NLP verlangt Rechtsgrundlage und Rechtssprechung zu angefordertem Gutachten

  • Ich habe ein Verfahren übernommen, in dem im Rahmen einer NLP Grundbesitz verkauft werden soll. Die damalige Sachbearbeiterin hat den NLP mehrfach ausführlich darauf hingewiesen, dass die nachlassgerichtliche Genehmigung zum Verkauf von Grundbesitz nur bei Vorlage eines Verkehrswertgutachtens erteilt werden kann, da andernfalls die Angemessenheit des Kaufpreises nicht beurteilt werden kann, da wir als Rechtspfleger keine Sachverständige sind.

    Der NLP verlangt nun die Rechtsgrundlage bzw. die Rechtsprechung dazu. Er hat bereits einen Kaufvertrag abgeschlossen, die nachlassgerichtliche Genehmigung aber noch nicht beantragt.

    Am hiesigen Gericht (Nachlass, Betreuung, Familie) wird Grundbesitz grds. nur bei Vorlage eines Gutachtens verkauft. Rechtsgrundlage bzw. Rechtsprechung konnte mir leider keiner dazu nennen.

  • Das Gericht hat im Interesse der unbekannten Erben zu prüfen, ob der Verkauf schwerwiegend gegen die Interessen der unbekannten Erben verstossen würde.

    Wie es dies prüft und zu der abschließenden Erkenntnis kommt, ist seine Sache. Regelmäßig erfolgt die Prüfung aber natürlich dadurch, dass der NLP dem Gericht ein Verkehrswertgutachten liefert - auch zu seinen eigenen Absicherung.

    Beim Verkauf eines unbebauten Grundstücks kann diese Prüfung aber z.B. auch dadurch geschehen, dass z.B. über eine Bodenwertauskunft der zust. öffentlichen Gutachterstelle die Angemessenheit des Kaufpreises geprüft wird.

    Oder aber (z.B. bei bebauten Grundstücken oder Wohnungen), dass sich das Gericht die Einschätzung der finanzierenden Bank, die Aussagen des Maklers über Verkaufsbemühungen und Interessentengespräche, Verkaufsanzeigen, schriftliche Kaufangebote von weiteren Interessenten etc. vorlegen läßt.

    Oder aber indem das Gericht sich durch eine Ortsbesichtigung und Vergleichsangebote im Internet etc. ein eigenes Bild verschafft.

    Das beste Gutachten ist auch nur ein Gutachten und bringt nichts, wenn der Markt faktisch nichts hergibt. So kenne ich z.B. Immobilien "im Osten", die zwar dem Gutachten nach einen gewissen Wert haben, die Nachfrage beim Verkauf aber schlicht gleich "Null" ist.

    Bei seiner Entscheidung hat das Gericht zudem zu berücksichtigen, ob der Verkauf dringend und erforderlich ist, weil so z.B. fehlende liquide Mittel realisiert werden, um Forderungen zu begleichen, deren Nichtbegleichung hohe Verzugsfolgen mit sich bringen würden. Oder aber weil durch den Verkauf die laufenden und den Nachlass schmälernden Kosten gemindert werden können.

    Nachtrag Bob Loblaw:
    Sollte bei der Betreuung der Betreute noch geschäftsfähig sein, unterliegt m.E. die Prüfung der Angemessenheit des Kaufpreises auch der Frage, ob der Betreute den Verkauf eben zu dem Zeitpunkt, an die betreffende Käuferperson und zu dem besagten Kaufpreis ausdrücklich will. Da hat das Gericht -anders als beim Nachlasspfleger- wohl noch andere Kriterien.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    2 Mal editiert, zuletzt von TL (20. Juli 2016 um 08:09) aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Kann das NG vom NPFL ein Verkehrswertgutachten fordern? M.E. nein. Es kann selbst ein Gutachten einfordern und ggf. die Kosten beim NPFL als Gerichtsauslagen einfordern. Genehmigungsverfahren sind Amtsverfahren!

    Zwar ist der NPFL im Genehmigungsverfahren zur Mitwirkung verpflichtet. Aber nicht zur Einholung eines Gutachtens für das Gericht. Ein ihm vorliegendes Gutachten hätte er vorzulegen. Legt es ein Gutachten nicht vor und das NG holt ein weiteres Gutachten ein, hat er die Kosten des weiteren Gutachtens zu tragen.

    Ich empfinde das Fordern des NG als Unsitte, wenn man das Gutachten doch selbst einholen kann. Dasgleiche gilt für das Fordern des BG an den Betreuer, ein Verlängerungsattest vorzulegen.

    TL:
    Ob die Einholung eines Gutachtens sinnvoll und zielführend ist, ...

  • Kann das NG vom NPFL ein Verkehrswertgutachten fordern? M.E. nein. Es kann selbst ein Gutachten einfordern und ggf. die Kosten beim NPFL als Gerichtsauslagen einfordern. Genehmigungsverfahren sind Amtsverfahren!

    Zwar ist der NPFL im Genehmigungsverfahren zur Mitwirkung verpflichtet. Aber nicht zur Einholung eines Gutachtens für das Gericht. Ein ihm vorliegendes Gutachten hätte er vorzulegen. Legt es ein Gutachten nicht vor und das NG holt ein weiteres Gutachten ein, hat er die Kosten des weiteren Gutachtens zu tragen.

    Ich empfinde das Fordern des NG als Unsitte, wenn man das Gutachten doch selbst einholen kann. Dasgleiche gilt für das Fordern des BG an den Betreuer, ein Verlängerungsattest vorzulegen.

    TL:
    Ob die Einholung eines Gutachtens sinnvoll und zielführend ist, ...


    Wie schon TL schrieb, die Einholung des Gutachtens durch den NLP dient auch seiner Absicherung.

    Ansonsten kann es natürlich gehäuft zu Fällen kommen, in denen der NLP einen Verkauf mit dem Preis X beurkunden lässt, das vom Gericht dann eingeholte Gutachten aber den höheren Verkehrswert Y ergibt und die Genehmigung zu verweigern ist. Der NLP hat dann ggf. das Problem, den gescheiterten Verkauf mit dem Erwerber zu klären.

  • Wie schon TL schrieb, die Einholung des Gutachtens durch den NLP dient auch seiner Absicherung.

    Ansonsten kann es natürlich gehäuft zu Fällen kommen, in denen der NLP einen Verkauf mit dem Preis X beurkunden lässt, das vom Gericht dann eingeholte Gutachten aber den höheren Verkehrswert Y ergibt und die Genehmigung zu verweigern ist. Der NLP hat dann ggf. das Problem, den gescheiterten Verkauf mit dem Erwerber zu klären.

    Ganz genau, der NaPfl. hat doch ein Interesse an seinem Verkaufserfolg und was schmerzt es ihn das Gutachten einzuholen (die Bezahlung des Gutachters kann er ja mit in den Kaufvertrag aufnehmen) um mit diesem die nachlassgerichtliche Genehmigung abzusichern.

    Aber mir kommt gerade ein Gedanke, wenn das Gutachten nicht da ist, kann man dann nicht gleich ein Verfahrenspfleger auswählen der vom Fach ist? Den Verfaherenspfleger muss man ja eh einsetzen.

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    “Das tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut.” Marc-Uwe Kling, Die Känguru Chroniken
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    "Aufs Beste hoffen, fürs Schlimmste planen" Jack Reacher

  • Oder aber (z.B. bei bebauten Grundstücken oder Wohnungen), dass sich das Gericht die Einschätzung der finanzierenden Bank, die Aussagen des Maklers über Verkaufsbemühungen und Interessentengespräche, Verkaufsanzeigen, schriftliche Kaufangebote von weiteren Interessenten etc. vorlegen läßt.

    Oder aber indem das Gericht sich durch eine Ortsbesichtigung und Vergleichsangebote im Internet etc. ein eigenes Bild verschafft.

    Das beste Gutachten ist auch nur ein Gutachten und bringt nichts, wenn der Markt faktisch nichts hergibt. So kenne ich z.B. Immobilien "im Osten", die zwar dem Gutachten nach einen gewissen Wert haben, die Nachfrage beim Verkauf aber schlicht gleich "Null" ist.

    Bei seiner Entscheidung hat das Gericht zudem zu berücksichtigen, ob der Verkauf dringend und erforderlich ist, weil so z.B. fehlende liquide Mittel realisiert werden, um Forderungen zu begleichen, deren Nichtbegleichung hohe Verzugsfolgen mit sich bringen würden. Oder aber weil durch den Verkauf die laufenden und den Nachlass schmälernden Kosten gemindert werden können.

    Richtig. Und das ist nicht nur im Osten so, ich nenne mal z.B. Osthessen, den Hunsrück, die hintere Pfalz, den Spessart usw.

    In diesen Gebieten erreichen die Zuschläge in Zwangsversteigerung meist kaum 50% des Verkehrswertes. Wenn das Gericht dann in solchen Fällen Verkehrswertgutachten für den Verkauf durch NLP fordert bringt das meist gar nix, denn auf der Basis der Gutachten müsste der Verkauf dann angelehnt werden.

    Die Immobilie wird dann in die Zwangsversteigerung getrieben und der Erlös ist noch bescheidener.

    Und ob bei teils vierstelligen Kaufpreisen einen Gutachten für 2.500,00 EUR noch angemessen ist lasse ich mal dahingestellt.

    Natürlich gilt vorgesagtes nicht für den Verkauf eines Mehrfamilienhauses in Frankfurt am Main. Nur: wie oft passiert das? Da würde ich mir manchmal etwas mehr Fingerspitzengefühl der Rechtspfleger am Nachlassgericht wünschen.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • So ist es, wenn

    a) der NPFL vor der Beurkundung des Kaufvertrags (von sich aus zur Absicherung des Kaufpreises) kein Gutachten einholt;

    b) das NG beim NPFL die Vorlage eines (noch nicht vorhandenen) Gutachtens einfordert;

    c) der NPFL (m.E. berechtigt) beim NG nach der Rechtsgrundlage der Aufforderung nachfragt und

    d) in der Konsequenz (da kein Rechtsgrund vorhanden) das NG das Gutachten selbst einfordert und das Gutachten einen (wesentlich) höheren als den vereinbarten Kaufpreis aufweist.

    Dann ist eben die Genehmigung (mangels Absicherung des Kaufpreises durch den NPFL über ein von ihm vor Beurkundung des Kaufvertrags einzuholenden Gutachtens) zu verweigern.

    Dennoch ändert dies nichts am Sachverhalt, dass m.E. das NG beim NPFL die Einholung eines Gutachtens nicht verlangen kann.

  • Dennoch ändert dies nichts am Sachverhalt, dass m.E. das NG beim NPFL die Einholung eines Gutachtens nicht verlangen kann.

    Deswegen, Kommunikation ist alles. Es haben doch alle Beteiligte ein Interesse daran haftungstechnisch mit dem Popo an die Wand zu kommen.

    Wer die Musik bestellt muss die Musik bezahlen und er bekommt was er bestellt hat. Es gibt für den Gutachter verschiedene Bewertungsverfahren woraus der Verkehrswert ermittelt wird.

    Als Nachlasspfleger bekomme ich auch ein Grundstück verkauft, was vielleicht zu Recht einen höheren Gutachterwert hat. Dann muss ich halt begründen und belegen warum derzeit am Markt nicht mehr geht. Man kann aber nach zwei Jahren leerstand auch noch mal das Gutachten vom Gutachter überarbeiten und der aktuellen Situation anpassen lassen.

    Wir müssen nur wollen und miteinander reden.

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  • Sehe ich grundsätzlich auch so. Nur: wenn ich auf Anfrage des Nachlasspflegers erkläre, ich möchte -in jedem Genehmigungsverfahren- ein Sachverständigengutachten haben, so hat dies der Nachlasspfleger grundsätzlich so zu akzeptieren. Ohne wenn und ohne aber. Denn ich habe von Amts wegen das Genehmigungsverfahren zu führen. Und wenn ich der Meinung bin, ein Gutachten zu benötigen, dann ist das eben so. § 29 Absatz 1 FamFG gibt mir das Recht, ein entsprechendes Gutachten einzuholen. Es gibt mir aber -wie gesagt- nicht das Recht, die Beibringung des Gutachtens vom Nachlasspfleger zu verlangen. Genehmigungsverfahren sind nun einmal Amtsverfahren (§ 26 FamFG). Die Pflichten des Nachlasspflegers ergeben sich aus § 27 FamFG. Und dort ist nur von "mitwirken" die Rede.

  • Ich würde niemals eine Immobilie, ohne vorherige Abstimmung mit dem NLG, wie denn das Procedere ablaufen soll, verkaufen...

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