Ausgleichung § 106 ZPO bei PKH/VKH mit Raten

  • Hallo, ihr Lieben!

    Ich bin gerade (wahrscheinlich völlig grundlos) leicht am Verzweifeln.

    Ich habe eine Akte mit folgendem Sachverhalt:

    - 2 Instanzen, für beide gilt: ASt trägt 1/3, AG trägt 2/3

    I. Instanz
    - ASt hat VKH mit Raten, hat schon 670,- € gezahlt
    - die Staatskasse hat 755,65 € VKH-Vergütung erstattet
    - KfA nach § 106 ZPO über (richtige) 1.820,70 €

    - AG hat keine VKH
    - KfA nach § 106 ZPO über (richtige) 1.820,70 €


    II. Instanz
    - ASt hat VKH ohne Raten
    - die Staatskasse hat noch keine VKH-Vergütung erstattet, beantragt sind allerdings 1.429,00 € (Wahlanwaltsverg.: 1.854,26 €)
    - KfA nach § 106 ZPO über (richtige) 1.727,17 €

    - AG hat VKH ohne Raten
    - die Staatskasse hat noch keine VKH-Vergütung erstattet, beantragt sind allerdings 1.326,49 € (Wahlanwaltsverg.: 1.750,97 €)
    - KfA nach § 106 ZPO über (richtige) 1.854,26 €


    - aus den Gerichtskosten ergeben sich keine Erstattungsansprüche


    Sooo...an grundsätzlichen Erstattungsansprüchen habe ich jetzt
    - I. Instanz: 606,90 € vom AG an den ASt
    - II. Instanz: 533,36 € vom AG an den ASt
    zusammen: 1.140,26 €


    Nach der hier verlinkten Tabelle ergäbe sich kein Übergangsanspruch auf die Staatskasse.
    Ich habe meine ausgefüllte Version mal angehängt: Ausgleichung1.xls

    Die -1.651,96 € stehen, wenn ich das richtig verstanden habe, ja quasi 0,00 € gleich, sodass ich danach die vollen 1.140,26 € festsetzen könnte.

    Ich komme allerdings mit dem Hintergrund noch nicht ganz klar...daher mal meine Gedanken:

    Entstanden sind dem ASt 3.547,87 €
    Der ASt müsste an sich 2407,61 € der Kosten tragen ( (1.820,70 € + 1.820,70 € + 1.727,17 € + 1.854,26 €) * 1/3)

    - Er bekommt 1.140,26 € vom AG über den KfB. -> auf die Differenz zwischen "Entstanden" und "hat zu tragen"
    - Von der Staatskasse hat er 755,26 € als VKH-Vergütung (§ 49 RVG) bekommen. -> aus den "hat zu tragen" - Kosten
    - Er selber hat schon 670,00 € gezahlt. -> auf die "hat zu tragen"-Kosten

    Er müsste also ratentechnisch noch 'ganz normal' seine weiteren 1737,61 € zahlen (zzgl. evtl. Gebühren nach § 50 RVG).


    Heißt also auch, dass ich den VKH-Vergütungsanträgen der Rechtsanwälte jeweils voll entsprechen kann.


    Wenn ich das jetzt so schreibe, klingt es sinnig, da es aber das erste Mal ist, dass ich Raten und 106 zusammen habe, wäre mir ein kurzes :daumenrau oder :daumenrun doch viel wert....

    Vielen Dank schonmal im Voraus dafür!!!

    Viele Grüße,
    Zahira

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  • Nein, den VKH-Erstattungsanträgen kann ich eventuell nicht in vollem Umfang stattgeben...

    Also, dem des AG ja,

    aber bei dem des ASt... muss ich da jetzt gucken, dass ich nur so viel auszahle, dass ich insgesamt nicht über die 2407,61 € komme, die er tragen muss?

    Oder gehe ich bei der Ausgleichung etc fiktiv davon aus, dass ich den VKH-Vergütungsanträgen schon stattgegeben habe?

    Dann käme ich auf diese Berechnung: Ausgleichung2.xls

    Für den KfB bliebe also alles bei den Ausführungen oben, oder?
    Und weiterhin kein Übergang auf die Staatskasse.

    Und könnte ich später die Wahlanwaltsvergütung noch festsetzen? Dann müsste ich doch ggf. später einen Feststellungsbeschluss hinsichtlich des Überganges machen...oder setzt man die dann gar nicht erst fest?


    ahrg, mir brummt der Kopf :(

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  • Alsoooooo...

    Nach § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG findet ein Forderungsübergang grundsätzlich erst mit Auszahlung der Vergütung aus der Staatskasse statt. Hast du in II. Instanz also noch keine Vergütung festgesetzt, gibt es auch noch keinen Forderungsübergang.

    Nachdem du nun die in I. und II. Instanz zu erstattenden Beträge ermittelt hast, nimmst du dir die Instanzen am besten auch einzeln vor.

    In I. Instanz bekäme die PKH-Partei 606,90 € vom AG. Übersteigt dieser Betrag die weitere Vergütung nach § 50 RVG hat hinsichtlich des übersteigenden Betrages der Forderungsübergang stattgefunden. Diesen übersteigenden Betrag kannst du nicht im KFB gegen den AG festsetzen, stattdessen wird dieser Betrag dem Antragsgegner zum Soll gestellt.

    Dass die Anrechnung zunächst auf die weitere Vergütung erfolgt ergibt sich aus § 59 Abs. 1 Satz 2 RVG, wonach der Forderungsübergang nicht zum Nachteil des beigeordneten Rechtsanwalts geltend gemacht werden darf, d. h. die Staatskasse darf den Forderungsübergang nur geltend machen, wenn die Summe aus PKH-Vergütung und Erstattungsanspruch die Wahlanwaltsvergütung übersteigt.

    In II. Instanz bekäme die PKH-Partei 533,36 €. Hier übersteigt (nach deinen Angaben) der Erstattungsbetrag die weitere Vergütung nach § 50 RVG. Da eine Festsetzung und Auszahlung aus der Staatskasse jedoch nicht erfolgt ist, kannst du keinen Forderungsübergang nach § 59 Abs. 1 RVG geltend machen.

    Dem Vergütungsantrag des ASt.-Anwaltes kannst du m. E. voll entsprechen. Zahlungen des Mandaten oder von Dritten führen nur dann zu einer Anrechnung, wenn diese tatsächlich an den Rechtsanwalt geleistet worden sind. Fließen Zahlungen später, wird der Rechtsanwalts dies (hoffentlich) unverzüglich anzeigen, § 55 Abs. 5 Satz 4 RVG, womit eine Rückforderung vorzunehmen ist.

    Ich würde erst die Vergütung festsetzen und auszahlen und dann im KFB den Forderungsübergang feststellen, dann brauchst du dich nicht auf die Anzeige von späteren Zahlungen verlassen.

    Dem Vergütungsantrag des AG.-Anwaltes kannst du auch voll entsprechen, da der AG keinen positiven Erstattungsanspruch hat und ein Forderungsübergang damit nicht in Betracht kommt.

    Die Ratenzahlungsverpflichtung des ASt. in I. Instanz entfällt mit der ratenfreien Prozesskostenhilfebewilligung in II. Instanz, da Raten nur für die Kosten beider Instanzen gemeinsam eingezogen werden können. Die ratenfreie Bewilligung in II. Instanz wirkt wie ein Abänderungsbeschluss für die I. Instanz (bei uns gibt es dazu glaub ich eine Bezirksrevisorenrichtlinie).

    Verbessern sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des ASt., sind von diesem die aus der Staatskasse verauslagten Beträge und die weitere Vergütung einzuziehen, soweit nicht der im KFB festgesetzte Betrag tatsächlich auch dem Rechtsanwalts zugeflossen ist sind. Auch hier besteht die Verpflichtung des Rechtsanwalts, diese Zahlungen anzuzeigen.

    Wenn aber der AG nicht zahlungsfähig ist und die festgesetzten Beträge vom ASt. nicht beigetrieben werden können, muss die Staatskasse die weitere Vergütung von der PKH-Partei (Ast.) einziehen, soweit diese zahlungsfähig ist.

    So jedenfalls meine Sicht der Dinge. :D

    Liebe Grüße

    Riljana

    Einmal editiert, zuletzt von Riljana (13. Oktober 2016 um 10:49)

  • Wow, danke erst mal für die ausführliche Antwort!

    Ja, die Raten wurden nach der zweitinstanzlichen VKH ohne ebenjene bereits eingestellt, pardon! :oops:


    Ok, dann ist die 'richtige' bzw. günstigste Vorgehensweise jetzt also:


    1. VKH-Vergütungen für die II. Instanz voll auszahlen (ASt und AG)


    2. nach Auszahlung den KfB machen:

    - für die I. Instanz -
    aus der Landeskasse bereits erhalten: 755,65 €
    vom Gegner zu erstatten: 606,90 €
    sind zusammen 1.342,55 €

    entstanden sind (Wahl.-Verg. ASt) 1.820,70 €

    -> also Festsetzung der vollen 606,90 € im KfB


    - für die II. Instanz -
    aus der Landeskasse bereits erhalten: 1.429,79 € (da ich ja vorher auszahle)
    vom Gegner zu erstatten: 533,36 €
    sind zusammen 1.963,15 €

    entstanden sind (Wahl.-Verg. ASt) 1.854,26 €

    -> also Übergang auf die Staatskasse: 108,89 € (=übersteigender Betrag)
    -> somit Festsetzung von nur 424,47 € im KfB (= 533,36 € - 108,89 €)


    Zusammen:

    - im KfB 1031,37 € festsetzen für den ASt
    - gegen den AG 108,89 € zum Soll


    ...richtig? O.O

    Don't blink. Blink and you're dead. They are fast. Faster than you can believe. Don't turn your back. Don't look away. And don't blink. Good Luck. - The Doctor

  • Super, dann seh' ich jetzt sogar durch :D

    Vielen Dank dir! :2danke

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