Versagung nach § 298 InsO und materielle Rechtskraft

  • Hallo, stehe im moment etwas auf dem Schlauch. Geben den SV abstrakt und total kurz wieder:

    Sachverhalt:
    Gericht hat nach § 298 InsO RSB versagt. Entscheidung ist durch ÖB zugestellt.
    Ex-post-Betrachtung: Versagung war unrechtmäßig.
    Nachdem der Schuldner postiv Kenntnis erhielt, unverzüglich sofortige Beschwerde des Schuldners verbunden mit Wiedereinsetzungsantrag nach 1,x Jahren nach ÖB der Versagungsentscheidung.

    Problemlage I. -> 572 I ZPO

    Danach ist der begründeten Beschwerde abzuhelfen (ich lass die Meinungsstreite dazu mal wech); m.E. geht dies nur,
    wenn die Ausgangsentscheidung keine materielle RK aufweist.

    Problemlage II: -> absolute Ausschlussfrist nach § 234 III ZPO

    Weist sie materielle RK auf, so kann IMHO das Ausgangsgericht unter Gewährung der Wiedereinsetzung abhelfen (nur dann darf das Ausgangsgericht über die WE befinden da an sich ja das Beschwerdegericht gem. 237 ZPO zur Entscheidung über die WE berufen ist).

    BGH wendet § 234 strikt an (vgl. http://lexetius.com/2016,162 ); lässt aber in Rz. 7b etwas "Raum" anklingen (= " Es kann aber geboten sein, sie im Einzelfall ausnahmsweise nicht anzuwenden, wenn nur so die verfassungsmäßigen Rechte des Antragstellers gewahrt werden können.").
    Ich möchte da aber diesen Raum nicht unbedingt betreten wollen.... .

    Ansatz: käme der Entscheidung nach § 298 InsO keine materielle RK zu, muss mich die WE nicht mehr kümmern, und ich würde abhelfen.

    Wie ist die Meinung des hohen Plemums hier zur Frage der materielle RK der Entscheidung ?

    greez Def

    (PS: bitte die Prämisse des Abhilfeverbots im Falle verfristeter RB betr. Entscheidungen, denen materielle RK zukommt, einfach akzeptieren; mir ist klar, dass dies auch anders gesehen werden kann) Ich les aber dennoch gleich nochmal Lipp NJW 2002, 1700 dazu).

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Die "klassische" Lösung des Problems besteht in einer Umgehung des Problems: Statt sich an der Ausschlussfrist des § 234 ZPO abzuarbeiten, schaut man sich die öffentliche Zustellung an (die in der Praxis tatsächlich öfters vorschnell angeordnet wird). Man kommt dann ev. zur Erkenntnis, dass sie auch hier vorschnell angeordnet wurde - und Schwupps geht es nicht mehr darum, dass die WE-Höchstfrist nicht eingehalten wurde, sondern darum, dass durch eine Zustellung ohne strikte Einhaltung der Voraussetzungen der Anordnung der öffentlichen Zustellung die Rechtsmittelfrist nicht in Gang gesetzt wurde.

    Im Übrigen bin ich bei Dir mit der Auffassung, dass nach Rechtskraft, Ablauf der WE-Frist keine Abhilfe nach § 572 ZPO mehr möglich sein dürfte.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Die "klassische" Lösung des Problems besteht in einer Umgehung des Problems: Statt sich an der Ausschlussfrist des § 234 ZPO abzuarbeiten, schaut man sich die öffentliche Zustellung an (die in der Praxis tatsächlich öfters vorschnell angeordnet wird). Man kommt dann ev. zur Erkenntnis, dass sie auch hier vorschnell angeordnet wurde - und Schwupps geht es nicht mehr darum, dass die WE-Höchstfrist nicht eingehalten wurde, sondern darum, dass durch eine Zustellung ohne strikte Einhaltung der Voraussetzungen der Anordnung der öffentlichen Zustellung die Rechtsmittelfrist nicht in Gang gesetzt wurde.

    .....

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


    Die Versagung der Restschuldbefreiung erfolgt durch Beschluss. Dieser Beschluss ist qua Gesetz öffentlich bekannt zu machen, § 300 Abs. 4 InsO. Die öffentliche Bekanntmachung genügt zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten, § 9 Abs. 3 InsO. Dass die öffentliche Bekanntmachung in Zivilverfahren häufig zu vorschnell angeordnet wird, dürfte daher auf Insolvenzverfahren mit den besonderen Vorschriften in der InsO nicht übertragbar sein.

  • Erstmal blöd nachgefragt: Was wäre denn der Unterschied / das Gegenteil / die Abweichung zu einer "materiellen Rechtskraft"; kann mit diesem Begriff gar nichts anfangen ?

    Zum zweiten weiter blöd nachgefragt: Wie kommt man denn bei einer Zustellung des Versagungsbeschlusses mittels öffentlicher Bekanntmachung zu einer etwaigen Wiedereinsetzung ?
    Der Schuldner müsste doch quasi nachweisen, dass er seit 1,5 Jahren unverschuldet verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten (Entführung / Verschleppung / Koma).

    :confused:

  • Die "klassische" Lösung des Problems besteht in einer Umgehung des Problems: Statt sich an der Ausschlussfrist des § 234 ZPO abzuarbeiten, schaut man sich die öffentliche Zustellung an (die in der Praxis tatsächlich öfters vorschnell angeordnet wird). Man kommt dann ev. zur Erkenntnis, dass sie auch hier vorschnell angeordnet wurde - und Schwupps geht es nicht mehr darum, dass die WE-Höchstfrist nicht eingehalten wurde, sondern darum, dass durch eine Zustellung ohne strikte Einhaltung der Voraussetzungen der Anordnung der öffentlichen Zustellung die Rechtsmittelfrist nicht in Gang gesetzt wurde.

    .....

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


    Die Versagung der Restschuldbefreiung erfolgt durch Beschluss. Dieser Beschluss ist qua Gesetz öffentlich bekannt zu machen, § 300 Abs. 4 InsO. Die öffentliche Bekanntmachung genügt zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten, § 9 Abs. 3 InsO. Dass die öffentliche Bekanntmachung in Zivilverfahren häufig zu vorschnell angeordnet wird, dürfte daher auf Insolvenzverfahren mit den besonderen Vorschriften in der InsO nicht übertragbar sein.


    Stimmt, daran habe ich nicht gedacht.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • sorry, ich muss den SV nachbessern: die absolute Frist zur WE ist gerissen (da geht nix mehr ! - außer die Unanwendbarkeit in meiner noch zu treffenden Entscheidung aus verfassugsgründen zu rechtfertigen).

    Bei der Frage der Abhilfehab ichkeein prob, die formelle RK zu durchbrechen, mir geht es einzig darum, ob der 298'er Entscheidung auch materielle RK zukommt.
    mfg
    Def

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  • keiner mehr ne Auffassung dazu ? (oki, materielle Rechtskraft geht auch so richtig an's Eingemachte).
    Werd mich wohl - wenn die Urlaubsvertretung rum ist - mal durchringen müssen :D

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  • Materielle Rechtskraft gibt es hierbei meines Erachtens nicht, da der Schuldner sofort nach der Versagung den nächsten Anlauf nehmen kann.

    Falls frühere Schriftstücke wegen unbekannten Aufenthalts nicht zugestellt werden konnten, hat er sauber dargelegt, dass er nicht unbekannten Aufenthalts war? Nach meiner vom hiesigen LG bestätigten Auffassung liegt unbekannter Aufenthalt bereits vor, wenn die postalische Erreichbarkeit nicht gegeben ist.

    Wurde mit der Beschwerde die rückständige TH-Vergütung gezahlt?

    Nach dem Sachverhalt müsste der Schuldner sich fortwährend in der WVP befindlich gewähnt haben, ist er diesbezüglich seinen Obliegenheiten nachgekommen?

  • Materielle Rechtskraft gibt es hierbei meines Erachtens nicht, da der Schuldner sofort nach der Versagung den nächsten Anlauf nehmen kann.

    Falls frühere Schriftstücke wegen unbekannten Aufenthalts nicht zugestellt werden konnten, hat er sauber dargelegt, dass er nicht unbekannten Aufenthalts war? Nach meiner vom hiesigen LG bestätigten Auffassung liegt unbekannter Aufenthalt bereits vor, wenn die postalische Erreichbarkeit nicht gegeben ist.

    Wurde mit der Beschwerde die rückständige TH-Vergütung gezahlt?

    Nach dem Sachverhalt müsste der Schuldner sich fortwährend in der WVP befindlich gewähnt haben, ist er diesbezüglich seinen Obliegenheiten nachgekommen?

    Danke für die Rückmeldung, ja, Vergütung ist gezahlt, nur für das laufende Jahr - so wenn ich denn korrigiere - offen. Hab mich jetzt auch in der Richtung zu entscheiden, wg. fehlender materieller Rechskraft. Da muss ich nicht in die Ebene gehen, das Reißen der Jahresfrist wegzubegründen. Ginge wohl vorliegend auch, aber warum Fenster öffnen, wenn woanders ne Türe ist :D

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    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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