Praxisgemeinschaft und die Kosten, die keiner bezahlen will

  • Das ist jetzt aber spitzfindig :D
    Mich hat ja nur interessiert,ob es eine Entscheidung über Unterhalt aus der Masse gegeben hat.

    Nachdem der IV in der Gläubigerversammlung erklärt hat, dass der Schuldner Einnahmen aus Kassenvergütung hat, hat diese beschlossen, dass ihm kein Unterhalt zu gewähren ist. Der IV hat nur nicht dazugesagt, dass er die Vergütung vollständig einzieht und der Schuldner davon nichts bekommt.

  • Gemäß § 36 InsO gehören unpfändbare Vermögensgegenstände nicht zur Insolvenzmasse --> ergo ist das nicht pfändbare Einkommen auch ohne entsprechende Unterhaltsgewährung schon gar keine Insolvenzmasse.

    Der Unterhalt gemäß §§ 100 ff. InsO meint, dass dem Insolvenzschuldner zusätzlich zu dem ihm ohnehin zustehenden unpfändbaren Einkommen ein zusätzlicher Unterhalt gewährt werden kann.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ja, aber es gibt offenbar gelegentlich Verwalter, die das nicht kümmert.

    Kürzlich hatte eine Kollegin einen Fall, in dem der Verwalter eine Freigabebeschluss des Insolvenzgerichts missachtete mit der interessanten Behauptung, die Zahlen seien im Folgemonat schon ganz anders gewesen, also gelte der Beschluss, der einen Mindestbehalt des Schuldners von ... anordne, nicht.
    Mir doch wurscht, wie der Schuldner überlebt (mein Kommentar dazu, nicht der Originalwortlaut des Verwalters).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Es hat jetzt eine Besprechung zwischen dem Schuldnervertreter und einem Mitarbeiter des Insolvenzverwalters stattgefunden.

    Der Insolvenzverwalter hat jetzt "angeboten" die Tätigkeit aus der Masse freizugeben, wobei er die Freigabe jedoch davon abhängig macht, dass der Insolvenzschuldner mit ihm eine Vereinbarung über den monatlich nach § 295 II InsO an die Masse zu leistenden Betrag schließt.

    Nach Mitteilung des Schuldnervertreters stellt sich der IV auf dem Standpunkt, dass sich der Schuldner hinsichtlich der Höhe des fiktiv pfändbaren Betrages nach den Vorstellungen des IV zu richten hat und die Vereinbarung soll einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des IV statuieren !?!
    "2 x 3 macht 4 - widdewiddewitt und 3 macht 9e. Ich mach' mir die Welt - widdewidde wie sie mir gefällt ..." :wechlach:

  • Es hat jetzt eine Besprechung zwischen dem Schuldnervertreter und einem Mitarbeiter des Insolvenzverwalters stattgefunden.

    Der Insolvenzverwalter hat jetzt "angeboten" die Tätigkeit aus der Masse freizugeben, wobei er die Freigabe jedoch davon abhängig macht, dass der Insolvenzschuldner mit ihm eine Vereinbarung über den monatlich nach § 295 II InsO an die Masse zu leistenden Betrag schließt.

    Nach Mitteilung des Schuldnervertreters stellt sich der IV auf dem Standpunkt, dass sich der Schuldner hinsichtlich der Höhe des fiktiv pfändbaren Betrages nach den Vorstellungen des IV zu richten hat und die Vereinbarung soll einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des IV statuieren !?!
    "2 x 3 macht 4 - widdewiddewitt und 3 macht 9e. Ich mach' mir die Welt - widdewidde wie sie mir gefällt ..." :wechlach:

    Ah, dies ist ja interessant: ein Mitarbeiter des Insolvenzverwalters "führt die Verhandlungen"; also schon mal in die Richtung Grauverwaltung gehend (möglicherweise ist wg. der nicht persönlichen Wahrnehmung des Amtes das ganze im Vorverfahren schon so vergurkrt worden ?!). Ich denke, den im Insolvenzrecht Kundigen sollte klar sein, dass dies keine Freigabe i.S.v. § 35 Feiglingregelung ist. Juristisch gewendet ist das, was der Grauverwalter da will, und dies einmal prosaisch ausgedrückt = gequirrlte Sch* .

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • So, jetzt ist es amtlich, das Landgericht hat in seiner grenzenlosen Weisheit entschieden:

    Die Praxisgemeinschafterin eines Arztes hat keinen Anspruch auf die anteiligen Praxiskosten, da der Insolvenzverwalter im konkreten Fall nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam den Nichteintritt nach § 103 InsO in den früheren Gesellschaftsvertrag der Praxisgemeinschaft erklärt hat und das "Zurverfügungstellen" der Praxis durch die Praxisgemeinschafterin damit eine Leistung in Kenntnis der Nichtschuld darstellt. Zur Frage des Zustandekommens eines neuen Gesellschaftsvertrages zwischen dem Insolvenzschuldner und seiner Kollegin hat das Landgericht festgestellt, dass eine solche Rechtsauffassung völlig abwegig sei, da in der Duldung der Tätigkeit durch die Praxisgemeinschafterin schließlich keine Einigung mit dem Insolvenzverwalter gesehen werden kann, zumal dieser ja ausdrücklich zu erkennen gegeben hat, dass er eine Gesellschaft mit der Kollegin des Schuldners nicht wolle. :wechlach: Das Landgericht ist insoweit kritiklos dem Sachvortrag des Insolvenzverwalters gefolgt.

    Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man sich über diesen Fall fast totlachen. Aber die Mandatin hat schon die ersten Mahnbescheide auf dem Tisch, weil sie zwischenzeitlich selber nicht mehr alles zahlen kann. Es ist unfassbar, was in so einer kleinen Freiberufler-Insolvenz alles schieflaufen kann.

    OLG HILF !

  • So, jetzt ist es amtlich, das Landgericht hat in seiner grenzenlosen Weisheit entschieden: Die Praxisgemeinschafterin eines Arztes hat keinen Anspruch auf die anteiligen Praxiskosten, da der Insolvenzverwalter im konkreten Fall nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam den Nichteintritt nach § 103 InsO in den früheren Gesellschaftsvertrag der Praxisgemeinschaft erklärt hat und das "Zurverfügungstellen" der Praxis durch die Praxisgemeinschafterin damit eine Leistung in Kenntnis der Nichtschuld darstellt. ... OLG HILF !



    Das ist jetzt natürlich die Kernfrage, ob man das hinnimmt oder weiterkämpft.

    Wenn man aber nicht weiterkämpfen will, dann kann man eine bewusste Nichtleistung ja auch Knall auf Fall einstellen. Mitarbeiterversammlung der "Rest-GbR" mit Bekanntgabe, dass ab sofort für die Tätigkeit des insolventen Arztes keine Leistungen mehr erbracht werden, keine Anrufe für ihn angenommen werden, jegliche Mitwirkung der Angestellten der "GbR" an ihn untersagt ist und zur Abmahnung und Entlassung führen kann, kein Material mehr verwendet wird ... (parallel dazu natürlich Hinterlegung einer Schutzschrift beim zuständigen LG). Räumungsklage (im Urkundenverfahren?) gegen den insolventen Arzt ...

    Ich denke aber, dass das OLG hier tatsächlich Anlass hat, anders zu entscheiden.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Das ist jetzt natürlich die Kernfrage, ob man das hinnimmt oder weiterkämpft.

    Wenn man aber nicht weiterkämpfen will, dann kann man eine bewusste Nichtleistung ja auch Knall auf Fall einstellen. Mitarbeiterversammlung der "Rest-GbR" mit Bekanntgabe, dass ab sofort für die Tätigkeit des insolventen Arztes keine Leistungen mehr erbracht werden, keine Anrufe für ihn angenommen werden, jegliche Mitwirkung der Angestellten der "GbR" an ihn untersagt ist und zur Abmahnung und Entlassung führen kann, kein Material mehr verwendet wird ... (parallel dazu natürlich Hinterlegung einer Schutzschrift beim zuständigen LG). Räumungsklage (im Urkundenverfahren?) gegen den insolventen Arzt ...

    Ich denke aber, dass das OLG hier tatsächlich Anlass hat, anders zu entscheiden.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Entschuldigung, ich habe eine wichtige Info unterschlagen: Der IV hat die selbständige Tätigkeit im Februar rückwirkend (!) zum Jahreswechsel freigegeben. Es geht also bei meiner Mandantin nur noch um die inzwischen 6-stelligen Rückstände (natürlich bis einschließlich Februar).

    Und diese wird sie auf jeden Fall durchsetzen, schon weil sie das ignorante Verhalten des IV nicht akzeptieren will.

    Ich glaube aber auch, dass das mit dem "Rauswurf" des Schuldners nicht so einfach gewesen wäre. Die Leistung bestand wohl eher nicht in der "Zurverfügungstellung" der Praxis, sondern in der Bezahliung der Verbindlichkeiten, die aber bezahlt werden mussten, nachdem meine Mandantin und der Schuldner insoweit Gesamtschuldner waren (Arbeitsverhältnisse, Mietvertrag). Zwar wurde durch die Insolvenzeröffnung die Gesellschaft nach § 728 II 1 BGB beendet (§ 103 InsO ist insoweit totaler Quatsch, weil weder anwendbar, noch erforderlich), aber damit haben sich weder die dinglichen Rechte am Inventar geändert, noch sind die Dauerschuldverhältnisse (Mietvertrag Praxisräume, Geräteleasing und Arbeitsverhältnisse) beendet worden. Eine Auseinandersetzung der Gesellschaft wurde nie aktiv durchgeführt und auch der IV ist nicht aktiv geworden. Ich bin deshalb der Auffassung, dass der Schuldner sogar einen Anspruch auf Weiternutzung der "Praxis" hatte, zumal er seine Pflichten ja auch erfüllen wollte, der IV aber alle Einnahmen zur Masse gezogen hat und ihm nur die unpfändbaren Beträge belassen hat. Vor dem Hintergrund des § 35 II InsO wäre es wohl schwer geworden, den Schuldner rauszuwerfen. Es muss aber auch gesagt werden, dass meine Mandantin das auch nie gewollt hat.

    Für die Zukunft dürfte sich das Problem er Freigabe erledigt haben. Jetzt darf abgewartet werden, was das OLG daraus macht. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass dem IV ziemlich unwohl sein dürfte, denn wenn die Mandantin obsiegt, wird die Insolvenzmasse nicht annähernd zur Deckung dieser Verbindlichkeiten ausreichen. Da er schon im Gutachten ausdrücklich festgestellt hat, dass die Praxis nicht auf Rechnung der Masse fortgeführt werden kann, da die laufenden Kosten höher sind als die Einnahmen, wird es auch mit einer Exculpation eher mau aussehen.

  • Noch mal zurück. Die Einbeziehung der Praxisgemeinschaft, §103 InsO, § 728 BGB verstellt vielleicht den Blick, denken wir uns das doch einmal weg. Was bleibt? Ein Schuldner der nach Eröffnung weiterhin selbstständig tätig ist, Einnahmen generiert und Verbindlichkeiten begründet, wie auch immer. Eine Erklärung zu § 35 II InsO fehlt, so dass die Einnahmen Masse sind, die Kosten § 55 InsO. Das der Schuldner nicht heimlich agierte, ergibt sich aus der Darstellung.

    Jetzt packen wir die Praxisgemeinschaft hinzu und die Negativerklärung nach §103 InsO und gehen mal davon aus, dass das alles so geht. Folge für die Frage nach der Haftung für Masseverbindlichkeiten, Null, weil die Masse über § 35 InsO haftet.

    Der IV hat sich gegenüber dem falschen Adressaten erklärt.

    Mal abgesehen davon, dass der IV wissentlich zugelassen hat, Masseverbindlichkeiten zu begründen, die nicht bedient werden können

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Für mich klingt das nach einem gut beratenen Schuldner, der nicht bereit ist, den Gläubigern ein angemessenes Stück vom Kuchen abzugeben. Sorry, aber 18 T€ monatlichen Umsatz mit Privatpatienten soll er einfach aufgegeben haben, um sich danach einem Leben als Kassenarzt zu verschrieben - ganz dem hippokratischen Eid verpflichtet? :gruebel: Die Patienten hat er natürlich in eine andere Bürogemeinschaft geschickt, damit die Einnahmen nicht seiner verhassten und nun selbst von der Insolvenz bedrohten Kollegin zu Gute kommen. Die will ihn natürlich aus reiner Mitmenschlichkeit nicht vor die Tür setzen, dafür aber vom Verwalter die anteiligen Praxiskosten erstattet haben! Seine gewonnene Freizeit verbringt der geknechtete aber geläuterte Schuldner nun übrigens damit, sich unentgeltlich um die medizinische Versorgung von Obdachlosen zu kümmern. :wechlach:

    Auch wenn es im Hinblick auf die Begründung von Masseverbindlichkeiten für den Verwalter riskant war: Wieso hätte der die freiberufliche Tätigkeit freigeben sollen, wenn sie erhebliche Überschüsse erwarten lässt? Wenigstens haben es der Verwalter und das Gericht versucht, es dem Schuldner nicht all zu leicht zu machen, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Dass der Verwalter den Versuchen des Schuldners, eine Freigabe nach 35 InsO zu erpressen, letztlich doch nicht widerstanden hat, ist ihm leider nicht wirklich zu verübeln. Irgendwann steht der Aufwand für so ein Verfahren in keinem Verhältnis mehr zu den damit zu erwartenden Einnahmen. Der Verwalter gibt auf, weil er von den Gläubigern weniger Probleme zu erwarten hat, als von der Schaar gut bezahlter Berater, die ihm der Schuldner und seine Kollegin auf den Hals hetzen. Und bei Gericht haben sie natürlich auch wenig Lust und eigentlich nicht die Zeit, sich mit solchen Schuldnern herumzuschlagen.

    Klingt so, als könnten daraus jede Menge spannender Rechtsstreitigkeiten werden, von Einstweiligen Verfahren über Masseklagen zu Haftungsklagen.

    Das ist wohl auch der wahre Grund für die ganze "Verquorrenheit": Es sind üppige Honorare zu erwarten.

    Bleibt zu hoffen, dass der Verwalter sich bei den fiktiven pfändbaren Beträgen nicht genauso über den Tisch ziehen lässt. Und ich hoffe, das die Gerichte tragfähige juristische Argumente dafür finden, dass die Kollegin aus der Bürogemeinschaft auf den anteiligen Kosten für den Unterhalt der Praxis sitzen bleibt. Sieht ja bislang ganz gut aus...

    :teufel:

  • Hallo Inso-Gläubiger,

    das ist - nicht böse gemeint - eine typische Gläubiger-Sichtweise, die der Sach- und Rechtslage im konkreten Fall aber nicht gerecht wird:

    1. Während eines vorläufigen Insolvenzverfahrens gibt es keine Pflicht für den Schuldner, unentgeltlich seine Arbeitsleistung zu erbringen. Wenn der vIV aber nichts zahlen will und sogar die vom Insolvenzgericht als unpfändbar festgesetzten Beträge dem Schuldner nicht belässt, sondern diese zur Masse einzieht, dann brauchen sich er und die Gläubiger nicht wundern, wenn der Schuldner nur noch das Nötigste tut und die Behandlung insbesondere der lukrativen Privatpatienten einstellt. Dies umso mehr, als der Schuldner erst nach erfolgreicher Klage gegen den IV nach mehr als einem Jahr nach Antragstellung erstmalig einen Cent von seinen unpfändbaren Einkünften erhalten hat.

    2. Nachdem sich der IV auch im eröffneten Verfahren geweigert hat, den Schuldner für seine Tätigkeit zu entlohnen, hat dieser lediglich seine Erwerbsobliegenheit zu erfüllen. Die Weigerung, sich vom IV in ein Angestelltenverhältnis zwingen zu lassen, ist für einen Arzt nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden.

    3. Wenn der IV zwar in seinem Gutachten die Feststellung trifft, dass die selbständige Tätigkeit nicht auf Rechnung der Masse fortgeführt werden kann, da die Kosten die nur aus der Behandlung von Kassenpatienten resultierenden Einnahmen deutlich übersteigen, in der Folge aber die grundrechtlich geschützte Tätigkeit des Schuldners nicht freigibt, sondern die sich daraus ergebenden Einnahmen vollumfänglich zur Masse einzieht, dann muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er massiv gegen insolvenzspezifische Pflichten verstoßen hat. Die Anwendung der §§ 35 Abs. 2, 295 II InsO muss einem Insolvenzverwalter geläufig sein. Selbst wenn er die Unterdeckung nicht schon im Gutachten erkennt, sondern diese erst bei Fortführung eintritt, hätte er noch freigeben können und müssen. Das hat den IV hier aber einfach nicht interessiert. Der zuständige kleine Sachbearbeiter, der die Sache aufs Auge gedrückt bekommen hat, hat schlicht und einfach nicht realisiert, was sich für Folgen ergeben.

    4. Der Schuldner wollte zu keiner Zeit die Freigabe erpressen. Der Schuldner hat sogar richtig gute Vorschläge für eine Fortführung auf Rechnung der Masse gemacht. Bei Verfahrenseröffnung ist der Schuldner - wie auch meine Mandantin - davon ausgegangen, dass eine derartige Lösung stattfinden wird, da mit dem IV und mit meiner Mandantin mehrfach Gespräche wegen der "Fortführung" angesetzt waren. Der Schuldner wollte lediglich ein monatlich unpfändbares Einkommen von 3.200 Euro, was bei einem kalkulierten monatlichen Überschuss vor Steuern von mehr als 10.000 Euro auch nicht unverschämt erscheint. Der IV hat sich dieser Möglichkeit jedoch stur verweigert und wollte den Schuldner in eine Angestelltentätigkeit zwingen. Die Sache ist nur deshalb eskaliert, weil der Schuldner sich geweigert hat, seine Selbständigkeit aufzugeben.

    5. Die neueste Entwicklung ist, dass zwischenzeitlich auch drei weitere Massegläubiger bemerkt haben, was der IV hier verbrochen hat und die ihn jetzt ebenfalls gehörig in die Mangel nehmen. Das ist halt das Problem, wenn man nicht nur die insolvenzrechtlichen Pflichten nicht erfüllt, sondern auch keine Steuererklärungen macht, Altersversorgungsbeiträge nicht bezahlt und auch die Gläubigerbank mit seiner Ignoranz verprellt. Mit dem IV habe ich nicht das geringste Mitleid. Der gesamte Aufwand und Ärger ist allein selbstverursacht.

    6. Unverständlich ist mir, dass Du die Auffassung vertrittst, die Praxisgemeinschafterin solle auf den Kosten sitzen bleiben. Wieso bitteschön soll ein Gläubiger die gesamten Kosten für eine Praxis tragen, wenn der Insolvenzverwalter wissentlich und willentlich damit die Wertschöpfung betreibt? Müssen Gläubiger jetzt zugunsten der Insolvenzmasse Sonderopfer erbringen, oder was? Es geht ja schließlich nicht darum, dass der Schuldner sich mit der Praxis die Taschen vollgemacht hat und der IV dafür bezahlen soll, sondern dass der IV selbst die Einnahmen eingezogen hat, aber die damit verbundenen Kosten nicht bezahlen will.

    Für mich ist der pflichtvergessene Insolvenzverwalter der Einzige, der die Gläubiger schädigt.

  • Hallo LfdC,


    ich bin da fast vollständig bei Dir. Nur nicht in Bezug auf § 103 InsO, denn der hat hier überhaupt keinen Raum. § 103 InsO ist überhaupt nur auf noch nicht beendete gegenseitige Verträge anwendbar. Ein Gesellschaftsvertrag ist aber kein gegenseitiger Vertrag (wo sind denn die synallagmatischen Hauptleistungspflichten?) und ein Gesellschaftsvertrag endet mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes, der Vertrag ist also im Zeitpunkt der "Erklärung" schon beendet.

    Die Masse haftet über § 35 InsO - das ist genau der Punkt! Aber scheinbar ist diese doch recht überschaubare gesetzliche Regelung selbst für im Insolvenzrecht nicht unbeleckte Volljuristen ein riesiger Stolperstein.

    Bin ja mal gespannt, was das OLG zu dieser Sache sagt. Wenn das erstinstanzliche Urteil gehalten wird, sollte man die Sache in der Literatur mal zur Diskussion stellen, denn dann wäre das für Insolvenzverwalter - zumindest bei vergleichbaren Kostellationen - eine herrlich einfache Art, die Masse und sich selbst aus der Verantwortung zu ziehen.

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