§ 788 ZPO - zwei Angelegenheiten?

  • Hallo,
    der Titel lautet nur auf Verurteilung den Netzbetreiber Zutritt zur Stromabnahmestelle zu gewähren und die Sperrung der Abnahmestelle zu gewähren.
    Der Rechtsanwalt des Gläubigers stellt nun Vollstreckungsauftrag zur Sperrung und im selben Auftrag steht ein Satz, dass die Kosten für den Sperrungsauftrag im Wege der Zwangsvollstreckung einzuziehen sind.
    Im Antrag auf Kostenfestsetzung nach 788 ZPO macht der Anwalt nun zwei Gebühren geltend, weil es zwei Vollstreckungsmaßnahmen wären.
    Sind das wirklich zwei Angelegenheiten?

    That Guy: "We are more like Germany, ambitious and misunderstood!"
    Amy: "Look, everyone wants to be like Germany."

  • ... weil es zwei Vollstreckungsmaßnahmen wären.


    1) Sind denn aber auch zwei ZV-Maßnahmen durchgeführt worden (vgl. den Fall hier: BGH -> http://www.iww.de/ve/archiv/voll…ussetzt--f43296). Was genau wurde veranlaßt wofür?

    2) Handelt es sich um einen oder zwei Schuldner?

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  • Es sind 2 Aufträge, da es sich um verschiedene Handlungen des GV handelt. Hier hast du zum einen den Auftrag auf Duldung (der Maßnahme) und zum anderen auf Vollstreckung beweglicher Gegenstände.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki




  • 1) Sind denn aber auch zwei ZV-Maßnahmen durchgeführt worden (vgl. den Fall hier: BGH -> http://www.iww.de/ve/archiv/voll…ussetzt--f43296). Was genau wurde veranlaßt wofür?

    2) Handelt es sich um einen oder zwei Schuldner?

    Durchgeführt wurde keine ZV-Maßnahme. Der Antrag wurde zurückgenommen, weil die Verbrauchsstelle deaktiviert wurde. Es handelt sich um einen Schuldner.
    Ich habe das genauso in mehreren Akten, alle von der selben RA-Kanzlei.

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  • Wenn die Rücknahme aufgrund eines Handelns des Schuldners erfolgt (z.B. Umzug), sind es für mich notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung.

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    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
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  • Durchgeführt wurde keine ZV-Maßnahme. Der Antrag wurde zurückgenommen, weil die Verbrauchsstelle deaktiviert wurde. Es handelt sich um einen Schuldner.
    Ich habe das genauso in mehreren Akten, alle von der selben RA-Kanzlei.

    Um welchen Antrag handelt es sich denn? Wofür konkret werden denn dann 2 x die Gebühren geltend gemacht? Der BGH sagt doch, daß die Duldung (eine Maßnahme zu gewähren) auch ein positives Tun (Zutritt zu gewähren) beinhalten kann und nicht extra tituliert sein muß. Ein Antrag nach § 890 ZPO reicht demnach aus, unabhängig davon, ob das Gewähren des Zutrittes ggf. nach §§ 888 oder 887 ZPO noch als un/vertretbare Handlung gesondert vollstreckt werden könnte, was der BGH aber nicht entscheiden mußte (Notwendigkeit?).

    Hinzu kommt: Welchen Gegenstandswert legt er seiner Gebühr zugrunde? Dieser richtet sich ja nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG. Hat das Prozeßgericht denn aufgrund der Rücknahme die Kosten dem Schuldner auferlegt (§ 891 ZPO)? Hat es einen Wert auf Antrag(!) nach § 33 I RVG festgesetzt? Bist Du Prozeßgericht (§ 788 II 2 ZPO)? Ich frag nur, weil § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO für die Erstattung der dortigen Kosten aufgrund Rücknahme des Antrages keine Anwendung findet (vgl. LAG Köln, Beschl. v. 19.08.2015 - 2 Ta 248/15, Volltext). Ist der Schuldner also aufgrund der Rücknahme überhaupt dem Grunde nach zur Erstattung dieser Kosten aufgrund einer Kostenentscheidung des Prozeßgerichts verpflichtet?

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    Einmal editiert, zuletzt von Bolleff (1. Juni 2016 um 19:10)

  • Hm, ich meine:

    a) erste ZV-Maßnahme und 0,3-Gebühr: Stromzählersperrung, § 892 ZPO Widerstandsbeseitigung durch GV.
    Wert: Gute Frage, Wert aus dem C-Verfahren ?

    b) zweite ZV-Maßnahme und 0,3-Gebühr: Sachpfändungsauftrag zur Beitreibung der aufgrund a) verursachten Vollstreckungskosten im Wege der Mitvollstreckung; hier wird sich der Wert nach den entstandenen Kosten zu a) ergeben, in der Regel wohl unter 500 €.

    c) denkbar: dritte 0,3-Gebühr aufgrund mit b) kombiniertem VAK-Auftrag; Wert: wie b).

    :gruebel:

  • Hm, ich meine:

    a) erste ZV-Maßnahme und 0,3-Gebühr: Stromzählersperrung, § 892 ZPO Widerstandsbeseitigung durch GV.
    Wert: Gute Frage, Wert aus dem C-Verfahren ?

    (...)

    :gruebel:


    Ich möchte zum Wert nachfragen, was könnte da so maßgeblich sein ?

    Der Gl. hat für seinen "Zutrittsauftrag" zur Zählersperrung den Wert aus a) den bis zum Auftrag aufgelaufenen Abschlagsrückständen und b) den C-Gerichtskosten errechnet und zugrunde gelegt.

    a) entzieht sich meiner Überprüfbarkeit,
    b) finde ich komisch

    :confused:

  • Den Wert für die Sperrung hole ich mir aus der C-Akte, wenn er nicht im Titel steht. Entweder ist dort einer festgesetzt oder ich nehme den Streitwert, der dort für die Gerichtskostenrechnung genommen wurde.

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  • Erst nochmal danke an zsesar, daß er mich auf den § 892 ZPO gestoßen hat. Ich war auf dem "falschen Dampfer" mit meinem Antrag nach § 888 ZPO wegen der Stromzählersperrung. Insofern kann man natürlich argumentieren, daß die Sperrung und die Vollstreckung der dafür entstandenen Kosten verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten darstellen, weil die jeweilige Vollstreckungsmaßnahme auch jeweils zu einem anderen Erfolg führen kann (was u. a. Unterscheidungsmerkmal des BGH für die Annahme derselben gebührenrechtlichen Angelegenheit ist). Ist ja möglich, daß die Sperrung durchgeführt wird, aber die ZV-Kosten dafür nicht erfolgreich vollstreckt werden können.

    Will man 2 Angelegenheiten annehmen, richtet sich der Wert der Sperrung ja nach dem Interesse des Gläubigers an der Sperrung, § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG. Hier bietet sich an, den Wert der Hauptsache zugrundezulegen. Denn an dem (insoweit dann wohl wirtschaftlichen) Interesse zur Sperrung hat sich nichts geändert (ggf. kann sich das aber auch erhöht haben, wenn z. B. weitere Zahlungsrückstände aufgetreten sind). Oder man legt nach billigem Ermessen den (ohne Sperrung) dem Gläubiger weiter entstehenden Schaden als Wert zugrunde, also den weiteren mtl. Verbrauch und legt ihn auf ein Jahr um z. B. Der insoweit für den Wertfestsetzungsantrag nach § 33 Abs. 1 RVG darlegungspflichtige Gläubiger muß entsprechend vortragen. Das Gericht darf da nichts von sich aus schätzen o. ä. m.

    Was den Wert der Mobiliar-/Sachpfändung wegen der Kosten der Sperrung angeht, dürften m. E. diese den Wert bilden, § 25 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Hs. 1 RVG.

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  • Für den Wert des Klageverfahrens soll wohl h. M. sein: 6 Monate x Abschlag, z. B. OLG Hamburg, Beschl. vom 12.7.2010
    https://openjur.de/u/83503.html .

    Ich wäre nun bei der 0,3-Vollstreckungsgebühr für den Zutrittsauftrag durchaus nicht völlig abgeneigt, die konkreten Abschlagsrückstände bis zum Auftrag als Wert zugrunde zu legen,
    allerdings wüsste ich jetzt so gar nicht, warum da auch noch die im Klageverfahren entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten in den Wert mit einfließen sollten, Meinungen ?

    :confused:

  • allerdings wüsste ich jetzt so gar nicht, warum da auch noch die im Klageverfahren entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten in den Wert mit einfließen sollten, Meinungen ?


    Wie gesagt, kann ich auch nicht nachvollziehen. Das billige Ermessen für den Sperrungsauftrag mit den 6 Monaten oder den bis dahin aufgelaufenen Rückständen kann man sicher vertreten. Für den Pfändungsauftrag an den GVZ ist dann die zu vollstreckende Forderung wertbildend. Die Gerichtskosten aber dem Wert für die Sperrung aufzuschlagen, dürfte falsch sein. Welchen Wert soll die Sperrung (ZV-Maßnahme) für die Gerichtskosten haben - oder von mir aus andersrum (§ 25 I Nr. 3 RVG)?

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  • Ich wäre nun bei der 0,3-Vollstreckungsgebühr für den Zutrittsauftrag durchaus nicht völlig abgeneigt, die konkreten Abschlagsrückstände bis zum Auftrag als Wert zugrunde zu legen,...

    Das kann ich mir nicht vorstellen. Das bedeutet ja, dass du im materiellen Recht fischst. Erstens müsstest du die Abschlagshöhe ermitteln, die ergibt sich nicht aus dem Sperrungsurteil. Dann müsstest du prüfen, ob die Abschlagshöhe angemessen und den realen Verbrauch überhaupt widerspiegelt und ob der Vertrag überhaupt noch besteht. Du kannst ja nicht einfach das vom Gläubiger behauptete glauben. Du müsstest dann ja Einwende des Schuldners prüfen, wie, habe den Vertrag schon gekündigt und einen anderen Anbieter, der Abschlag ist zu hoch, da er ein Durchschnitt von Sommer und Winter ist und der Vertrag läuft in einem Monat aus und jetzt ist Sommer und in der Vertragslaufzeit waren zwei Sommer und nur ein Winter, außerdem habe ich nichts verbraucht, da ich im Urlaub oder schon ausgezogen war. Du kannst nicht beurteilen, ob eine eventuelle Kündigung des Schuldners wirksam ist, oder überhaupt vom Gläubiger registriert wurde. Mir hat man mal den Strom abgestellt, obwohl meine Vermieterin persönlich den Antrag beim Anbieter abgegeben hat. Da war wohl gerade Mittagspause und der Antrag ist spurlos verschwunden.
    Ich habe schon relativ viele solcher Festsetzungsanträge gehabt. In den meisten Titeln steht der Streitwert. Ich hatte noch nie einen Antrag mit einem höheren Streitwert, als in der C-Akte festgesetzt oder in der dortigen Gerichtskostenrechnung aufgeführt war.

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  • Habe gerade eine solche Akte. Schuldner wohnt gar nicht mehr dort wo Zählersperrung stattfand, aber ich weiß ja nicht, wann er weggezogen ist.
    Außerdem sehe ich da noch ein Problem. Die Sperrung erfolgte erst rund 4 Monate nach dem Urteil. Wie willst du entscheiden, wenn du die Abschlagsrückstände bis zum Auftrag als Wert zugrunde legen willst, ob es notwendig war, dass der Gläubiger sich so lange Zeit zum sperren lässt.

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  • Habe gerade eine solche Akte. Schuldner wohnt gar nicht mehr dort wo Zählersperrung stattfand, aber ich weiß ja nicht, wann er weggezogen ist.
    Außerdem sehe ich da noch ein Problem. Die Sperrung erfolgte erst rund 4 Monate nach dem Urteil. Wie willst du entscheiden, wenn du die Abschlagsrückstände bis zum Auftrag als Wert zugrunde legen willst, ob es notwendig war, dass der Gläubiger sich so lange Zeit zum sperren lässt.

    Ja, das spricht ggf. durchaus auch für eine rein praktisch-effiziente Übernahme des wohl gängigen 6-fachen Abschlagswerts aus der C-Akte und gut ist.
    Mal sehen, ob / was der Gläubiger dazu sagt; habe mal zwischenverfügt.

    Danke

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