Reicht Anhörung schriftlich aus?

  • 1. Fall:
    Betreuer muss zur Reparatur der Heizung einen Kredit von ca. 3.500 EUR aufnehmen. Anhörung des Betroffenen vor Genehmigung ist klar. Reicht hier die schriftliche Anhörung aus?

    2. Fall:
    Betroffener muss seine Heimkosten selbst tragen. Diesbezüglich ist es erforderlich, dass monatlich ein Betrag X auf das Girokonto umgebucht wird. Betreuer beantragt Dauergenehmigung. Muss der Betroffene hierzu überhaupt gehört werden? Die Heimkosten müssen bezahlt werden und dies ist nur durch die monatliche Umbuchung gewährleistet.

  • § 299 Satz 1 FamFG formuliert das Erfordernis der persönlichen Anhörung in den genannten Fällen als Soll-Vorschrift.

    Konkret sollte das meines Erachtens nach vom Einzelfall abhängig gemacht werden. Bei Kontenverfügungen o.ä. bin ich eher geneigt, die Anhörung schriftlich durchzuführen - aber auch nur wenn ich weiß, dass die Betroffenen auch in der Lage wären, ihre Meinung kund zu tun (und sei es nur, dass sie mich anrufen, persönlich antraben wenn sie was loswerden möchten oder jemanden darum bitten, für sie ein Schreiben aufzusetzen). Ich frag dazu auch durchaus mal im Kollegenkreis, wenn jemand schonmal mit der Person zu tun hatte. Im Zweifel höre ich aber persönlich an.

    Zu Fall 1: Wie sind die Konditionen des Kredits, die Rückzahlungsmodalitäten, wie wird der Betroffene hiervon konkret berührt? Was sagt er überhaupt zu der Heizungsreparatur, und dass er sich deswegen verschulden soll? Könnte er auf eine schriftliche Anhörung reagieren?

    Fall 2: Dass eine Anhörung erfolgen muss, steht für mich außer Frage. Klar kann man sagen, dass hier eh kein Weg an der Genehmigung vorbei führt - einerseits. Vielleicht gibt es aber auch Gründe, die Sache anders zu lösen? Die einzelne Umbuchung höherer Beträge oder so? In einem Verfahren, in dem man den Betroffenen doch oftmals einen Teil ihrer Autonomie nimmt, sollte man ihnen wenigstens noch einen Teil Mitbestimmung und Information belassen. Das Recht auf rechtliches Gehör steht ihnen ja nach wie vor zu.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Noomi, Du weißt doch, daß wir kein rechtliches Gehör gewähren. Bei uns gibt es "nur" das faire Verfahren.:teufel:

    Ansonsten gebe ich Dir recht. Es hängt vom Betroffenen ab, ob eine schriftliche Anhörung ausreichend ist. Anhören sollte man aber immer auch bei der Dauerumbuchung.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Die Frage ist auch wo du den Betroffenen persönlich anhörst. Im Regelfall bei Gericht. Wenn der Betroffene nicht kommt: ...
    Nur dann, wenn du vorab sicher weist, dass der Betroffene nicht kommen kann, wirst du zu ihm fahren müssen.

  • Bei Fall 2 tendiere ich auch dazu schriftlich anzuhören.

    Bei Fall 1 ist laut Mitteilung des Betreuers eine Nutzung der Heizung ohne Reparatur nicht mehr möglich, so dass wohl kein Weg an der Reparatur vorbeiführt. Es wurde bereits ein Betrag angespart, der jedoch nicht ausreicht, sodass auch die Kreditaufnahme unumgänglich ist. Wenn die Heizung nicht repariert wird muss der Betroffene wohl ausziehen und ob das in seinem Sinne ist, ist sicher fraglich.

    Vielleicht macht es auch Sinn beim Betreuer nachzufragen, in wie weit er den Betroffenen bereits einbezogen hat, um zu entscheiden, ob eine schriftliche Anhörung ausreicht. Eine Anhörung bei Gericht ist wahrscheinlich nicht möglich, aber dies müsste ich auf jeden Fall mit dem Betreuer besprechen.

  • Ich verstehe die bisherigen Beiträge nicht ganz.
    Warum soll ich bei einer Geldumbuchung aufs Girokonto ( Einzeln oder Dauer ) denn anhören ?
    § 299 FamFG gibt das nicht her.
    Eine Anhörung halte ich auch für überflüssig, da ich eine Unterdeckung des Girokontos i.d.R. aus der Akte ersehen kann und die Verwendung des Geldes später in der RL ohnehin überprüft wird.
    Im übrigen hätte ich für häufige persönliche Anhörungen weder hinreichend Zeit noch Fahrmöglichkeiten zur Verfügung.

  • Ich verstehe die bisherigen Beiträge nicht ganz.
    Warum soll ich bei einer Geldumbuchung aufs Girokonto ( Einzeln oder Dauer ) denn anhören ?
    § 299 FamFG gibt das nicht her.


    Diese Vorschrift regelt auch nur das Erfordernis der persönlichen Anhörung.

    Dass generell anzuhören ist (mindestens schriftlich) resultiert aus dem Gebot des fairen Verfahrens (beim Richter rechtliches Gehör).

  • Frog
    Dann muss ich aber - gerade bei den Betreuten im Heim - in der Regel auch einen Verfahrenspfleger bestellen.
    Ich gehe mal davon aus, dass alle, die es mit dem rechtlichen Gehör erst nehmen, das auch tun !? ;)

    JA!

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • ruepfel: :daumenrau...muss mal hier zur Seite springen. Nehme insbesondere bei Wohnungskündigung und Co. die Anhörungspflichten sehr ernst und sehe darin auch eine tatsächliche Notwendigkeit. Aber bei einer simplen "300 EUR" Freigabe vom Sparbuch? Nee...das ist für mich kein Grund für eine Anhörung und hat in meinen Augen auch nix mit fairem Verfahren zu tun. Das ist bei uns Massengeschäft und würde auch die Führung der Betreuung erschweren. Das bedeutet für eine Freigabe ja locker mal 3 Wochen Wartezeit + 2 Wochen Rk-Frist. Wäre mir zu lang. Ich denke der Betroffene/Verfahrenspfleger kann seine Rechte auch prima im Rahmen eines möglichen Rechtsmittels wahrnehmen. Was anderes lese ich auch nicht aus dem FamFG.
    Ausnahmen bestätigen die Regel: Bei einer "Dauerfreigabe" oder einem ungewöhnlich hohen Betrag/einer ungewöhnlichen Ausgabe, höre ich selbstverständlich vorher an. Ansonsten schicken unsere Betreuer zum Antrag auf Freigabe meist einen aktuellen Kontoauszug samt zu bezahlender Rechnung mit. Da braucht es keiner weiteren Erklärung.

  • :daumenrau:daumenrau
    Umbuchungen auf das Girokonto sind doch i.d.R. erforderlich,wenn die Einkünfte durch Heimkosten, Lebenshaltungskosten des Betreuten pp. aufgezehrt werden, somit Massengeschäft.
    Was soll da ein Anhörung ? Was kann der Betreute zum Thema tatsächlich beitragen ? Für mich reiner Formalismus.
    Wenn für eine 80-jährige Oma eine Hi-Fi-Anlage gekauft werden soll, sollte man natürlich stutzig werden.
    Im übrigen deckt sich die vorerwähnte -angebliche- Praxis überhaupt nicht mit der Praxis, die ich in "fremden" bezw. übernommen Akten feststelle.
    Ich schließe daraus, dass Theorie und Praxis ziemlich weit auseinanderklaffen, überwiegend natürlich aufgrund des hohen Arbeitspensums.

  • In beiden Fällen reicht es aus die Anhörung im Abhilfeverfahren nachzuholen, falls Rechtsmittel kommt.

    Auch eine neue HiFi-Anlage (SCHÖN LAUT!!) für die Oma macht nicht stutzig sondern Sinn ;)

    Was immer sinnvoll ist, nach einer gewissen Zeit gelegentlich mal kontrollieren, ob angeschaffte Gegenstände auch direkt beim Betreuten vorhanden sind, oder ob nicht aus Versehen die Heizung im Nachbarhaus repariert wurde,...ganz unabhängig von einer Anhörung.

  • In beiden Fällen reicht es aus die Anhörung im Abhilfeverfahren nachzuholen, falls Rechtsmittel kommt.

    Auch eine neue HiFi-Anlage (SCHÖN LAUT!!) für die Oma macht nicht stutzig sondern Sinn ;)

    Was immer sinnvoll ist, nach einer gewissen Zeit gelegentlich mal kontrollieren, ob angeschaffte Gegenstände auch direkt beim Betreuten vorhanden sind,


    Fährst du zu diesem Zweck tatsächlich zu den Betreuten nach Hause oder ins Heim? :gruebel:


  • Was immer sinnvoll ist, nach einer gewissen Zeit gelegentlich mal kontrollieren, ob angeschaffte Gegenstände auch direkt beim Betreuten vorhanden sind, oder ob nicht aus Versehen die Heizung im Nachbarhaus repariert wurde,...ganz unabhängig von einer Anhörung.


    Nur mal interessehalber: Wie machst Du das?

    Edit: Orrr - zweiter. Zu lange auf einer nicht doof klingenden Fragestellung rumgekaut. :D

  • Zu den Pflichtanhörungen muss man eh rausfahren, dann kann man doch gleich mal gucken was aus dem weg liegt oder wer im gleichen Heim wohnt, dann kann man schon auch mal so den Betreuten besuchen und fragen, ob er mit seinem Betreuer zufrieden ist und sich mal umsehen.

    Auf diese Art soll durchaus auch schon mal die ein oder andere Pflichtverletzung oder gar Untreue aufgedeckt worden sein ;)

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