Pflichtverteidigung vor Wahlanwaltsverteidigung? Vorschussanrechnung

  • Ich komme hier nicht so Recht weiter.
    Angeklagte (mit Pflichtverteidigung) wird freigesprochen, Kosten der Staatskasse auferlegt.
    Verteidiger macht nun Wahlanwaltsvergütung geltend. Nach Aussage unseres Revisors sind immer erst die Pflichtverteidigergebühren geltend zu machen und dann die Differenz zu den Wahlanwaltsgebühren. Begründung: Geld kommt aus unterschiedlichen Töpfen. Gibt es da auch noch eine gesetzliche Begründung dafür?

    Zweite Sachen: Freigesprochene stellt Antrag bei Gericht auf Erstattung des von ihr an den Verteiger gezahlten Vorschusses.
    Dieser hat den Vorschuss natürlich nicht angegeben.
    Antrag wird ihm zur Kenntnis übersandt. Daraufhin teilt er mir mit, ist nicht zu berücksichtigen, wird intern geregelt.
    Ich muss ja aber über den Antrag der Freigesprochenen entscheiden und gemäß § 58 III RVG muss m.E. aber eine Anrechnung erfolgen. Was mache ich jetzt mit dem Vorschuss?

    Es ist von großem Vorteil, die Fehler, aus denen man lernen kann, recht früh zu machen.

    (Winston Spencer Churchill)

  • Also, erst einmal hast du zwei Ansprüche nebeneinander.
    1.) der höchstpersönliche Vergütungsanspruch des RA gegen die Staatskasse auf Grund seiner Bestellung zum Pflichtvert.
    2.) Anspruch der Freigesprochenen gegen die Staatskasse auf Grund der Urteils (oder Beschluss)

    Beide Ansprüche überschneiden sich betragsmäßig ein wenig und würden beide Ansprüche nebeneinander geltend gemacht werden, kommt es zu einer Mehrbelastung der Staatskasse.

    Daher erst Pflichtverteidiger und dann die Differenz als Wahlverteidiger (oder Verzicht auf die Pflichtverteidigerverg. durch den RA und dies dann auf dem Bestellungsbeschluss vermerken)

    Den Vorschuss entweder zu Gunsten des RA festsetzen und beim Mandanten absetzten oder andersherum - ganz wie du willst

  • Also, erst einmal hast du zwei Ansprüche nebeneinander.
    1.) der höchstpersönliche Vergütungsanspruch des RA gegen die Staatskasse auf Grund seiner Bestellung zum Pflichtvert.
    2.) Anspruch der Freigesprochenen gegen die Staatskasse auf Grund der Urteils (oder Beschluss)

    Beide Ansprüche überschneiden sich betragsmäßig ein wenig und würden beide Ansprüche nebeneinander geltend gemacht werden, kommt es zu einer Mehrbelastung der Staatskasse.

    Daher erst Pflichtverteidiger und dann die Differenz als Wahlverteidiger (oder Verzicht auf die Pflichtverteidigerverg. durch den RA und dies dann auf dem Bestellungsbeschluss vermerken) dazu hatte ich aufgefordert, wegen der unterschiedlichen Töpfe - da kam Verzicht auf Pflichtverteidigergebühr.

    Den Vorschuss entweder zu Gunsten des RA festsetzen und beim Mandanten absetzten oder andersherum - ganz wie du willst

    Ich weiß immer noch nicht so richtig was ich nun festsetzen soll. :gruebel:
    Anwalt will seine Wahlanwaltsvergütung, Freigesprochene ihren Vorschuss.

    Es ist von großem Vorteil, die Fehler, aus denen man lernen kann, recht früh zu machen.

    (Winston Spencer Churchill)

  • Grundsätzlich handelt es sich insgesamt um ein und denselben Anspruch. Es geht um die Höhe der aus der Staatskasse an den Freigesprochenen zu erstattenden notwendigen Auslagen. Wieviele Anträge dabei gestellt werden ist nicht entscheidend. Natürlich muss man in der Begründung aufführen, warum welcher Antrag nicht berücksichtigt wird.
    So verhält es sich mit dem Vorschuss. Diese ist nicht zu berücksichtigen, weil nur konkrete Gebühren und Auslagen des Verteidigers beurteilt werden können. Da der Vorschuss auf die Anwaltsrechnung gezahlt ist, ist auch nur die Anwaltsrechnung maßgebend. Ergo:
    1. Gesetzliche Vergütung anweisen, dabei die Zahlungen Dritter gem. § 58 III RVG prüfen (Anrechnung?), sodann Akte gem. RistBV zum Bezirksrevisor.
    2. Stellungnahme einholen

  • Wenn ein Verzicht auf die Pflichtverteidigervergütung vorliegt, dann kann man hierauf auch nicht mehr auszahlen.


    Die Wahlanwaltsvergütung steht dem Freigesprochenen zu und nicht dem RA. Somit kann an den RA auch nur dann noch angewiesen werden, wenn er eine Inkassovollmacht des Freigesprochenen vorlegt. Wird diese binnen einer gesetzten Frist nicht vorgelegt, erfolgt die Anweisung an den Mandanten. Hierauf würde ich den RA natürlich hinweisen.

    Soweit Vollmacht vorliegt, erfolgt die Anweisung an den RA. Hierüber dann Nachricht an den Freigesprochenen.

  • Das Schreiben des Freigesprochenen könnte man als Widerruf der Geldempfangsvollmacht auslegen. Dann muss die Auszahlung an den Freigesprochenen erfolgen (sofern der Verteidiger nicht über eine Abtretung verfügt).

  • Wenn ein Verzicht auf die Pflichtverteidigervergütung vorliegt, dann kann man hierauf auch nicht mehr auszahlen.


    Die Wahlanwaltsvergütung steht dem Freigesprochenen zu und nicht dem RA. Somit kann an den RA auch nur dann noch angewiesen werden, wenn er eine Inkassovollmacht des Freigesprochenen vorlegt. Wird diese binnen einer gesetzten Frist nicht vorgelegt, erfolgt die Anweisung an den Mandanten. Hierauf würde ich den RA natürlich hinweisen.

    Soweit Vollmacht vorliegt, erfolgt die Anweisung an den RA. Hierüber dann Nachricht an den Freigesprochenen.


    :daumenrau

  • Ich komme hier nicht so Recht weiter.
    Angeklagte (mit Pflichtverteidigung) wird freigesprochen, Kosten der Staatskasse auferlegt.
    Verteidiger macht nun Wahlanwaltsvergütung geltend. Nach Aussage unseres Revisors sind immer erst die Pflichtverteidigergebühren geltend zu machen und dann die Differenz zu den Wahlanwaltsgebühren. Begründung: Geld kommt aus unterschiedlichen Töpfen. Gibt es da auch noch eine gesetzliche Begründung dafür?


    Die Begründung des Revisors ist nicht zielführend.

    Vielmehr verhält es sich so, dass eine Festsetzung der Wahlverteidigervergütung beantragt werden könnte (mit Vorlage einer Geldempfangsvollmacht) und die Justizkasse nicht auszahlt, sondern mit Forderungen gegen den Freigesprochenen aufrechnet. Da der Verteidiger natürlich seine Vergütung zumindest teilweise haben möchte, beantragt er nun doch noch die Pflichtverteidigervergütung, die auch zu erstatten ist. Folglich hätte die Staatskasse dann (teilweise) doppelt gezahlt. Das ist die wahre Begründung, weshalb vor der Festsetzung der Wahlverteidigervergütung ein Verzicht auf die Pflichtverteidigervergütung eingeholt werden muss (sofern diese nicht zuvor bereits beantragt und erstattet wurde, wie in unseren Akten bei 99 % der Fäle mit Freispruch).

    Wegen der möglichen Aufrechnung ist es aus Sicht des Verteidigers ggf. wenig hilfreich, nur die Wahlverteidigervergütung zu beantragen. (Ist auch schön im Burhoff, RVG in Strafsachen, erläutert.)

  • Dem letzten Beitrag kann ich nur zustimmen und ergänzend, was ich bei einer Nachfrage der Anwaltschaft immer so mache, noch auf den Beschluss des BVerfG vom 04.05.2009 (1 BvR 2251/08, u. a. zu finden bei juris) hinweisen. Zudem findet sich dies in der obergerichtlichen Rspr. unter Hinweis auf das BVerfG (z. B. OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 30.03.2010, 2 Ws 42/10 - auch u. a. bei juris veröffentlicht).

  • Es sind unterschiedliche Ansprüche, die ein unterschiedliches Schicksal haben können. "Ist auch schön im Burhoff, RVG in Strafsachen, erläutert." :daumenrau:daumenrau:daumenrau. Zu dem Ganzen auch:

    BVerfG, StRR 2009, 276 = StraFo 2009, 274 = VRR 2009, 318 = JurBüro 2009, 418 = NJW 2009, 2735 = RVGprofessionell 2009, 167 = StV 2010, 87;
    OLG Frankfurt/Main, JurBüro 2011, 34 = VRR 2010, 403 (LS);
    LG Magdeburg, RVGreport 2014, 343 = StRR 2014, 269 = RVGprofessionell 2014, 135 .

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