Versteigerung verhindern durch Widerruf des Kredits

  • :gruebel: Hallo allerseits,

    ein Schuldner erscheint mit einem Beistand und einem Eilantrag in der Tasche mit dem Inhalt, die ZV nach § 769 Abs ZPO einzustellen oder zumindest die Zuschlagsentscheidung auszusetzen. Begründung:
    3 Tage vor dem Termin ist ihm eingefallen, dass die Belehrung der Bank in dem Kreditvertrag falsch ist. Er hat den Kreditvertrag aus diesem Grund schriftlich gegenüber der Bank widerrufen. Da die aber nicht reagiert habe, müsse man nun Klage vor dem Landgericht einreichen.

    Frage:
    1) Wie haltet Ihr das mit Beiständen? Ich habe eine Kommentierung gelesen, nach der ich den zulassen muss......
    2) Würdet Ihr die Zuschlagsentscheidung aussetzen?

    Danke im Voraus!

  • Frage 1: Hab zum Glück sooo selten Beistände. In einem Seminar vor kurzem sagte der Dozent, dass ein Beistand zwei Voraussetzungen erfüllen muss: einmal die enge Vertrauenslage zum Schuldner und zum anderen das besondere Fachwissen juristischer Natur, das zur Förderung des Verfahrensablaufes und zur Aufklärung beiträgt. Mit letzterem kann man daher einem gewissen Gruppenvereinigung, die die Gesetze hier nicht anerkennen, die Beistände versagen. Gemacht habe ich das aber noch nicht. Der Schuldner muss dir also beide Voraussetzungen nachvollziehbar darlegen.

    Frage 2: Aussetzen würde ich, um dem Schuldner Gelegenheit zur Erreichung einer Einstellung des Prozessgerichtes zu geben. Ich denke 2 Wochen würden zumindest bei mir reichen, hab ich auch schonmal gemacht. Das mögen andere anders sehen, aber da der Zuschlag nunmal ein massiver Eingriff ist, würde ich ihm - zumindest wenn seine Absichten im Grunde zumindest halbwegs nachvollziehbar sein könnten - geben. Das wäre der Kompromiss, weil einstellen nach § 769 ZPO würde ich nicht, hab ich bisher auch immer abgelehnt (meist ist immer genügend Zeit für den Schuldner, eine Entscheidung des Prozessgerichtes beizuholen). Durch die Zuschlagsaussetzung würdest du dem Schuldner Zeit geben, die Einstellung vom Prozessgericht zu erreichen. Das dürfte dem Schuldneranliegen eigentlich genügen. Ob man den Antrag gleich zurückweist und Zuschlag erteilt, hängt sicherlich auch von der Haltung deines Landgerichtes ab, ich würde das nicht machen.

    Allerdings würde ich den Schuldner auch darauf hinweisen, dass selbst bei Widerruf des Kreditvertrages die erhaltene Kreditsumme zurückgezahlt werden muss (= wie eine Rückabwicklung, bei der er lediglich die Zinsen spart). Ein Schuldner bei mir kam nämlich ähnlich gleich nach Anordnung damit, den Kredit aufgrund falscher Widerrufsbelehrung gekündigt zu haben und dem hab ich das dann auch so gesagt. Er meinte zwar, er hätte das Geld, aber bezahlt hat er bislang nicht. Wer weiß, wie dein Schuldner darauf reagiert

  • Zu 1.)
    Hängt vom Beistand ab. Es gibt hier auch genügend Beistände, die Anträge auf den Namen der von ihnen "Vertretenen" vorbereitet haben, sprich: Die Anträge kommen eh - egal, ob der Beistand zurückgewiesen oder zugelassen wird. Einzelfallentscheidung!

    Zu 2.)
    Materiellrechtlicher Einwand, der mit der förmlichen Richtigkeit der Zwangsversteigerung nichts zu tun hat. Ich würde das Verfahren durchziehen. Das Verhalten klingt nach dem Versuch der Verschleppung.
    Ich sehe auch keinen Grund für die Aussetzung der Zuschlagsentscheidung.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ein Beistand darf so richtig ja nichts. Da muss man eben aufpassen, wie rege der Beistand ist.

    Das mit der Kündigung ist so eine Sache. Bevor die Bank vollstrecken kann, muss die ja die GS schon gekündigt haben. Aber das sind materiell-rechtliche Einwände, die das Prozessgericht entscheiden soll. Ich würde, wenn der Antrag gut begründet ist, vielleicht einstellen, aber dann mit der Auflage innerhalb einer bestimmten Frist die Einreichung der Klage nachzuweisen.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
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    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
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  • Danke für Eure Antworten!

    So eine ganz klare Meinung in die ein oder andere Richtung scheint es ja nicht zu geben.
    Der Termin hat stattgefunden. Ich habe den Beistand zu gelassen, weil ich das enge Vertrauensverhältnis zwar arg bezweifelt habe (der Mann ist schon in anderen Terminen mit aufgeschlagen), ich aber nicht das behauptete und vorgetragene Vertrauensverhältnis widerlegen konnte. Außerdem waren die Anträge tatsächlich auch schriftlich abgefasst und vom Schuldner unterschrieben. Von daher war es dann auch wurscht! Die juristischen Kenntnisse hatte er.

    Am Ende des Termins gab es ein zuschlagsfähiges Gebot. Mit Zustimmung des Meistbietenden und der Bank habe ich die Entscheidung für zwei Wochen ausgesetzt. Sicherheit wurde nicht verlangt. Nun bin ich mal gespannt, ob der Schuldner binnen zwei Wochen Klage beim LG einreicht.

    Der eigentliche Hintergrund war der, dass der Sohn eine Finanzierungszusage hat und das Objekt übernehmen möchte.
    Die Bank hatte bereits eine aktuelle Forderungsaufstellung geschickt (wovon der Terminsvertreter nichts wusste). Es fehlte noch eine Aufstellung einer letztrangigen Bank. Demnach würde die Finanzierungszusage sogar den aktuellen Forderungsstand abdecken.

    Ich bin gespannt.........;)

  • ich hätte das auch so gemacht. Mit einer sofortigen Zurückweisung tue ich mich immer schwer, weil man oft zu wenig Anhaltspunkte dafür hat, ob der Schuldner wirklich nur das Verfahren vereiteln will oder ob er tatsächlich "begründete" Sachen vorträgt. Da reicht ein bloßer Verdacht nicht aus. Ich würde zurückweisen, wenn der Schuldner z. B. vorher schonmal mit solchem Antrag gekommen ist und dann nichts gemacht hat oder wenn aus dem Aktenverlauf offensichtlich ist, dass er tatsächlich jeden Versuch unternimmt, das Verfahren lahmzulegen. Nur aufgrund eines Antrages gleich von Verfahrensverschleppung auszugehen, finde ich schwierig. Das mögen andere anders sehen, das respektiere und verstehe ich auch, aber ich sehe das jedoch so.

    Um da aber sicher zu gehen, und weder eine möglich Zuschlagsentscheidung noch eine tatsächliche Einstellung zu gefährden, ist für mich die Zuschlagsaussetzung immer ein schöner Mittelweg (mache ich bei kurzfristigen Anträge nach § 765a ja auch). Das was der Schuldner vorträgt, klingt ja zumindest im Ansatz glaubhaft, den Rest wirst eben sehen. Ich finde schon, dass der Schuldner - auch wenn das Verfahren ne Weile dauert und er genügend Zeit hatte - zumindest in solchen Fällen - wenn er glaubhaft vorträgt, die Versteigerung verhindern zu können und bereits entsprechende Anhaltspunkte erwirkt hat - trotzdem Gelegenheit haben sollte, die Versteigerung im letzten Moment doch noch zu verhindern. Immerhin ist die Zuschlagserteilung ein massiver Eingriff in seine Eigentumsrechte. Da er ja anscheinend schon vorbereitend wegen Finanzierung usw. unterwegs war, ist ein solcher Antrag ja auch nicht völlig aus der Luft gegriffen. Und wenn die Finanzierungsübernahme klappt, ist dem Gläubiger ja auch geholfen. Ob vom Prozessgericht ne Einstellung kommt, liegt ja nicht mehr in deiner Hand

    In zwei Wochen kann der Schuldner wenigstens vortragen, ob er zumindest einen entsprechenden Antrag beim Prozessgericht auf Erlass einer Einstellung gestellt hat, dann könnte man ggf. nochmals aussetzen, falls das Prozessgericht länger braucht. Er kann ja auch nachweisen bis dahin, dass er oder ein Dritter die Schuld des Gläubiger beglichen hat oder diese ganzen Sachen (das hatte der Schuldner damals in meinem Verfahren gemacht). Dann würdest du ja auch zu einer Zuschlagsversagung usw. kommen. Ist für den Meistbietenden vielleicht blöd, aber er hat im Termin ja von dieser Angelegenheit erfahren

  • Bin kein Versteigerer aber ist denn tatsächlich relevant, ob ein wirksamer Kreditvertrag besteht? Die Bank betreibt doch sicherlich aus dem dinglichen Recht und das dürfte doch auch ohne Kreditschuld Bestand haben und eventuelle Rückgewähransprüche aus der Sicherungsabrede betreffen doch nur das Innenverhältnis zwischen Bank und Schuldner.

    Oder bin ich auf dem falschen Dampfer?

    Ulf

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  • Nein Ulf, Du liegst da schon ziemlich richtig. Ich betrachte nur das dingliche Recht und nicht den Kreditvertrag. Ich bin auch auf die Klagebegründung gespannt. Wenn bis zum Termin nichts kommt, würde ich das auch so begründen.
    Ich möchte aber auch nicht ausschließen, dass das Landgericht sagen könnte, wenn der Kreditvertrag unwirksam ist, entfällt auch das Sicherungsbedürfnis durch die Grundschuld und damit wäre eine Vollstreckung aus dieser Grundschuld untunlich. (Obwohl das auch meinem Verständnis von der nicht akzessorischen Grundschuld widersprechen würde).

  • ulf, klar hast du recht. Aber ich hab mal als Beispiel folgende Entscheidung rausgesucht (bei beck-online):

    LG Bautzen, Beschluss vom 12.06.2008 - 2 O 227/08

    Darin hat das Landgericht, aufgrund unwirksamer Regelungen oder Anschlussgeschichten zum Kreditvertrag die Einstellung der Vollstreckung aus der Grundschuldurkunde angeordnet. Da die Grundschuld den Kreditvertrag sichert und der Schuldner mit 769 ZPO materiell-rechtliche Einwendungen erheben kann, ist es eigentlich ja auch die Entscheidung des Landgerichtes, den Kreditvertrag mit zu berücksichtigen oder nicht. Wenn eine Sicherungsgrundschuld vereinbart wurde (also zur Sicherung einer Forderung) - für die ja die Kündigungsfrist nunmehr verlängert wurde - und man feststellt, dass die zugrundeliegende Forderung nie bestanden hat, kann das evtl. schon Auswirkungen haben - zumindest bei der Entscheidung des Landgerichtes. Wenn nachträglich die Forderung aus dem Kreditvertrag geringer ist, als die Grundschuldeintragung hergibt, ist das natürlich ganz anders zu bewerten.

    Natürlich kann man die strenge Tour fahren und sagen zum Schuldner, haste Pech gehabt und hast genug Zeit gehabt das festzustellen, Grundschuld ist nicht Kreditvertrag. Aber wir sind ja nicht in der "normalen" Vollstreckung, bei der Versteigerung des eigenen Wohnhauses ist die Relevanz solcher Sachen schon etwas anderes - finde ich.

    Wir als Versteigerungsgericht haben mit diesen Einwendungen ja auch weniger zu tun, selbst 766 haut da nicht hin. Hier ist ja nur die Entscheidung, ob man dem Schuldner die Gelegenheit gibt, die Einstellung des Prozessgerichtes beizuholen oder selbst einzustellen nach § 769 ZPO. Da geht es ja um materielle Einwendungen und deswegen ist es legitim - für andere vielleicht nicht, aber für mich - Einwendungen hinsichtlich des Kreditvertrages mit zu berücksichtigen (das heißt nicht gleich einstellen, sondern in seiner Entscheidung sich damit auseinandersetzen und nicht wegen der Dinglichkeit pauschal als unbegründet ablehnen)

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