Betreuungsgericht genehmigt nicht vom Aufgabenkreis erfasste Erklärung

  • Die Pfandfreigabe eines Grundstücks von einem Leibgeding (mit 2 Berechtigten A und B) wird erklärt.
    Die Erklärung lautet:

    A und B bewilligen die pfandfreie Abschreibung.....

    Stadt, den 01.07.2015
    Unterschrift A
    hier handelnd für B
    Unterschrift A (neben der Unterschrift steht URNr. 2)

    Dann folgt ein Beglaubigungsvermerk URNr. 1 vom 01.08.2015 ("...vor mir anerkannte Unterschrift des A...")
    Ein weiterer Beglaubigungsvermerk URNr. 2 vom 01.11.2015 ("...vor mir anerkannte Unterschrift des A, handelnd für B aufgrund Betreuerausweis vom 01.10.2010 und Beschluss des Betreuungsgerichts vom 15.10.2015...")

    Im alten Betreuerausweis ist als Aufgabenkreis nur Aufenthalt, Post, Vertretung Behörden usw. genannt.
    Am 15.10.2015 hat das Betreuungsgericht die Aufgaben um "Regelung von Leibgedingen" erweitert. Neuer Betreuerausweis wird vorgelegt.
    Am 01.02.2016 genehmigt das Betreuungsgericht die vom Betreuer erklärte Pfandfreigabe.
    Ist jetzt alles geheilt, oder muss A ihre eigene Erklärung genehmigen??

  • Die Genehmigung geht materiell ins Leere, weil § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB nicht auf die Vertretungsmacht anwendbar ist. Der nunmehr mit erweitertem Aufgabenkreis amtierende Betreuer, der zunächst als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hat, muss daher sein Vertreterhandeln genehmigen und sodann muss neu betreuungsgerichtlich genehmigt werden.

    Kein anderer Fall als diejenigen, die wir hier im Forum schon wiederholt hatten.

  • Danke, sie wären jetzt auf die Idee gekommen nach "hier handelnd für B" noch ein späteres Datum einzufügen (eines zwischen Aufgabenerweiterung und 2. Beglaubigung).
    Dieses "hier handelnd für B" wurde (angebl.) später mit Schreibmaschine eingefügt.

  • Ich verstehe es noch nicht ganz. Bei der Unterschriftsbeglaubigung vom 01.11.2015 (URNr. 2) hat A für B aufgrund des Beschlusses des Betreuungsgerichts vom 15.10.2015 gehandelt („Ein weiterer Beglaubigungsvermerk URNr. 2 vom 01.11.2015 ("...vor mir anerkannte Unterschrift des A, handelnd für B ….und Beschluss des Betreuungsgerichts vom 15.10.2015...").

    Weiter führst Du (Martin) aus: „Am 15.10.2015 hat das Betreuungsgericht die Aufgaben um "Regelung von Leibgedingen" erweitert. Neuer Betreuerausweis wird vorgelegt“.

    Also bestand doch zum Zeitpunkt der Unterschriftsbeglaubigung (1.11.2015) Vertretungsmacht. Es wurde lediglich dem die Unterschrift Beglaubigenden der alte Betreuerausweis vom 01.10.2010 vorgelegt. Das ändert aber nichts an der Vertretungsmacht. Und wenn die Unterschrift unter der Erklärung neu beglaubigt wird, dann bedeutet das für mich, dass es sich der Handelnde erspart hat, den vorangegangenen Text nochmals zu wiederholen, aber mit der Beglaubigung seiner Unterschrift zu erkennen gibt, dass er sich die Erklärung auch am 01.11.2015 noch zu eigen macht. Also etwa so, wie bei einer Vollmachtsgeständniserklärung (BGH NJW 1959, 883). Ich sehe daher keine Notwendigkeit zur Abgabe neuer GB-erklärungen und einer nochmaligen (s. Genehmigung vom 01.02.2016) betreuungsgerichtlichen Genehmigung.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Dem kann ich nicht zustimmen.

    Entscheidend für die Vertretungsmacht ist der Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung, also der Zeitpunkt der Unterschrift und nicht die Beglaubigung der Unterschrift, die im Übrigen nicht vor dem Notar vollzogen, sondern vor ihm anerkannt wurde.

    Hat er am 01.11. oder jedenfalls nach der Bekanntgabe des Beschlusses vom 15.10.2015 unterschrieben, ist also alles in Ordnung. Insoweit ist allerdings die Frage, wie dies förmlich nachgewiesen werden soll, da wir uns im Grundbuchverfahren befinden.

  • Es sieht derzeit wohl so aus, dass der Betreuer die Unterschriften vor der Erweiterung des Aufgabenkreises am 15.10. geleistet hat. Damit genügen diese Erklärungen nicht, wie ja schon ausgeführt wurde und der Betreuer muss erneut die Pfandfreigabe erklären bzw. seine damaligen Erklärungen förmlich nachgenehmigen.

    Eine neue Genehmigung des Betreuungsgerichts halte ich allerdings nicht für erforderlich. Das Gesetz sieht ja als Regelfall die Erteilung der Genehmigung vor Vornahme des Rechtsgeschäfts an, wie sich aus § 1829 Abs. 1 BGB erkennen lässt. Hier hat das BetrG eine Pfandfreigabe genehmigt. Ob der Betreuer diese nun vor oder nach der Genehmigungserteilung wirksam erklärt, ist m.E. unerheblich.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das ist grundsätzlich zutreffend, hilft aber nicht weiter, wenn das Betreuungsgericht die konkrete (frühere) Pfandfreigabe genehmigt hat, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt der Wirkungskreis der Betreuung noch nicht erweitert war.

  • Das ist grundsätzlich zutreffend, hilft aber nicht weiter, wenn das Betreuungsgericht die konkrete (frühere) Pfandfreigabe genehmigt hat, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt der Wirkungskreis der Betreuung noch nicht erweitert war.

    Ja, die Genehmigung lautet konkret "Dem Betreuer wird zu der vom ihm erklärten Pfandfreigabe URNr. 1 des Notars X unterschriftsbeglaubigt von Notar Y URNr. 2 am 01.11.2015 die ...Genehmigung erteilt".

    Die hätten einfach mitdenken und bei der zweiten Beglaubigung "heute (01.11.2015) vor mir vollzogenen Unterschrift" schreiben sollen, notfalls halt nochmal am 01.11.2015 kurz unterschreiben lassen.

    So wie es jetzt ist, weiß man nicht, wann die unterschrieben hat, bzw. es steht das Datum "01.07.2015" mit blauem Kuli drüber und dann die zwei Unterschriften mit schwarzem Kuli. Im Zweifel hat sie eben am 01.07. unterschrieben.

    Und die Idee, dass ich ihnen die Erklärung zurückgeben und sie dann vor der zweiten Unterschrift noch irgendein passendes Datum einfügen halte ich auch nicht für so gut.

  • Ich bleibe dabei: Wenn am 01.11.2015 gehandelt wurde („handelnd für B aufgrund Betreuerausweis vom 01.10.2010 und Beschluss des Betreuungsgerichts vom 15.10.2015..."), dann wurde an diesem Tag aktiv eine Erklärung abgegeben. Und das ist dann diejenige, unter der am 1.11.2015 die Unterschrift beglaubigt wurde. Dass diese Erklärung nicht vom 01.07.2015 stammen kann, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass aufgrund des Beschlusses des Betreuungsgerichts vom 15.10.2015 gehandelt wurde.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Bei wohlwollender Betrachtungsweise.... allerdings mein schlampigstes Notariat.

    Man fragt sich dann aber auch, warum die zweite Erklärung als Betreuer nicht datiert wurde, warum die Unterschrift "vor mir anerkannt" und nicht "vor mir vollzogen" wurde, warum der auch am 15.10. erstellte neue Betreuerausweis nicht in Bezug genommen wurde, sondern der alte......
    Und dass der Betreuer an diesem Tag aktiv eine Erklärung abgegeben hat ist alles andere als zwingend. Der Vermerk besagt nur, dass dem Notariat der Erweiterungsbeschluss vorlag und sie den in den Beglaubigungsvermerk "eingebaut" haben.

    (Ich erinnere mich da gern an einen leider schon verstorbenen Kollegen, der immer "IHR SCHLAMPER!!!" ins Telefon gebrüllt hat, wenn er beim Notariat anrief)

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