Kosten im Verfahren nach § 1674 BGB

  • Hallo Forumsgemeinde,
    die Sufu hat mir nicht weitergeholfen (vllt. war ich zu doof?:oops:)

    Auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt voll zum Affen mache, weil die Antwort so simpel ist, nur dass ich den Wald vor lauter Bäumen nicht sehe

    Folgender Fall stellt sich mir dar:
    Ein Anwalt (Vertreter KM) stellt einen "Antrag" auf Ruhen der elterlichen Sorge nach § 1674 BGB (tatsächliches Hindernis) und gleichzeitig einen Antrag auf Bewilligung von VKH nebst Beiordnung für dieses Verfahren, da der Aufenthalt des KV unbekannt ist.
    Gleichzeitig läuft bzgl. der KM und des KV ein Scheidungsverfahren bei uns. In diesem Verfahren wird der Aufenthalt des KV bekannt, sodass die Voraussetzungen des § 1674 BGB nicht mehr gegeben sind.
    Ich fordere daher den Anwalt auf den "Antrag" zurückzunehmen, da die Voraussetzungen nicht (mehr) vorliegen.
    Dieser sagt, dass er den erst zurücknimmt, wenn ich über den VKH-Antrag entschieden habe. Ich hatte jedoch vor gem. § 81 I 2 FamFG von Erhebung von Gerichtskosten abzusehen und außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Natürlich wirkt das nur zwischen den Parteien, nicht jedoch bei RA-Beiordnung zwischen RA und Staatskasse.
    Ich bin jedoch nicht unbedingt gewillt VKH zu gewähren, da meiner Meinung nach eh keine Kosten anfallen. Außerdem handelt es sich bei 1674 BGB um ein reines Amtsverfahren. Rechtsanwaltliche Vertretung halte ich dann eh nicht für geboten.
    Jetzt zu meinen Fragen:
    1. Was haltet ihr von der Konstellation
    2. Wenn ich dennoch dazu gezwungen bin VKH zu bewilligen, muss ich dann auch den Verfahrenswert festlegen

    Danke schonmal

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  • Ich würde VKH und Beiordnung ablehnen, denn die Inanspruchnahme eines Anwalts erscheint nicht geboten. Wie du schon schreibst, ist es ein Amtsverfahren, und es hätte eine Anregung/Mittelung (mündlich oder schriftlich) an das Gericht ausgereicht, um hier ein Amtsverfahren ins Leben zu rufen. Ggf. hätte für diesen Rat durch den Anwalt Beratungshilfe in Anspruch genommen werden können, aber selbst das ist fraglich, weil man der Mutter auf dem Jugendamt auch die erforderlichen Auskünfte geben konnte.

    Sodann würde ich wohl auch von der Kostenerhebung absehen, was die Festlegung eines Gegenstandswertes insgesamt entbehrlich macht.

  • So einfach sehe ich das nicht.

    Gemäß SV, stand der Aufenthalt des KV bei Einreichung des Antrags noch nicht fest (zumindest habe ich das so verstanden), sondern wurde erst im Zuge des später anhängigen Scheidungsverfahrens festgestellt. Die pauschale Ablehnung der VKH erscheint mir daher nicht richtig zu sein.

    Die Kostenentscheidung hat im Übrigen mit der Entscheidung über die VKH zu tun. Dass Kosten in diesem Fall nicht erhoben werden, lässt sich einfach aus dem § 81 FamFG entnehmen.

    Einmal editiert, zuletzt von Felix (9. Februar 2016 um 08:33)

  • H...... Außerdem handelt es sich bei 1674 BGB um ein reines Amtsverfahren. Rechtsanwaltliche Vertretung halte ich dann eh nicht für geboten.
    ...l

    Wenn es ein "reines" Amtsverfahren wäre, hätte der mit der Scheidung befasste Richter den Regelungsbedarf erkannt und das zum damaligen Zeitpunkt notwendige Verfahren in Gang gesetzt. Wetten, dass der Anwalt den Richter im Scheidungsverfahren auf den Komplex "Sorgerecht" angesprochen hat? Der Richter wird ihm gesagt haben: Mach mal über 1674 statt über alleinige ES nach 1671, das ist der mildere Eingriff in die ES des Vaters - und spart ihm Arbeit.

  • So einfach sehe ich das nicht.
    Gemäß SV, stand der Aufenthalt des KV bei Einreichung des Antrags noch nicht fest (zumindest habe ich das so verstanden), sondern wurde erst im Zuge des später anhängigen Scheidungsverfahrens festgestellt. Die pauschale Ablehnung der VKH erscheint mir daher nicht richtig zu sein.


    Eben !:daumenrau Auch bzgl. Moosi.

  • Ihr könnt die Frage gern mal ins Subforum Beratungshilfe stellen: Ich wette, dass die Mehrheit dort nicht mal Beratungshilfe bewilligen würde, weil man auf das JA gehen und die Situation schildern kann, wo man dann garantiert die richtige Antwort bekommt (Ruhen der eSO anregen, Rechtsantragstelle aufsuchen).
    Und wenn ich mir den § 78 FamFG anschaue und die Kommentierung hierzu in Keidel, verbleibe ich bei meiner Auffassung, dass ein Anwalt weder vorgeschrieben noch notwendig ist. Man kann mit einfachen Worten ausdrücken, dass der Vater unbekannten Aufenthalts ist und das man insoweit die elterliche Sorge gern geregelt haben möchte. Jeder Rechtspfleger auf der RAST sollte dann auf die Idee kommen, einen richtigen Antrag aufzunehmen. Hier ist weder etwas rechtlich schwierig, noch stehen sich irgendwelche Partei streitig gegenüber, noch ist ein Ungleichgewicht zu befürchten (z.B. gegenüber einer anwaltlich vertretenen Partei). Fraglich ist zudem sehr, ob eine vermögende Partei hierfür einen Anwalt beauftragt hätte. Das OLG Saarbrücken (FamRZ 2010, 1690) sieht nicht mal für die Umgangsausgestaltung die Notwendigkeit für eine Beiordnung, das OLG Dresden (NJW-RR 2010, 1155) sieht keine Notwendigkeit, wenn Eltern und Jugendamt der gleichen Meinung sind ....
    Also eine gewisse Schwelle für die Notwendigkeit ist da schon anzusetzen. Und Ruhen der elterlichen Sorge auf Grund des unbekannten Aufenthalts eines Elternteils ist völlig unstreitig, es gibt ja nicht mal jemanden, der da Einwendungen erheben wird. In dem Falle wäre ich mir völlig sicher, nicht zu bewilligen und es darauf ankommen zu lassen, eine Beschwerde dem OLG vorzulegen. Darauf, ob der Richter nun in einem anderen Verfahren der Mutter oder deren Anwalt irgendeinen Hinweis gegeben hat, kommt es für das neue Verfahren nun gar nicht an.

  • Unter der begründeten Annahme , das das hier wie in #4 beschrieben abgelaufen ist, überzeugt mich die Argumentation aus Beratungshilfesicht noch nicht.

  • Ihr könnt die Frage gern mal ins Subforum Beratungshilfe stellen: Ich wette, dass die Mehrheit dort nicht mal Beratungshilfe bewilligen würde, weil man auf das JA gehen und die Situation schildern kann, wo man dann garantiert die richtige Antwort bekommt (Ruhen der eSO anregen, Rechtsantragstelle aufsuchen).
    Und wenn ich mir den § 78 FamFG anschaue und die Kommentierung hierzu in Keidel, verbleibe ich bei meiner Auffassung, dass ein Anwalt weder vorgeschrieben noch notwendig ist. Man kann mit einfachen Worten ausdrücken, dass der Vater unbekannten Aufenthalts ist und das man insoweit die elterliche Sorge gern geregelt haben möchte. Jeder Rechtspfleger auf der RAST sollte dann auf die Idee kommen, einen richtigen Antrag aufzunehmen. Hier ist weder etwas rechtlich schwierig, noch stehen sich irgendwelche Partei streitig gegenüber, noch ist ein Ungleichgewicht zu befürchten (z.B. gegenüber einer anwaltlich vertretenen Partei). Fraglich ist zudem sehr, ob eine vermögende Partei hierfür einen Anwalt beauftragt hätte. Das OLG Saarbrücken (FamRZ 2010, 1690) sieht nicht mal für die Umgangsausgestaltung die Notwendigkeit für eine Beiordnung, das OLG Dresden (NJW-RR 2010, 1155) sieht keine Notwendigkeit, wenn Eltern und Jugendamt der gleichen Meinung sind ....
    Also eine gewisse Schwelle für die Notwendigkeit ist da schon anzusetzen. Und Ruhen der elterlichen Sorge auf Grund des unbekannten Aufenthalts eines Elternteils ist völlig unstreitig, es gibt ja nicht mal jemanden, der da Einwendungen erheben wird. In dem Falle wäre ich mir völlig sicher, nicht zu bewilligen und es darauf ankommen zu lassen, eine Beschwerde dem OLG vorzulegen. Darauf, ob der Richter nun in einem anderen Verfahren der Mutter oder deren Anwalt irgendeinen Hinweis gegeben hat, kommt es für das neue Verfahren nun gar nicht an.


    Wenn du den Keidel schon zitierst, verweise ich auf die Rn 12 zu § 78.

    Zitat:
    "Sorgerechtsverfahren [...] im Regelfall ist ein Anwalt erforderlich [...]"

    Im Übrigen zitiert Keidel auch das BVerfG und die dortige Differenzierung zwischen objektiven und subjektiven Kriterien. Demnach stellt sich das nicht so eindeutig dar. Ich hätte da grundsätzlich keine Bedenken, die VKH zu bewilligen.


  • Im Übrigen zitiert Keidel auch das BVerfG und die dortige Differenzierung zwischen objektiven und subjektiven Kriterien. Demnach stellt sich das nicht so eindeutig dar. Ich hätte da grundsätzlich keine Bedenken, die VKH zu bewilligen.

    :daumenrau Womit mal wieder bewiesen ist , dass Beratungs-und Prozesskostenhilfe nicht immer konform laufen müssen.

  • Gut eine pauschale Ablehnung von VKH, nur weil es ein reines Amtsverfahren ist, kommt also nicht in Frage... Insoweit bin ich überzeugt, da hier offensichtlich nicht unbedingt Mutwilligkeit zu bejahen ist. (das Gegenteil lässt sich anhand des SV schlecht beweisen)
    Allerdings müsste dann immer noch über die Beiordnung entschieden werden.
    Das wiederum halte ich dann doch für fraglich, da zumindest die Erfolgsaussichten verschwindend gering sind und auch keine rechtlichen besonderen Schwierigkeiten auftreten.

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  • Der Vergleich mit der BerH hinkt schon deshalb, weil in der VKH nicht auf andere Hilfen verwiesen werden darf.


    Wenn du den Keidel schon zitierst, verweise ich auf die Rn 12 zu § 78.

    Zitat:
    "Sorgerechtsverfahren [...] im Regelfall ist ein Anwalt erforderlich [...]"


    Aber die Mitteilung "Der Vater ist verschwunden" (und mehr ist nicht erforderlich) stellt wohl kaum den Regelfall eines Sorgerechtsverfahrens dar.


    Im Übrigen zitiert Keidel auch das BVerfG und die dortige Differenzierung zwischen objektiven und subjektiven Kriterien. Demnach stellt sich das nicht so eindeutig dar. Ich hätte da grundsätzlich keine Bedenken, die VKH zu bewilligen.

    VKH bewilligen, ja. Beiordnung, nein. Alleine dadurch, dass sie den RA beauftragt hat, hat die KM bewiesen, dass sie in der Lage gewesen wäre, dem Gericht die notwendigen Angaben zu machen.


  • Gewagte Theorie(en).

    Für mich es unzweideutig ein Sorgerechtsverfahren, denn es soll festgestellt werden, dass die elterliche Sorge ruht.

    Die Beauftragung eines RA indiziert wohl kaum die Fähigkeit zu erkennen, wie ein gerichtliches Verfahren später aussieht.


  • Gewagte Theorie(en).
    Für mich es unzweideutig ein Sorgerechtsverfahren, denn es soll festgestellt werden, dass die elterliche Sorge ruht.
    Die Beauftragung eines RA indiziert wohl kaum die Fähigkeit zu erkennen, wie ein gerichtliches Verfahren später aussieht.


    :daumenrau Zumal oft genug ( auch hier ) ein Sorgerechtsantrag vom Richter in ein Ruhensantrag umgedeutet wird.


  • Gewagte Theorie(en).

    Für mich es unzweideutig ein Sorgerechtsverfahren, denn es soll festgestellt werden, dass die elterliche Sorge ruht.



    Was ich mit keiner Silbe bestritten habe. Es handelt sich aber nicht um den Regelfall (Wortwahl aus dem Keidel), was die Schwierigkeit betrifft.


    Die Beauftragung eines RA indiziert wohl kaum die Fähigkeit zu erkennen, wie ein gerichtliches Verfahren später aussieht.

    Die ist auch nicht erforderlich.

  • Also zu meiner Zeit in der Familienabteilung wurden solche Anträge regelmäßig bei der RAST ohne Anwalt gestellt...insbesondere in den Fällen der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die dann mit Verwandten bei der RAST aufschlugen. Ging auch.

  • .....
    Das wiederum halte ich dann doch für fraglich, da zumindest die Erfolgsaussichten verschwindend gering sind und auch keine rechtlichen besonderen Schwierigkeiten auftreten.

    Entscheidend sind die Erfolgsaussichten bei Antragstellung. Wenn der RP erst andere Akten beiziehen muss, um die Erfolgsaussichten einzuschätzen, ist der Zeitpunkt für die Entscheidung bereits verschleppt.
    Wie wäre entschieden worden ohne die spätere Entwicklung?

    Die Mutter hat keine Einsicht in die Richter-Akte nehmen können. Welche Bemühungen das Gericht von Amts wegen veranlasst hat, den KV ausfindig zu machen, konnte sie nicht wissen. War sie unter diesen Voraussetzungen wirklich in der Lage, einfach den Antrag zu stellen?

  • Also zu meiner Zeit in der Familienabteilung wurden solche Anträge regelmäßig bei der RAST ohne Anwalt gestellt...insbesondere in den Fällen der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die dann mit Verwandten bei der RAST aufschlugen. Ging auch.


    Gewagte Theorie(en).

    Für mich es unzweideutig ein Sorgerechtsverfahren, denn es soll festgestellt werden, dass die elterliche Sorge ruht.



    Was ich mit keiner Silbe bestritten habe. Es handelt sich aber nicht um den Regelfall (Wortwahl aus dem Keidel), was die Schwierigkeit betrifft.


    Die Beauftragung eines RA indiziert wohl kaum die Fähigkeit zu erkennen, wie ein gerichtliches Verfahren später aussieht.

    Die ist auch nicht erforderlich.

    Dem schließe ich mich jeweils an. Rein nach der Systematik ist es natürlich eine Kindschaftssache bzw. ein Sorgerechtsverfahren. Aber es ist nicht ein solches Sorgerechtsverfahren, was Keidel darunter versteht. In einem "normalen" Sorgerechtsverfahren geht es gewöhnlich sehr streitig zu (auch wenn es sich dabei nicht um ein Streitverfahren im Sinne des FamFG handelt), davon kann ich ein Lied singen, denn der Verhandlungssaal ist gleich neben meinem Büro. Das alles trifft nicht zu im gegenständlichen Fall. Im Prinzip weiß die Mutter, dass der Kindesvater unbekannten Aufenthalts ist, bzw. kann es ihr der Anwalt sagen. Auch beim Jugendamt würde in diesem Fall niemand auf die Idee kommen, die Mutter zu einem Anwalt zu schicken, man wird ihr sagen, sie soll mal zur RAST gehen und dort die Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge beantragen unter Verweis auf den unbekannten Aufenhalt. Das alles beinhaltet keinerlei rechtliche Schwierigkeiten. Sollten die im Einzelfall doch man bestehen, so ist dies vom Antragsteller schlüssig darzulegen. Unsere Familienrichterin sieht das mittlerweile ähnlich. Nun gut, soll halt jeder machen wie er will, ich würde im konkreten Fall VKH bewilligen, aber die Beiordnung ablehnen, insoweit würde ich es auch gern darauf ankommen lassen, was mein OLG zu einer dann eingelegten Beschwerde meint. Schließlich wird sich ja umgekehrt niemand beschweren, und wie sollen wir so zu einer Rechtsprechung in solchen Angelegenheiten kommen?
    Ich habe es früher in Beratungshilfesachen oft gemerkt, dass die Anwälte ihren Mandanten die neuen Angelegenheiten förmlich auf die Zunge gelegt haben. So manch einer meinte später, dass er gar keinen Überblick mehr über die Mandate hätte und einiges von dem gar nicht gewollt hat. Das böse Erwachen kommt vor allem dann, wenn wir später die VKH-Entscheidung abändern und Zahlungen anordnen und dann die ganzen Anwaltsvergütungen zurückzuzahlen sind, die teilweise gar nicht notwendig gewesen wären.

  • OLG BB sieht keine Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung, da nur die Rechtsgrundlage (tatsächliche Erreichbarkeit des Antragsgegners) zu prüfen ist. Erforderliche Ermittlungen stellt das AG von selbst an und wird ggf. weitere Fragen an die Antragstellerin richten.

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  • Und jetzt bitte noch die Daten zu der Entscheidung...

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    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

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