Falsche Eintragung in Abt. I und II

  • Folgender Fall:

    Im Grundbuch sind im Bestandsverzeichnis Grundstücke unter laufenden Nummern 1 und 2 eingetragen. In Abt. II ist lastend auf dem Grundstück Nr. 1 ein Vorkaufrecht für den Oberkirchenrat eingetragen.

    Nun meldet sich der Oberkirchenrat und bittet um Überprüfung und ggfs. Berichtigung. Nach deren Unterlagen besteht das Vorkaufsrecht für das Grundstück laufende Nr. 2.

    Aus den hiesigen Archivunterlagen ergibt sich nun Folgendes:
    Ursprüngliche Eigentümerin des Grundstücks Nr. 1 war A. Diese hat 1956 ihren Grundbesitz an ihre Enkeltochter E (die inzwischen 81 Jahre alt ist) übertragen. Die Eintragung erfolgte im selben Jahr.
    1961 wurde ein Kaufvertrag von 1926 eingereicht, mit dem Antrag diesen im Grundbuch zu vollziehen. Aus dem Vertrag von 1926 geht hervor, dass das Grundstück, welches im
    Grundbuch nun unter laufender Nr. 2 gebucht ist, von der Kirche an A verkauft wurde. A bestellte dem Oberkirchenrat an dem verkauften Grundstück das Vorkaufsrecht. Als Eigentümerin dieses Grundstückes wurde jedoch nicht A eingetragen, sondern E. Nachweise, dass A bei Vollzug des Kaufvertrages von 1926 im Jahr 1961 bereits verstorben
    war und E ihre alleinige Erbin ist, habe ich nicht. (Aufgrund der spärlichen Angaben, kann ein Nachlassvorgang nicht ermittelt werden.) Das in dem Vertrag von 1926 bewilligte Vorkaufsrecht wurde mit der Eigentumsumschreibung auf dem Grundstück laufende Nr. 1 eingetragen.

    Mir ist leider völlig schleierhaft, warum E als Eigentümerin des Grundstückes eingetragen wurde und warum das Vorkaufsrecht auf dem falschen Grundstück eingetragen wurde.

    Da Teile von dem Grundstück laufende Nr. 1 unter Übernahme der Belastungen übertragen wurde, ist das Vorkaufsrecht noch in einem weiteren Grundbuch eingetragen.

    Einen Antrag auf Grundbuchberichtigung hinsichtlich des fehlerhaft eingetragenen Vorkaufsrechts habe ich ja. Der Vertrag von 1926, aus dem sich die Eintragungsbewilligung ergibt,
    liegt als Ausfertigung noch in den Archivunterlagen. Kann ich die Eintragung damit korrigieren bzw. in dem Grundbuch, in das Teile von dem Grundstück laufende Nr. 1 übertragen wurden, löschen?

    Fraglich ist für mich weiterhin, wie ich damit umgehen soll, dass möglicherweise E gar nicht die Eigentümerin des Grundstücks laufende Nr. 2 ist. Da kann ich doch nicht einfach drüber weg sehen. Ich habe überlegt einen Amtswiderspruch zu Gunsten von A oder der Kirche einzutragen.

    Ich hoffe, dass ich den Fall vollständig und verständlich dargelegt habe.

    Einmal editiert, zuletzt von cat0186 (16. Februar 2016 um 13:57)

  • Also das ist verwirrend, aber E ist wirksam Eigentümerin von Grundstück 1. Bezüglich Grundstück 2 verstehe ich auch nicht, warum dieses mit Vollzug des Vertrages von 1926 in das bestehende Grundbuch von E eingetragen wurde, eigentlich hätte ja für A ein neues Grundbuch mit dem Grundstück Nr. 2 angelegt werden müssen. Insofern ist E eigentlich nicht wirksam, zumindestens nach dem dargestellten Sachverhalt, Eigentümerin des Grundstücks Nr, 2 geworden. Hier wäre tatsächlich ein Amtswiderspruch zu Gunsten von A denkbar. Das Vorkaufsrecht könnte am Grundstück 1 von Amts wegen gelöscht werden und ist auf dem Grundstück Nr. 2 als noch nicht vollständig vollzogener Antrag nach zu buchen. Mal sehen wie die anderen Kollegen dies sehen.

  • Ohne Beiziehung der Nachlassakte nach A lässt sich der Fall vermutlich nicht lösen. Da deren Enkeltochter E noch lebt, lässt sich auch in Erfahrung bringen, wo A mit letztem Wohnsitz wohnhaft war und wann sie verstorben ist.

    Ich vermute mal, dass sich aus der Nachlassakte auch ergibt, dass A vor 1961 verstorben und E. Alleinerbin geworden ist. Ist dem so, war die Auflassung von 1926 auf E. zu vollziehen (s. Böhringer, „Überholende Rechtsvorgänge zwischen Auflassung und Grundbucheintragung“, RpflJB 1994, 223 ff, 225 (Tod des Erwerbers).

    Gegen die Eintragung des Vorkaufsrechts auf dem „falschen“ Grundstück dürfte ein Amtswiderspruch zugunsten der E. einzutragen sein.

    Eine amtswegige Löschung scheidet mE aus, da das Recht von seinem Inhalt her zulässig ist. Nach Holzer im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.09.2015, § 53 GBO RN 56 sind „als „unzulässig“ nach dem Sprachgebrauch der GBO solche Eintragungen zu verstehen, die unter Verstoß gegen die Ordnungsvorschriften des Grundbuchrechts erfolgt sind. Derartige Eintragungen unterliegen aber, falls sie materiell unrichtig sind, der Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 Abs 1 S 1 GBO. Die weitergehende Amtslöschung kann deshalb nur solche Eintragungen erfassen, die nicht ihrer Entstehung, sondern ihrem Inhalt nach unzulässig sind (Demharter GBO § 53 Rn 42)“. In RN 71 führt Holzer aus: „Materiell unrichtige Eintragungen iSd § 894 BGB stimmen mit der wahren Rechtslage nicht überein. Sie sind jedoch inhaltlich zulässig und unterliegen damit nur der Eintragung eines Amtswiderspruchs (s Rn 25 ff), nicht aber der Amtslöschung (BayObLG Rpfleger 1976, 250; KGJ 42, 256, 260).“

    Grundsätzlich könnte zwar dann, wenn E. an die Eintragungsbewilligung der A gebunden ist, die Eintragung nunmehr auf dem „richtigen“ Grundstück erfolgen (s. Gutachten des DNotI, Abrufnummer, 1120; Beck-OK Hügel/Holzer, § 19 RN 34 mwN). Die frühere Bewilligung war jedoch bereits Gegenstand eines Grundbuchverfahrens. Zwar verliert die Eintragungsbewilligung erst mit der Beendigung der durch sie gestatteten Verfahrenshandlung ihre Wirkung (BGHZ 84, 202, OLG Frankfurt/Main, NJW-RR 1995, 785; Böhringer Anm. zu LG Gera, BWNotZ 4/2002, 90, 92 ff unter Zitat (verbrauchte Bewilligung): BayObLG, MittBayNot 1995, 42 = Rpfleger 1995, 332; BayObLG, NJW-RR 1997, 1511). Und die gestattete Verfahrenshandlung war vorliegend ja die Eintragung auf dem Grundstück BV Nr. 2. Der Vorgang kann aber mE nicht gleichgesetzt werden mit einem aufgrund einer Amtslöschung noch unerledigten Eintragungsantrag. Ich gehe daher davon aus, dass die frühere Eintragungsbewilligung „verbraucht“ ist, s. Beck-OK Hügel/Holzer, § 19 GBO RN 111 und hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post956289
    so dass es zur erneuten Eintragung der Eintragungsbewilligung der E. bedarf.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Hallo Prinz,

    vielen Dank für die ausführliche Antwort. Dann werde ich E mal anschreiben und um Mitteilung bitten, wann und wo A verstorben ist und von wem A beerbt wurde.

    Sollte ich den Berechtigten des Vorkaufsrechts vorab von der beabsichtigten Eintragung des Amtswiderspruchs informieren?

  • ..

    Sollte ich den Berechtigten des Vorkaufsrechts vorab von der beabsichtigten Eintragung des Amtswiderspruchs informieren?

    Die Anhörung des Berechtigten ist nicht zwingend erforderlich. Das OLG München führt dazu im Beschluss vom 17.12.2013, 34 Wx 454/12, aus:

    „Nur der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass das Grundbuchamt Anlass zur Prüfung gehabt hätte, einen Widerspruch von Amts wegen in das Grundbuch einzutragen (vgl. § 53 Abs. 1 S. 1 GBO), der seinerseits infolge seines Sicherungszwecks nicht zwingend die vorherige Anhörung der Bet. geboten hätte (Meincke in Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., § 53 Rn. 83)“…

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Was ist in Spalte 4 der Abt. I als Eintragungsgrundlage für die Eintragung von E angegeben?

    Nach meiner Ansicht kann das Vorkaufsrecht an BVNr. 1 gelöscht werden, da ein entsprechender Antrag der Buchberechtigten vorliegt und es klar ist, dass das Vorkaufsrecht an BVNr. 1 nicht entstanden sein kann.

    Ob das Vorkaufsrecht an BVNr. 2 eingetragen werden kann, hängt davon ab, welcher materielle Rechtsgrund der Eigentümereintragung von E zugrunde lag. War es - wie bislang vermutet - eine Erbfolge, wäre E an die Bewilligung ihrer Rechtsvorgängerin gebunden und darüber, ob die Bewilligung im vorliegenden Fall bereits "verbraucht" ist, kann man durchaus geteilter Meinung sein. Denn das auf sich auf BVNr. 2 beziehende Eintragungsverfahren wurde nur scheinbar dadurch beendet, dass die Eintragung des Rechts an BVNr. 1 erfolgte.

  • Als Eintragungsgrundlage für das Grundstück Nr. 2 ist die Auflassung vom 01.03.1926 eingetragen. Auch das ist ein Indiz dafür, dass bei Eintragung der E als Eigentümerin
    kein Erbnachweis bzgl. A vorgelegen hat.

    Ich habe E angeschrieben und ihr das Problem geschildert. Gleichzeitig habe ich sie um Mitteilung gebeten, wann und wo A verstorben ist und von wem diese beerbt wurde. Sollten
    ihr Unterlagen dazu vorliegen, soll sie mir diese übersenden.

    Zudem habe ich ihr das Schreiben des Oberkirchenrates zur Kenntnis übersandt und ihr mitgeteilt, dass beabsichtigt ist einen Amtswiderspruch einzutragen. Damit ist ja nur
    auch niemandem geholfen. Da es durchaus vertretbar ist, dass Vorkaufsrecht an BV-Nr. 1 zu löschen und an BV-Nr. 2 einzutragen (vorausgesetzt E ist die alleinige Erbin von A), tendiere ich derzeit zu dieser Lösung.

    Was mache ich, wenn E nicht die alleinige Erbin von A ist? Die Erben (auch wenn ich derzeit nicht weiß, wer diese sind) wären ja trotzdem an die Bewilligung von A
    gebunden. Ich müsste wohl dann ein neues Grundbuch anlegen, in dem ich das Grundstück Nr. 2 mit A als Eigentümerin und das Vorkaufsrecht eintrage. Das Grundbuch wäre
    dann zwar auch unrichtig, weil A verstorben ist, aber da kann ja erst mal nichts passieren.

  • Als Eintragungsgrundlage für das Grundstück Nr. 2 ist die Auflassung vom 01.03.1926 eingetragen. Auch das ist ein Indiz dafür, dass bei Eintragung der E als Eigentümerin kein Erbnachweis bzgl. A vorgelegen hat. ....

    Das würde ich nicht unbedingt so sehen wollen. Ich hätte zwar in diesem Fall eingetragen: „Aufgelassen am 01.03.1926 und unter Berücksichtigung der Erbfolge vom …. (AG../Az.:) eingetragen am….“, zwingend ist es aber mE nicht, die Erbfolge ebenfalls zu erwähnen.

    Wegen des weiteren Prozedere würde ich zunächst einmal die Antwort von E. abwarten. Vielleicht legt sie ja eine Erbscheinsausfertigung vor….:)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich hoffe, das Problem mit der "falschen" Eigentümerin löst sich dann in Wohlgefallen auf. Ich werde weiter berichten und danke euch zunächst für die Hilfe :)

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