Abschluss eines Mietvertrages einer Erbengemeinschaft

  • Hallo liebe Forenmitglieder,
    ich bin neu hier und hoffe dass ihr mir weiterhelfen könnt. Ich hab seit Oktober letzten Jahres erfolgreich das Studium abgeschlossen und bin seitdem im Bereich Vollstreckung, Familien-und Pflegschaftssachen und Hinterlegung tätig.

    Nun zu meinem Fall:
    Eine Erbengemeinschaft bestehend aus Vater, volljährige Tochter und einer minderjährigen Tochter ist als Eigentümer eines bebauten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Der Vater hat nun einen Mietvertrag für die Erbengemeinschaft als Vermieter abgeschlossen. Der Mietvertrag selbst wird mir erst in den nächsten Tagen vorgelegt, aber laut Aussage des Vaters sei dieser unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist jederzeit kündbar.

    1. Ist der Vater kraft Gesetz von der Vertretung beim Abschluss des Vertrages ausgeschlossen, §1795 BGB sodass ich einen Ergänzungspfleger bestellen müsste? Meines Erachtens nein, da hier nicht die Miterben untereinander (wie zum Beispiel bei einer Erbauseinandersetzung) einen Vertrag schliessen sondern jeder für sich mit dem anderen Vertragspartner, sprich dem Mieter? Liege ich da richtig?

    2. Ist eine familiengerichtliche Genehmigung hierfür erforderlich gem. 1822 Nr 5 BGB? Denke auch hier nein, da der Mietvertrag jederzeit unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündbar ist und somit das minderjährige Kind nicht länger als ein Jahr nach Eintritt der Volljährigkeit verpflichtet wird?!...

    Hoffe ihr könnt mir weiterhelfen bzw vielleicht hatte ja jemand schon einen ähnlich gelagerten Fall und weiss wie ich das Problem lösen muss. Hab im Forum zu dem Thema leider nichts gefunden😏

    Schonmal vielen Dank für Eure Hilfe😊

  • Erst einmal herzlich willkommen in unserem Forum, viel Erfolg in deinem neuen Aufgabenbereich.

    Was deine beiden Fragen angeht, bist du grundsätzlich schon einmal zum richtigen Ergebnis gekommen.

    Allerdings gibt es, was Mietverträge angeht, in denen das Kind/ das Mündel als Vermieter auftritt, auf Grund der gesetzlich normierten eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten (Sozialklauseln zugunsten der Mieter im BGB) auch die Ansicht, dass eine Genehmigungspflicht besteht, vgl. LG Wuppertal FamRZ 2007, 1269, a.A. LG Münster FamRZ 94, 531.
    Du hast nun die Wahl, welcher Rechtsansicht du dich anschließt. Wenn du der Meinung bist, der Vertrag ist genehmigungspflichtig, wirst du nicht umhinkommen, dich mit Dingen wie "Mietspiegel" zu beschäftigen, wobei zu beachten ist, dass das Kind ja nur einer von mehreren Eigentümern/Vermietern ist und sich somit zudem noch mit den anderen einigen muss.

  • Kein Vertretungsausschluss und nicht genehmigungspflichtig.

    Im Übrigen kann sich das Kind einer im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erfolgenden Vermietung in rechtlicher Hinsicht ohnehin kaum widersetzen, zumal es nach den Erbquoten vermutlich in der Minderheit sein dürfte.

    Ich denke aber schon, dass derlei Grundsätzliches zum Stoff der Ausbildung gehört haben muss (kein Vorwurf, sondern lediglich eine Feststellung).

  • Vielen Dank für eure Hilfe :)

    Ob es sich im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erfolgenden Vermietung in rechtlicher Hinsicht ohnehin kaum widersetzen kann, kann meines Erachtens doch dahingestellt bleiben. Das spielt dann eher bei der Genehmigungsfähigkeit eine Rolle und nicht bei der Frage ob ein Genehmigungstatbestand vorliegt oder nicht.

    Spielen wir den Fall mal weiter...besteht bei der Annahme der Miete, die monatlich an die Erbengemeinschaft gezahlt wird ein Vertretungsausschluss bzgl des Vaters? Ich meine ich muss doch iwie prüfen können was mit dem Geld passiert, wozu ich ja dann den Ergänzungspfleger hätte....
    Ein Genehmigungstatbestand hierfür sehe ich nicht, 1812 BGB gilt ja bei den Eltern nicht unabhängig von der Frage ob ein genehmigungsfreies Geschäft gem. 1813 BGB vorliegt oder nicht...

  • Ich schrieb ja: Im Übrigen ...

    Auch insoweit kein Vertretungsausschluss.

    Anderenfalls müsste man bei jeder Erbengemeinschaft unter Beteiligung eines minderjährigen Kindes und eines Elternteils eine Dauerpflegschaft einrichten.

  • Ich habe mich mal erdreistet, eine solche Dauerpflegschaft für folgenden Fall anzuordnen: Eltern schenken zunächst dem Kind ein Grundstück mit Garagen (Taxibetrieb). Bis dahin kein Problem. Dann wollte man mit dem Kind einen Pachtvertrag abschließen (monatliche Pacht ca. 500 €) zur Nutzung dieser Garagen. Den hat dann auch ein Ergänzungspfleger abgeschlossen. Da das alles sehr danach roch, dass man das nur aus steuerlichen Gründen so machte, habe dann angeordnet, dass er Ergänzungspfleger dann auf Dauer auch die Pacht einnahm und auf ein versperrtes Konto einzahlte. So wurde mir jährlich Rechnung gelegt bzw. das Kontoguthaben nachgewiesen. Irgendwie hatten sie es dann satt und haben den Pachtvertrag gekündigt. Damit war auch die Pflegschaft beendet. Ob sie nun dennoch ihren Taxen in die Garagen auf dem Grundstück des Kindes stellen, entzieht sich meiner Kenntnis - ist wohl aber zu vermuten. Daran hat sich wohl meine ursprüngliche Vermutung bestätigt, dass es gar nicht darum ging, dem Kind was Gutes zu tun. :oops:

  • Ist ne gute Idee Dauerpflegschaft anzuordnen. Aber ich tue mir doch schwer damit. Darf ich fragen auf welcher Grundlage du die Dauerpflegschaft angeordnet hast, Andy.K.? Ist die alleinige Entgegennahme von Miete oder Pacht ein Rechtsgeschäft das ich zugrunde legen kann um Ergänzungspflegschaft anzuordnen gem. § 1795 BGB i.V.m. § 181 BGB? Ich denke das ist kein Rechtsgeschäft...
    Sorry für die dumme Frage:confused:

  • Ich erinnere mich jetzt wieder, ich hatte die Pflegschaftsakte damals 2009 aus der Vormundschaftsabteilung übernommen, die Sache also gar nicht angeordnet, aber ich musste sie dann weiter "betreuen". Es war damals schon etwas grenzwertig, die Verwaltung der Eltern insoweit zu entziehen, begründet wurde das mit erheblichen Interessenkonflikten zwischen Eltern und Kind, die Eltern, die wohl ganz offensichtlich vorrangig eigene steuerliche Interessen im Auge hatten, und das Kind mit seinen wirtschaftlichen Interessen auf der anderen Seite. Es war wohl damals auch mit den Eltern auch so erörtert worden, sodass mit einem Rechtsmittel nicht zu rechnen war. Es war ja auch zu befürchten, dass das Geld - entgegen der Vereinbarungen im Pachtvertrag - für Investitionen am Garagenkomplex mit verwendet wird, denn so viel Gewinn warf das Unternehmen auch nicht ab. Die Befürchtung, dass das Geld nicht nur für das Kind angespart wird, war schon nicht von der Hand zu weisen, und dass dann später der Pachtvertrag wieder gekündigt wurde, ist ja auch ein Indiz für diese Annahmen. Ergänzungspfleger war zudem jemand aus der Verwandtschaft, das hat das Ganze etwas abgemildert.
    Ich bin immer noch der Meinung: Niemand zwingt die Eltern, ein Grundstück an die Kinder zu verschenken, um es dann selbst gegen Pacht zu nutzen. Entweder man meint das ehrlich und das Geld soll wirklich dem Kind zugute kommen, oder man macht es aus steuerlichen Gründen zu Lasten der Allgemeinheit - auch dann sollte zumindest irgendwer darauf achten, dass das Kind einen Nutzen hat.

    Aus einem ähnlichen Grund hat bei mir jetzt ein bestellter Ergänzungspfleger die Schenkung einer Photovoltaikanlage durch den Vater abgelehnt. Da hatte bei mir sogar das Finanzamt die Bestellung eines Ergänzungspflegers angeregt, weil es die Gründe des Vaters durchschaute und dessen Vertretungsrecht in Zweifel zog.

  • Dann hatten sich die Befürchtungen in deinem Fall ja echt bestätigt. Aber du weisst nicht mehr zufällig, nach welcher Vorschrift da Ergänzungspflegschaft angeordnet wurde? Ich denke das ist en ganz klarer Fall nach 1796 BGB...da hatte man ja auch viele Anhaltspunkte dass die Eltern ihr Kind für ihre eigenen Interessen benutzen und somit die Interessen in erheblichem Gegensatz stehen.
    Wäre froh ich hätte in meinem Fall auch solche Anhaltspunkte, da ich mir schwer tue einen Ergänzungspfleger gem 1796 BGB zu bestellen. Denn dafür müsste ich dem Vater die elterliche Sorge für den Bereich "Entgegennahme und Verwaltung des Mietzinses" zuerst entziehen was in meinen Augen doch ein erheblicher Eingriff in die elterliche Sorge darstellt und Anhaltspunkte für Interessensgegensätze eigentlich (noch) nicht vorliegen. Ich finde aber trotzdem, dass dies vom Familiengericht überwacht werden sollte😏

  • Ist ne gute Idee Dauerpflegschaft anzuordnen. Aber ich tue mir doch schwer damit. Darf ich fragen auf welcher Grundlage du die Dauerpflegschaft angeordnet hast, Andy.K.? Ist die alleinige Entgegennahme von Miete oder Pacht ein Rechtsgeschäft das ich zugrunde legen kann um Ergänzungspflegschaft anzuordnen gem. § 1795 BGB i.V.m. § 181 BGB? Ich denke das ist kein Rechtsgeschäft...
    Sorry für die dumme Frage:confused:

    Bei uns gab es mal einen RP, der von dieser Position aus Pflegschaften anordnete, auch bei dürftigem Ertrag. Unterm Strich bedeutete das häufig die Enteignung der Pfleglinge. Die Berufspfleger mussten aus dem Vermögen bezahlt werden, da ja auf dem Papier Vermögen vorlag. Klassiker: Omas abgewohntes Reihenhaus, letzte Renovierung 1980, war unverkäuflich, weil niemand zum Satz des Kaufwertgutachtens kaufen will. Ein solches Erbe wird schlicht und einfach für familiengerichtliche Angelegenheiten überschuldet. Aus Sorge, der Vater oder die Mutter könnten sich bereichern.

    Als JA lehnen wir die Pflegschaften ab wg. fehlender Kompetenz, Haftungsproblemen usw.

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