§ 43 SGB VI Rente wegen Erwerbsminderung / einmalige Freigabe bei Rentennachzahlung

  • Hallo zusammen!


    Auf dem Pfändungsschutzkonto des Schuldners ist eine Rentennachzahlung eingegangen, die über dem Sockelfreibetrag liegt. Um diesen Betrag soll der Freibetrag auf dem Pfändungsschutzkonto einmalig erhöht werden. Es handelt sich um eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI. Insgesamt wurde von der Rentenversicherung eine Nachzahlung von etwa 12.000,00 EUR berechnet. Aus dem Rentenbescheid ist ersichtlich, dass für bestimmte Zeiträume die Rente jedoch nicht auszuzahlen gewesen wäre, da der zulässige Hinzuverdienst überschritten war. Im Ergebnis wurden bewilligte Gelder also letzlich einbehalten, ausgezahlt wurden nur etwa 4.000,00 EUR (auch unter Abzug von Krankenkassenbeiträgen).

    Zu meiner Frage: Kann die Freigabe ohne weiteres erfolgen, da es sich bei der Nachzahlung um eine existenzsichernde Sozialleistung handelt? Oder habe ich für den gesamten Nachzahlungszeitraum für jeden einzelnen Monat zu prüfen, ob der Sockelfreibetrag überschritten gewesen wäre, wäre die Rentenzahlung monatlich erfolgt? Das würde mich vor die schwer lösbare Aufgabe stellen, herauszufinden, welcher konkrete Teilbetrag der Rentennachzahlung für welchen konkreten Monat erfolgte. Hm.

    Einmal editiert, zuletzt von Lycia73 (24. Oktober 2016 um 12:31)

  • Hallo zusammen!


    Auf dem Pfändungsschutzkonto des Schuldners ist eine Rentennachzahlung eingegangen, die über dem Sockelfreibetrag liegt. Um diesen Betrag soll der Freibetrag auf dem Pfändungsschutzkonto einmalig erhöht werden. Es handelt sich um eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI. Insgesamt wurde von der Rentenversicherung eine Nachzahlung von etwa 12.000,00 EUR berechnet. Aus dem Rentenbescheid ist ersichtlich, dass für bestimmte Zeiträume die Rente jedoch nicht auszuzahlen gewesen wäre, da der zulässige Hinzuverdienst überschritten war. Im Ergebnis wurden bewilligte Gelder also letzlich einbehalten, ausgezahlt wurden nur etwa 4.000,00 EUR (auch unter Abzug von Krankenkassenbeiträgen, die jedoch nicht für jeden einzelnen Monat beziffert sind, sondern nur als Gesamtbetrag).

    Zu meiner Frage: Kann die Freigabe ohne weiteres erfolgen, da es sich bei der Nachzahlung um eine existenzsichernde Sozialleistung handelt? Oder habe ich für den gesamten Nachzahlungszeitraum für jeden einzelnen Monat zu prüfen, ob der Sockelfreibetrag überschritten gewesen wäre, wäre die Rentenzahlung monatlich erfolgt? Das würde mich vor die schwer lösbare Aufgabe stellen, herauszufinden, welcher konkrete Teilbetrag der Rentennachzahlung für welchen konkreten Monat erfolgte. Hm.


    BGH Beschluss vom 25.10.2012 - VII ZB 31/12 -

    Wenn Du es über den Sockelbetrag lösen willst, könnte es noch komplizierter werden, je nach dem für welche Zeit die Nachzahlung ist und wie das in dieser Zeit mit dem bereits auf dem Konto verbuchten Hinzuverdienst (wegen dem die Nachzahlung teilweise nicht geleistet wurde) war. Aber möglicherweise gab es auch einen rentenunschädlichen Hinzuverdienst, der auf das Konto gegangen ist.

    Aber es gibt auch noch die Möglichkeit, das Problem über die Unpfändbarkeit der Rente zu lösen, wenn die in dem Nachzahlungszeitraum nicht über den unpfändbaren Grundbeträgen gelegen hat. (analog Beschluss des BGH vom 10.11.2011 - VII ZB 64/10 -) Allerdings weiß ich nicht ob der anzuwenden ist, wenn die Rente nicht gepfändet ist, allerdings deswegen unpfändbar ist, weil sie unter den Grundbeträgen liegt :gruebel:

    Es kommt wohl auch darauf an, welchen Antrag der Schuldner gestellt hat.

  • Der Schuldner möchte im Ergebnis die gesamte Rentennachzahlung freigegeben haben. Also einmalig zusätzlich zu dem Sockelfreibetrag auf dem Pfändungsschutzkonto. Eine besondere Bedarfslage im Sinne von § 850 f ZPO ist nicht vorgetragen.

    Erschwerend kommt vorliegend hinzu, dass in dem Rentenbescheid auch Zeiträume erfasst sind, die vor Wirksamwerden der Kontopfändung liegen.

  • Ich wurde kürzlich auf eine Entscheidung des LG Berlin aufmerksam gemacht, veröffentlicht in VuR 2014, 110. Da ich keinen Zugang zu dieser Zeitschrift habe, konnte ich nur eine Zusammenfassung in beckonline finden.
    Beschluss vom 14.10.2013, 51 T 656/13: "In § 850 k Abs. 4 ZPO ist zur Festsetzung des pfändbaren Betrages durch das Vollstreckungsgericht eine Verteilung von Nachzahlungen von Übergangs- und Krankengeld auf die entsprechenden Monate, auf die sie sich beziehen, nicht vorgesehen, so dass es bei der Festsetzung gem. § 850 c ZPO im Monat der Gutschrift verbleibt.
    Da im Ausgangsfall die Rente wohl auch eine sog. Entgeltersatzleistung ist (wie hier Übergangs- und Krankengeld) könnte man eventuell über diese LG-Entscheidung nachdenken.

  • Ich wurde kürzlich auf eine Entscheidung des LG Berlin aufmerksam gemacht, veröffentlicht in VuR 2014, 110. Da ich keinen Zugang zu dieser Zeitschrift habe, konnte ich nur eine Zusammenfassung in beckonline finden.
    Beschluss vom 14.10.2013, 51 T 656/13: "In § 850 k Abs. 4 ZPO ist zur Festsetzung des pfändbaren Betrages durch das Vollstreckungsgericht eine Verteilung von Nachzahlungen von Übergangs- und Krankengeld auf die entsprechenden Monate, auf die sie sich beziehen, nicht vorgesehen, so dass es bei der Festsetzung gem. § 850 c ZPO im Monat der Gutschrift verbleibt.
    Da im Ausgangsfall die Rente wohl auch eine sog. Entgeltersatzleistung ist (wie hier Übergangs- und Krankengeld) könnte man eventuell über diese LG-Entscheidung nachdenken.


    Gegen LG Berlin:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…597#post1086597 # 429

  • Ich danke Euch! Die Entscheidung des LG Frankenthal finde ich im Grundsatz sehr brauchbar. Leider kenne ich mich im SGB-Dschungel nicht so wirklich aus und weiß daher nicht, ob man nun diese Entscheidung, welche sich auf Leistungen nach SGB II bezieht, meinem SGB VI-Fall quasi analog zugrunde legen kann.

    Ich werde mal in mich gehen...

  • Ich danke Euch! Die Entscheidung des LG Frankenthal finde ich im Grundsatz sehr brauchbar. Leider kenne ich mich im SGB-Dschungel nicht so wirklich aus und weiß daher nicht, ob man nun diese Entscheidung, welche sich auf Leistungen nach SGB II bezieht, meinem SGB VI-Fall quasi analog zugrunde legen kann.

    Ich werde mal in mich gehen...


    Ich denke das funktioniert nicht.

    Ich meine, dass das vorliegend gegen LG Berlin nur mit BGH von coverna zugunsten des Schuldners gelöst werden könnte: Schutz in c3-Tabellenhöhe, betrachtet auf die monatlichen Zeiträume, wofür die NZ geleistet wurde i.V.m. mit dem etwaigen mtl. Hinzuverdienst (wobei ggf. Zusammenrechnung zur Ermittlung nicht amtswegig, sondern nur auf e2a-Antrag des Gläubigers im Rahmen der Antragsanhörung zu berücksichtigen ...?).

    Alles, was du dazu zur Berechnung brauchst, muss dir der Schuldner nachweisen.
    Am Ende mag dann durchaus die volle Unpfändbarkeit der NZ rauskommen (, wovon ich fast ausgehe).

    (Zu dem RentenNZ-Bescheid muss es doch eine aufschlüsselnde Monate-Berechnung für den gesamten NZ-Zeitraum geben, ich schätze: die haben ja besagte 4.000 € wahrscheinlich nicht mal eben als Ergebnis auf dem Quija-Brett zusammengeschoben ?)

  • Ja, zsesar, es gibt diese Berechnung und die liegt mir tatsächlich in gefühlten 100 Seiten nun auch vor. Habe noch Gehaltsabrechnungen und Kontoauszüge vom Schuldner angefordert, um nachzuvollziehen, was er wann für Einnahmen hatte und komme wohl nicht drum herum, das auf die einzelnen Monate runterzurechnen... Man hat ja auch sonst nix zu tun. *puh

    Danke nochmal für Eure Gedanken zu der Angelegenheit! :)

  • Ja, zsesar, es gibt diese Berechnung und die liegt mir tatsächlich in gefühlten 100 Seiten nun auch vor. Habe noch Gehaltsabrechnungen und Kontoauszüge vom Schuldner angefordert, um nachzuvollziehen, was er wann für Einnahmen hatte und komme wohl nicht drum herum, das auf die einzelnen Monate runterzurechnen... Man hat ja auch sonst nix zu tun. *puh

    Danke nochmal für Eure Gedanken zu der Angelegenheit! :)


    Müsste man nicht bereits "überschlägig" schnell erkennen, dass da eigentlich mtl. runtergebrochen nichts an Pfändbarem rumkommen sollte, na berichte mal vom Ergebnis (und immer schön von der RK abhängig machen, ist klar).

    (Ansonsten für mal eine etwaige ALG-II-Nachzahlung einfacher möglich und mE keine Rechnerei mehr nötig:
    # 22 https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…899#post1087899 )

    :)

  • Aus dem Rentenbescheid selbst ergibt sich zahlenmäßig nicht viel Verwertbares. In den Monaten, in denen der Schuldner offenbar arbeitete, steht lediglich unbeziffert, dass die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei, weshalb insoweit die Rente zwar bewilligt, aber
    zurückbehalten wurde. Jo, ich werde berichten und verabschiede mich in die Nacht! :)

    Danke auch für die Verlinkung zur Gesetzesänderung im SGB II. Ist tatsächlich auch an mir vorbei gegangen und dürfte künftig einiges erleichtern. :daumenrau

  • Zu folgendem Fall würd ich gern mal eure Meinungen hören:


    - P-Konto ist gepfändet, Nachzahlung einer österreichischen Rente (nach Schuldnervortrag wegen Erwerbsminderung, da in Österreich gearbeitet) i. H. v. ca. 2.200,- € im Januar 2017 eingegangen

    - Freigabe dieser beantragt

    - laut Bescheid Zahlung der österreichischen Rente für Zeitraum 01.12.2015-31.12.2016 durch eine Pensionsversicherungsanstalt

    - Schuldner bezieht schon drei Jahre lange deutsche Erwerbsminderungsrente von ca. 400,- €/Monat und Grundsicherung ergänzend 200,- €/Monat


    Wenn ich den Beschluss des LG Frankenthal richtig verstehe, könnte man hier nicht freigeben, da keine Sozialleistung? :gruebel:

  • Bei der deutschen Grundsicherung gilt das Zuflussprinzip. Die Nachzahlung dürfte beim Sozialamt für die laufenden Beträge angerechnet werden.

    Am Besten vom Schuldner verlangen, dass er eine Bestätigung vom Sozialamt darüber abgibt. Wenn du es schriftlich vom Sozialamt hast, würde ich den Betrag freigeben.

  • Bezogen auf den Nachzahlungszeitraum von 13 Monaten, hätte sich nach der c-Tabelle kein pfändbarer Betrag ergeben.

    Die Nachzahlung müsste wohl komplett an den Grundsicherungsträger gehen, wenn er denn von der Nachzahlung Kenntnis erlangte (Neuberechnung und Aufhebungs- und Erstattungsbescheid).

  • Ich hatte inzwischen übrigens einstweilen eingestellt, nun ist die Stellungnahme eines der Gläubiger schon da.

    Er wehrt sich gegen die Freigabe, Argumente sind "keine besondere Härte" und dass der Schuldner im betreffenden Zeitraum auch ohne die Rente aus Österreich seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte.

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