Polnischer Erbnachweis

  • Hallo,

    ich habe eine verstorbene Miteigentümerin, die offensichtlich Polin war und in Polen ein notarielles Testament verfasst hat. Sie hat aber in Deutschland vor 20 Jahren geheiratet und ist hier verstorben.

    Jetzt beantragt der polnische Sohn die Grundbuchberichtigung und legt mir vor - inkl. Übersetzung einer in Polen vereidigten Dolmetscherin-:
    Einen rechtskräftigen Beschluss eines Amtsgerichts in Polen, welcher besagt, dass besagter Sohn den gesamten Nachlass gemäß dem notariellen Testament XY nach der Verstorbenen erworben hat.

    Ich bin ehrlich gesagt etwas unsicher, da ich noch nie mit einer ausländischen Erbfolge in Berührung gekommen bin.
    Was sagt ihr dazu? Ist das als Erbnachweis verwendbar für das Grundbuch ?

    Das Testament liegt mir übrigens nicht vor, ich denke, dieser Beschluss ist jetzt eine Art Erbschein.

  • Ein Erbschein kann dann nicht verlangt werden, wenn sich die Erbeinsetzung aus der ausländischen öffentlichen Urkunde ergibt. Das OLG München führt dazu in Rz. 7 des Beschlusses v. 07.03.2016, 34 Wx 32/16,
    http://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-04753?hl=true
    aus:
    „Liegt neben der Eröffnungsniederschrift eine Verfügung von Todes wegen in formgültiger öffentlicher Urkunde vor - dabei kann es sich grundsätzlich auch um eine ausländische öffentliche Urkunde handeln (vgl. KG FGPrax 2013, 9/10 unter 2. b. bb; Demharter GBO 29. Aufl. § 35 Rn. 32) -, reicht dies grundsätzlich für den Nachweis der Erbfolge aus (Demharter § 35 Rn. 31; Böhringer ZEV 2001, 387). Es steht auch bei schwieriger Rechtslage nicht im Belieben des Grundbuchamts, anstelle der öffentlichen Urkunde einen Erbschein zu verlangen (Böhringer a. a. O.)“

    Für die Wirksamkeit dieses Testaments kommt es nach Art. 24 EuErbVO auf den Errichtungszeitpunkt an. Da sich der Beschluss des Amtsgerichts in Polen, auf das notarielle Testament der Verstorbenen bezieht, muss dieses Testament bereits in Polen eröffnet worden sein.

    Da die Erblasserin in Deutschland ihren letzten Wohnsitz hatte, könnte es allerdings sein, dass die letztwillige Verfügung vom deutschen Nachlassgericht (§ 343 FamFG) nochmals zu eröffnen ist.

    Dies wäre zu prüfen (habe Arzttermin und muss gleich weg) und der Sohn ggf. zur Vorlage des not. Testaments beim Nachlassgericht aufzufordern.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Oh......das habe ich ja noch gar nicht gesehen.
    Ich habe leider keinen Zugriff auf den online-Kommentar........könnte mir jemand die Randnummer rauskopieren und hier einfügen oder mir zusenden??
    Das wäre sehr nett :oops:

  • @ Prinz: :gruebel:....also kann ich mit dem mir vorliegende Beschluss des AG in Polen nichts anfangen, obwohl dieser als Grundlage das Testament nennt und rechtskräftig ist ?....... Dann ist das Ding für mich gesehen ja praktisch unbrauchbar.

  • Ohne eine Eröffnungsniederschrift ist das Testament im Greundbuchverfahren leider nichts wert. Die Beteiligten sollen schauen, dass sie nach § 343 FamFG an eine solche nach deutschem Recht herankommen. Sonst bleibt m. E. nur der Erbschein bzw. Nachlasszeugnis.

    Der BeckOK GBO ist mit dem Hügel identisch, hier also Hügel/Wilsch § 35 GBO Rn. 24.

    Beachte vorliegend aber auch Rn. 94, wonach ausländische Testamente (bei Vorliegen einer Eröffnungsniederschrift) als Nachweis grundsätzlich ebenfalls möglich sind.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • @ Prinz: :gruebel:....also kann ich mit dem mir vorliegende Beschluss des AG in Polen nichts anfangen, obwohl dieser als Grundlage das Testament nennt und rechtskräftig ist ?....... Dann ist das Ding für mich gesehen ja praktisch unbrauchbar.

    Ich habe nicht gesagt, dass sich mit dem Beschluss des AG in Polen nichts anfangen lässt, sondern dass diese Frage zu prüfen ist.

    Dazu führt Fröhler in Prütting/Helms, FamFG, 3. Auflage 2014, § 348 RN 31 aus:

    „Soweit für die Erbfolge ausländisches Sachrecht maßgebend ist und das Recht dieses Staates keine Eröffnung vorsieht, ist auch im Inland keine Eröffnung erforderlich.3) Ist die Verfügung im Ausland entsprechend der dortigen Ortsform eröffnet worden, bedarf es im Inland zumindest dann keiner erneuten Eröffnung, wenn die ausländische Eröffnung der inländischen bspw. bei Erstellung eines Eröffnungsprotokolls entspricht. 4)
    4) Reimann/Bengel/Mayer/Voit, § 2260 aF BGB Rz. 12; Will, DNotZ 1974, 273 (276 ff.); Keidel/Zimmermann, § 348 FamFG Rz. 72; Bumiller/Harders, § 348 FamFG Rz. 24; Firsching/Graf, Rz. 4.34; Bachmayer, BWNotZ 2010, 146 (167 f.).


    Bachmayer führt in seinem Beitrag „Ausgewählte Problemfelder bei Nachlasssachen mit Auslandsberührung, BWNotZ 4/2010, 147 ff unter Punkt „II. Problemfelder bei der Testamentseröffnung“ auf den Seiten 167 ff aus (Hervorhebung durch mich):
    http://www.notare-wuerttemberg.de/downloads/bwn_4_2010.pdf

    „…Aufgrund der Neuregelungen im FamFG ist nunmehr allerdings häufig eine ordentliche Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte gegeben. Diese ist gem. § 106 FamFG keine ausschließliche, so dass neben der Zuständigkeit deutscher Gerichte auch die eines ausländischen Gerichts in Betracht kommt. Fraglich ist dann, ob das deutsche Nachlassgericht eine letztwillige Verfügung des Erblassers nochmals eröffnen muss, wenn dies bereits durch das ausländische Gericht geschehen ist. Für das bis zum 01. September 2009 geltende Recht wurde die Frage verneint205. Hieran hat sich m.E. auch durch die neue Rechtslage nichts geändert. IPR-rechtlich handelt es sich wohl um eine Frage der Substitution206: wenn eine bestimmte Rechtsordnung zur Herbeiführung materiell-rechtlicher Wirkungen die Einhaltung bestimmter Förmlichkeiten verlangt, also z.B. die Mitwirkung bestimmter Amtsträger, die Abgabe einer Erklärung gegenüber einer bestimmten Behörde etc., so ergibt sich das Problem, ob das in einem anderen Land nach den dortigen Verfahrensvorschriften durchgeführte Prozedere geeignet ist, das von der anderen Rechtsordnung vorgesehene Verfahren zu ersetzen. Dies ist dann anzunehmen, wenn die verschiedenen Verfahren als gleichwertig207 angesehen werden können. Hier spielt z.B. das mit dem Verfahren verfolgte Ziel eine wesentliche Rolle. Im deutschen Recht etwa wird insoweit als klassisches Beispiel die Frage angeführt, ob eine von einem ausländischen Notar vorgenommene Beurkundung geeignet ist, die nach deutschem materiellem Recht vorgeschriebene Form der notariellen Beurkundung zu ersetzen208. Dies hängt unter anderem davon ab, welches Ziel der Gesetzgeber mit einer bestimmten Formvorschrift verbindet. …. Vorliegend geht es also darum, ob die Funktion, welche das deutsche Verfahrensrecht mit der Eröffnung der letztwilligen Verfügungen eines Erblassers verbindet, auch durch ein im ausländischen Recht vorgesehenes und durchgeführtes Verfahren gewährleistet werden kann. Vordergründig geht es bei der Testamentseröffnung zunächst einmal nur darum, die letztwilligen Verfügungen eines Erblassers zu sammeln und deren Inhalt den in Betracht kommenden Beteiligten (wie Erben, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte etc.) zur Kenntnis zu bringen. Dies ergibt sich schon daraus, dass grundsätzlich jede letztwillige Verfügung des Erblassers zu eröffnen ist, falls sie sich nur äußerlich oder dem Inhalte nach als eine solche darstellt210. Auf die materiell-rechtliche Wirksamkeit des Testaments kommt es in diesem Zusammenhang im deutschen Recht nicht an; diese ist vielmehr ggf. im Erbscheinsverfahren oder in einem streitigen Feststellungsverfahren zu klären. Tatsächlich hat die Testamentseröffnung aber eine weitergehende Wirkung. Handelt es sich beispielsweise um ein öffentliches Testament, so ist das eröffnete Testament in Verbindung mit der Eröffnungsniederschrift grundsätzlich geeignet, im Grundbuchverfahren den Erbschein als Erbnachweis zu ersetzen, § 35 Abs. 1 S. 2 GBO. Auch darüber hinaus ist es nach Auffassung der Rechtsprechung möglich, dass sich der Erbe im Rechtsverkehr nicht nur durch einen Erbschein, sondern durch eröffnetes, nicht einmal zwangsläufig öffentliches Testament mit Eröffnungsniederschrift legitimiert211. Bei der Frage, ob sich diese Wirkungen nur durch die besonderen Verfahrensvorschriften des deutschen Eröffnungsverfahrens rechtfertigen lassen oder ob eine ausländische Eröffnung dies auch gewährleisten und damit als gleichwertig angesehen werden kann, ist auch der mit der Neuregelung im FamFG einhergehende Bedeutungswandel zu berücksichtigen: nach den bisherigen Vorschriften, § 2260 BGB a.F., war die Regelform der Testamentseröffnung die in Gegenwart der Erben und sonstigen Beteiligten vorgenommene; diese waren daher vom Gericht zum Eröffnungstermin zu laden, § 2260 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.. Dadurch war Gelegenheit gegeben, sich über die Gültigkeit des Testaments, die Annahme der Erbschaft und dergl. zu äußern. Über die Eröffnungsverhandlung und die Erklärungen der Beteiligten war eine entsprechende Niederschrift aufzunehmen, § 2260 Abs. 3 S. 1 BGB a.F.. Aus einer solchermaßen vorgenommenen Eröffnung kann der Rechtsverkehr unschwer Schlüsse über die Erbenstellung der Beteiligten ziehen. Das FamFG sieht jedoch nunmehr die sog. „stille“ Eröffnung212, also die ohne Ladung der Beteiligten, als Regelform an, vgl. § 348 Abs. 1, 2 FamFG. In der unverändert aufzunehmenden Niederschrift des Nachlassgerichts werden demnach keine Feststellungen mehr über die Erklärungen der Beteiligten getroffen. Dennoch sieht das Gesetz ein so eröffnetes Testament nach wie vor als geeignet an, einen Erbschein als Erbnachweis zu ersetzen, denn § 35 GBO wurde nicht geändert. Es bleibt dem Grundbuchamt nur, wie bisher, die Möglichkeit, bei Zweifeln über die Gültigkeit des Testaments auf der Vorlage eines Erbscheins zu bestehen, § 35 Abs. 1 S. 2 2. HS. GBO213. Wenn die „stille“ Eröffnung weiterhin grundbuchtauglich ist, wird dies auch im übrigen Rechtsverkehr zu gelten haben214. Eine solche „einfache“ Eröffnung von Testamenten, ohne Feststellungen zur Wirksamkeit eines Testaments oder zu den Erklärungen der Beteiligten, kann ohne Weiteres auch von einem ausländischen Gericht durchgeführt werden. Damit ist die Gleichwertigkeit mit dem deutschen Verfahren gegeben. Ein andernorts eröffnetes Testament ist daher im deutschen Nachlassverfahren grundsätzlich nicht nochmals zu eröffnen…“

    Frage ist daher, ob Dir tatsächlich ein Eröffnungsprotokoll in diesem Sinne vorliegt. Mir scheint, dass es sich bei dem Beschluss um eine Art ausländischen Erbschein handelt, der grundsätzlich nicht anerkannt werden kann (s. Geimer in Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Auflage 2016, § 108 FamFG RN 10 mwN). Ich würde daher wie oben vorgeschlagen verfahren wollen und den Sohn zur Vorlage des not. Testaments zwecks Eröffnung durch das deutsche Nachlassgericht auffordern. Ansonsten würde es der von Andreas genannten Unterlagen bedürfen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • WOW..... ok !:daumenrau:daumenrau
    Wenn das Testament dann vorgelegt und eröffnet werden sollte, brauche ich dann aber natürlich wohl noch eine Übersetzung desselben .
    Müsste diese dann von mir als Grundbuchamt gefordert werden? Kosten trägt dann sicherlich der Erbe.
    Ich werde die Sache noch ein paar mal überdenken und weiter recherchieren müssen, glaube ich:cup:

  • Sagen wir: Du müsstest als durch Zwischenverfügung vom Antragsteller fordern. Auch etwaige Übersetzungen und/oder Apostillen muss der Antragsteller beschaffen und vorlegen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Meine Frage hierzu schließt sich an:

    Ich habe ein öffentliches Testament, welches vor einem polnischen Notar errichtet wurde einschließlich einer beglaubigter Übersetzung durch eine vereidigte Übersetzerin. Beides wurde durch das hiesigen Nachlassgericht eröffnet und an das Grundbuchamt betr. den hier gelegenen Grundbesitz übersandt. Nun wird die Grundbuchberichtigung durch den polnischen Erben beantragt unter Hinweis auf den vorliegenden Rechtsnachfolgenachweis.
    Muss das Testament samt der Übersetzung zum Nachweis der Echtheit noch mit einer Apostille versehen werden?? :gruebel:

  • Ich denke schon. Das DNotI führt in seiner Übersicht per Stand 19.7.2016
    http://www.dnoti.de/medien/42a3bdc…_2016-07_19.pdf
    zu Polen aus:

    Polen Apostille18 seit 14.08.2005 BGBl. 2006 II, S. 132

    18 In der Weimarer Zeit schlossen Polen und das Deutsche Reich ein bilaterales Abkommen zur Befreiung vom Legalisationserfordernis ab (RGBl. 1925 II, 139). Das Abkommen wird aber infolge des Zweiten Weltkrieges und der damaligen Besetzung Polens durch Deutschland nicht mehr angewandt

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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