = DNotZ 1970, 606; OLG Düsseldorf, RNotZ 2003, 455; Schmenger, BWNotZ 4/2007, 73 ff, 90; Volmer, MittBayNot 2000, 387/388 mit weit. Nachw.).

    Diese Regelung setzt die Eintragung beim dienenden Grundstück voraus (s. Mayer im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 1021 RNern 7, 14 (dort auch zur streitigen Frage, ob (auch) eine Eintragung beim herrschenden Grundstück zu erfolgen hat).

    Die Eintragung beim dienenden Grundstück hat jedoch der Eigentümer dieses Grundstücks zu bewilligen. Daher möchte ich bezweifeln, ob die Eintragungsbewilligungen der Dienstbarkeitsberechtigten ausreichen.

    Auch müssen der Änderung subjektiv-dinglicher Rechte die Inhaber von Drittrechten am herrschenden Grundstück zustimmen, es sei denn ihr Recht bleibt unberührt (§ 876 S. 2; s. Kohler im Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 877 RN 9).

    Wie Gursky im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, zu § 877 RN 78 ausführt, gehört in den Fällen des § 876 S 1 (also wenn das zu ändernde Recht unmittelbar mit einem Drittrecht belastet ist) die Eintragungsbewilligung des Drittberechtigten als das verfahrensrechtliche Korrelat der materiell-rechtlichen Zustimmungserklärung bereits dann zu den formellen Eintragungsvoraussetzungen (§§ 19, 29 GBO), wenn das Drittrecht (möglicherweise) einen rechtlichen Verlust erleiden kann (BGHZ 66, 341, 345 = DNotZ 1976, 490, 492; BayObLGZ 1974, 217 = Rpfleger 1974, 314).

    Und da die Dienstbarkeitsberechtigten bislang nicht für einen begeh- und befahrbaren Zustand sorgen mussten, erleiden auch die Drittberechtigten möglicherweise einen rechtlichen Verlust. Daher sind auch die Drittberechtigten von der Inhaltsänderung betroffen, so dass auch deren Eintragungsbewilligungen erforderlich sind (s. Staudinger/Gursky, § 876 RN 25, § 877 RN 73 und RN 78 mwN).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für deine ausführliche Antwort!
    Ich hab zwischenzeitlich schon eine Zwischenverfügung an den Notar abgesandt. Wegen der Bewilligung des Eigentümers des dienenden Grundstücks hatte ich auch gegrübelt. Dieser war zwar bei der Beurkundung zugegen, hat aber nicht ausdrücklich auch bewilligt. Werd mir am Montag die von dir aufgeführten Quellen noch mal in Ruhe ansehen und ggf. die Zwischenverfügung noch ergänzen.

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