Genehmigungsfähigkeit des Grundstückskaufvertrags bei fehlendem Energieausweis

  • Ohne konkret vorliegenden Fall bin ich über Folgendes gestolpert:

    Am 1. Mai 2014 trat die neue Energieeinsparverordnung (EnEV) in Kraft. Ab
    diesem Zeitpunkt gilt Folgendes:
    Der Energieausweis muss schon in Immobilienanzeigen erwähnt werden. Die
    Pflichtangaben sind enthalten in § 16a EnEV.
    Anschließend muss der Energieausweis dem Kaufinteressenten bei der Besichtigung
    der Immobilie vorgelegt und nach Vertragsschluss übergeben werden (§ 16
    Abs. 2 EnEV). Die Vorlage- und Übergabepflicht besteht unabhängig von
    einem Verlangen des Käufers.
    Ein Verzicht des Käufers auf die Vorlage eines Energieausweises ist ab
    dem 1. Mai 2014 nicht mehr möglich.

    Wer vorsätzlich oder leichtfertig gegen die Vorlage- und Übergabepflicht verstößt,
    begeht eine Ordnungswidrigkeit (§ 27 EnEV).
    Seit Mai 2015 werden Ordnungsgelder (bis 15.000,00€) verhängt, bis dahin bestand eine Übergangsfrist!

    Bislang wurde häufig ein Verzicht auf den Ausweis im notariellen Kaufvertrag beurkundet. Da ein Verzicht nicht mehr möglich ist, ist die Beurkundung eines solchen meines Erachtens sehr bedenklich, letzten Endes aber Problem der Notare.
    Da das Nichtvorliegen des Energieausweises eine Ordnungswidrigkeit nach § 27 EnEV (2014) darstellt, die auf Grundlage des § 8 EnEV (2013) mit einem Bußgeld bis zur Höhe von 15.000,00 EURO geahndet werden kann, dürfte dies eine Vermögensgefährdung des Betroffenen (- soweit er Verkäufer ist -) darstellen.

    Insofern dürfte ein Immobilienkaufvertrag, der ohne Vorlage eines erforderlichen Energieausweises geschlossen wurde, nicht genehmigungsfähig sein.

    Rechtsprechung hierzu konnte ich noch nicht finden, auch wurde es bisher (mangels Wissens über die Konsequenzen der Nichtvorlage) noch nicht thematisiert.
    Daher würde ich gern eine fachliche Einschätzung von ein paar thematisch Betroffenen erfahren - und ganz nebenbei das Thema auch mal in den Fokus rücken.

    Vielen Dank!

  • Wenn ein Verzicht auf Vorlage des Energieausweises beurkundet wird, könnte das tatsächlich ein Problem sein.
    Ich kenne es so, dass der Notar darauf hinweist, dass der Verkäufer verpflichtet ist, dem Käufer einen Energieausweis zu übergeben. Mehr steht dann im Vertrag nicht.

  • Zivilrechtlich ist die Vorlage (oder deren Fehlen) irrelevant.

    Ich belehre wie folgt:
    "Auf die bußgeldbewehrte Pflicht des Verkäufers zur Vorlage und Aushändigung eines Energieausweises an den Käufer nach § 16 Abs. 2 EnEV sind die Beteiligten hingewiesen. Ferner ist auf die bußgeldbewehrte Nachrüstpflicht nach § 10 EnEV ist hingewiesen, wonach spätestens innerhalb von zwei Jahren nach einem Eigentumswechsel Heizkessel außer Betrieb zu nehmen sind, die vor dem 01.01.1985 eingebaut wurden, sowie ungedämmte Warmwasserleitungen und nicht begehbare, aber zugängliche oberste Geschossdecken wärmegedämmt werden müssen."

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich sehe das Betreuungsgericht nicht in der Pflicht zu prüfen, ob der Notar im Vertrag alle erforderlichen Genehmigungen aufgelistet hat bzw. diese schon vorliegen oder ob eine Erteilung durch die entsprechenden Behörden erfolgen wird. Vergleichbar scheint mir der Fakt, ob ein Energieausweis erteilt oder übergeben wurde.

    Den Vorschriften im BGB ist nicht zu entnehmen, dass ein Fehlen der Übergabe des Ausweises oder die bislang nicht erfolgte Erteilung eine Veräußerung des Grundstückes ausschließen würden.

    (Unabhängig davon läge die Verweigerung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung auch nicht im Interesse des Betreuten, der z. B. auf den Verkaufspreis angewiesen ist, um seine Heimkosten zu decken.)


    Letztlich ist die Problematik des Energieausweises eine weitere vom Betreuer zu beachtende Formalität.

  • Ich sehe das Betreuungsgericht nicht in der Pflicht zu prüfen, ob der Notar im Vertrag alle erforderlichen Genehmigungen aufgelistet hat bzw. diese schon vorliegen oder ob eine Erteilung durch die entsprechenden Behörden erfolgen wird. Vergleichbar scheint mir der Fakt, ob ein Energieausweis erteilt oder übergeben wurde Der Notar hat nicht zu prüfen, ob die gesetzlichen Vorschriften bezügl. Energieausweis eingehalten wurden und er macht es auch nicht.

    Den Vorschriften im BGB ist nicht zu entnehmen, dass ein Fehlen der Übergabe des Ausweises oder die bislang nicht erfolgte Erteilung eine Veräußerung des Grundstückes ausschließen würden.
    Letztlich ist die Problematik des Energieausweises eine weitere vom Betreuer zu beachtende Formalität.

    Ich denke schon, dass sich heutzutage das Gericht vor Genehmigung vom Betreuer bestätigen lassen sollte, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten wurden, denn falls nicht, haftet der Betreute gegenüber dem Käufer wenn Schadensersatz verlangt wird und erst in 2. Linie kann er -vertreten durch einen anderen Betreuer- versuchen, Regress beim ersten Betreuer (oder evtl. sogar gegenüber dem Staat) zu bekommen.

  • Ich sehe das Betreuungsgericht nicht in der Pflicht zu prüfen, ob der Notar im Vertrag alle erforderlichen Genehmigungen aufgelistet hat bzw. diese schon vorliegen oder ob eine Erteilung durch die entsprechenden Behörden erfolgen wird. Vergleichbar scheint mir der Fakt, ob ein Energieausweis erteilt oder übergeben wurde Der Notar hat nicht zu prüfen, ob die gesetzlichen Vorschriften bezügl. Energieausweis eingehalten wurden und er macht es auch nicht.

    Den Vorschriften im BGB ist nicht zu entnehmen, dass ein Fehlen der Übergabe des Ausweises oder die bislang nicht erfolgte Erteilung eine Veräußerung des Grundstückes ausschließen würden.
    Letztlich ist die Problematik des Energieausweises eine weitere vom Betreuer zu beachtende Formalität.

    Ich denke schon, dass sich heutzutage das Gericht vor Genehmigung vom Betreuer bestätigen lassen sollte, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten wurden, denn falls nicht, haftet der Betreute gegenüber dem Käufer wenn Schadensersatz verlangt wird und erst in 2. Linie kann er -vertreten durch einen anderen Betreuer- versuchen, Regress beim ersten Betreuer (oder evtl. sogar gegenüber dem Staat) zu bekommen.


    Dass der Notar die Einhaltung der Vorschriften zum Energieausweis prüfen müsste, habe ich nicht geschrieben.

    Welchen Wert soll allerdings die Bestätigung des Betreuers (vor allem bei manch Familienangehörigen) haben: "Die gesetzlichen Bedingungen zum Energieausweis sind mir bekannt und wurden eingehalten." :gruebel:

    (Was wenn der Betreuer die gesetzlichen Regelungen falsch verstanden hat oder die Erklärung nicht stimmt? Dann dürfte es nach deinen Ausführungen dennoch bei der Ersthaftung des Betreuten bleiben.)


    Ein Erfordernis für eine derartige Erklärung sehe ich daher nicht. Wenn der Notar so einen Passus in die Urkunde aufnimmt, meinetwegen. Aber eine Prüfung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens erfolgt nicht.

  • Zunächst möchte ich allen fleißigen Beteiligten danken, dass sie sich zum Thema geäußert haben.
    Es gibt offensichtlich recht verschiedene Standpunkte dazu, sicherlich auch der eigenen beruflichen/fachlichen Rolle in einem solchen Verfahren geschuldet.
    Tatsächlich ist aus betreuungsrechtlicher Sicht nicht der Notar derjenige, der für die Einhaltung der Bestimmungen verantwortlich ist, sondern der Betreuer, der sich aber häufig auch darauf verlässt, vom Notar informiert zu werden.
    Letztlich hat das Betreuungsgericht darauf hinzuwirken, dass der Betreuer über die Problematik informiert ist und die Auflagen einhält. Es ist natürlich für das Betreuungsgericht und vermutlich auch für den Betreuer sehr angenehmen, wenn die Notare in der Beurkundung darauf eingehen, ob die Bestimmungen eingehalten wurden, da dann zusätzlicher Schriftverkehr überflüssig wird.

    Soweit klargestellt wurde, dass beim Grundbuchamt der Energieausweis keine Rolle spielt, kann das für das Betreuungsgericht nicht entscheidend sein. Hier wird nicht nur formell geprüft, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Eigentumsübergang vorliegen, sondern auch, ob durch den Vertrag eventuell Risiken für den Betroffenen bestehen. Und dies wird man bei einer möglichen Schadensersatzpflicht oder auch schon der Gefahr der Verhängung eines Bußgeldes wohl nicht unbeachtet lassen können. Zumal die Kosten und der Aufwand zum Erlangen des Energieausweises wesentlich geringer sind als der Rahmen des Bußgeldes, es also keinen vernünftigen Grund gibt, ein unnötiges Risiko einzugehen.

    Mir war wichtig, die Problematik bekannter zu machen und ich hoffe, dass sich noch einige Betreuungsrechtspfleger damit auseinandersetzen.

  • Interessanter Sachverhalt.

    Ich denke schon, dass wir das Thema nicht einfach "hinten runter fallen lassen können".
    Ob ich einen Vertrag als Betreuungsgericht vor mir liegen habe oder später als Grundbuchamt macht in meiner Bearbeitungsweise und für meinen Prüfungsschwerpunkt doch schon erhebliche Unterschiede. Mal interessiert mich mehr das Schuldrechtliche, mal mehr das Dingliche.

    Ob ich soweit gehen würde, beim Notar oder Betreuer nachzufragen, falls die Urkunde keine Angaben über den Energieausweis macht, weiß ich nicht. Wenn der Notar aber in der Urkunde erwähnt, dass es keinen Energieausweis gibt o. ä. würde ich aber schon hellhörig werden.

    Das Betreuungsgericht hat ja nun auch die Aufgabe, die Betreuer zu unterstützen. Wenn ich dann einen ehrenamtlichen Betreuer habe, der nicht täglich Grundbesitz verkauft, fühle ich mich da irgendwie schon verpflichtet, ein Auge drauf zu haben.

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