Akte an die Staatsanwaltschaft schicken?

  • Ich habe zum ersten Mal die Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben, weil die Partei bei der PKH-Überprüfung Grundstücke angegeben hat, die in der ursprünglichen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht angegeben wurden. Miete wurde aber schon damals kassiert und nicht angegeben.

    Wann und ggfls. wer schickt die Akte an die StA? Macht Ihr das bei Aufhebung nach § 124 Nr. 2 oder 3 ZPO immer? Ihr selbst oder der Richter oder der Bezirksrevisor? Im Forum scheint es ja unterschiedliche Auffassungen zu geben, ob weitergeleitet wird.

  • M.E. handelt es sich hierbei um eine (nicht beantragte) Akteneinsicht für einen Unbeteiligten. Nach § 269 III ZPO entscheidet hierüber die Behördenleitung. Also Vorlage an den Direktor.

    Ich würde bei deinem Fall, wenn mir die Entscheidung zugeschrieben werden würde, aber auch von einer Weiterleitung absehen. In Betracht kommt evtl. ein Betrug - aber ob eine Bereicherungsabsicht vorliegt, ist fraglich. Zumal man sich ja auch fragen könnte, wie gründlich die Voraussetzungen für die PKH/VKH geprüft wurden (vorausgesetzt, die Miete wird überwiesen und nicht bar bezahlt).

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • M.E. handelt es sich hierbei um eine (nicht beantragte) Akteneinsicht für einen Unbeteiligten. Nach § 269 III ZPO entscheidet hierüber die Behördenleitung. Also Vorlage an den Direktor.

    ... es sei denn, die Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht ist (wie bei uns) delegiert.

    Ob der Dezernent unabhängig davon das Recht hat, die Akte selbst der StA zuzuleiten, ist nach meiner Erinnerung an anderer Stelle bereits ausgiebig und kontrovers diskutiert worden.

    Ich würde bei deinem Fall, wenn mir die Entscheidung zugeschrieben werden würde, aber auch von einer Weiterleitung absehen. In Betracht kommt evtl. ein Betrug - aber ob eine Bereicherungsabsicht vorliegt, ist fraglich. Zumal man sich ja auch fragen könnte, wie gründlich die Voraussetzungen für die PKH/VKH geprüft wurden (vorausgesetzt, die Miete wird überwiesen und nicht bar bezahlt).

    Mit der strafrechtlichen Prüfung im Einzelnen würde ich mich nicht aufhalten, die ist originäre Aufgabe der StA.

    Ob die Weiterleitung angezeigt ist, ist für mich immer eine Frage des Einzelfalls ("kriminelle Energie" oder eher bloße Nachlässigkeit?).

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Aber wenn man die Akte nur weiterleitet, wenn man selbst "kriminelle Energie" vermutet und nicht Nachlässigkeit oder davon ausgeht, dass die Partei gar nicht betrügen wollte, prüft man dann nicht das, was eigentlich Aufgabe der StA wäre bzw. nimmt eine Entscheidung vorweg, die die StA unter Umständen so gar nicht treffen würde? Und kann es entscheidend sein, wie das erste Mal geprüft wurde? Auch bei einer fehlerhaften Prüfung hätte die Partei doch alle Angaben machen müssen.
    Andererseits will ich natürlich auch nicht jemandem ein Strafverfahren an den Hals hängen, ohne dass es dafür einen Grund gibt.

  • Das meinte ich mit Einzelfallentscheidung. Es kommen viele Faktoren zusammen. :)

    Da Du die PKH aufgehoben hast, würde ich erst einmal die Rechtskraft der Entscheidung abwarten. Danach stellt sich auch die Frage, ob der bisher gestundete Betrag eingezogen werden kann oder der Versuch erfolglos bleibt.

    Da vorliegend keine Anzeigepflicht besteht, steht es in Deinem Ermessen, ob Du die StA einschaltest oder nicht. Wie dieses Ermessen ausgeübt wird, muss jede(r) für sich und eben im konkreten Einzelfall entscheiden.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Also rechtskräftig ist der Beschluss. Hast Du in solchen Fällen immer erst abgewartet, ob gezahlt wird? Also bei Zahlung keine Abgabe, da kein Schaden für den Staat?

    Hier hat die Partei ja selbst die Informationen bei der Überprüfung für die Aufhebung geliefert, sonst hätte ich von dem Grundstück gar nichts gewusst. Allerdings hat die Partei auch für die II. Instanz dieses Grundstück in der Erklärung nicht angegeben.

    Einmal editiert, zuletzt von Tomoto (12. September 2016 um 22:10)

  • Ich würde die Akte weiterleiten. Ob die StA dann was draus macht, ist deren Sache, aber das ist eben in deren Kompetenz. Und ein Grundstück zu "vergessen" ist wohl eher keine Nachlässigkeit, jedenfalls dann, wenn man nicht eine größere Anzahl davon hat. Und dann ist man kein PkH-Fall.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Nachtrag: Und die Übersendung ist m.E. kein Fall des § 299 ZPO (der wohl statt § 269 ZPO gemeint ist), sondern ein Fall des § 17 EGGVG, jedenfalls seit dessen Normierung.

    2 Mal editiert, zuletzt von AndreasH (12. September 2016 um 23:58) aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Nachtrag: Und die Übersendung ist m.E. kein Fall des § 299 ZPO (der wohl statt § 269 ZPO gemeint ist), sondern ein Fall des § 17 EGGVG, jedenfalls seit dessen Normierung.

    Ja, 299 war gemeint. Und was zutrifft, ist wie immer Streitsache (so wie es komischerweise Leute gibt, die entgegen des Wortlautes meinen, auch im Falle des § 13 FamFG sei die Behördenleitung derjenige, der über die AE entscheidet... ;) ) - im Ergebnis wäre es aber in beiden Fällen eine Sache der Behördenleitung (die diese natürlich auch delegieren kann).

    Ich hätte arge Probleme damit, jemanden wegen der einmaligen Nichtangabe eines Grundstücks mit einem Strafverfahren zu überziehen. Da ist meines Erachtens Augenmaß gefordert, kein Aktionismus, der in solchen Sachen aber gerne an den Tag gelegt wird.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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  • Also rechtskräftig ist der Beschluss. Hast Du in solchen Fällen immer erst abgewartet, ob gezahlt wird?

    Für die Ermessensausübung ist es schon ein wichtiger Aspekt, ob sich die betroffene Partei nach der Aufhebung kooperativ verhält oder versucht, den zu Unrecht erlangten Vorteil zu "retten".


    Also bei Zahlung keine Abgabe, da kein Schaden für den Staat?

    Nein, in dieser Allgemeingültigkeit würde ich das nicht unterschreiben (siehe oben).

    Zum Vergleich: Ein Betrüger, der - freiwillig oder unter dem Druck eines Ermittlungsverfahrens - den angerichteten Schaden ersetzt, beseitigt damit nicht die Strafbarkeit seines Tuns, sondern kann allenfalls auf eine für ihn günstigere Strafzumessung hoffen.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Ergänzung zu Huskys letztem Absatz:

    Ich halte es auch generell für bedenklich, die Weiterleitung an die StA von einem Handeln der Partei abhängig zu machen.
    Entweder bist du der Auffassung, dass eine verfolgungswürdige Straftat vorliegt - dann veranlasst du das Entsprechende. Oder du denkst, das Handeln sei nicht strafbar oder aus anderen Gründen sei eine Weiterleitung nicht angedacht. Dann lässt du es.
    Huskys Beispiel mit dem Betrüger, der den Schaden anschließend begleicht, ist da sehr gut.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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  • Es wäre meine erste Akte an die StA, darum bin ich so unentschlossen:oops:. Schließlich ist ein Strafverfahren für den Betroffenen nicht schön. Allerdings haben die Partei und ihr Anwalt auf meine Ankündigungsschreiben auch nicht reagiert. Bei einem Versehen hätte ich selbst sofort Kontakt aufgenommen. Erst nach der Aufhebung hat die Partei durch eine dritte Person telefonisch anfragen lassen, ob man da noch etwas machen könne.

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