Ausschlagung Vorsorgevollmacht

  • Hallo Zusammen,

    ich habe eine Frage:
    Bisher war ich immer der Meinung, dass eine Ausschlagung aufgrund Vorsorgevollmacht (privatschriftlich) möglich ist.
    § 1945 III sagt aber ja, es muss notariell beglaubigt sein.

    Ich habe jetzt hier die Konstellation, dass die Schwester der Verstorbenen an ihren Sohn die Vorsorgevollmacht erteilt hat. Es gab eine Betreuung der Erblasserin, das Erbe ist mit 2,70 € überschuldet. Aufgrund Beerdigungskosten pp. wollen alle Erben ausschlagen. Der Sohn der Schwester hat die Vorsorgevollmacht und möchte jetzt für seine Mutter und für sich selbst ausschlagen. Aber es ist halt nicht notariell beglaubigt.
    Es läuft auch eine Betreuung für die Schwester, wegen Hausverkaufs, die Richterin hat dort wohl gesagt, dass sie ALLES mit der Vorsorgevollmacht machen könnten, nur den Hausverkauf nicht.

    Muss die Betreuung jetzt erweitert werden für die Ausschlagung oder geht es so?

  • Wird bei uns gelegentlich "versucht", aber abgelehnt. § 1945 Abs. 3 BGB ist da eindeutig.

    Hier wird dann regelmäßig eine Betreuung/Erweiterung der Aufgabenkreise angeregt und dann geht das Ganze seinen gewohnten Gang. Aufwändig, aber richtig.

  • Nächste Randfrage: Wir haben hier eine Konstellation, in welcher der gesetzliche Vertreter zwar Kenntnis vom Anfall der Erbschaft hat (§ 1944 II BGB) aber nicht handeln kann, da die Vollmacht die entsprechende Form nicht hat. Spaßenshalber habe ich mir die KG-Entscheidungen dazu im Dunstkreis angeschaut, aber leider keine Lösung gefunden, was einen möglichen Fristablauf angeht, wenn das Betreuungsgericht jetzt nicht schnell handelt.
    Löst man das großzügig über § 206 BGB oder muss gar der spätere Betreuer über den Weg der Anfechtung gehen?

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

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    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

    Einmal editiert, zuletzt von felgentreu (25. Mai 2016 um 12:59)


  • Ich habe jetzt hier die Konstellation, dass die Schwester der Verstorbenen an ihren Sohn die Vorsorgevollmacht erteilt hat.
    Es läuft auch eine Betreuung für die Schwester, wegen Hausverkaufs, die Richterin hat dort wohl gesagt, dass sie ALLES mit der Vorsorgevollmacht machen könnten, nur den Hausverkauf nicht.

    Wenn der für den ausgeschlagen werden soll nicht geschäftsfähig ist, läuft derzeit dann auch keine Frist.

    Ist er nun gesetzlicher Vertreter oder Bevollmächtigter ??

    Ich gehe weiter davon aus, dass er umfassend Bevollmächtigter ist - auch in Vermögens- und Erbangelegenheiten.

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  • Gute Frage, die ich mir nebenbei bemerkt beim Tippeln meiner Vorantwort auch gestellt habe. Die einzig wahre Antwort habe ich leider nicht parat.

    Sicherlich ließe sich ggf. aber vertreten, dass die Frist gehemmt sein könnte. Im Prinzip mit dem gleichen Gedanken wie bei der Hemmung durch das Genehmigungsverfahren: Was kann der Betroffene dafür, wenn das Betreuungsgericht sich so feiern lässt, es wurde seinerseits (bzw. seitens seines Vertreters) doch alles in seiner Macht stehende getan... Zumindest sieht unser NLG das so.

    Einmal editiert, zuletzt von acts (26. Mai 2016 um 12:45)

  • Wenn der Bevollmächtigte mangels Form der Vollmacht -bei Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers- nicht ausschlagen kann, dürfte auch die Ausschlagungsfrist nicht laufen.

    Aber: was ist, wenn der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist, aber nicht selbst ausschlagen kann (z.B. weil er nicht zum Gericht kommen kann bzw. kein Notar zu ihm nach Hause kommt bzw. er sich die notariellen Auswärtsgebühren nicht leisten kann)?

  • Wenn der Bevollmächtigte mangels Form der Vollmacht -bei Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers- nicht ausschlagen kann, dürfte auch die Ausschlagungsfrist nicht laufen.

    Aber: was ist, wenn der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist, aber nicht selbst ausschlagen kann (z.B. weil er nicht zum Gericht kommen kann bzw. kein Notar zu ihm nach Hause kommt bzw. er sich die notariellen Auswärtsgebühren nicht leisten kann)?


    "Kann ich mir nicht leisten" gibt's bei Ausschlagungen nicht: § 17 Abs. 2 BNotO, § 16 Nr. 1 GNotKG

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub


  • "Kann ich mir nicht leisten" gibt's bei Ausschlagungen nicht: § 17 Abs. 2 BNotO, § 16 Nr. 1 GNotKG

    Aber dennoch bekommt der Ausschlagende eine Kostenrechnung über

    a) den Entwurf einer Ausschlagungserklärung samt Unterschriftsbeglaubigung;
    b) Auswärtsgebühr für 1 bis 2 Stunden Abwesenheit des Notars von der Dienststelle;
    c) Dokumentenpauschale;
    d) Telekommunikationspauschale und
    e) Umsatzsteuer.

    Rein gefühlsmäßig ist die Auswärtsgebühr das Problem (€ 50,00 pro halbe Stunde Abwesenheit von der Dienststelle).


  • "Kann ich mir nicht leisten" gibt's bei Ausschlagungen nicht: § 17 Abs. 2 BNotO, § 16 Nr. 1 GNotKG

    Aber dennoch bekommt der Ausschlagende eine Kostenrechnung über

    a) den Entwurf einer Ausschlagungserklärung samt Unterschriftsbeglaubigung;
    b) Auswärtsgebühr für 1 bis 2 Stunden Abwesenheit des Notars von der Dienststelle;
    c) Dokumentenpauschale;
    d) Telekommunikationspauschale und
    e) Umsatzsteuer.

    Rein gefühlsmäßig ist die Auswärtsgebühr das Problem (€ 50,00 pro halbe Stunde Abwesenheit von der Dienststelle).


    Die Rechnung bekäme er vom AG auch.

    Ist aber alles rein akademisch, denn wer kein Geld hat, bei dem kann ich mir auch nichts holen. Angesichts der Haftungsrisiken bei der Verweigerung der Amtstätigkeit in Ausschlagungssachenen gilt: Beurkunden und Einreichen, Kosten hinterher einfordern, bei Erfolglosigkeit mahnen, wenn immer noch nichts komm, abschreiben.

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  • Wir haben hier eine Konstellation, in welcher der gesetzliche Vertreter zwar Kenntnis vom Anfall der Erbschaft hat (§ 1944 II BGB) aber nicht handeln kann, da die Vollmacht die entsprechende Form nicht hat.


    Meine Frage bezog sich auf diesen Satz. Warum kann der gesetzliche Vertreter nicht handeln ? Er benötigt doch keine Vollmacht ?


    Gemeint:
    - bei der Voillmacht reicht die Form nicht aus
    - die ergänzend eingerichtete Betreuung ist nur für (typischerweise) Grundstücksangelegenheiten angeordnet, weil andere formbedürftige Rechtsgeschäfte nicht zu besorgen waren.

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  • Wir haben hier eine Konstellation, in welcher der gesetzliche Vertreter zwar Kenntnis vom Anfall der Erbschaft hat (§ 1944 II BGB) aber nicht handeln kann, da die Vollmacht die entsprechende Form nicht hat.

    Meine Frage bezog sich auf diesen Satz. Warum kann der gesetzliche Vertreter nicht handeln ? Er benötigt doch keine Vollmacht ?

    Der gesetzliche Vertreter ist wer? ein Betreuer ohne ausreichenden Aufgabenkreis? ein Bevollmächtigter ohne ausreichende Vollmacht wegen mangelnder Form?

  • Das Argument mit der mangelnden Form würde mir nicht genügen. Für die Annahme der Erbschaft genügt die Form ja. Ich würde verlangen, dass der Bevollmächtigte innerhalb der Frist eine Betreuung anregt. Wenn das Betreuungsgericht dann bummelt, könnte man das vielleicht als höhere Gewalt sehen.

  • Der gesetzliche Vertreter ist wer? ein Bevollmächtigter ohne ausreichende Vollmacht wegen mangelnder Form?

    Die Form ist für die Frage der Kenntniserlangung unerhebblich. Er ist wirksam Bevollmächtigter in Erb- und Vermögensfrage.
    Eine Ausschlagungserklärung kann er jedoch nicht abgeben. (s. Nachfolgendes).

    Das Argument mit der mangelnden Form würde mir nicht genügen. Für die Annahme der Erbschaft genügt die Form ja. Ich würde verlangen, dass der Bevollmächtigte innerhalb der Frist eine Betreuung anregt. Wenn das Betreuungsgericht dann bummelt, könnte man das vielleicht als höhere Gewalt sehen.

    Danke an den Chemnitzer.
    Anregung innerhalb der Frist finde ich eine sehr gute Ergänzung - die Sanktionsmöglichkeiten dürften aber begrenzt sein, wenn er das unterlässt. Es wird wohl dann die Anfechtung werden.

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