Kognitive Defizite

  • Mir liegt ein Antrag zur Entscheidung in einer Angelegenheit wegen Kürzung der SGB Leistungen vor.
    Begründet wurde die Kürzung mit mangelnder Mitwirkung.
    Laut JC wurde der Antragstellerin mehrfach ausführlich, geduldig und detailliert erklärt, was sie zu tun habe. Es hat bei ihr aufgrund kognitiver Defizite leider nicht Klick gemacht, so dass die Antragstellerin ihrer Verpflichtung nicht nachkam und das JC letztendlich kürzen musste.

    Mein Dilemma ist jetzt, dass zwar Beratungshilfe keine allgemeine Lebenshilfe darstellt und die Anwälte nicht die Erklärbären, Schreibkräfte und Poststellen für die Antragsteller sind. Auf der anderen Seite ist der Bescheid des JC ja nunmehr tatsächlich erlassen und die Antragstellerin in Ihren Rechten (möglicherweise, Erfolgsaussichten prüfen wir ja nicht) beschränkt wurde.

    Ich tendiere deshalb zwar zur Bewilligung, aber habe Bauchschmerzen.
    Wenn wir auf der einen Seite Anträge mit der Begründung zurückweisen, Beratungshilfe sei keine allgemeine Lebenshilfe, aber für ein Widerspruchsverfahren dann auf der anderen Seite letztlich doch bewilligen, dann werden findige Antragsteller solange die Füße dem JC gegenüber still halten, bis ein Bescheid erlassen wurde. Spätestens dann gehen die Antragsteller zu "ihrem" Anwalt", der sich der Sache dann schon für sie annehmen wird.

    Das hätte ja mithin zur Folge, dass die Beratungshilfe - über Umwege - dann doch allg. Lebenshilfe wäre.
    Oder bin ich da gedanklich irgendwo falsch abgebogen?:gruebel:

  • Woher sollen die anderen Betroffenen das erfahren. Ich finde in dem Fall Einzelfallentscheidung zu Gunsten der Betroffenen.

    Wenn die Defizite aber so offensichtlich sind und dies auch aus dem Schreiben des JC hervorgeht wäre ja das nicht auch eine Anregung zu einer Betreuerbestellung?

    Ich würde da mit den Kollg. im Haus das besprechen, denn es könnte sein, diejenige wird sonst zum Dauergast in der RAST und wäre in der Betreuung besser aufgehoben.

  • Beanstandungspunkt wäre hier zunächst einmal die Mutwilligkeit, weil ein verständiger Selbstzahler wohl selbst Widerspruch erhoben hätte (je nachdem, was für eine Mitwirkung gefordert wurde; es gibt auch durchaus Fälle, in denen das JC "komische" Aufforderungen zur Mitwirkung erlässt, die rechtsstaatlich nicht vertretbar sind).

    Bejaht man die grundsätzliche Mutwilligkeit, kommt die zweite Prüfungsstufe: Mutwilligkeit im konkreten Fall unter Berücksichtigung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers sowie seiner besonderen finanziellen Situation.
    Den Punkt "besondere finanzielle Situation" klammere ich mal aus, da der Bezug von SGB-II-Leistungen m.E. per se keine "besondere" finanzielle Situation darstellt und man sich wunderbar darüber streiten kann, ob eine solche durch die Kürzung jetzt vorliegt.
    Kognitive Defizite (die ggf. näher zu eruieren sind - auf der RAST merkt man das eher mal; bei einem nachträglichen Antrag wäre dieser Vortrag ggf. glaubhaft zu machen) sind aber bei der Mutwilligkeitsprüfung zu berücksichtigen.
    Kommst du in diesem Einzelfall zum Ergebnis, dass aufgrund der kognitiven Defizite eben keine Mutwilligkeit vorliegt (dein Antragsteller also aufgrund dessen tatsächlich nicht in der Lage ist, zu verstehen, was er machen soll), ist Beratungshilfe zu bewilligen.

    Das alles natürlich unter der Prämisse, dass überhaupt Mutwilligkeit vorliegt.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Woher sollen die anderen Betroffenen das erfahren. Ich finde in dem Fall Einzelfallentscheidung zu Gunsten der Betroffenen.

    Wenn die Defizite aber so offensichtlich sind und dies auch aus dem Schreiben des JC hervorgeht wäre ja das nicht auch eine Anregung zu einer Betreuerbestellung?

    Ich würde da mit den Kollg. im Haus das besprechen, denn es könnte sein, diejenige wird sonst zum Dauergast in der RAST und wäre in der Betreuung besser aufgehoben.

    Dem schließe ich mich an. Je nach Umfang der Defizite käme auch (eher) eine Betreuung infrage.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

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