Anspruch auf Erteilung von Zweitschriften der Gehaltsabrechnungen pfändbar?

  • Ein Gläubiger beantragt nach Erlass des Pfüb, dass dieser (Lohnpfändung) ergänzt werden soll um den Anspruch auf Erteilung von Zweitschriften der Gehaltsabrechnungen ggü. dem Drittschuldner rückwirkend ab der Pfändung. Ist dies möglich?
    Zur Begründung wird angegeben, dass der Schuldner die oringären Lohnabrechnungen nicht mehr hat.
    Ich habe den Gläubiger zwar auf die Entscheidung des BGH v. 19.12.2012, VII ZB 50/11, verwiesen, dass als Nebenrecht auch der Anspruch gegen den Drittschuldner auf Erteilung der Lohnabrechnungen gepfändet ist und angefragt, ob dieser denn die Herausgabe verweigert. Habe hierzu aber keine Antwort erhalten, sondern nur mitgeteilt bekommen, dass die Entscheidung des BGH nicht anwendbar sei, weil ja Zweitschriften verlangt werden. Und nun?
    Woher ergibt sich der Anspruch des Schuldners auf Zweitschriften der Lohnabrechnungen?

  • Der grds. Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung einer Lohnabrechnung folgt aus § 108 Abs. 1 GewO mit Einschränkungen durch Abs. 2. In Abs. 3 Satz 2 ist geregelt, daß der Arbeitnehmer "zu anderen Zwecken" eine weitere Entgeltbescheinigung vom Arbeitgeber verlangen kann. "Zu anderen Zwecken" dient die Entgeltbescheinigung z. B. als Nachweis gegenüber Dritten.

    Insofern halte ich eine angebliche Forderung des Schuldners gegenüber dem Drittschuldner, die der Gläubiger als Nebenrecht mitgepfändet hat, auch nicht für "aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen offenbar für nicht zustehbar oder ersichtlich unpfändbar" an. Denn nur dann darf der Pfändungsantrag ausnahmsweise vom Vollstreckungsgericht abgelehnt werden (vgl. z. B. BGH, Beschl. v. 19.03.2004 – IXa ZB 229/03, NJW 2004, 2096, 2097).

    Die Zulässigkeit einer klarstellenden Anordnung auf Erteilung von Lohnabrechnungen hat der BGH in der von Dir genannten Entscheidung ja bereits bejaht. Insofern dürfte die Anordnung "auf Übersendung von weiteren Gehaltsabrechnungen ab Zustellung des PfÜB" m. E. unproblematisch sein. Ob dieser angebliche Anspruch auch tatsächlich besteht, müßten Drittschuldner und Gläubiger untereinander ggf. im streitigen Verfahren klären.

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  • Der BGH hat gesagt:
    Bei der Pfändung eines Anspruchs auf Lohnzahlung stellt der Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung einen unselbständigen Nebenanspruch dar, wenn es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf Lohnzahlung geltend machen zu können.

    Ich halte die ganze Pfänderei der Lohnabrechnung bei dem Arbeitgeber für ausgemachten Blödsinn. Dient sie doch nur dazu die eingeschränkte Auskunftspflicht des Drittschuldners zu umgehen. Und da es mehrere Gläubiger geben könnte, die den Anspruch pfänden könnten macht das noch weniger Sinn, weil der nachrangige Gläubiger ohnehin derzeit keinen Zahlungsanspruch hat.

  • Der BGH hat gesagt:
    Bei der Pfändung eines Anspruchs auf Lohnzahlung stellt der Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung einen unselbständigen Nebenanspruch dar, wenn es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf Lohnzahlung geltend machen zu können.

    Ich halte die ganze Pfänderei der Lohnabrechnung bei dem Arbeitgeber für ausgemachten Blödsinn. Dient sie doch nur dazu die eingeschränkte Auskunftspflicht des Drittschuldners zu umgehen. Und da es mehrere Gläubiger geben könnte, die den Anspruch pfänden könnten macht das noch weniger Sinn, weil der nachrangige Gläubiger ohnehin derzeit keinen Zahlungsanspruch hat.


    Naja, hier geht es ja vorrangig um die vollstreckungsgerichtliche Sicht der Dinge. Der BGH sagt ja ausdrücklich:

    "Ob derartige Ansprüche des Schuldners auf Lohnabrechnung gegen die Drittschuldnerin tatsächlich gegeben sind, ist im vorliegenden Verfahren unerheblich. Denn das Vollstreckungsgericht prüft grundsätzlich nicht, ob eine zu pfändende Forderung besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2012 - VII ZB 2/11, NZI 2012, 809 Rn. 23; Beschluss vom 19. März 2004 - IXa ZB 229/03, NJW 2004, 2096, 2097 m.w.N.)."

    Deshalb kann eine solche Anordnung aus meiner Sicht auch nicht als "Umgehung" der eingeschränkten Auskunftspflicht angesehen werden. Der Drittschuldner allein "ist seines Glückes Schmied", ob er Forderungen (ob nun als angebliche Haupt- oder angebliche Nebenforderung gepfändet) als begründet ( = tatsächlich bestehend) anerkannt oder nicht. Auch das Argument der nachrangigen Gläubiger ist ein wenig weit gegriffen. Schließlich ergibt sich aus den Forderungen der vorrangigen Gläubiger und der Zahlung des Drittschuldners (un)mittelbar auch mein Anspruch auf (nachrangige) Befriedigung.

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  • Nur der Vollständigkeit halber, hier übrigens die vom BGH für den Anspruch auf Abrechnung in bezug genommene Rspr. des BAG (Urteil v. 12.07.2006 - 5 AZR 646/05).

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  • Vielleicht könnt ihr helfen, dass "der Knoten platzt":
    Die oben mehrmals zitierte Entscheidung des BGH ist mir bekannt. Die Mitpfändung des Anspruchs auf Erteilung der Lohnabrechnung ist also gegeben und kann vom Vollstreckungsgericht klarstellend ausgesprochen werden. Ist das denn aber gleichzusetzen mit der von diversen Gläubigern gewünschten Anordnung im Pfüb an den Drittschuldner auf Herausgabe der Lohnabrechnung?

  • Vielleicht könnt ihr helfen, dass "der Knoten platzt":
    Die oben mehrmals zitierte Entscheidung des BGH ist mir bekannt. Die Mitpfändung des Anspruchs auf Erteilung der Lohnabrechnung ist also gegeben und kann vom Vollstreckungsgericht klarstellend ausgesprochen werden. Ist das denn aber gleichzusetzen mit der von diversen Gläubigern gewünschten Anordnung im Pfüb an den Drittschuldner auf Herausgabe der Lohnabrechnung?

    ME nein; die ab und zu auf S. 8 anzutreffende / beantragte Anordnung, dass der Drittschuldner die Lohnabrechnungen an den Gläubiger herauszugeben habe, streiche ich raus, weil § 836 Abs. 3 ZPO nur die Herausgabepflicht des Schuldners an den Gläubiger normiert und es für die anderweitig beantragte Herausgabeanordnung durch das VG an einer gesetzlichen Grundlage fehlt.

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