örtliche Zuständigkeit 88a SGB VIII

  • Hallo,

    da sich die Fälle derzeit bei uns häufen, möchte ich mal folgendes in den Raum stellen:

    Derzeit erhalten wir eine Vielzahl von Entlassungsanträgen unseres örtlich zuständigen Jugendamtes, mit der Begründung, dass diese nunmehr gem. 88a SGB VIII nicht mehr zuständig sind, da sich die örtliche Zuständigkeit jetzt nach der Zuweisungsentscheidung richte. (Es geht dabei um Zuweisungsentscheidungen vor dem 01.11.2015)Die jeweiligen Zuweisungsämter wurden gehört und haben alle einheitlich eine Übernahme abgelehnt, mit der Begründung, dass dies nur für "Neufälle=Zuweisungsentscheidung ab 01.11.2015" anwendbar sei und für "Altfälle=Zuweisungsentscheidung vor dem 01.11.2015" weiterhin der 87 c SGB VIII gelte. Sieht unser Jugendamt nicht so und begründet es damit, dass es schließlich keine Übergangsregelung gäbe.

    Besteht die "Problematik" nur bei uns? und wie handhabt ihr das?

  • Abgesehen davon ; was hätten denn die für den neuen Aufenthaltsbezirk zuständigen Jugendämter für eine Ablehnungsmöglichkeit ?
    Schließlich bleibt dem ursprünglich bestellten Jugendamt nach § 87 c III SGB VIII nur, einen Entlassungsantrag bei Aufenthaltswechsel zu stellen.

  • Der Punkt ist ja, dass die Mündel noch im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, dass den Entlassungsantrag gestellt hat....:oops:

  • Leider konnte mir das DIJUF nicht weiterhelfen-Rechtsauskünfte werden nur an Mitglieder- sprich Jugendämter erteilt; was die nette Dame mir aber sagen konnte, ich bin nicht alleine mit meinem Problem:cool:

  • Ich habe jetzt erstmals einen - bezogen auf #4 - "umgekehrten" Fall auf dem Tisch:

    Der Richter hat das Jugendamt A zum Vormund bestellt, in dessen Bezirk der Jugendliche sich seinerzeit auch aufgehalten hatte. Seit Dezember 2015 ist der Jugendliche nunmehr in einer Jugendhilfeeinrichtung in X untergebracht. X gehört zum Zuständigkeitsbereich des Jugendamts B.

    Jugendamt A hat unter Verweis auf den jetzigen Aufenthaltsort des Minderjährigen (§ 87c Abs. 3 SGB VIII) beantragt, es als Vormund zu entlassen und das Jugendamt B zu bestellen.

    Jugendamt B verweigert die Übernahme und beruft sich zur Begründung darauf, dass die Leistungsgewährung (stationäre Unterbringung) erst im Dezember 2015 begonnen habe (§ 88a Abs. 4 Ziffer 3 SGB VIII). Es komme nicht darauf an, ob die Inobhutnahme vor dem 01.11.2015 erfolgt sei (was unstreitig der Fall ist), sondern nur noch auf den tatsächlichen Aufenthalt. Allein darauf stelle die Zuständigkeitsprüfung für die Amtsvormundschaft nach § 88a SGB VIII nunmehr ab.

    Sowohl den amtlichen Überschriften zu den §§ 87c und 88a SGB VIII als auch deren Inhalten entnehme ich, dass § 88a wohl lex specialis zu § 87c ist und nur für unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche gilt. Da er seit dem 01.11.2015 ohne Übergangsregelung anzuwenden ist, dürfte er folglich, soweit sein Regelungsgehalt reicht, den § 87c verdrängen. Ich kann folglich die Argumentation des Jugendamts B im Ergebnis durchaus nachvollziehen und werde jetzt erst einmal dem Jugendamt A Gelegenheit zur Erwiderung geben.

    Da rollt wohl noch viel Konfliktstoff auf uns zu...

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Erweiterung zu meinem Beitrag #6:

    Wie haltet Ihr es mit der persönlichen Anhörung des über 14 Jahre alten Mündels, wenn die Vormundschaft - sei es aufgrund wechselnder Zuständigkeit des Jugendamts oder aus anderen sachlichen Gründen wie beispielsweise Ortsnähe oder Kontinuität (siehe hierzu Palandt/Götz, BGB, 74. Aufl., § 1791b Rn. 2) - auf ein anderes Jugendamt übertragen werden soll?

    Nach seinem Wortlaut liegt ein Fall des § 159 FamFG vor, weil die Personensorge betroffen ist. Allerdings ändert sich an der Vormundschaft als solcher durch die Übertragung nichts, und anders als beim Einzelvormund steht beim Jugendamt nicht der mit der Ausübung betraute Mitarbeiter im Vordergrund, sondern das Amt als öffentlich-rechtlicher Träger (Palandt, a.a.O., Rn. 3).

    Ich habe in diesen Fällen bisher von einer Anhörung des Jugendlichen abgesehen. Mittlerweile argumentieren aber einige der Jugendämter, die eine Übertragung auf sich ablehnen, damit, dass zuvor jedenfalls auch eine persönliche Anhörung des Mündels vorgenommen werden müsse.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

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