Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) 2015/848 über Insolvenzverfahren

  • Hier der Gesetzentwurf zur neuen EUInsVO.

    http://www.bmjv.de/SharedDocs/Ges…zverfahren.html

    Ist wer zur Stellungnahme aufgefordert worden?

    Mir ist aufgefallen, dass an manchen Stellen einfach nur auf einen anderen Mitgliedstaat abgestellt wird, ohne die Einschränkung, dass in diesem auch die EUInsVO gelten muss (was ja bekanntlich in Dänemark nicht der Fall ist). Z. B. hier:

    § 2 Vermeidung von Kompetenzkonflikten

    (1) Hat das Gericht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union ein
    Hauptinsolvenzverfahren eröffnet, so ist, solange dieses Insolvenzverfahren anhängig ist,
    ein bei einem inländischen Insolvenzgericht gestellter Antrag auf Eröffnung eines solchen
    Verfahrens über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen unzulässig.

    Seht Ihr das auch als Problem?

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Nun hat es mich getroffen....
    Ich muss in diesem Zusammenhang eine Stellungnahme zur geplanten Änderung des Rechtspflegergesetzes schreiben:
    Gem. des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) 2015/848 über Insolvenzverfahren soll
    § 18 Absatz 1 des Rechtspflegergesetzes wie folgt geändert werden:
    (1) In Verfahren nach der Insolvenzordnung bleiben dem Richter vorbehalten:
    „ 5. Entscheidungen über das Stimmrecht nach Artikel 102c § 16 Absatz 1 des Einführungsgesetzes
    zur Insolvenzordnung.“

    Der Artikel 102 c § 16 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung wird ebenfalls mit der o.g. VO eingeführt:


    Stimmrecht bei der Abstimmung über die Zusicherung
    (1) Für das Stimmrecht der lokalen Gläubiger bei der Abstimmung über die Zusicherung
    gilt § 77 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Nummer 1 sowie § 237 Absatz 1 Satz 2 der
    Insolvenzordnung entsprechend. Die abstimmenden Gläubiger haben gegenüber dem
    Insolvenzverwalter den Grund und den Betrag ihrer Forderung sowie die Tatsachen anzugeben,
    aus denen sich ergibt, dass die Forderung aus oder in Zusammenhang mit dem
    Betrieb einer in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union liegenden Niederlassung entstanden
    ist, in dem ein Sekundärinsolvenzverfahren hätte eröffnet werden können.
    Kommt es nicht zu einer Einigung über das Stimmrecht, soll das Insolvenzgericht, in dessen
    Bezirk die Niederlassung liegt, bei seiner Entscheidung deren Eilbedürftigkeit berücksichtigen.


    In der Begründung heißt es:
    Bei bestrittenen Forderungen hat der Insolvenzverwalter nach § 77 Absatz 2 Satz 1 InsO
    zunächst zu versuchen, sich mit den anderen lokalen Gläubigern und dem Gläubiger,
    dessen Forderung bestritten wird, über das Stimmrecht zu einigen. Scheitert dieser
    Einigungsversuch, so hat das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk die Niederlassung liegt, das
    Stimmrecht festzusetzen. Da die Wirksamkeit der Zusicherung für den weiteren Gang des
    Insolvenzverfahrens von herausragender Bedeutung ist, sollte möglichst bald Klarheit
    bestehen, ob eine wirksame Billigung durch die lokalen Gläubiger vorliegt. Deshalb
    schreibt § 16 Absatz 1 Satz 3 des Entwurfs vor, dass das Insolvenzgericht möglichst zügig
    über die Stimmrechtsfestsetzung entscheidet. Um die Eilbedürftigkeit dieser Entscheidung
    zu unterstreichen, wird durch Artikel 2 des Entwurfs § 18 Absatz 1 RPflG um eine
    neue Nummer 5 ergänzt, die vorsieht, dass die Entscheidungen über das Stimmrecht vom
    Richter zu treffen sind.

    Die Begründung verwundert dann doch..... Das System der Stimmrechtsfeststellung durch den Rechtspfleger
    wird hier mal eben ausgehebelt, weil durch eine Richterentscheidung eine sofortige Rechtskraft gegeben ist und die Eilbedürftigkeit dieser Entscheidungen
    damit gewahrt ist.

    Was meint Ihr?

  • nicht wirklich, weil das ja so neu nicht ist....

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • das ist schon oki so.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
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  • Kannst Du denn mal schreiben, was das denn für eine "Zusicherung" ist? Grundsätzlich ist ja ein Insolvenzverfahren immer eilbedürftig; und natürlich auch die Festlegung der Stimmrechte. Wenn das bei den Richtern schneller geht, warum ist das denn in den normalen Verfahren zunächst den Rpfl. zugewiesen? da wäre ja die Argumentation nicht anders. Also ich persönlich hätte überhaupt kein Problem damit, zu jeder Gläubigerversammlung einen Richter mitzunehmen, um schnell über die Stimmrechte zu entscheiden;).
    Aber ich glaube, ich würde das nicht groß kritisieren. Sollen doch die Richter sich um sowas kümmern. Wo die jetzt auch die Insolvenzpläne machen :strecker...

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • das ist schon oki so.

    Könntest du das näher begründen? Ich habe in meinem Dezernat keine Konzerninsolvenzen bzw. keine Berührungspunkte mit EU-Recht.

    Du Glückliche :D

    Mit Konzernisolvenzen und cross-border-insolvency- Verfahren ist das Zimmer meiner Geschäftsstelle voll - sofern die Teile nicht bei mir liegen.
    Die vorgeschlagene Regelung ist wirklich in Ordnung; auch in meinen Verfahren wäre sie bisher nicht zur Anwendung gekommen. Solltest Du mal ein soches Verfahren auf den Tisch bekommen, wirst Du es merken. Daher in der Stellungnahme: keine Bedenken :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
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  • Kannst Du denn mal schreiben, was das denn für eine "Zusicherung" ist? Grundsätzlich ist ja ein Insolvenzverfahren immer eilbedürftig; und natürlich auch die Festlegung der Stimmrechte. Wenn das bei den Richtern schneller geht, warum ist das denn in den normalen Verfahren zunächst den Rpfl. zugewiesen? da wäre ja die Argumentation nicht anders. Also ich persönlich hätte überhaupt kein Problem damit, zu jeder Gläubigerversammlung einen Richter mitzunehmen, um schnell über die Stimmrechte zu entscheiden;).
    Aber ich glaube, ich würde das nicht groß kritisieren. Sollen doch die Richter sich um sowas kümmern. Wo die jetzt auch die Insolvenzpläne machen :strecker...


    Einfach erklärt (Ich hoffe es ist nicht falsch): Im Hauptinsolvenzverfahren (Inland) gibt der IV zur Vermeidung eines Sekundärinsolvenzverfahrens (Ausland) eine Zusicherung an die Gl. dass er das ausländische Vermögen im Hauptinsolvenzverfahren nach ausländischen Recht verwertet und verteilt.

    Die Zusicherung macht der IV. Die Zusicherung wird erst wirksam, wenn sie von den bekannten lokalen Gläubigern gebilligt worden ist. 
    Die Gläubiger müssen über die Zusicherung abstimmen. Der IV und nicht das Gericht leitet die Abstimmung u.a. mit Fernkommunikationsmitteln. Entsprechend wird das Stimmrecht vom IV festgelegt. Bei Uneinigkeit über das Stimmrecht soll aufgrund der Eilbedürftigkeit der Richter entscheiden.


    Die Begriffserklärung "Zusicherung" findet sich in Artikel 36 der Verordnung (EU) 2015/848

    Recht, zur Vermeidung eines Sekundärinsolvenzverfahrens eine Zusicherung zu geben
    (1) Um die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens zu vermeiden, kann der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens in Bezug auf das Vermögen, das in dem Mitgliedstaat, in dem ein Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet werden könnte, belegen ist, eine einseitige Zusicherung (im Folgenden „Zusicherung“) des Inhalts geben, dass er bei der Verteilung dieses Vermögens oder des bei seiner Verwertung erzielten Erlöses die Verteilungs- und Vorzugsrechte nach nationalem Recht wahrt, die Gläubiger hätten, wenn ein Sekundärinsolvenzverfahren in diesem Mitgliedstaat eröffnet worden wäre. Die Zusicherung nennt die ihr zugrunde liegenden tatsächlichen Annahmen, insbesondere in Bezug auf den Wert der in dem betreffenden Mitgliedstaat belegenen Gegenstände der Masse und die Möglichkeiten ihrer Verwertung.
    (2) Wurde eine Zusicherung im Einklang mit diesem Artikel gegeben, so gilt für die Verteilung des Erlöses aus der Verwertung von Gegenständen der Masse nach Absatz 1, für den Rang der Forderungen und für die Rechte der Gläubiger in Bezug auf Gegenstände der Masse nach Absatz 1 das Recht des Mitgliedstaats, in dem das Sekundärinsolvenzverfahren hätte eröffnet werden können. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung, welche Gegenstände nach Absatz 1 betroffen sind, ist der Zeitpunkt der Abgabe der Zusicherung.
    (3) Die Zusicherung erfolgt in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Mitgliedstaats, in dem ein Sekundärinsolvenzverfahren hätte eröffnet werden können, oder — falls es in dem betreffenden Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt — in der Amtssprache oder einer Amtssprache des Ortes, an dem das Sekundärinsolvenzverfahren hätte eröffnet werden können.
    (4) Die Zusicherung erfolgt in schriftlicher Form. Sie unterliegt den gegebenenfalls im Staat der Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens geltenden Formerfordernissen und Zustimmungserfordernissen hinsichtlich der Verteilung.
    (5) Die Zusicherung muss von den bekannten lokalen Gläubigern gebilligt werden. Die Regeln über die qualifizierte Mehrheit und über die Abstimmung, die für die Annahme von Sanierungsplänen gemäß dem Recht des Mitgliedstaats, in dem ein Sekundärinsolvenzverfahren hätte eröffnet werden können, gelten, gelten auch für die Billigung der Zusicherung. Die Gläubiger können über Fernkommunikationsmittel an der Abstimmung teilzunehmen, sofern das nationale Recht dies gestattet. Der Verwalter unterrichtet die bekannten lokalen Gläubiger über die Zusicherung, die Regeln und Verfahren für deren Billigung sowie die Billigung oder deren Ablehnung.
    (6) Eine gemäß diesem Artikel gegebene und gebilligte Zusicherung ist für die Insolvenzmasse verbindlich. Wird ein Sekundärinsolvenzverfahren gemäß den Artikeln 37 und 38 eröffnet, so gibt der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens Gegenstände der Masse, die er nach Abgabe der Zusicherung aus dem Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats entfernt hat, oder — falls diese bereits verwertet wurden — ihren Erlös an den Verwalter des Sekundärinsolvenzverfahrens heraus.
    (7) Hat der Verwalter eine Zusicherung gegeben, so benachrichtigt er die lokalen Gläubiger, bevor er Massegegenstände und Erlöse im Sinne des Absatzes 1 verteilt, über die beabsichtigte Verteilung. Entspricht diese Benachrichtigung nicht dem Inhalt der Zusicherung oder dem geltendem Recht, so kann jeder lokale Gläubiger diese Verteilung vor einem Gericht des Mitgliedstaats anfechten, in dem das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet wurde, um eine Verteilung gemäß dem Inhalt der Zusicherung und dem geltendem Recht zu erreichen. In diesen Fällen findet keine Verteilung statt, bis das Gericht über die Anfechtung entschieden hat.
    (8) Lokale Gläubiger können die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet wurde, anrufen, um den Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens zu verpflichten, die Einhaltung des Inhalts der Zusicherung durch alle geeigneten Maßnahmen nach dem Recht des Staats, in dem das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet wurde, sicherzustellen.
    (9) Lokale Gläubiger können auch die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem ein Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet worden wäre, anrufen, damit das Gericht einstweilige Maßnahmen oder Sicherungsmaßnahmen trifft, um die Einhaltung des Inhalts der Zusicherung durch den Verwalter sicherzustellen.
    (10) Der Verwalter haftet gegenüber den lokalen Gläubigern für jeden Schaden infolge der Nichterfüllung seiner Pflichten und Auflagen im Sinne dieses Artikels.
    (11) Für die Zwecke dieses Artikels gilt eine Behörde, die in dem Mitgliedstaat, in dem ein Sekundärinsolvenzverfahren hätte eröffnet werden können, eingerichtet ist und die nach der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (16) verpflichtet ist, die Befriedigung nicht erfüllter Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen zu garantieren, als lokaler Gläubiger, sofern dies im nationalen Recht geregelt ist.

  • das ist schon oki so.

    Könntest du das näher begründen? Ich habe in meinem Dezernat keine Konzerninsolvenzen bzw. keine Berührungspunkte mit EU-Recht.

    Du Glückliche :D

    Mit Konzernisolvenzen und cross-border-insolvency- Verfahren ist das Zimmer meiner Geschäftsstelle voll - sofern die Teile nicht bei mir liegen.
    Die vorgeschlagene Regelung ist wirklich in Ordnung; auch in meinen Verfahren wäre sie bisher nicht zur Anwendung gekommen. Solltest Du mal ein soches Verfahren auf den Tisch bekommen, wirst Du es merken. Daher in der Stellungnahme: keine Bedenken :D

    Danke für deine Antwort. Ich beneide dich echt nicht.

    Liebe Grüße

  • Ok ok, das sollen dann mal lieber die Richter machen. Das habe ich keine Lust, alles zu lesen ;)...

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  • [quote='Mosser','RE: Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) 2015/848 über Insolvenzverfahren. mit Fernkommunikationsmitteln [...].

    Artikel 36 der Verordnung (EU) 2015/848
    (5) [...] Die Gläubiger können über Fernkommunikationsmittel an der Abstimmung teilzunehmen, sofern das nationale Recht dies gestattet.

    Das wäre dann die Videokonferenz (§ 128a ZPO). :cool:

    Hier gibt es eine Liste der Videokonferenzanlagen bei der Justiz: http://www.justiz.de/verzeichnis/index.php.

    Es sollte klargestellt werden, ob das Protokoll der Abstimmung vom Insolvenzverwalter oder vom Gericht zu erstellen ist.

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