Vollstreckungsprivileg § 850 d ZPO Vollstreckung aus der Insolvenztabelle

  • Hallo liebe Vollstrecker!

    In der mir vorliegenden Akte habe ich ein Problem mit dem Nachweis des Vollstreckungsprivilegs gem. § 850 d ZPO.

    Beantragt wird die Unterhaltsvollstreckung durch die Unterhaltsvorschusskasse mit Vorrang § 850 d ZPO wegen übergegangener Unterhaltsansprüche des Kindes. Soweit - so gut!
    Als Titel wird mir ein Auszug aus der Insolvenztabelle vorgelegt.

    Unabhängig davon, dass die Rechtsnachfolgeklausel für das Land vom Geschäftsstellenbeamten erlassen wurde (BGH sei Dank :roll:), stellt sich mir auch die Frage, ob mit einem solchen Titel das Privileg des § 850 d ZPO überhaupt nachgewiesen werden kann.

    Wenn ich mir die Entscheidung des BGH vom vom 6.4.2016 – VII ZB 67/13 ansehe:
    „… Denn es geht für den Gläubiger darum, die Voraussetzungen des Vollstreckungsprivilegs nachzuweisen. Dazu bedarf er eines Titels, der seine Berechtigung zu einem erweiterten Vollstreckungszugriff für das Vollstreckungsgericht erkennen lässt. Diese Berechtigung ist ausschließlich durch das Prozessgericht zu beurteilen; die ihm obliegende Prüfung kann durch eine bloße Behauptung des Gläubigers nicht ersetzt werden (BGH, NJW 2005, NJW Jahr 2005 Seite 1663 mwN).“
    frage ich mich, was wird bei der Anmeldung der Unterhaltsansprüche eigentlich vom Gericht geprüft?

    Ich gebe zu, dass meine Kenntnisse vom InsO-Verfahren leider recht bescheiden sind.
    Vielleicht kann jemand helfen?

  • Zunächst mal vielen Dank für die Antworten.

    Zur Frage § 850 d ZPO (bzw. wie bereits vorher zum § 850 f ZPO) und Vollstreckungsbescheid ist die Sache spätestens seit der letzten Entscheidung des BGH (Beschluss vom 6.4.2016 – VII ZB 67/13) ja ausgekocht.

    Ich war mir nur nicht sicher, ob man das so 1:1 auf den Auszug aus der Inso-Tabelle anwenden kann. Dafür fehlen mir halt die Kenntnisse über das Inso-Verfahren.

    Ich habe mir die Entscheidung des LG Düsseldorf und die Kommentierung im Beck´schen Online Kommentar zu Gemüte geführt.
    Bin mir noch nicht so ganz sicher - aber ich glaube, ich schließe mich der Meinung im o.g. Kommentar an:
    "Mit dieser Begründung scheidet auch die vollstreckbare Ausfertigung aus der Insolvenztabelle als Nachweis aus (aA LG Düsseldorf BeckRS 2009, 01673 = JurBüro 2008, 661). Das Insolvenzgericht belehrt den Schuldner zwar darüber, dass die Feststellung einer Forderung als Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zur Folge hat, dass diese Forderung nicht von der Restschuldbefreiung betroffen ist (§ 175 Abs. 2 InsO). Dass diese Feststellung aber auch zu einer privilegierten Pfändung seines Arbeitseinkommens führen kann, wird dem Schuldner nicht vermittelt."

    Wobei ich überzeugt bin, dass die Schuldner diese Konsequenz auch nicht bei einem "normalen Unterhaltstitel" vermittelt bekommen.

  • Das wurde inzwischen vom BGH (VII ZB 67/13) entschieden. Es geht nicht.

    Uh ja, danke für den Hinweis! Das ist an uns hier bisher völlig vorbeigegangen :flucht:

    Edit:
    Wie ist das denn dann beim VU? Da wird eine Prüfung des Rechtsgrundes ja auch nicht gemacht. Dann dürfte das als Titel auch nicht gelten für das Vollstreckungsprivileg?

    Edit:
    schon gefunden, geht auch nicht

    Einmal editiert, zuletzt von Boni (21. Juli 2016 um 15:01)


  • Wie ist das denn dann beim VU? Da wird eine Prüfung des Rechtsgrundes ja auch nicht gemacht. Dann dürfte das als Titel auch nicht gelten für das Vollstreckungsprivileg?

    Da wird nur der Sachvortrag als zugestanden behandelt, eine rechtliche Prüfung findet aber statt.


  • Wie ist das denn dann beim VU? Da wird eine Prüfung des Rechtsgrundes ja auch nicht gemacht. Dann dürfte das als Titel auch nicht gelten für das Vollstreckungsprivileg?

    Da wird nur der Sachvortrag als zugestanden behandelt, eine rechtliche Prüfung findet aber statt.

    Ja, meine Frage war, ob das auch schon entschieden ist, dass das dann auch nicht reicht für ein Vollstreckungsprivileg, aber ich habs zwischenzeitlich schon gefunden (s.o.) ;)

  • Wenn ich mir in VII ZB 67/13 den ersten Leitsatz anschaue:...muss der Gläubiger einen Titel vorlegen, aus dem sich - gegebenenfalls im Wege der Auslegung - ergibt, dass der Vollstreckung ein Unterhaltsanspruch der in § 850d Abs. 1 Satz 1 ZPO genannten Art zugrundeliegt..

    bekommt man die Kuh im Insolvenzverfahren nicht vom Eis, insbesondere unter Berücksichtigung des Entscheidung vom 03.04.2014, IX ZB 93/13, wobei dies für sämtliche Ansprüche gilt, die mit dem deliktischen Atribut versehen sind.

    Insoweit liegt es dann nämlich in der Hand des Schuldners, sich gegen eine mögliche Vollstreckung zu wehren, hier insbesondere Rn. 15: Beschränkt der Schuldner seinen Widerspruch auf den Rechtsgrund der Forderung, ist sie gemäß § 201 Abs. 2 Satz 1 InsO als tituliert zu behandeln. Dann stellt sich die Situation wertungsmäßig nicht anders dar, wie wenn der Gläubiger bereits einen Titel gegen den Schuldner erwirkt hätte und nur noch die Frage nach dem Rechtsgrund der Forderung der Klärung bedürfte (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2010 - IX ZR 41/10, WM 2011, 93 Rn. 8). Es ist kein Grund ersichtlich, dem Gläubiger eine Klage zur Erwirkung eines Titels aufzubürden, wenn der Schuldner die Forderung als solche gar nicht in Frage stellt (LG Köln, aaO). Allein der Widerspruch des Schuldners gegen die Einordnung der Forderung als solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung macht die Zwangsvollstreckung nicht unzulässig (BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - IX ZR 187/04, WM 2006, 1347 Rn. 10). Da der Schuldner die Wahl hat, der Forderung als solcher oder nur dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zu widersprechen, muss er es hinnehmen, wenn seine Erklärung jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen auslöst.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)


  • Sofern es bei der Feststellung zur Insolvenztabelle bereits einen zugrunde liegenden originären Titel des Familiengerichts gab, hätte ich wohl kein Problem mit § 850d ZPO, andernfalls schon.

  • (...) frage ich mich, was wird bei der Anmeldung der Unterhaltsansprüche eigentlich vom Gericht geprüft? (...)


    Nichts (im Sinne des von dir wohl gemeinten) !

    Das "Prüfungsergebnis" des IG zur Insolvenztabelle beschränkt sich allein auf die Eintragung eines etwaigen Widerspruchs oder - wenn ein solcher nicht vorliegt - auf das dann folgende gesetzliche Ergebnis: "Festgestellt" (§ 178 InsO).

  • Das wurde inzwischen vom BGH (VII ZB 67/13) entschieden. Es geht nicht.

    Uh ja, danke für den Hinweis! Das ist an uns hier bisher völlig vorbeigegangen :flucht: Edit: Wie ist das denn dann beim VU? Da wird eine Prüfung des Rechtsgrundes ja auch nicht gemacht. Dann dürfte das als Titel auch nicht gelten für das Vollstreckungsprivileg? Edit: schon gefunden, geht auch nicht

    Doch, geht. BGH https://openjur.de/u/164047.html

    Mmh... Aber:

    "Die Klägerin verfügt zwar über ein rechtskräftiges Versäumnisurteil und einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid gegen den Schuldner. In beiden Fällen ist aber nicht mit der für § 184 Abs. 2 InsO erforderlichen Rechtskraftwirkung festgestellt, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht."

    BGH, Urteil vom 28.06.2012, IX ZR 160/11

    Ich finde, das ist nur konsequent. Wenn ich beim VB verneine, dass damit ein Deliktscharakter festgestellt werden kann bzw. die Qualifizierung des Forderungsgrundes als Unterhaltsanspruch vorgenommen kann, weil keine Prüfung stattfindet, dann muss das doch beim VU genauso sein? Da wird ja auch nicht erörtert...

  • Zu Boni: Möglicherweise hast Du den von Zsesar genannten BGH-Beschluss (v. 10.03.2011, VII ZB 70/08) noch nicht genau gelesen. Dort heißt es ausdrücklich, dass die Frage, ob ein VU für die Privilegierung ausreichend ist, vom Senat nicht entschieden werden muss, da im vorliegenden Fall ein VU vorliegt, bei dem in Ziff. 2 ausdrücklich festgestellt wurde, dass die Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung resultiert. D.h. kein Vollstreckungsgericht wird wohl bei einem VU, das diese Feststellung enthält, die Privilegierung verweigern können. Insoweit ist das Thema wohl erledigt.

  • Steht ja bei Rn. 13 der Unterschied, wieso ein VU im Gegensatz zum VB ausreicht:

    "Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist es unschädlich, dass das Versäumnisurteil lediglich auf eine Behauptung des Gläubigers gestützt wird. Anders als beim Vollstreckungsbescheid (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. April 2005 - VII ZB 17/05, aaO Rn. 10) findet eine Schlüssigkeitsprüfung aufgrund der vorgetragenen anspruchsbegründenden Tatsachen statt, § 331 Abs. 2 ZPO. Ein auf dieser Grundlage ergangenes Urteil ist eine ausreichende Legitimation für eine Bindung des Vollstreckungsgerichts."

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