Abgabe Betreuungsverfahren aufgrund Aufenthaltswechsel bei laufender Beschwerde

  • Ein Betreuungsverfahren ist bei BG1 anhängig. Ein Verfahrensbeteiligter hat gegen Betreuungsanordnung/Betreuerbestellung Rechtsmittel (Beschwerde) eingereicht.

    Das Beschwerdeverfahren läuft beim LG.

    Zwischenzeitlich hat der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den Bezirk des BG2 verlegt. Insofern liegt ein wichtiger Grund zur Verfahrensabgabe vor. Im weiteren Verfahren sind -trotz eingelegter Beschwerde herrscht ja kein Verfahrensstillstand- betreuungsgerichtliche Entscheidungen zu treffen.

    Frage:
    Kann bereits im jetzigen Verfahrensstand das Betreuungsverfahren an das BG2 abgegeben werden?
    Oder muss -so die Auffassung des BG2- abgewartet werden, bis das LG seine Entscheidung getroffen hat.
    Sowohl das BG1 wie auch das BG2 liegen im Bezirk desselben LG.

    Problem:
    Die Verfahrensakten befinden sich beim LG. Erscheint eine Verfahrensabgabe ohne die beim LG befindlichen Akten denkbar?

  • Vor Rückkehr der Akten und ohne diese halte ich eine Abgabe für ausgeschlossen. Das übernehmende Gericht muss auf jeden Fall prüfen können, ob durch das zust. Betreuungsgericht alle Veranlassungen getroffen wurden.

    (Bei hiesigen Gericht bräuchte man in diesen Konstellationen die Akten gar nicht erst zum BG am neuen Wohnort des Betroffenen versenden, sofern diese überhaupt zu diesem Zweck vom LG zur Verfügung gestellt würden.)

  • Heißt dann aber im Umkehrschluss -losgelöst von meinem Fall- dass bei Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts -egal wo hin- das Verfahren beim "Altgericht" bleibt und von dort aus weiterzuführen ist. Bis irgendwann das LG bzw. das OLG oder ggf. der BGH entscheidet.

    Bei einer Genehmigung einer Kündigung bzw. einer Auflösung des Mietvertrags muss das "Altgericht" am nunmehrigen Aufenthaltsort persönlich anhören. Dasselbe gilt im Falle einer Verlöngerung. Und Anhörungen durch den ersuchten Richter dürften unzulässig sein bzw. muss das entscheidende "Altgericht" die Anhörung nachholen.

    Also Dienstreise. Egal wo hin!

    Kann das sein?

  • Ich bin der Meinung, dass immer der entscheidende Richter persönlich anhören muss. Es gab da so eine OLG-Entscheidung, die dem anordnenden Richter, der im Wege der Rechtshilfe anhören lassen hat, nach Abgabe des Verfahrens die persönliche Anhörung des Betroffenen -Dienstreise an den Ort des jetzt zuständigen Gerichts- aufgegeben hat.

    Ich such ich die entscheidung und trage die Fundstelle ggf. nach.

    Wolf:
    Und im übrigen sind bei uns -mangels Rechtspflegern- auch die abgeordneten Richter- für Genehmigungsverfahren und sogar für die Rechnungsprüfungen zuständig.

  • Gericht: OLG Frankfurt 20. Zivilsenat
    Entscheidungsdatum: 02.04.2009
    Aktenzeichen: 20 W 104/09
    Dokumenttyp: Beschluss
    Quelle:
    Normen: § 5 FGG, § 65 Abs 5 FGG, § 69f FGG
    Zitiervorschlag: OLG Frankfurt, Beschluss vom 02. April 2009 – 20 W 104/09 –, juris
    Betreuungsverfahren: Örtlich zuständiges Gericht für die Nachholung der Anhörung des Betroffenen nach Bestellung eines vorläufigen Betreuers als Eilmaßnahme ohne vorherige Anhörung


    Leitsatz
    Wurde durch den für Eilmaßnahmen nach § 65 Abs. 5 FGG zuständigen Richter ein vorläufiger Betreuer ohne vorherige Anhörung des Betroffenen bestellt, so hat der Eilrichter selbst die Nachholung dieser Anhörung zu veranlassen, wenn der Betroffene nachfolgend in eine andere Klinik verlegt wird, die weder in seinem Bezirk noch im Zuständigkeitsbereich des Gerichtes des gewöhnlichen Aufenthaltes liegt (Rn.4).


    Fundstellen
    FGPrax 2009, 161 (Leitsatz und Gründe)
    FamRZ 2009, 1707 (Leitsatz und Gründe)
    (OLG Frankfurt, Beschluss vom 02. April 2009 – 20 W 104/09 –, juris)

  • Hat nicht in beiden Verfahren eine (persönliche) Anhörung zu erfolgen?
    Und ist nicht die (persönliche) Anhörung das wesentliche Element des Betreuungsverfahrens?
    Ich bin bisher davon ausgegangen, das insbesondere dieses Anhörungserfordernis der wesentliche Grund für die Verfahrensabgabe ist.
    Die Praxis sieht dies wohl aber anders, wenn regelmäßig bei auswärtigem Aufenthaltsort um Anhörung ersucht wird.

  • ...
    Die Praxis sieht dies wohl aber anders, wenn regelmäßig bei auswärtigem Aufenthaltsort um Anhörung ersucht wird.

    Hörst du bisher bei Genehm. immer am neuen Ort an? Das geht doch schon praktisch nicht. 3 Akten und einmal quer durch die BRD und die Woche ist rum. " Persönl." sagt erst mal nichts zur Zulässigkeit der RH, wie sich aus § 278 Abs. 3 FamFG ergibt, dort ist sie tatsächl. eingeschränkt. In § 299 gibt es keine solche, d.h. im Umkehrschluss RH zulässig.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • ...
    Die Praxis sieht dies wohl aber anders, wenn regelmäßig bei auswärtigem Aufenthaltsort um Anhörung ersucht wird.

    Hörst du bisher bei Genehm. immer am neuen Ort an? Das geht doch schon praktisch nicht. 3 Akten und einmal quer durch die BRD und die Woche ist rum.

    Deswegen geben wir die Verfahren in solchen Fällen des Aufenthaltswechsels ab (§ 273 FamFG: Abgabe bei Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts des Betroffenen!)

  • ...
    Die Praxis sieht dies wohl aber anders, wenn regelmäßig bei auswärtigem Aufenthaltsort um Anhörung ersucht wird.

    Hörst du bisher bei Genehm. immer am neuen Ort an? Das geht doch schon praktisch nicht. 3 Akten und einmal quer durch die BRD und die Woche ist rum.

    Deswegen geben wir die Verfahren in solchen Fällen des Aufenthaltswechsels ab (§ 273 FamFG: Abgabe bei Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts des Betroffenen!)


    Das machen sicher alle Richter und Rechtspfleger so. ;)

    Im konkreten Fall wird es jedoch wegen des noch offenen Beschwerdeverfahrens nicht funktionieren.

  • Lieber Wombat, glaub mir's: Du liegst mit deiner Meinung zur persönlichen Anhörung daneben. Es ist ein großer Unterschied zwischen Anhörung bei Anordnung/Überprüfung, die kein ersuchter Richter machen darf und bei Sonstigem, z.B. zu Genehmigungen oder zur Abgabe. Mit der zitierten Entscheidung hat dein Problem wirklich nichts zu tun.

    Behalte die Sache bis die Entscheidung ergangen ist und dann sieht man weiter.

  • Das LG hatte Erbarmen.

    Beschwerden nicht als Beschwerde angenommen.
    Akte zurück an BG.
    Akte aufgrund Aufenthaltswechsel abgegeben.
    Deckel zu.

  • Das LG hatte Erbarmen. Beschwerden nicht als Beschwerde angenommen. Akte zurück an BG. Akte aufgrund Aufenthaltswechsel abgegeben. Deckel zu.


    Kleine Nachfrage: Und du hast in der Kürze wirklich alles beachtet: Anhörung der Beteiligten zur Abgabe, Gericht, ob Akten übernommen werden? Wenn nicht, könntest du dich zu früh gefreut haben;)

  • Das LG hatte Erbarmen. Beschwerden nicht als Beschwerde angenommen. Akte zurück an BG. Akte aufgrund Aufenthaltswechsel abgegeben. Deckel zu.


    Kleine Nachfrage: Und du hast in der Kürze wirklich alles beachtet: Anhörung der Beteiligten zur Abgabe, Gericht, ob Akten übernommen werden? Wenn nicht, könntest du dich zu früh gefreut haben;)

    Im Vorfeld meiner Abgabeentscheidung rechtliches Gehör gewährt. Übernahme,ebereitschaft angefragt. Problem war, dass die Akten beim LG lagen. Dieses hatte aber bereits entschieden, nur die Akten noch nicht zurückübersandt. Sie kamen heute Abend 2 Wochen nach der Entscheidung. Ich wüsste nicht, was sonst noch zu beachten wäre.

    Leider kam die kontrovers diskutierte Frage nun nicht zur Entscheidung. Das BG am Aufenthaltsort wollte das Verfahren ohne die vollständige Akte nicht übernehmen. Jetzt ist die Akte vollständig.

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