Beruf Rechtspfleger

  • Hallo Ihr,

    ich habe zum 01. September einen Ausbildungsplatz beim OLG Stuttgart ergattert.
    Jedoch plagen mich seit einigen Wochen enorme Zweifel, ob ich den Beruf des Rechtspflegers wirklich ausüben will, daher richtet sich meine Frage eher an Berufserfahrene Rechtspfleger.
    Die Bereiche Zwangsversteigerungen, Zwangsvollstreckung, Vollstreckung und Durchsetzung von Haftanträgen stelle ich mir schon wirklich derb vor, daher würde ich gerne wissen, inwiefern die konkrete Tätigkeit in diesen Beriechen aussieht.
    Ich bin ein wirklich durch und durch sozialer Mensch und engagiere mich auch ehrenamtlich für Projekte, daher kommen meine Gewissenbisse ob dieser Beruf überhaupt zu meinem Wesen passt und ob ich damit glücklich werde.

    Danke für jegliche Antworten!

  • Besuche doch mal bei einem Gericht in deiner Nähe eine Zwangsversteigerung, das sollte dir am besten einen Eindruck geben.
    Natürlich gibt es immer wieder Sachverhalte, die einen (den einen mehr, den anderen weniger) auch emotional berühren.

    Wenn man aber dem gegenüberstellt, wie man vielen Menschen auch wirklich helfen kann, überwiegt dies in meinen Augen doch bei Weitem.

    Und letztlich wird man fast in jedem Beruf Entscheidungen treffen müssen, die nicht jedem gefallen.

  • Na ja, ich würde mich auch als sozial eingestellten Menschen mit stark ausgeprägtem Helfersyndrom sehen und ich bin ausgesprochen gerne Rechtspflegerin. Nicht jeder, der in den Mühlen der Zwangsvollstreckung landet, ist dort völlig unverschuldet reingeraten. Außerdem ist ja nicht gesagt, dass du dort auch später arbeiten würdest - es gibt so viele verschiedene Bereiche. Warte doch erst mal den praktischen Ausbildungsteil ab. Nur Mut, das wird schon. :)

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Na ja, sicher kann man hier auch als sozial eingestellter Mensch im Beruf glücklich werden aber einen extremes Helfersyndrom solltest du schon nicht haben.
    Wenn du das Gefühl hats mit jedem Menschen mitheulen zu müssen solltest du deine Berufswahl noch mal übedenken. Im Betreuungsgericht schadet das sicher nicht, aber in der streitigen Gerichtsbarkeit tut man immer einer Partei weh. Das solltest du bedenken.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Hallo Ihr,

    ich habe zum 01. September einen Ausbildungsplatz beim OLG Stuttgart ergattert.
    Jedoch plagen mich seit einigen Wochen enorme Zweifel, ob ich den Beruf des Rechtspflegers wirklich ausüben will, daher richtet sich meine Frage eher an Berufserfahrene Rechtspfleger.
    Die Bereiche Zwangsversteigerungen, Zwangsvollstreckung, Vollstreckung und Durchsetzung von Haftanträgen stelle ich mir schon wirklich derb vor, daher würde ich gerne wissen, inwiefern die konkrete Tätigkeit in diesen Beriechen aussieht.
    Ich bin ein wirklich durch und durch sozialer Mensch und engagiere mich auch ehrenamtlich für Projekte, daher kommen meine Gewissenbisse ob dieser Beruf überhaupt zu meinem Wesen passt und ob ich damit glücklich werde.

    Danke für jegliche Antworten!

    Ich schließe mich meinen Vorschreibern vollumfänglich an.

    Ich mache selber Mobiliarvollstreckung und es gibt immer wieder mal einen Fall, der mich wirklich berührt, wo ich dann auch über den Rahmen des Nötigen hinaus versuche für den Schuldner irgendwas zu tun (z.B. mal irgendwo anrufen oder ihm Adressen an die Hand geben oder doch noch einmal mehr mit dem Gläubigervertreter telefonieren, um ggf. doch einen für alle einfacheren und zufriedenstellenderen Weg zu finden) oder den ich mit nach Hause nehme und auch abends noch drüber nachgrübel.
    Aber: Man darf auch nie vergessen, dass es in jedem Verfahren zwei Seiten gibt. Die pfändenden Gläubiger haben ihre Forderung gegen den Schuldner ja nicht umsonst (meistens). Wenn ein Vermieter pfändet oder räumen lässt, der zur Bestreitung seines Lebensunterhalts auf die Mieteinnahmen angewiesen ist und Mietrückstände in drei- bis vierstelliger Höhe bestehen, dann hält sich das Mitleid mit dem Schuldner doch sehr in Grenzen und man hat letzten Endes vielleicht für den Gläubiger was "Gutes" getan. Und in der ZV ist es ähnlich - die Leute, deren Immobilien versteigert werden, haben irgendwas nicht gezahlt und deshalb wird versteigert. I.d.R. hätte sich das vermeiden lassen. Und wenn es tatsächlich triftige Gründe gibt, dann gibt es immer Möglichkeiten der einstweiligen Einstellung der Vollstreckung. Es werden normalerweise schon beide Seiten angemessen berücksichtigt.

    Ich würde auch sagen: Entweder nutz die Zeit bis September und schau mal beim Gericht vorbei (Zwangsversteigerung, Inso, Vollstreckung, Rechtsantragstelle, ggf. auch Familien- und Betreuungsgericht) um die Abteilungen abzuklappern, in denen es manchmal auch ein bisschen emotionaler werden kann, in denen es ab und an Schicksale gibt, die einen irgendwie treffen. Oder du bist "mutig" und wartest einfach mal bis die erste Praxisphase losgeht.

    Man muss auch einfach mit seinen Aufgaben wachsen.
    Vieles, was mir anfangs schwer gefallen ist oder bei dem ich mich nicht getraut hab ist jetzt "Alltag". Da muss jeder seinen Weg finden und ich hab selten wen gesehen, bei dem das nicht geklappt hat. Und die, bei denen es doch so war, die haben dann andere Referate übernommen (z.B. Zivilsachen Kostenfestsetzung, Grundbuch, Register) oder sind in die Verwaltungsschiene gegangen. Möglichkeiten, sich umzuorientieren hat man auch als fertiger Rechtspfleger noch.

  • Man sollte sich in der Lage sehen, Interessen untereinander gerecht abzuwägen (Schuldner <-> Gläubiger) und eine professionelle Distanz zu Bürgern, die dein Büro betreten, wahren zu können.

    Das hat mit sozial/unsozial nichts zu tun, sondern damit, ob man das nötige Stehvermögen hat, die vom Gesetz gewollten Entscheidungen zu treffen, die auch mal nicht den Wünschen der Betroffenen entsprechen.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6


  • Die Bereiche Zwangsversteigerungen, Zwangsvollstreckung, Vollstreckung und Durchsetzung von Haftanträgen stelle ich mir schon wirklich derb vor, daher würde ich gerne wissen, inwiefern die konkrete Tätigkeit in diesen Beriechen aussieht.


    Das meiste ist reiner Papierkrieg. Von den echten Schicksalen dahinter bekommt man eigentlich nur bei den Leuten etwas mit, die persönlich auftauchen. Das sind aber nur wenige. Und davon ist die Hälfte noch unverschämt, und/oder belügt einen. Emotional sehr berührende Fälle kommen vor, aber nicht ständig. Wie gesagt, anders als beispielsweise der Gerichtsvollzieher, arbeitest du ja vom Schreibtisch aus.
    Ich finde auch Betreuung emotionaler als Zwangsvollstreckung. Hier habe ich öfter mal Leute zur Verpflichtung da, deren Angehörige quasi im Sterben liegen. Die lasse ich dann auch mal reden, wenn sie möchten (hilft vielen schon, wenn mal einer zuhört), reiche Taschentücher, und versuche ihnen, zumindest bei dem Papierkram, zu helfen.
    Auch wenn beispielsweise Vollstreckung eine "beliebte" Anfängerabteilung ist, zumindest, wenn es sich nicht um ein sehr kleines Gericht handelt, hat man immer mal die Möglichkeit zu wechseln und ein Abteilung zu finden, wo man sich wohl(er) fühlt.

  • Wie meine Vorredner.

    Man braucht schon eine soziale Ader, in gewissem Grad, da man das Recht ja auch GErecht anwenden sollte, aber man darf es auch nicht übertreiben. Sonst bist du in einer Schuldnerberatung besser aufgehoben.

    Und gerade in Zwangsversteigerungssachen ist es so, dass man ja nicht unverschuldet Schulden hat. So man denn nicht erbt, geht man freiwillig auf die Suche nach Grundeigentum und sucht sich auch freiwillig den Kreditgeber und insbesondere den Kredit (Höhe, Tilgungsraten etc.) aus. Ist also alles halb so wild. (Gilt für die meisten "normalen" Schulden übrigens auch, ich sage nur Mieter, die Jahre nicht zahlen und sich dann wundern, wenn der GV zwangsräumen will oder, Klassiker, Mobilfunkrechnungen...:mad:).

    Und es gibt auch andere Abteilungen, wie Grundbuch und Handelsregister.

    Und auch bei der Staatsanwaltschaft vollstreckst du zwar auch, aber nur nach rechtskräftiger Verurteilung.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Im Rahmen der Strafvollstreckung schadet es nicht, auch an die Opfer der Straftat zu denken. Beim Ladendiebstahl ist nicht der Supermarkt, sondern der ehrliche Kunde Opfer, da bei der Preisgestaltung natürlich auch die Warenverluste und Detektivkosten berücksichtigt werden.

  • Im Rahmen der Strafvollstreckung schadet es nicht, auch an die Opfer der Straftat zu denken. Beim Ladendiebstahl ist nicht der Supermarkt, sondern der ehrliche Kunde Opfer, da bei der Preisgestaltung natürlich auch die Warenverluste und Detektivkosten berücksichtigt werden.

    Stimmt, die werden gerne vergessen.

    Und auch in der Zwangsvollstreckung gibt es Gläubiger. Das sind nicht nur Großbanken. Mietnomaden können einen Gläubiger, der ev nur eine Wohnung zur Altersvorsorge durch Mieteinnahmen hat, in den Ruin treiben (wobei nicht jeder Mieter oder Schuldner gleich ein Mietnomade ist).

    Das meinte ich mit "gerecht" anwenden, es gibt meistens nicht nur eine beteiligte Person, die mit den Auswirkungen leben muss.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Man sollte sich aber von dem Gedanken, hier in irgendeiner Weise im Dienste der Gerechtigkeit unterwegs zu sein, ganz schnell verabschieden . :eek::D
    "Bauarbeiterdeutsch" sagt meine Kollegin immer wenn das Wort Gerechtigkeit fällt. ;):D
    Ich sag immer "Ich sorge dafür, das alles seine Ordnung hat" Das hat aber mit Gerechtigkeit gar nichts zu tun.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Nach 1989 gab es in Ostdeutschland einen Spruch "Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat". Ich finde aber, dass auch dieser ein hohes Gut ist, das es zu verteidigen gilt. Dazu trägt man bei, wenn man den Beteiligten ein faires Verfahren ermöglicht.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • ich habe zum 01. September einen Ausbildungsplatz beim OLG Stuttgart ergattert.
    Jedoch plagen mich seit einigen Wochen enorme Zweifel, ob ich den Beruf des Rechtspflegers wirklich ausüben will, ...

    Du hast Dich - vermutlich nicht ohne Dich vorher zu informieren - für den Rechtspflegerberuf entschieden und bist als Anwärterin zugelassen worden. Dazu erst einmal meinen herzlichen Glückwunsch!

    Und was Deine offenbar nachträglich aufgetretenen Zweifel angeht: Empathie auf der einen und die Fähigkeit, Dich freundlich abzugrenzen, auf der anderen Seite sind gute Voraussetzungen für unseren Beruf.

    Viel Erfolg!:)

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Die Bereiche Zwangsversteigerungen, Zwangsvollstreckung, Vollstreckung und Durchsetzung von Haftanträgen stelle ich mir schon wirklich derb vor, daher würde ich gerne wissen, inwiefern die konkrete Tätigkeit in diesen Beriechen aussieht.

    Keine Angst, der Schuldnerschutz ist im deutschen Recht seeehr ausgeprägt.

    Irgendwann wird es Dir wahrscheinlich wie vielen Kollegen ergehen, die sich eher ärgern, dass für die immer gleichen Pappnasen Unsummen vom Staat ausgegeben werden.

    In Insolvenzverfahren z.B. sind gefühlte 95% der Stundungsverfahren mit Schuldnern mit Konsumschulden (mind. 1 Handyvertrag, Sky, Versandhäuser...), die auch während des Verfahrens fröhlich neue Schulden machen...

    Die gleichen Schuldner hattest Du übrigens fast alle schon in der Zwangsvollstreckung.

    Was ich Dir damit sagen will: Auch mit einer sozialen Ader kommt man gut durchs Rechtspflegerleben, es sei denn, Du willst allen, also wirklich allen, helfen.

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Auch sollte man sich über das Wort "helfen" mal Gedanken machen: Echte Hilfe ist manchmal auch, jemanden in den Allerwertesten zu treten, oder jemanden mal (kontrolliert) gegen die Wand laufen zu lassen. Viele unserer "Kunden" müssen oft erst hinfallen und dann das Aufstehen lernen. Nähme man ihnen alles ab und ließe ihnen alles durchgehen, würde man sie immer in Unmündigkeit und Hilfebedürftigkeit belassen.

    Auch als echter Sozialarbeiter mit Helfersyndrom sollte eher die Hilfe zur Selbsthilfe im Vordergrund stehen. Die Leute aus sozialen Berufen, die ich privat wie beruflich kenne, sind da sogar härter als ich und verlangen ihren Klienten mehr ab als ich von vielen meiner "Kunden".

    Wer hier in der Justiz arbeiten möchte, muss sich im klaren sein, dass das hier kein Ponyhof ist. Zum Gericht geht man im dann, wenn man echte Probleme hat (Schulden, Scheidung, Sorgerechtsstreit ...). Hier erhält man manchmal tiefe Einblicke in menschliche Abgründe. Das muss man abkönnen wie auch ein Arzt Blut sehen können muss. Nun ist es nicht jeden Tag schlimm, dass man problembeladen nach Hause geht und in Schwermut ob seiner beruflichen Belastung verfällt. Und es gibt natürlich auch Bereiche (Grundbuch, Registergericht etc.), wo es eher selten um existentielle Probleme der Leute geht. Und andere Berufe sind natürlich auch fordernd.
    Man braucht daher eine gewisse Standfestigkeit und Resilienz. Dafür ist man aber auch irgendwo am Puls der Gesellschaft und hat ein spannendes und abwechslungsreiches Berufsfeld. Außerdem muss man sich im Klaren sein, dass man im Regelfall bei Entscheidungen die Argumente und die Lebenssituationen zweier Seiten abwägen muss, man sitzt also zwangsläufig zwischen zwei Stühlen und wird es selten einer Partei richtig recht machen können; das ist dann eben die juristische Arbeitsweise, dass man die Argumente abwägt und anhand der geltenden Rechtslage eine möglichst nachvollziehbare Entscheidung trifft, die der Sache gerecht wird.
    Ob wir für Gerechtigkeit sorgen sollen oder nur für Rechtsstaatlichkeit, ist schon eine philosophische Sache. Mir persönlich ist ein rein formeller Rechtsstaat viel zu wenig. Materiell wird man nach meiner Auffassung auch nur dann für Rechtsstaatlichkeit sorgen können, wenn man zumindest den Anspruch auf Gerechtigkeit verfolgt. Eine 100%ige Gerechtigkeit ist Utopie. Als Pfleger des Rechts gehört man damit automatisch zu den "Guten" und verfolgt eine sinnhaftige Arbeit - wer möchte schließlich etwas gegen Leute einwenden, die sich für Gerechtigkeit einsetzen?!

    Insgesamt empfehle ich auch ein Praktikum am nächstgelegenen Gericht mit der Bitte um Einblick in möglichst viele Abteilungen.

  • Ich wundere mich ja immer wieder, dass es offenbar auch Kollegen gibt, die den Beruf als Berufung verstehen.
    Meiner Meinung nach ist es - wenn man der Typ dafür ist - ein guter, wenn auch gelegentlich etwas monotoner 9to5-job.

    Ein sozialer Beruf ist es m. E. aber primär gerade nicht. Es steht bei den meisten Pensen die Aktenarbeit im Vordergrund und auch wenn gelegentliche Arbeit mit Bürgern Empathie erfordert, verlangt die Wahrung gerichtlicher Neutralität und Unbefangenheit dann umso mehr auch professionelle Distanz zur Kundschaft.

  • Bei uns war der Enthusiasmus so groß, dass unser OLG erstmal betonen musste, das es sich beim Rechtspfleger nicht um einen Pflegeberuf handele.

  • Rechtspfleger zu sein, ist bestimmt keine leichte Tätigkeit, insbesondere, wenn diese in den Bereichen Zwangsversteigerung/Zwangsvollstreckung eingesetzt sind. Personen mit einem extremen Helfersyndrom werden sich da sicherlich schwer tun, denn gegenüber dem Erkenntnisverfahren, in dem die Berechtigung streitiger Ansprüche im Mittelpunkt steht, gibt es im Zwangsversteigerungsverfahren, in dem es um die Realisierung titulierter Ansprüche geht, deutlich eingeschränkte Prüfungs-, damit wenige Hilfsmöglichkeiten durch den Rechtspfleger.

    Der Rechtspfleger entscheidet innerhalb des ihm nach § 3RPflG übertragenen Aufgabenkreises. Das Prozessgrundrecht auf eine Entscheidung durch einen unparteiischen Rechtspfleger folgt aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens (BVerfGE 101, 397, 405 m.w.Nachw.).

    Dieser Maßstab gilt auch im Zwangsversteigerungsverfahren, das dem Rechtspfleger nach § 3 Nr. 1 Buchst. i RpflG übertragen ist. Die Durchführung dieses Verfahrens, in dem der Staat durch den Hoheitsakt des Zuschlags Eigentum entzieht und auf den Meistbietenden überträgt, verlangt vom Rechtspfleger Unabhängigkeit, Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten (vgl. für die Auseinandersetzungsversteigerung unter Eheleuten BVerfGE 42, 64, 75; für dasFGGVerfahren BVerfGE 21, 139, 146). Das Zwangsversteigerungsverfahren erfordert wegen seiner weitreichenden wirtschaftlichen Auswirkungen und seinen, den Beteiligten zumeist nicht leicht zugänglichen rechtlichen Schwierigkeiten und strengen Formerfordernissen, eine verantwortungsvolle Verfahrensgestaltung. Dem Rechtspfleger kommt die Aufgabe zu, durch die Beachtung der Verfahrensvorschriften im Spannungsfeld zwischen den Interessen des Gläubigers und des Schuldners als Träger des Eigentumsrechtes Rechtssicherheit bei gleichmäßiger Wahrung der unterschiedlichen Belange der Verfahrensbeteiligten zu schaffen (Stöber, ZVG 17. Aufl. Einl. Rdn. 5, 6; BGH Beschluss vom 14. März 2003 Az.: IXa ZB 27/03).


    Hier bleibt also, so grausam das für Betroffene vielleicht auch klingen mag, kein Raum für Rechtspfleger mit Helfersyndrom. Als Folge kann es sonst leicht zu Depressionen oder zum Burnout-Syndrom kommen.

  • Vollstreckung derb? Wenn du zum ersten mal einen Schuldner hast, der nichts an dich zahlt, wird sich deine Meinung schon ändern ;)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!