Einspruch gegen Steuerbescheid

  • Ich habe einen Antragsteller, Rentner, der offenbar jetzt alle Steuererklärungen seit 2008 abgegeben hat. Es ist eine ziemliche Nachzahlung dabei rumgekommen, weshalb er zum RA gegangen ist, der fristwahrend Einspruch eingelegt hat.
    Unter Vorlage dieses Einspruchsschreibens wurde BerH beantragt (natürlich für jedes Jahr gesondert, aber das nur am Rande).
    Ich habe daraufhin ein Schreiben gemacht, mit dem ich um Butter bei die Fische gebeten und auch mitgeteilt habe, dass ich für eine Prüfung der Bescheide "auf Verdacht" keine BerH bewilligen kann.
    Als Antwort wurde vorgetragen, dass der ASt selbst zu Protokoll des Finanzamts Einspruch eingelegt habe, man hätte ihm aber da schon mitgeteilt, das dem Einspruch nicht vollständig abgeholfen werden könne. Der Einspruch des Mandanten liegt mir vor. Darin wandte er ein, seine Ehefrau sei konfessionslos.
    Weitere Angaben, warum der ASt die Richtigkeit der Steuerbescheide darüber hinaus anzweifelt, wurden nicht gemacht.
    Darauf habe ich hingewiesen und gleichzeitig um Vorlage der durch den RA gefertigten Einspruchsbegründung gebeten.
    Jetzt teilt der RA mit, das Finanzamt hätte seinen Mandanten bei der persönlichen Vorsprache nicht auf Einsparmöglichkeiten etwa durch berufsbedingte Aufwendungen oder Versicherungsbeträge hingewiesen. Die angeforderte Einspruchsbegründung war nicht beigefügt.

    Ich bin unschlüssig, inwieweit BerH in Steuerangelegenheiten in Frage kommt.
    Auf Steuersparmöglichkeiten hinzuweisen dürfte nicht Aufgabe des Finanzamts, sondern eines Steuerberaters sein.
    Hätte der ASt im Vorhinein einen Steuerberater mit der Erstellung der Steuererklärung beauftragt, wäre das nicht über BerH möglich gewesen. Offensichtlich sind die Steuerbescheide entsprechend den Angaben des ASt zutreffend ergangen. Denn trotz mehrfacher Anfrage wurde Gegenteiliges nicht vorgetragen.
    Dann kann es aber doch nicht richtig sein, wenn nunmehr - nur weil ein Widerspruchsverfahren vorliegt - die Beratung darüber, welche Angaben zu einer Minderung des Steueraufkommens führen, über BerH läuft.
    Oder bin ich da so auf dem Holzweg?

    Allen, die mir bis hierhin gefolgt sind, schon mal dafür herzlichen Dank :)

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Grundsätzlich kommt die Bewilligung von BerH auch in Steuerangelegenheiten zwar in Betracht - insbesondere, wenn ein belastender Bescheid vorliegt. Allerdings ist auch immer zu prüfen, ob die Voraussetzungen nach § 1 BerHG vorliegen.

    Wahrnehmung von Rechten - keine Frage. Einkommensverhältnisse - keine Angaben, hast du schon geprüft. Anderweitige Hilfemöglichkeit ist nicht gegeben, da das Finanzamt hier der "Gegner" ist (insoweit würde ich die Argumentation des BVerfG zum Jobcenter auch auf das FA übertragen).

    Fraglich ist also höchstens, ob die Inanspruchnahme der BerH mutwillig erscheint, also ein verständiger Selbstzahler vorliegend von der Inanspruchnahme der Hilfe einer Beratungsperson (RA, Steuerberater) abgesehen hätte. Und diese Beurteilung ist alles andere als leicht, denn die Frage, welche Angaben steuererleichternd sind, ist vom Laien nicht sonderlich leicht zu beantworten.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Der verständige Selbstzahler hätte einen Steuerberater aufgesucht, der gleich eine anständige Steuererklärung gemacht hätte.
    Ich habe ein Problem damit, dass die Bescheide ganz offensichtlich nicht im eigentlichen Sinne fehlerhaft sind, sondern der abgegeben Steuererklärung entsprechen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ein verständiger Steuerpflichtiger würde meines Erachtens erkennen, dass wenn er Steuererklärungen für acht Jahre rückwirkend abgibt, dadurch eine ergebliche Nachzahlung erhält.

    Oma ist nicht ganz falsch; der verständige Steuerpflichtige hätte den Berater im voraus konsultiert und nicht hinterher.

    Steuerliche Beratung darf durch das Finanzamt nicht erfolgen, die Aussage des RA ist daher blödsinnig.

    Die Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, bzw. den Austritt kann der verständige Steuerpflichtige durch eine entsprechende Bescheinigung der Gemeinde nachweisen, welche das FA bestimmt angefordert hat.

  • Querfrage: Freiwillig Veranlagter? Hat der nicht die Möglichkeit, im Fall der Nachzahlung seinen Antrag auf Festsetzung wieder zurückzunehmen?

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Querfrage: Freiwillig Veranlagter? Hat der nicht die Möglichkeit, im Fall der Nachzahlung seinen Antrag auf Festsetzung wieder zurückzunehmen?

    Aus den spärlichen Angaben schließe ich, dass es keine Antragsveranlagung ist. Antragsveranlagungen gehen nur bis vier Jahre zurück. Das Finanzamt hätte in dem Fall die Jahre 2008-2011 gar nicht veranlagt.

    Rentner bedeutet grundsätzlich mal Pflichtfall, jedoch kann das Finanzamt auf die Abgabe der Erklärung verzichten, wenn keine Steuer festzusetzen ist. Was in diesem Fall wohl nicht der Fall ist.

    Ohne Glaskugel ist es schwer, aber ich glaube die Beratungshilfe und der Rechtsanwalt werden erst in nächster Zeit nötig wenn ein Schriftstück kommt mit der Überschrift "Einleitung eines Strafverfahrens".

  • Antragsveranlagungen gehen nur bis vier Jahre zurück. Das Finanzamt hätte in dem Fall die Jahre 2008-2011 gar nicht veranlagt.

    Rentner bedeutet grundsätzlich mal Pflichtfall,

    Danke fürs Weiterbringen.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Die Frage ist immer, wie das Bauchgefühl ("keine BerH") juristisch sauber begründet wird. Meines Erachtens ist der einzige Anhaltspunkt die Mutwilligkeit (ihr argumentiert ja auch mit dem verständigen Selbstzahler) - und mit der tu ich mich ehrlich gesagt ziemlich schwer.

    Was mich aber stutzig macht: Die erste Widerspruchsbegründung war "Meine Ehefrau ist konfessionslos". Wäre das dann nicht eher eine Angelegenheit, die die Ehefrau betrifft? (Wie sind überhaupt ihre Einkommensverhältnisse?)

    Klar ist: Es muss Butter bei die Fische; anlasslose Bescheidüberprüfung - nur weil der Bescheid negativ ist -gibt es nicht. Aus dieser Perspektive würde mir auch die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nach den bisherigen Angaben mutwillig erscheinen.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

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