Rechtstellung des Vormunds vor Bestellung

  • Hallo zusammen,

    ich habe vor wenigen Monaten die kompletten Familienssachen übertragen bekommen, da die vorherigen Bearbeiter plötzlich, aber dauerhaft ausfielen.
    Jetzt muss ich mich allein mit ein paar Schätzchen auseinandersetzen und brauche eure Hilfe.

    Und zwar wurde einer alleinsorgeberechtigten Mutter Ende 2013 (!) die elterliche Sorge für die Tochter entzogen. Im selben richterlichen Beschluss heißt es: "Es wird Vormundschaft angeordnet. Zum Vormund wird bestellt: O (= Oma des Mündels)".
    Vor ein paar Wochen (!) wurde mir die Vormundschaftsakte dann vorgelegt, ich habe O geladen und sie bestellt.
    Wo die Akte in der Zwischenzeit war, weiß der Teufel.

    O wollte gerne die Pauschale für ehrenamtliche Vormünder aus der Staatskasse, rückwirkend für die letzten Jahre. Habe ihr im Bestellungstermin jedoch erklärt, dass ein Anspruch erst ab Bestellung entsteht.

    Jetzt schreibt O und will wissen,
    - ob die Bestellung rückwirkend gilt
    - war ihr Handeln für das Kind rechtlich abgesichert
    - warum die Bestellung erst kürzlich erfolgte
    - ob keine Ansprüche wegen der Auslagenpauschale bestehen.

    Was meint ihr? Ist das eine Sache für die Verwaltung, weil es eventuell zur Amtshaftung kommt? Wie soll ich O jetzt antworten? Wie sieht es rechtlich überhaupt aus? Sind alle Rechtshandlungen als Vormund tatsächlich nichtig?

    :confused:

  • Mir hat 2014 der Beitrag von Cromwell, zuletzt zitiert unter https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…mgangspflegerin , weitergeholfen. Kürzlich übernahm ich eine Vormundschaft in ähnlicher Konstellation, allerdings nach Tod er Oma. Es war weder die Oma bestellt noch zu Jahresberichten aufgefordert worden. Sie hatte sich bei allen Rechtsgeschäften einschließlich Antritt eines Erbes und dessen Verwendung (sicher genehmigungspflichtig) mit dem Beschluss des auswärtigen Familiengerichts ausgewiesen.
    Lediglich beim Ausbildungsvertrag habe ich mitgeteilt, dass ich als neuer Vormund an dem Vertrag festhalte.

    Da sich beim Familiengericht niemand für die 8 Jahre vorher interessierte, habe ich auch kein Interesse geweckt.

  • Wie sieht es rechtlich überhaupt aus? Sind alle Rechtshandlungen als Vormund tatsächlich nichtig?


    Wieso sämtlich im Hinblick auf § 177 BGB nichtig ?

    Im übrigen würde ich mich mit dem von Moosi verlinkten Thread beschäftigen.
    Entgegen Cromwell gibt es nämlich ggf. einen Anspruch auf Auslagenersatz nach dem Grundsatz von "Treu und Glauben".
    Einen Amtshaftungsfall würde ich persönlich daraus nicht machen.

    Einmal editiert, zuletzt von Wolf (17. November 2016 um 12:50)

  • Wie sieht es rechtlich überhaupt aus? Sind alle Rechtshandlungen als Vormund tatsächlich nichtig?


    Wieso sämtlich im Hinblick auf § 177 BGB nichtig ?

    Im übrigen würde ich mich mit dem von Moosi verlinkten Thread beschäftigen.
    Entgegen Cromwell gibt es nämlich ggf. einen Anspruch auf Auslagenersatz nach dem Grundsatz von "Treu und Glauben".


    Der auf welcher Rechtsprechung basieren soll? :gruebel:


    Inwieweit der verlinkte Thread hilfreich ist scheint mir auch noch fraglich. In diesem ging es um die unterlassene Feststellung der Berufsmäßigkeit, hier um die (bislang) unterlassene Verpflichtung des Vormundes.

  • Ältere Ansprüche auf Aufwandspauschale dürften vorliegend allerdings - wenn sie nach Treu und Glauben bestanden haben sollen - mittlerweile erloschen sein nach § 1835a IV BGB.

    Bestünde ein Anspruch "seit Bestellung" wäre der Zeitraum "Ende 2013" (zur Vereinfachung nehme ich mal den 1.12. als fiktives Datum) - 30.11.2014 => erloschen.
    01.12.2014 - 30.11.2015 => erloschen.

    Die nächste Aufwandspauschale für den Zeitraum 01.12.2015 - 30.11.2016 ist erst in 13 Tagen fällig (Stand heute) und bis 31.03.2017 geltend zu machen.


    Daher ist es für die zukünftigen Aufwandspauschalen auch erheblich, ob der Anspruch nach Treu und Glauben angenommen wird oder aber der Zeitpunkt der Verpflichtung von jetzt an in dieser Hinsicht maßgeblich sein soll.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Zwar mag die Pauschale teilweise erloschen sein; für den Schaden des Vormundes gegen das Land dürften aber andere Regeln wie die der Verjährung gelten.
    Wenn man nun den Schaden des Vormundes mit den erloschenen Ansprüchen gleichsetzen möchte ( m.E. naheliegend ;) ) , dann dreht sich nur noch die Frage darum , wer für die Schadensregulierung zu sorgen hat.
    In Ba-Wü wäre das der Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht.
    Vorliegend könnte man ausnahmsweise den Bezi beteiligen, bevor man den Vormund an die zuständige Stelle verweist.

  • Zwar mag die Pauschale teilweise erloschen sein; für den Schaden des Vormundes gegen das Land dürften aber andere Regeln wie die der Verjährung gelten.

    Stimmt schon - aber das wäre eine Frage des Schadenersatzes gegen das Land, keine für die Vormundschaftsakte :)

    Zitat


    Wenn man nun den Schaden des Vormundes mit den erloschenen Ansprüchen gleichsetzen möchte ( m.E. naheliegend ;) ) , dann dreht sich nur noch die Frage darum , wer für die Schadensregulierung zu sorgen hat.
    In Ba-Wü wäre das der Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht.
    Vorliegend könnte man ausnahmsweise den Bezi beteiligen, bevor man den Vormund an die zuständige Stelle verweist.

    Oder man gibt die Sache an die Verwaltung weiter, bevor man nachher eventuell die Grenze zur unzulässigen Rechtsberatung überschreitet... Ansprüche geltend machen muss die Vormünderin schon selber, soweit geht die Beratungspflicht des Familiengerichts m.E. nicht.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Hier wird regelmäßig anlässlich der Verpflichtungen auf den Anspruch auf Auslagenersatz/-pauschale belehrt.
    Es wäre m.E. mind. oberfaul, wenn man den Vormund hier erst auf noch nicht erloschene und künftige Ansprüche verweist.

    Ich bleibe dabei , dass man vorliegend den Bezi bei entspr. Erstattungsantrag für die Vergangenheit ins Spiel bringen kann.
    Der kann dann immer noch auf die Abwicklung außerhalb der Vormundschaftsakte verweisen.

  • Ins Boot holen würde ich den Bezi definitiv - allerdings mehr wegen der Frage des Zeitraums für die Aufwandsentschädigung.
    Muss letzten Endes jeder selber wissen, ich sehe deinen Weg auch nicht als falsch an. Es ist nur einfach nicht meiner :)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Danke für eure Beiträge.
    Bei der Aufwandspauschale bleib ich dabei, ab Bestellung. Sofern aber ein ausdrücklicher Antrag kommt, werd ich den Bezirksrevisor mit ins Boot holen. Wenn er eine gegenteilige Meinung haben sollte, bin ich natürlich offen dafür, mich doch überzeugen zu lassen.
    Hinsichtlich der Rechtsstellung soll O konkrete Rechtsgeschäfte nennen, bei der sie sich nicht sicher ist, ob sie wirksam sind. Dann kann ich bei dem konkreten Fall dann schauen. Ansonsten hat sie wohl bei dem Mündel so was erledigt wie eine Schulanmeldung als höchstes des Gefühle. (Die Schule brauchte anscheinend auch keine Legitimation).

    Hoffentlich kommt sie nicht auf die Idee, Schadensersatz geltend zu machen wegen ausgefallener Aufwandspauschalen. Sofern das aber noch nicht in die Richtung geht, lass ich die Verwaltung außen vor.

  • Danke für eure Beiträge.
    Bei der Aufwandspauschale bleib ich dabei, ab Bestellung. Sofern aber ein ausdrücklicher Antrag kommt, werd ich den Bezirksrevisor mit ins Boot holen. Wenn er eine gegenteilige Meinung haben sollte, bin ich natürlich offen dafür, mich doch überzeugen zu lassen.
    Hinsichtlich der Rechtsstellung soll O konkrete Rechtsgeschäfte nennen, bei der sie sich nicht sicher ist, ob sie wirksam sind. Dann kann ich bei dem konkreten Fall dann schauen. Ansonsten hat sie wohl bei dem Mündel so was erledigt wie eine Schulanmeldung als höchstes des Gefühle. (Die Schule brauchte anscheinend auch keine Legitimation).

    Hoffentlich kommt sie nicht auf die Idee, Schadensersatz geltend zu machen wegen ausgefallener Aufwandspauschalen. Sofern das aber noch nicht in die Richtung geht, lass ich die Verwaltung außen vor.

    :daumenrau

  • Wenn du auszahlen willst, OLG Schleswig, 15 WF 301/13. Die Rspr. lehnt eine Belehrungspflicht ab, vgl. OLG BB, 9 WF 209/12 m.w.N., daher auch wohl kaum Haftung.


    Problem ist hier wohl weniger eine unterlassene Belehrung als die mehrere Jahre nicht vorgenommene Verpflichtung des Vormundes mit der Folge des fehlenden Anspruches auf die Pauschalen

    Grundsätzlich könnte er durchaus versuchen, diese wegen Amtshaftung geltend zu machen.

  • Problem ist hier wohl weniger eine unterlassene Belehrung als die mehrere Jahre nicht vorgenommene Verpflichtung des Vormundes mit der Folge des fehlenden Anspruches auf die Pauschalen

    Grundsätzlich könnte er durchaus versuchen, diese wegen Amtshaftung geltend zu machen.


    Eben :daumenrau.

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