Kündigung eines Vertrags nach IE - Insolvenzforderung?

  • Guten Tag zusammen.

    Ich habe gerade folgenden Fall, der mir etwas Kopfzerbrechen bereitet:

    Der Schuldner hat vor Insolvenzeröffnung (IE) bereits die Telefonrechnungen nicht gezahlt. IE war am 05.11.2015. Datiert auf den 10.11.2015 wurde der Telefonvertrag gekündigt (aufgrund der nicht gezahlten Rechnungen) und Schadenersatz für die vorzeitige Beendigung angekündigt. Der Telefonanbieter erteilte dem Schuldner weiterhin bis April 16 monatliche Rechnungen für den "kündigungsbedingten Schadenersatz" und hat angeblich kürzlich erst von der IE erfahren. Der Rechtsanwalt des Gläubigers ist nun der Meinung, dass die Forderungen teilweise nach Insolvenzeröffnungen entstanden sind und will einen Antrag auf Versagung der RSB stellen. Der Schuldner behauptet, dass er der Gläubigerin bereits vor IE von der anstehenden Insolvenz berichtet hat und möchte natürlich die Versagung umgehen.

    - Kann die Forderungen rechtlich gesehen zur Insolvenztabelle angemeldet werden, oder sind die Forderungen aufgrund der Kündigung 5 Tage nach IE neue Forderungen?

    Für Anmerkungen wäre ich sehr dankbar.

  • Hallo Cloed,

    sämtliche Ansprüche des Telefonanbieters die vor IE entstanden sind, sind Insolvenzforderungen. Schadenersatz verlangt der Telefonanbieter hier wegen der Kündigung und vermutlich dem ihm dadurch entgangenen Gewinn. Grund für diese Kündigung war die Nichtzahlung der Rechnungen. Auch wenn der Anspruch auf Schadenersatz formal erst mit der Kündigung entstanden ist, hat der Schuldner den Grund für den Schadenersatz schon vor IE gelegt. Der Hamburger Kommentar 5. Auflage, 2015, § 38 Rdnr. 46 schreibt dazu: "Schadensersatzansprüche aus Vertragsverhältnissen, die bereits vor Insolvenzeröffnung bestanden, sind grds. Insolvenzforderungen." Folglich müsste der Gläubiger diese Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden.

    Was den Versagungsantrag angeht, da hat der Schuldner wohl ein Problem. § 290 Abs. 1 Nr. 6 bestimmt eindeutig, dass er im Gläubigerverzeichnis seine Gläubiger anzugeben hat. Unterlässt er dies mindestens grob fahrlässig kann auf Antrag die RSB versagt werden, war zwar hier nicht die Frage, musste ich aber loswerden :D.


  • Was den Versagungsantrag angeht, da hat der Schuldner wohl ein Problem. § 290 Abs. 1 Nr. 6 bestimmt eindeutig, dass er im Gläubigerverzeichnis seine Gläubiger anzugeben hat. Unterlässt er dies mindestens grob fahrlässig kann auf Antrag die RSB versagt werden, war zwar hier nicht die Frage, musste ich aber loswerden :D.

    ..falls es sich um ein IK-Verfahren handelt. .

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)


  • ..falls es sich um ein IK-Verfahren handelt. .

    Richtig. Wenn es ein IN-Verfahren wäre hat doch der BGH entschieden, dass dann die Pflichten aus § 290 Abs. 1 Nr. 6, in § 290 Abs. 1 Nr. 5 enthalten sind, zumindest bzgl. des Gläubigerverzeichnisses oder habe ich das falsch abgespeichert?

  • die Masseansprüche des Telefonanbieters würde ich zunächst schriftsätzlich zurückweisen hinsichtlich der Frage des Versagungsantrags ihn auf die zur Rechtsberatung Befugten verweisen und gut ist.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Im Verhältnis zur Masse wird man es über §103 InsO abwickeln.

    Vertrag ist bereits gekündigt :D

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  • @ Defaitist:

    zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bestand der Vertrag beiderseitig unerfüllt fort

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • @ Defaitist:

    zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bestand der Vertrag beiderseitig unerfüllt fort

    Stimmt nur teilweise: mit insolvenzeröffnung ist der Vertrag Geschichte (die gute alte Erlöschenstheorie des Reichsgerichts) :D

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  • mit insolvenzeröffnung ist der Vertrag Geschichte (die gute alte Erlöschenstheorie des Reichsgerichts)

    Eh Alder, das ist doch ein wahrlich alter (veralteter) Zopf. Weg damit!

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • mit insolvenzeröffnung ist der Vertrag Geschichte (die gute alte Erlöschenstheorie des Reichsgerichts)

    Eh Alder, das ist doch ein wahrlich alter (veralteter) Zopf. Weg damit!

    Eh Kleines, produzier mich nicht :D

    Ne, hast ja Recht; mit #9 "zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bestand der Vertrag beiderseitig unerfüllt fort" hätte ich präziser werden müssen.
    Ja die Erlöschenstheorie und die Novation bei Erfüllungwahl ist schon immer schuldrechtsdogmatisch nicht so wirklich befriedigend gewesen. Oki gegenüber der KO hat die InsO zwar schon die Problematik von Anwartschaftsrechten über 107 InsO entschärft, und noch so einiges mehr; die dogmatische Lücke bleibt aber.
    Spannender ist da schon die These von der insolvenzrechtlichen Modifikation des Schuldverhältnsises.
    Vorliegend ist die insolvenzrechtliche Modifikation des Schuldverhältnisses durch Kündigung gelöst; ergo keine Masseschuld.
    greez Def

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