Akteneinsichtsrecht durch Gläubiger eines (Mit-) Erben

  • Guten Morgen,
    ich bin ja sonst nur eher stille Mitleserin, aber jetzt muss ich doch mal nachfragen:
    Hat der Gläubiger eines (Mit-) Erben ein Akteneinsichtsrecht in die Nachlassakten eines Erblassers?
    Folgender Fall: Ein RA teilt unter Übersendung einer Vollmacht mit, sein Mandant habe einen Titel gegen Herrn X, der möglicherweise Erbe der Frau Y (= Erblasserin in meiner Nachlassakte) geworden sein könnte und bittet um Auskunft, ob Herr X vorliegend wirklich Erbe geworden ist.

    Tatsächlich ist Herr X ausweislich des in der Akte befindlichen Erbscheins Miterbe zu 1/3 nach Frau Y.
    Darf ich dem RA das mitteilen? Bzw. dürfte er Akteneinsicht nehmen? Der RA hat nicht behauptet bzw. nachgewiesen, dass sein Mandant auch Nachlassgläubiger bezüglich des Nachlasses von Frau Y ist.
    Aus § 13 FamFG und der Kommentierung konnte ich zu diesem Fall nichts rauslesen. Der Gläubiger ist nicht Beteiligter das Nachlassverfahrens, aber hat er als Dritter ein berechtigtes Interesse an der erbetenen Auskunft?
    Vielen Dank!

  • Es handelt sich nicht um einen Nachlass-Gläubiger, also keine Akteneinsicht. Wenn er Einblicke in die Vermögenslage seines Schuldners bekommen will, muss er den Vollstreckungsweg gehen über eine Vermögensauskunft.

    Ob X Allein- oder Miterbe ist, wäre doch ohnehin egal, oder?

  • Wenn der Rechtsanwalt noch eine Kopie des Titels nachreicht, kann man die Akteneinsicht nach meiner Ansicht nicht verweigern, da der Miterbenanteil zum Vermögen des Schuldners gehört, das dem Vollstreckungszugriff unterliegt.

  • Ich gehe auch davon aus, dass der Anteil am Nachlass mit dem übrigen Vermögen des Schuldners dem Gläubigerzugriff unterliegt. Aber ob dieser Zugriff derlei umfassende Einsichtsrechte gewährt? Das wäre eine Besserstellung gegenüber den Gläubigern, deren Schuldner nicht Erbe geworden ist.
    Das Nachlassgericht würde dann quasi als Vollstreckungsgericht 'missbraucht'. Ich bleibe bei der Ansicht, dass dem Gläubiger die üblichen Wege der ZPO offen stehen um sich Kenntnis von der Vermögenslage des Schuldners zu verschaffen.
    Ich würde ihm nicht einmal mitteilen, ob sein Schuldner hier ein Erbe angetreten hat.

  • Ich gehe auch davon aus, dass der Anteil am Nachlass mit dem übrigen Vermögen des Schuldners dem Gläubigerzugriff unterliegt. Aber ob dieser Zugriff derlei umfassende Einsichtsrechte gewährt? Das wäre eine Besserstellung gegenüber den Gläubigern, deren Schuldner nicht Erbe geworden ist.
    Das Nachlassgericht würde dann quasi als Vollstreckungsgericht 'missbraucht'. Ich bleibe bei der Ansicht, dass dem Gläubiger die üblichen Wege der ZPO offen stehen um sich Kenntnis von der Vermögenslage des Schuldners zu verschaffen.
    Ich würde ihm nicht einmal mitteilen, ob sein Schuldner hier ein Erbe angetreten hat.

    Ich halte das (und insbesondere diese Argumentation) für abwegig.

    Das Gläubiger von Erben und Gläubiger von Nichterben unterschiedlich behandelt werden, liegt doch in der Natur der Dinge und ist in der Sache ohne weiteres gerechtfertigt.

    Die gleiche Sachlage im Hinblick auf das Einsichtsrecht bestünde, wenn der Schuldner nur Vermächtnisnehmer wäre. Allerdings dürfte man dem Gläubiger in diesem Fall nur das mitteilen, was auch dem Vermächtnisnehmer mitgeteilt wurde. Aber auch dies liegt in der Natur der Dinge.

  • ... Das wäre eine Besserstellung gegenüber den Gläubigern, deren Schuldner nicht Erbe geworden ist.
    ...

    Das denke ich nicht. Einem Gläubiger, dessen Schuldner z. B. Grundbesitz hat, würde man ja auch nicht die Grundbucheinsicht verweigern mit dem Argument, diese wäre eine Besserstellung ggü. Gläubigern, deren Schuldner keinen Grundbesitz haben. Je nachdem, welches Vermögen der Schuldner hat, gewährt dieses dem Gläubiger eben Einsichtsrecht in die verschiedensten Akten, Register usw. Und ein Gläubiger, dessen Schuldner kein Vermögen hat, ja, der hat eben Pech.

  • Ein gutes Argument!


    Nicht zwingend. Auch bei einem vermögenden Schuldner (der einfach keine Lust hat zu zahlen oder die Forderung nicht für gerechtfertigt hält) wird der Gläubiger auf bloße Nachfrage hin von der Bank nicht erfahren, welche Konten der Schuldner mit welchen Ständen dort besitzt.

    Da muss schon mehr kommen im Sinne eines PfüB oder Antrages auf Vermögensauskunft.

  • Ein gutes Argument!


    Nicht zwingend. Auch bei einem vermögenden Schuldner (der einfach keine Lust hat zu zahlen oder die Forderung nicht für gerechtfertigt hält) wird der Gläubiger auf bloße Nachfrage hin von der Bank nicht erfahren, welche Konten der Schuldner mit welchen Ständen dort besitzt.

    Da muss schon mehr kommen im Sinne eines PfüB oder Antrages auf Vermögensauskunft.

    Gegenüber Banken besteht aber kein Akteneinsichtsrecht entsprechend §§ 299 Abs. 2 ZPO, 13 Abs. 2 FamFG. Es geht um die Einsicht in Gerichtsakten, also sind diese Konstellationen nicht vergleichbar. Vielleicht findet sich ja in der Kommentierung zu diesen Vorschriftenm etwas Erhellendes.

  • Maßgeblich dürfte hier das "berechtigte Interesse" i.S.v. § 13 FamFG sein.
    Mit dem FamFG hab ich null Erfahrung, denke aber, dass die Grundsätze des § 299 II ZPO bezüglich des "rechtlichen" Interesses ebenso greifen dürften. Die Begriffe sind jedoch nicht deckungsgleich.
    Ist ein rechtliches Interesse swächer als ein berechtigtes Interesse oder umgekehrt.... .
    Durch reines Behaupten, es läge ein Titel vor, ist weder das eine noch das andere glaubhaft gemacht.
    Ein Gläubiger des Erblassers und auch des Erben hat ein rechtliches Interesse und ein durchaus berechtigtes Interesse daran, wer Rechtsnachfolger seines Schuldners geworden ist bzw. ob sein Schuldner Erbe geworden ist.
    Der Vergleich mit dem Bankkundengeheimnis (es gibt kein Bankgeheimnis! nur ein Bankkundengeheimnis) ist völlig abwegig, da Banken weder 13 FamFg noch § 299 ZPO unterliegen (junge, mach Dir mal klar, dass Bankkundenbeziehungen grds. nicht bei Gericht sondern bei Banken geaktet werden und nur zwischen Kunde und Bank bestehen; Bankkunden bedinden sich - glückerweise - nicht in einem "prozessbefangenen" oder sonstwie "verfahrensbefangen" Verhältnis gegenüber der Justiz - auf welcher Rechtsgrundlage sollte dies geschehen: ich schließe einen Girovertrag und Vertragspartner ist plötzlich der Justizminister ??? äh, der Finanminister hätte das gerne, solange er keine Kredite vergeben soll).

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ich tendiere dahin, dass ich die Auskunft wohl nicht erteile, da ich das berechtigte Interesse verneine, weil der Gläubiger eben nicht Nachlassgläubiger ist. Der Weg über die Vermögensauskunft scheint mir hier für den Gläubiger der richtigere Weg zu sein.

  • Maßgeblich dürfte hier das "berechtigte Interesse" i.S.v. § 13 FamFG sein.
    Mit dem FamFG hab ich null Erfahrung, denke aber, dass die Grundsätze des § 299 II ZPO bezüglich des "rechtlichen" Interesses ebenso greifen dürften. Die Begriffe sind jedoch nicht deckungsgleich.
    Ist ein rechtliches Interesse swächer als ein berechtigtes Interesse oder umgekehrt.... .
    Durch reines Behaupten, es läge ein Titel vor, ist weder das eine noch das andere glaubhaft gemacht.


    Was würdest du dir vor Gewährung der Einsicht nachweisen lassen? :gruebel:

    Eigentlich müsste ein Titel nach deinen Ausführungen nicht einmal behauptet werden, Gläubiger kann man auch sein, ohne bislang einen Titel angestrebt zu haben.

  • Ich tendiere dahin, dass ich die Auskunft wohl nicht erteile, da ich das berechtigte Interesse verneine, weil der Gläubiger eben nicht Nachlassgläubiger ist. Der Weg über die Vermögensauskunft scheint mir hier für den Gläubiger der richtigere Weg zu sein.

    Völlig abwegig.

  • Ich tendiere dahin, dass ich die Auskunft wohl nicht erteile, da ich das berechtigte Interesse verneine, weil der Gläubiger eben nicht Nachlassgläubiger ist. Der Weg über die Vermögensauskunft scheint mir hier für den Gläubiger der richtigere Weg zu sein.

    :gruebel: Der Gläubiger legt Dir einen Titel gegen den Erben vor. Verneinst Du dann immer noch das berechtigte Interesse?

    Der Erbe gibt auf Verlangen des Gläubigers die VA ab. Der Gläubiger verlangt jetzt von Dir die Einsicht.

    Wo ist der Unterschied?

  • Maßgeblich dürfte hier das "berechtigte Interesse" i.S.v. § 13 FamFG sein.
    Mit dem FamFG hab ich null Erfahrung, denke aber, dass die Grundsätze des § 299 II ZPO bezüglich des "rechtlichen" Interesses ebenso greifen dürften. Die Begriffe sind jedoch nicht deckungsgleich.
    Ist ein rechtliches Interesse swächer als ein berechtigtes Interesse oder umgekehrt.... .
    Durch reines Behaupten, es läge ein Titel vor, ist weder das eine noch das andere glaubhaft gemacht.


    Was würdest du dir vor Gewährung der Einsicht nachweisen lassen? :gruebel:

    Eigentlich müsste ein Titel nach deinen Ausführungen nicht einmal behauptet werden, Gläubiger kann man auch sein, ohne bislang einen Titel angestrebt zu haben.

    sorry ! lesen hilft: ich schrieb: durch reines Behaupten, es läge ein Titel vor, ist .... nix glaubhaft gemacht => Titel ist vorzulegen :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Maßgeblich dürfte hier das "berechtigte Interesse" i.S.v. § 13 FamFG sein. Mit dem FamFG hab ich null Erfahrung, denke aber, dass die Grundsätze des § 299 II ZPO bezüglich des "rechtlichen" Interesses ebenso greifen dürften. Die Begriffe sind jedoch nicht deckungsgleich. Ist ein rechtliches Interesse swächer als ein berechtigtes Interesse oder umgekehrt.... . Durch reines Behaupten, es läge ein Titel vor, ist weder das eine noch das andere glaubhaft gemacht.

    Was würdest du dir vor Gewährung der Einsicht nachweisen lassen? :gruebel: Eigentlich müsste ein Titel nach deinen Ausführungen nicht einmal behauptet werden, Gläubiger kann man auch sein, ohne bislang einen Titel angestrebt zu haben.

    sorry ! lesen hilft: ich schrieb: durch reines Behaupten, es läge ein Titel vor, ist .... nix glaubhaft gemacht => Titel ist vorzulegen :D


    Also ist letztlich der Gläubiger der Dumme, der bislang von der Titelbeschaffung aus wirtschaftlichen Gründen abgesehen hat und dies jetzt erst ggf. nachholen möchte, wenn der Schuldner durch die Erbschaft zu entsprechendem Vermögen gekommen ist.


  • ...
    Folgender Fall: Ein RA teilt unter Übersendung einer Vollmacht mit, sein Mandant habe einen Titel gegen Herrn X,...
    Tatsächlich ist Herr X ausweislich des in der Akte befindlichen Erbscheins Miterbe zu 1/3 nach Frau Y.

    Zitat Cromwell:

    Wenn der Rechtsanwalt noch eine Kopie des Titels nachreicht, kann man die Akteneinsicht nach meiner Ansicht nicht verweigern, da der Miterbenanteil zum Vermögen des Schuldners gehört, das dem Vollstreckungszugriff unterliegt.


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