Zuschlagsbeschluss und Vollstreckungsklausel

  • Hallo zusammen,

    ich hab' da mal eine Frage. Zuschlag wurde erteilt und nun beantragt der Ersteher, die Erteilung einer Vollstreckungsklausel. Grundsätzlich kein Problem aber
    angeblich soll in dem versteigerten Objekt jemand wohnen. Gemäß einer durchgeführten EMA-Anfrage ist dort keiner gemeldet. Jedoch ist es wohl so, wenn jemand Ferienwohnungen vermietet, wo somit ein ständiger Personenwechsel ist, erfolgt grundsätzlich keine Mitteilung an die Einwohnermeldeämter. Wie verhält es sich denn, wenn dort Feriengäste sind. Reicht die "einfache Vollstreckungsklausel" aus?

    Vielen Dank für eure Hilfe:gruebel:

  • Zitat

    Reicht die "einfache Vollstreckungsklausel" aus?

    Wenn die vollstreckbare Ausfertigung zum Zwecke der Herausgabevollstreckung gegen den ehemaligen Eigentümer erteilt werden soll, dann ja.

    Wöllte der Ersteher direkt gegen die Feriengäste vorgehen, bräuchte der Ersteher eine qualifizierte Klausel (§ 727 ZPO) gegen die Gäste als "Besitznachfolger" des ehemaligen Eigentümers.
    Dazu müsste der Ersteher aber die Identität der Feriengäste kennen und deren Besitz in der von § 727 ZPO geforderten Form nachweisen.
    Schwierig!

    Was man in der Praxis in so einer Situation machen muss, um in den Besitz des ersteigerten Objektes zu gelangen, kann sich der Ersteher dann von den dafür zuständigen Organen der Rechtspflege erklären lassen.

  • Vielen Dank für die Hilfe :) Könntest du mir bitte noch ein wenig auf die Sprünge helfen? Wenn die Vollstreckungsklausel gegen den ehemaligen Eigentümer erteilt wird, hat der Ersteher dann die Möglichkeit die Ferienwohnung zu räumen und auch neue Schlösser einbauen zu lassen? Und wie geht man dann mit den Feriengästen um? Oder besteht nur die Möglichkeit, wenn Feriengäste in dem Objekt sind, eine Räumung aufgrund der qualifizierten Klausel vorzunehmen?
    Und wie gehe ich denn in der Praxis mit solch einer Situation um, in den Besitz des ersteigerten Objektes zu gelangen?
    Gibt es die Möglichkeit zwei Vollstreckungsklausel zu erteilen und zwar zum einen betreffs des Eigentümers und zum anderen betreffs der Feriengäste??
    Fragen über Fragen:confused:

  • Soweit das Objekt derzeit leer ist, kann die Räumung und Austausch der Schlösser erfolgen.

    Soweit das Objekt gerade vermietet ist, kann die Räumung nicht durch Zuschlagsbeschluss erfolgen. Die Zwangsvollstreckung soll nicht erfolgen, wenn der Besitzer auf Grund eines Rechts besitzt, das durch den Zuschlag nicht erloschen ist, § 93 ZVG.
    Das Besitzrecht folgt aus dem Mietvertrag und wird vom Zuschlag nicht tangiert.

  • Zitat

    Soweit das Objekt derzeit leer ist, kann die Räumung und Austausch der Schlösser erfolgen.

    Genau.
    Dazu brauche ich nur die einfache Klausel gegen den Ex-Eigentümer.
    Dann beauftrage ich einen Gerichtsvollzieher mit der (beschränkten) Herausgabevollstreckung.
    Ist das Objekt im Besitz des Ex-Eigentümers - was übrigens im Zweifel auch anzunehmen ist, wenn das Objekt "leer" ist -, dann setzt mich der GV in den Besitz.
    Wenn also grad keine Feriengäste da sind, habe ich Glück.

    Zitat

    Und wie geht man dann mit den Feriengästen um?

    Trifft der GV hingegen jemanden an, der nicht Titelschuldner ist (Feriengast in Ferienwohnung, Prostituierte in "Modelwohnung"), wird er die Vollstreckung abbrechen - aber zumindest protokollieren (öffentliche Urkunde?), wen er da angetroffen hat.

    Dann muss ich mir überlegen,
    - ob die Beschaffung einer qualifizierten Klausel gegen den Angetroffenen Sinn macht (bei "Kurzbewohnern" wie etwa Feriengästen oder Prostituierten nicht sinnvoll, weil die wieder weg sind oder ausgetauscht wurden, bevor der GV das nächste Mal antritt),
    - ob ich mir im Erkenntnisverfahren einen gesonderten Herausgabetitel gegen den Angetroffenen beschaffen muss oder
    - ob ich denjenigen, der Nutten oder Feriengäste in meine Wohnung lässt, zur Unterlassung anhalte.

    Zitat

    Gibt es die Möglichkeit zwei Vollstreckungsklausel zu erteilen und zwar zum einen betreffs des Eigentümers und zum anderen betreffs der Feriengäste??

    Das sollte eigentlich möglich sein.
    Allerdings setzt die Erteilung der qualifizierten Klausel in deinem Fall voraus, dass der Antragsteller die Identität der Feriengäste kennt.
    Eine pauschal gegen "die Feriengäste" gerichtete Ausfertigung kannste wohl nicht erteilen.

  • Wenn das Objekt leer ist, wofür brauche ich dann den GV? Schlösser austauschen und gut ist.

    Das mit den Feriengästen dürfte doch nur ein theoretisches Problem sein. Bis ich weiß, wer dort wohnt, der Antrag gestellt, die Klausel erteilt wurde, diese bei mir eingegangen ist, ich dies dem GV weitergeleitet habe, dieser einen Vorschuss anfordert und erst dann einen Termin bestimmt und dann irgendwann der Termin ist, haben die Gäste doch schon zweimal gewechselt. (Mal ganz abgesehen davon, dass das hier kein Fall für eine Klausel ist; Besitzrecht durch Zuschlag erloschen??)

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Wenn das Objekt leer ist, wofür brauche ich dann den GV? Schlösser austauschen und gut ist.

    Das kommt erstens auf die Definition von "leer" an und zweitens darauf, wie rechtssicher ein Ersteher diese Voraussetzungen feststellen kann.
    Mit einem Gerichtsvollzieher an der Hand erübrigen sich diese Überlegungen.

  • Ich gehe doch davon aus, dass ein Ersteher Kontakt mit dem Schuldner aufnimmt um ua das zu klären. Und wenn sich der woanders wohnende Schuldner nicht meldet...

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  • ... weil er für drei Monate im Ausland ist, der Ersteher daraufhin die Schlösser austauscht und das in der Wohnung befindliche "Gerümpel", wie den fürchterlich wurmstichigen Schrank, den stehengebliebenen verstaubten Regulator und vor allem diese grausam anzusehenden seit Ewigkeiten nicht berührten Flaschen aus dem Keller entsorgt, hat später wer ein Problem?

  • Wenn uns das bekannt ist, dass der Schuldner nur vorübergehend abwesend ist und zuvor im Objekt wohnhaft war, ist die Wohnung nicht leer. Das ist für mich ein ganz anderer Sachverhalt.

    (Waren wir früher nicht öfter einer Meinung oder habe ich das falsch in Erinnerung? :oops:)

    Letztlich ist es aber einzig Sache des Erstehers, ob er eine Klausel beantragt und den GV beauftragt oder ob er auf Risiko geht. Beratung bekommt er von mir nicht, nur Hinweise auf die Folgen.

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  • Zitat

    Wenn das Objekt leer ist, wofür brauche ich dann den GV?

    Um rechtssicher zu dokumentieren, dass das Objekt tatsächlich leer war.

    § 885 a Abs. 2 ZPO:
    Der Gerichtsvollzieher hat in dem Protokoll (§ 762) die frei ersichtlichen beweglichen Sachen zu dokumentieren, die er bei der Vornahme der Vollstreckungshandlung vorfindet. Er kann bei der Dokumentation Bildaufnahmen in elektronischer Form herstellen.

    Das Problem ist doch, dass die Tatsache, ob das Objekt "leer" war, später streitig werden kann.

    Wenn der Ex-Eigentümer später behauptet, das Objekt sei nicht leer gewesen, weil "in einem Kellerraum des Gebäudes eine runde, schalenähnliche, ziselierte Silberplatte von ca. 1 m Durchmesser abgestellt gewesen" sei, müsste eventuell der Ersteher nachweisen, dass sich zum Zeitpunkt der Besitzergreifung im Keller keine Silberplatte befand.
    Wenn der Ersteher versäumt, gemäß § 885 a ZPO vorzugehen, könnte ich mir vorstellen, dass ihm insoweit die Beweislast auferlegt werden würde (siehe auch Silberplattenfall - BGH, Urt. v. 15.11.1984, AZ IX ZR 157/83) und dann viel Spaß ...

  • Wenn ich ohne GV dann auch noch ganz alleine ohne sonstige Zeugen das Objekt betrete, ist mir auch nicht mehr zu helfen.

    Realität ist aber, dass wir nicht in jeder Akte, in der der Zuschlag erteilt wird, eine Klausel erteilen. Beweise, unabhängig, wer die Beweislast trägt, sind dann die Probleme anderer. Ein Ersteher macht es "sicher" (wobei auch das vor Klagen nicht zwingend schützen muss), der andere geht Risiken ein. Nicht meine Entscheidung

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  • die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss findet doch nur gegen Personen statt, die zum Zeitpunkt des Zuschlags das Objekt in Besitz haben
    gegen spätere Besitzer (Nachfolger?) kann der zuschlag doch nicht als räumungstitel dienen, oder lieg ich da falsch?
    Ausnahme würde ich lediglich bei einer gesamtrechtsnachfolge sehen (insb tod; dort wird der Besitzwechsel nicht übertragen/eingeräumt, sondern findet so statt)


    sagen wir, eine woche nach dem zuschlag zieht (vom Schuldner aus boshaftigkeit bspw. reingelassen) eine Familie ein,
    die kann man doch auch nicht aus dem Zuschlag räumen...

    im übrigen wie araya, ich halte mich was genaue Infos über diese geschichten angeht, zurück...

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Nachtrag zu Fossil75:
    Und wenn ich dann die Kosten für den GV vom Schuldner wieder haben will, kommt der nächste RA, der mir vorhält, dass die Kosten nicht notwendig waren, da das Objekt leer stand. Der nächste Streitpunkt und ich hatte Kosten.

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  • ...
    sagen wir, eine woche nach dem zuschlag zieht (vom Schuldner aus boshaftigkeit bspw. reingelassen) eine Familie ein,
    die kann man doch auch nicht aus dem Zuschlag räumen...

    im übrigen wie araya, ich halte mich was genaue Infos über diese geschichten angeht, zurück...

    Wer erst nach Zuschlag Besitz erlangt, kann ihn nicht durch Zuschlag verlieren. Die Frage könnte aber sein, ob wirksam Besitz erlangt wurde und wie ich die dann rausbekomme. Gab es bestimmt schon mal, also, wenn ich es bräuchte, mal in juris suchen.

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  • Als Makler der viel mit ZV zu tun hat: 95% aller Ersteigerer betreten leerstehende Objekte sofort ohne lange Fragen.

    Die anderen 5% wissen nicht, wie man einen Schlüsseldienst findet.

    Bei einer leerstehenden Immobilie den GVZ zu beauftragen habe ich noch bei keinem Ersteigerer erlebt. Das sofortige Betreten hat meist auch den Grund, die Immobilie sofort gegen Vandalismus des Alteigentümers zu sicher, eine Sache vor der Ersteher viel, viel mehr Angst haben als vor Schadenersatz aufgrund von fehlenden Silberschüsseln.

    Theorie und Realität fallen in vielen Bereichen des ZVG auseinander. Da ist das nur ein kleines Beispiel.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Wenn uns das bekannt ist, dass der Schuldner nur vorübergehend abwesend ist und zuvor im Objekt wohnhaft war, ist die Wohnung nicht leer. Das ist für mich ein ganz anderer Sachverhalt.

    Das Problem ist doch, daß die Wohnung auch dann nicht leer ist, wenn uns das nicht bekannt ist.

    Zitat

    (Waren wir früher nicht öfter einer Meinung oder habe ich das falsch in Erinnerung? :oops:)
    Letztlich ist es aber einzig Sache des Erstehers, ob er eine Klausel beantragt und den GV beauftragt oder ob er auf Risiko geht. Beratung bekommt er von mir nicht, nur Hinweise auf die Folgen.

    ... und schon sind wir uns doch wieder einig. :)


  • ...
    ... und schon sind wir uns doch wieder einig. :)

    :abklatsch Jetzt müssen wir das nur noch in den anderen Themen auch hinkriegen...also keine Widerworte mehr jetzt!! :D

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