Haftung des Treuhänders, Versagungsantrag und Aufsichtspflicht des Gerichts

  • Folgender Sachverhalt wirft bei mir einige Fragen auf:

    Der Schuldner (S) in der RSB wechselt die Beschäftigungsstelle. Er teilt dies dem Treuhänder (T) mit. Inständig bittet S den T dem Arbeitgeber gegenüber doch nicht die Abtretung offen zu legen. T stimmt dem zu. Lt. Bericht ans Gericht vereinbaren S+T sodann, dass S " die Pfändungsbeträge selbst an die Masse " abführt. Zum nächsten Bericht stellt T fest, dass S nicht die pfändbaren Anteile abgeführt hat. Nunmehr informiert er den Arbeitgeber der seither die pfändbaren Anteile abführt. Der S reagiert auf die Aufforderung des T die bislang pfändbaren Anteile von rund € 3.200 an die Masse abzuführen, nicht. T ist der Auffassung es läge der Versagungsgrund der §§ 295 Abs. 1 Nr. 3, 296 InsO vor. Ziemlich genauso sieht der Bericht des Treuhänders an das Gericht aus.

    Vorab zusammengefasst ist der Treuhänder gem. § 292 Abs. 1 S. 1 InsO verpflichtet den zur Zahlung der Bezüge Verpflichteten über die Abtretung zu unterrichten. Dies hat der Treuhänder nicht getan, also zunächst eine Pflichtverletzung begangen. Lt. BGH Beschl. v. 07.04.2011 - IX ZB 40/10 ist der Verwalter im Fall dass er die Abtretung beim Arbeitgeber nicht offen legt, dann aber verpflichtet die monatlich pfändbaren Beträge selbst zu ermitteln und beim Schuldner einzufordern. Der Schuldner wiederum ist verpflichtet unverzüglich seine Einkünfte offen zu legen, sonst so der BGH, verheimlicht er nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Folglich läge hier einerseits eine Pflichtverletzung des Treuhänders vor (ob § 60 InsO analog oder § 280 BGB ist mir egal) und eine Obliegenheitsverletzung des Schuldners.

    Nun zu meinen eigentlichen Fragen:

    1. Müsste oder könnte eigentlich das Gericht im Rahmen von §§ 58,59 InsO tätig werden und ggfls. sogar den Treuhänder auffordern den der Masse entstandenen Schaden zu ersetzen?

    2. Pflichtverletzung des T und Obliegenheitsverletzung des S sind aus meiner Sicht ja eindeutig. Aber, wenn der T nun den Schaden ausgleicht, kann dann dem S auch noch die RSB versagt werden?

    Mir fehlt es hier am Kausalzusammenhang. Denn bei Ersatz durch T würden die Gläubiger ohne die Pflichtverletzung nicht besser stehen. In beiden Fällen wären die pfändbaren Anteile zur Masse gegangen. Ganz im Gegenteil würde dem S die RSB nun versagt würden den Gläubigern auch in den nächsten Jahren die pfändbaren Anteile entgehen.

    3. Der BGH schreibt in seinem Beschluss selbst, dass das Absehen von der Offenlegung eine "möglicherweise letztlich nicht unbedenkliche Vorgehensweise " sei, lässt im Übrigen aber offen, ob zulässig oder nicht. Ich frage mich hier, was passiert, wenn der T sämtlichen Anforderungen die der BGH aufstellt nachkommt, also den Schuldner auffordert unverzüglich die Lohnabrechnung einzureichen. Diese kann der S in aller Regel erst einreichen, wenn das Gehalt fließt oder geflossen ist, weil er sie vorher gar nicht bekommt. Wenn der S dann aber nicht einreicht kann der Treuhänder zwar für die nächste Zahlung den Arbeitgeber informieren, nicht aber für den bereits abgelaufenen Monat. Der Arbeitgeber wäre selbstverständlich frei, da er nichts von der Abtretung wusste. M.E. nach kann es aber nicht zu lasten der Gläubiger gehen, wenn der T dem S aus sozialen Anwandlungen heraus, bestenfalls auch faktischer Gegebenheit, wenn der S sonst wirklich entlassen würde, seiner Pflicht aus § 292 Abs. 1 S. 1 InsO nicht nachkommt. Das Gesetz sieht keine Ausnahme vor und nur weil über das Vermögen ein InsOVerfahren eröffnet wurde darf auch arbeitsrechtlich keine KÜ ausgesprochen werden. Folge kann nur sein, dass der Treuhänder in diesen Fällen immer das Risiko trägt. Gibt es hier andere Meinungen?

  • Zum Versagungsgrund s. BGH - IX ZA 37/12 - in einer PKH Angelegenheit.

  • Folgender Sachverhalt wirft bei mir einige Fragen auf: Der Schuldner (S) in der RSB wechselt die Beschäftigungsstelle. Er teilt dies dem Treuhänder (T) mit. Inständig bittet S den T dem Arbeitgeber gegenüber doch nicht die Abtretung offen zu legen. T stimmt dem zu. Lt. Bericht ans Gericht vereinbaren S+T sodann, dass S " die Pfändungsbeträge selbst an die Masse " abführt. Zum nächsten Bericht stellt T fest, dass S nicht die pfändbaren Anteile abgeführt hat. Nunmehr informiert er den Arbeitgeber der seither die pfändbaren Anteile abführt. Der S reagiert auf die Aufforderung des T die bislang pfändbaren Anteile von rund € 3.200 an die Masse abzuführen, nicht. T ist der Auffassung es läge der Versagungsgrund der §§ 295 Abs. 1 Nr. 3, 296 InsO vor. Ziemlich genauso sieht der Bericht des Treuhänders an das Gericht aus. Vorab zusammengefasst ist der Treuhänder gem. § 292 Abs. 1 S. 1 InsO verpflichtet den zur Zahlung der Bezüge Verpflichteten über die Abtretung zu unterrichten. Dies hat der Treuhänder nicht getan, also zunächst eine Pflichtverletzung begangen. Lt. BGH Beschl. v. 07.04.2011 - IX ZB 40/10 ist der Verwalter im Fall dass er die Abtretung beim Arbeitgeber nicht offen legt, dann aber verpflichtet die monatlich pfändbaren Beträge selbst zu ermitteln und beim Schuldner einzufordern. Der Schuldner wiederum ist verpflichtet unverzüglich seine Einkünfte offen zu legen, sonst so der BGH, verheimlicht er nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Folglich läge hier einerseits eine Pflichtverletzung des Treuhänders vor (ob § 60 InsO analog oder § 280 BGB ist mir egal) und eine Obliegenheitsverletzung des Schuldners. Nun zu meinen eigentlichen Fragen: 1. Müsste oder könnte eigentlich das Gericht im Rahmen von §§ 58,59 InsO tätig werden und ggfls. sogar den Treuhänder auffordern den der Masse entstandenen Schaden zu ersetzen? 2. Pflichtverletzung des T und Obliegenheitsverletzung des S sind aus meiner Sicht ja eindeutig. Aber, wenn der T nun den Schaden ausgleicht, kann dann dem S auch noch die RSB versagt werden? Mir fehlt es hier am Kausalzusammenhang. Denn bei Ersatz durch T würden die Gläubiger ohne die Pflichtverletzung nicht besser stehen. In beiden Fällen wären die pfändbaren Anteile zur Masse gegangen. Ganz im Gegenteil würde dem S die RSB nun versagt würden den Gläubigern auch in den nächsten Jahren die pfändbaren Anteile entgehen. 3. Der BGH schreibt in seinem Beschluss selbst, dass das Absehen von der Offenlegung eine "möglicherweise letztlich nicht unbedenkliche Vorgehensweise " sei, lässt im Übrigen aber offen, ob zulässig oder nicht. Ich frage mich hier, was passiert, wenn der T sämtlichen Anforderungen die der BGH aufstellt nachkommt, also den Schuldner auffordert unverzüglich die Lohnabrechnung einzureichen. Diese kann der S in aller Regel erst einreichen, wenn das Gehalt fließt oder geflossen ist, weil er sie vorher gar nicht bekommt. Wenn der S dann aber nicht einreicht kann der Treuhänder zwar für die nächste Zahlung den Arbeitgeber informieren, nicht aber für den bereits abgelaufenen Monat. Der Arbeitgeber wäre selbstverständlich frei, da er nichts von der Abtretung wusste. M.E. nach kann es aber nicht zu lasten der Gläubiger gehen, wenn der T dem S aus sozialen Anwandlungen heraus, bestenfalls auch faktischer Gegebenheit, wenn der S sonst wirklich entlassen würde, seiner Pflicht aus § 292 Abs. 1 S. 1 InsO nicht nachkommt. Das Gesetz sieht keine Ausnahme vor und nur weil über das Vermögen ein InsOVerfahren eröffnet wurde darf auch arbeitsrechtlich keine KÜ ausgesprochen werden. Folge kann nur sein, dass der Treuhänder in diesen Fällen immer das Risiko trägt. Gibt es hier andere Meinungen?

    1. Über §§58, 59 durch das InsGericht den Schaden beim TH geltend zu machen geht m.E. nicht. Das wäre Aufgabe des einzelnen Gläubigers, der müsste sich über § 60 direkt an den TH wenden.

    2. Versagung scheitert m.E. an § 296 Abs. 1 S. 1 InsO, wenn der TH den Schaden ersetzen würde, da kein Beeinträchtigung der Befriedigung der Gläubiger.

    3. TH trägt in diesen Fällen immer das Risiko, bleiben pfd. Einkommensanteile aus, die bei Inkenntnissetzung des Arbeitgebers zur Masse gelangt wären, haftet TH. Darum machen wir das auch kategorisch nicht (mehr), der Arbeitgeber wird immer informiert. In Einzelfällen haben wir uns Sicherheitsleistungen des S oder Dritter stellen lassen, meistens sechs monatliche EK-Anteile, mit der Vereinbarung, bei Ausbleiben nur einer Zahlung sofort den Arbeitgeber zu informieren.

    Grüße

  • Die Entscheidung von Coverna, greift m. E. nicht, da diese für das laufende Verfahren einschlägig ist.

    Es gibt hierzu auch eine neuere Entscheidung des BGH.

    zu 1)
    Dies dürfte Sache der Gläubiger sein und nicht Aufgabe des Gerichts. Dem TH kann die Überwachung der Obliegenheiten übertragen werden und der TH kann die Gläubiger vom Versagungsgrund unterrichten (hierzu gibt es auch eine BGH-Entscheidung)

    zu 2)
    Die Frage ist hier, ob durch die Zahlung des TH eine "Heilung" der Beeinträchtigung erfolgen kann. Da könnte man wieder so oder so entscheiden.

    zu3)
    Schließe mich Volkmar an

  • Das Gesetz sieht keine Ausnahme vor und nur weil über das Vermögen ein InsOVerfahren eröffnet wurde darf auch arbeitsrechtlich keine KÜ ausgesprochen werden.

    Diese Erkenntnis hilft dem Schuldner in der Probezeit oder in einem kleinen Unternehmen, das nicht in den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fällt, aber nicht unbedingt weiter. ;) Ob man Kündigung wegen Sittenwidrigkeit wegbekommt, dürfte nicht so ohne weiteres vorhersehbar sein, soweit mir bekannt, hängt die Latte dafür ziemlich hoch.

    Man kann natürlich immer sagen: der Arbeitgeber kann das alles frei zugänglich im Internet nachlesen. Andererseits stellt sich auch die Frage, wie viele Arbeitgeber das tatsächlich tun. Wenn der Schuldner im Rahmen seiner Tätigkeit unmittelbar mit Geld in Berührung kommt vielleicht am ehesten, aber sonst vielleicht nicht unbedingt.

  • Das Gesetz sieht keine Ausnahme vor und nur weil über das Vermögen ein InsOVerfahren eröffnet wurde darf auch arbeitsrechtlich keine KÜ ausgesprochen werden.

    Diese Erkenntnis hilft dem Schuldner in der Probezeit oder in einem kleinen Unternehmen, das nicht in den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fällt, aber nicht unbedingt weiter. ;) Ob man Kündigung wegen Sittenwidrigkeit wegbekommt, dürfte nicht so ohne weiteres vorhersehbar sein, soweit mir bekannt, hängt die Latte dafür ziemlich hoch.

    Man kann natürlich immer sagen: der Arbeitgeber kann das alles frei zugänglich im Internet nachlesen. Andererseits stellt sich auch die Frage, wie viele Arbeitgeber das tatsächlich tun. Wenn der Schuldner im Rahmen seiner Tätigkeit unmittelbar mit Geld in Berührung kommt vielleicht am ehesten, aber sonst vielleicht nicht unbedingt.

    Ich habe es bisher nicht erlebt, dass ein S aufgrund der Mitteilung seinen Job verloren hat. Dass es vorkommen kann, ist aber ebenso klar. Mit haben aber auch schon Arbeitgeber gesagt, dass ihnen ein Mitarbeiter mit Insolvenzverfahren lieber ist als einer mit fünf Einzelzwangsvollsreckungen, hierbei ist der Aufwand auf Arbeitgeberseite schließlich viel größer.

  • Das Gesetz sieht keine Ausnahme vor und nur weil über das Vermögen ein InsOVerfahren eröffnet wurde darf auch arbeitsrechtlich keine KÜ ausgesprochen werden.

    Diese Erkenntnis hilft dem Schuldner in der Probezeit oder in einem kleinen Unternehmen, das nicht in den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fällt, aber nicht unbedingt weiter. ;) Ob man Kündigung wegen Sittenwidrigkeit wegbekommt, dürfte nicht so ohne weiteres vorhersehbar sein, soweit mir bekannt, hängt die Latte dafür ziemlich hoch.

    Man kann natürlich immer sagen: der Arbeitgeber kann das alles frei zugänglich im Internet nachlesen. Andererseits stellt sich auch die Frage, wie viele Arbeitgeber das tatsächlich tun. Wenn der Schuldner im Rahmen seiner Tätigkeit unmittelbar mit Geld in Berührung kommt vielleicht am ehesten, aber sonst vielleicht nicht unbedingt.

    Ja und nein. Ja, natürlich ist es nicht auszuschließen, dass ein Arbeitgeber den Arbeitnehmer kündigt, weil über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Während meiner Zeit beim Verwalter ist das wohl auch ein oder zwei Mal in 500-600 Verfahren passiert. Es geht sogar noch viel weiter, selbst wenn der Arbeitnehmer in der Sache Recht hat, es bringt ihm wenig bis nichts, dann muss AG nur eine höhere Abfindung zahlen.

    Aber und hier das nein, dass sind m.E. nach sachfremde Erwägungen. Das Gesetz sieht nun einmal keine Ausnahme vor. Aus anderem Blickwinkel betrachtet, kann es auch nicht sein, dass der Treuhänder vergleichbar eines Vertrages zu Lasten Dritter entscheidet den Arbeitgeber nicht anzuschreiben. Denn in dem Moment wo er erst aktiv werden könnte, nämlich dann, wenn das Geld da sein sollte, ist es ja für diesen Monat schon zu spät. Einzige halbwegs sichere aber völlig unpraktikable Lösung ist m.E. nach, dass der Schuldner so eine Art Vorauszahlung leistet, also bestenfalls drei pfändbare Monatsanteile im voraus. Der Treuhänder muss dann aber zügig prüfen.

  • Praktische Lösung; keine RSB, bevor der Schuldner gezahlt hat (funzt i.d.R.).
    Rechtlich: äh, wie kommt das Gericht nun seiner Aufsichtspflicht nach ?
    Bloßer Aktenvermerk ?

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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