transmortale Vollmacht/minderjähriger Erbe

  • Mein Fall:
    Antrag auf Löschung einer Grunddienstbarkeit(Bebauungsbeschränkung). Als Eigentümer des dienenden Grundstücks sind 2 volljährige Töchter von B eingetragen.
    Als Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist noch der bereits am 25.04.2010 verstorbene Erblasser E eingetragen. Dieser hat am 24.04.2010 ein notarielles Testament errichtet, in dem er seinen minderjährigenSohn C zum alleinigen Erben eingesetzt, Vermächtnisse zugunsten seiner beidenTöchter T und Testamentsvollstreckung angeordnet hat. Einen Antrag auf Erteilung des TV-Zeugnisses hat das Nachlassgericht aufgrund Unwirksamkeit desTestamentes wegen Testierunfähigkeit zurückgewiesen. Es läuft ein Zivilprozess auf Feststellung der gesetzlichen Erbfolge, d.h. auch der beiden Töchter T.Gesetzliche Erben sind diese beiden Töchter sowie der Sohn C.
    Am 01.04.2010 erteilte E seiner Lebensgefährtin B eine notariell beurkundete General- und Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus. Diese berechtigt ausdrücklich nicht zu ganz oder teilweise unentgeltlichen Verfügungen (insbesondere Schenkungen und zum Abschluss vonÜbergabeverträgen).
    Die Löschungsbewilligung wurde für den Eigentümer desherrschenden Grundstücks von B aufgrund der Vollmacht erteilt. Vom Tod des E war dem Notar nichts bekannt.
    Ich habe zunächst in einer Aufklärungsverfügung auf Zweifelan der Geschäftsfähigkeit des E bei Vollmachtserteilung hingewiesen.
    Im Zivilprozess wird zurzeit noch Beweis erhoben zur Frage der Testierfähigkeit am 24.04.2016. Ein Abschluss des Verfahrens ist nicht abzusehen.
    Aus den von der Bevollmächtigten vorgelegten Krankenunterlagen lassen sich sichere Erkenntnisse über eineGeschäftsunfähigkeit am 01.04.2010nicht entnehmen, so dass diese Frage nicht maßgeblich sein wird.
    Unabhängig davon ist ein wirksames Handeln aufgrund derVollmacht jedenfalls im vorliegenden Fall ausgeschlossen, da es sich nicht um eine entgeltliche Verfügung handelt.
    Erforderlich wäre daher m.E. die Bestellung eines Ergänzungspflegers für C oder eines Nachlasspflegers für die unbekannten Erben des E sowie dessen Löschungsbewilligung mit familien- bzw.nachlassgerichtlicher Genehmigung.
    M.E. wäre auch unabhängig von der Vollmachtsüberschreitung eine Einschaltung des Familiengerichts erforderlich, da im vorliegenden Fall andernfalls der Schutz des Minderjährigen nicht gewahrt werden kann (Prüfung des Widerrufs der Vollmacht durch den minderjährigen Erben/Miterben nicht möglich). Den Thread„Generalvollmacht über den Tod hinaus“ insbesondere mit den Beiträgen von Cromwell habe ich gelesen.
    Vielleicht habt Ihr noch Ideen zu diesem verzwickten Fall???

    Einmal editiert, zuletzt von Josefine (23. November 2016 um 10:14)

  • Leider habe ich bisher keine Antworten bekommen. Ich bin allerdings "über Nacht" zu der Erkenntnis gekommen, dass ja die Erben die Löschungsbewilligung genehmigen müssen und dabei allein ein Ergänzungspfleger nicht ausreicht. Da die Erbfolge noch nicht feststeht, käme wohl nur ein Nachlasspfleger in Betracht. Ich bin -wie immer- für jede Meinung dankbar und möchte noch erwähnen, dass von der Löschung ein Grundstücksverkauf bzw. zumindest der Kaufpreis abhängt. Der Bauträger will das bestehende Gebäude abreißen.

  • Auf welche Erkenntnisse Du so über Nacht kommst…:eek:

    Ich denke auch, dass vorliegend nur die Genehmigung eines vom Nachlassgericht zu bestellenden Nachlasspflegers (zu der bereits abgegebenen Löschungsbewilligung) in Betracht kommt, dessen Erklärung dann der Genehmigung durch das Nachlassgericht bedarf (s. hier am Schluss: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1056198) Die Situation scheint derjenigen zu entsprechen, die Gegenstand des Beschlusses des OLG Stuttgart vom 22.05.2015, 8 W 147/15, war. Siebert führt dazu in seiner Abhandlung „Die Entwicklung des Erbrechts im ersten Halbjahr 2016“, NJW 2016, 2927 ff auf S. 2931 aus: „Eigentlich besteht kein Bedürfnis für eine Nachlasspflegschaft, wenn der Erblasser eine Vollmacht erteilt hat, die über seinen Tod hinaus gilt. Eine Nachlasspflegschaft kann aber nach dem OLG Stuttgart46 gleichwohl angeordnet werden, wenn ein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig ist und Zweifel an der Neutralität des Bevollmächtigten oder an der Wirksamkeit der Vollmacht bestehen.“
    46 OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.5.2015 – 8 W 147/15, BeckRS 2015, 15271.“

    Soweit darauf abgestellt wird, dass der Nachlasspfleger erst noch die Löschungsbewilligung (selbst) erklären müsste, könnte keine Zwischenverfügung ergehen
    http://rechtspflegerforum.de/showthread.php…538#post1090538

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Nachdem es mittlerweile weder Erben noch Bevollmächtigte gibt, gibt's auch keine Bewilligung.

    Der Erwerber wird das Recht einstweilen schon übernehmen müssen.
    Das ist jedenfalls das einfachste.
    Ich als Nachlassgericht würde hier jedenfalls keinen Nachlasspfleger bestellen, da ja die Erben grdsl. bekannt sind und nun rumstreiten.
    Das kann jetzt eben dauern.

  • ....

    Im Übrigen sind hier die Besonderheiten des § 180 BGB zu beachten.

    § 180 BGB gilt aber für die Eintragungsbewilligung nicht. Daher kann die von einem Vertreter ohne (nachgewiesene) Vertretungsmacht abgegebene Bewilligung nachträglich vom Vertretungsberechtigten wirksam genehmigt werden. Das OLG Frankfurt/Main führt dazu in Rz 22 des im Beschlusses vom 02.04.2012, Az.: 20 W 57/11
    http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/defaul…l#docid:5019796
    aus: „Auch die von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegebene Eintragungsbewilligung kann als Verfahrenshandlung bis zur Eintragung vom Vertretenen bzw. dem gemäß § 1909 BGB an seine Stelle tretenden Ergänzungspfleger nachträglich genehmigt werden, ohne dass dem der für rechtsgeschäftlicher Erklärungen geltende § 180 BGB entgegen stünde (Bauer/von Oefele: GBO, 2. Aufl., AT VII 136 m. w. H; Demharter, a. a. O., § 19, Rdnr. 74; Meikel/Böttcher: Grundbuchrecht, 10. Aufl., Einl I, Rdnr. 68; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdnr. 3547)“.

    Der Vertretungsmangel kann daher bis zur GB-eintragung geheilt werden (s. Munzig in Keller/Munzig, Grundbuchrecht,7. Auflage 2015, § 19 RN 140 mwN in den Fußnoten 399 bis 401).

    Maier-Reimer führt dazu in Erman BGB, 14. Auflage 2014, § 180 RN 4 aus: „Die hM vermeidet einige der sich aus ihr ergebenden Konsequenzen dadurch, dass ……. eine Erklärung wie die vollmachtlose Eintragungsbewilligung trotz § 875 (dazu BGH 77, 7, 9) als reine Verfahrenshandlung wertet, für die § 180 nicht gilt (Demharter, GBO, § 19 Rn 74 mwN).“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Sorrry, habe Termin. Deshalb nur ganz kurz:

    Ich lösche aber anhand der genehmigungsfähigen Löschungsbewilligung und nicht anhand der Aufgabeerklärung.

    Im Übrigen ist streitig, ob die Aufgabeerklärung nicht ebenfalls genehmigungsfähig ist. Vieweg führt dazu in jurisPK-BGB Band 3, 7. Auflage 2014, Stand: 01.10.2014, § 875 RN 18 aus: „„Die Zustimmung zur Aufgabeerklärung eines Nichtberechtigten kann nicht nur durch eine vorherige Einwilligung, sondern auch durch eine Genehmigung bis zur tatsächlichen Löschung erfolgen 24)
    24) Gursky in: Staudinger, § 875 Rn. 43 ff.; Stürner in: Soergel, § 875 Rn. 3; Kohler in: MünchKomm-BGB, § 875 Rn. 13.

    Auch ist bei amtsempfangsbedürftigen einseitigen Rechtsgeschäften, die sowohl gegenüber einer Behörde, als auch gegenüber einem Dritten abgegeben werden können, wie die Aufgabeerklärung nach § 875 I Satz 2 BGB, die Ausnahme des § 180 Satz 2 BGB anwendbar, wenn die Erklärung tatsächlich gegenüber dem Dritten abgegeben wurde (Erman/Maier-Reimer, § 180 BGB RN 4 mwN). Wenn es vorliegend also so ist, dass die Eigentümer des belasteten Grundstücks die Löschungsbewilligung vorgelegt haben (Zitat: „Antrag auf Löschung einer Grunddienstbarkeit(Bebauungsbeschränkung). Als Eigentümer des dienenden Grundstücks sind 2 volljährige Töchter von B eingetragen“), dann dürfte ihnen die Löschungsbewilligung ausgehändigt worden sein, ohne dass sie den Vertretungsmangel beanstandet, also zu erkennen gegeben haben, dass sie das Geschäft gerade wegen des Zweifels an der Vertretungsmacht nicht gelten lassen wollen. In solchen Fällen können auch einseitige empfangsbedürftige Rechtsgeschäfte schwebend unwirksam sein.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Zunächst mal Entschuldigung: ich bin gestern leider nicht dazu gekommen, mich hier zu melden. Vielen lieben Dank für die weiteren Hilfen! Auch nach über 30 Jahren im Grundbuch bin ich oft bei all den Aktenbergen auf Hilfe und Unterstützung von so erfahrenen und mit umfassenden Kenntnissen ausgestatteten Kollegen angewiesen (dickes Lob!!).
    Die begünstigten Eigentümerinnen haben bei der notariell beglaubigten Löschungsbewilligung mitgewirkt und der Notar hat den Antrag nach § 15 GBO gestellt. Ich werde dann bei der Zwischenverfügung bleiben, muss aber wohl auf alle Problempunkte (anfangs ausführlich geschildert) eingehen. Ein schönes Wochenende!

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