Wann beginnt Amt des Nachlasspflegers?

  • Hallo liebe Kollegen.

    Ich frage mich, wann das Amt des Nachlasspflegers beginnt, wenn ich feststelle, dass ich den Anordnungsbeschluss der Nachlasspflegschaft an einen Beteiligten nicht gesandt habe. Nachlasspfleger wurde jedoch nach Anordnung zeitnah persönlich von mir verpflichtet.

    Ich meine die persönliche Verpflichtung allein entscheidet, auch wenn ich einen Beteiligten bei der Zustellung des Anordnungsbeschlusses vergessen habe, oder?

    Vielen Dank.

  • Das Amt beginnt mit der Verpflichtung des NLP.

    Ob alle Beteiligten den Beschluss erhalten haben ist nicht (so) wichtig.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de


  • Ich meine die persönliche Verpflichtung allein entscheidet, auch wenn ich einen Beteiligten bei der Zustellung des Anordnungsbeschlusses vergessen habe, oder?

    Vielen Dank.


    Kein oder wegen §§ 1915,1789 BGB.
    Auf irgendwelche Bekanntgaben an ( andere ) Beteiligte nach § 40 FamFG kommt es für die Wirksamkeit des Amtes nicht an, weil das materielle Recht etwas anderes vorsieht.

  • ...und trotzdem ist es immer wieder erstaunlich in der Praxis die Auffassung Dritter vorzufinden, sie wollten den Beschluss zur Bestellung des Nachlasspflegers mit den entsprechenden Aufgabenkreisen sehen. Weil in einem Fall eine große Wohnungsgesellschaft es nicht "lassen" konnte und jedes Mal die vom Nachlasspfleger vorgelegte Bestallungsurkunde nicht ohne den Anordnungsbeschluss akzeptierten, habe ich die strikte Trennung in der Reihenfolge von Anordnung - Auswahl - Verpflichtung vorgenommen, sodass sie dann relativ schnell wieder von Abstand genommen und auf die Vorlage der Bestallungsurkunde des Nachlasspflegers "vertraut" haben.

    Wenn ich jedes Mal die Bekanntgabe des Beschlusses zur Anordnung der Pflegschaft an alle Beteiligte vor Verpflichtung des Pflegers hätte abwarten wollen, wäre ich gefühlt nie fertig geworden. Zumeist ein Termin in der Woche mit dem zu bestellenden Nachlasspfleger zur jeweiligen Verpflichtung in die entsprechenden Verfahren nach zuvor erfolgter Anordnung der Nachlasspflegschaft an diesem Tag.

  • ...und trotzdem ist es immer wieder erstaunlich in der Praxis die Auffassung Dritter vorzufinden, sie wollten den Beschluss zur Bestellung des Nachlasspflegers mit den entsprechenden Aufgabenkreisen sehen. ...

    Ich finde es eher "mutig", sich nur auf die Bestallungsurkunde zu verlassen, denn der Dritte muss von sich aus prüfen, ob die Angaben in der Urkunde noch zutreffen (Palandt/Götz, BGB, 74. Aufl., § 1791 Rn. 1).

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Was aber schwer durch einen Anordnungsbeschluss zu beweisen sein wird, als lediglich die Verpflichtung des Nachlasspflegers in sein Amt nach § 1789 BGB maßgebend ist. Im Übrigen sehe ich den Schutz aus § 1893 Abs. 2 BGB durchaus für gegeben, als Zweifel bei einem Dritten nur wie folgt ausgeräumt werden könnten, sofern er der vorgelegten Urkunde kein Vertrauen schenkt:

    Hat der Geschäftspartner des Mündels Zweifel an der Richtigkeit des Inhalts der Bestallung, so kann er, wenn er ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, nach § 13 Abs 2 FamFG Einsicht in die Akten des Familiengerichts verlangen. Das Familiengericht wird ihm unter dieser Voraussetzung auch eine (mündliche oder schriftliche) amtliche Auskunft über die Legitimation des Vormunds nicht verweigern können (Dölle § 122 III; BGB-RGRK/Dickescheid Rn 3; Erman/Saar Rn 2; MünchKomm/Wagenitz Rn 5; Palandt/Götz Rn 1; Soergel/Zimmermann Rn 1).
    (Staudinger/Barbara Veit (2014) BGB § 1791, Rn. 9)

    Im Übrigen sah meine Rechtspraxis natürlich so aus, dass Anordnung und Auswahl des Pflegers mit den zu verpflichtenden Aufgabenkreisen in einem Beschluss erfolgten, sodass sich der Pfleger mit Bestallungsurkunde und ausgefertigtem Beschluss legitimiert hat. Dass aber nur der Beschluss zur Legitimation ausreichend sein sollte, halte ich ebenso für bedenklich, als dieser nach Beendigung des Amtes nicht zurückgegeben werden muss.

  • ...und trotzdem ist es immer wieder erstaunlich in der Praxis die Auffassung Dritter vorzufinden, sie wollten den Beschluss zur Bestellung des Nachlasspflegers mit den entsprechenden Aufgabenkreisen sehen. ...

    Ich finde es eher "mutig", sich nur auf die Bestallungsurkunde zu verlassen, denn der Dritte muss von sich aus prüfen, ob die Angaben in der Urkunde noch zutreffen (Palandt/Götz, BGB, 74. Aufl., § 1791 Rn. 1).


    Eine Rückgabe des Beschlusses erfolgt doch aber nicht. Welchen Wert sollte dieser für den Dritten haben? :gruebel: Dennoch könnte die Pflegschaft (analog bei Betreuung) bereits aufgehoben worden oder einer Veränderung der Aufgabenkreise (Verringerung) erfolgt sein.

  • ...und trotzdem ist es immer wieder erstaunlich in der Praxis die Auffassung Dritter vorzufinden, sie wollten den Beschluss zur Bestellung des Nachlasspflegers mit den entsprechenden Aufgabenkreisen sehen. ...

    Ich finde es eher "mutig", sich nur auf die Bestallungsurkunde zu verlassen, denn der Dritte muss von sich aus prüfen, ob die Angaben in der Urkunde noch zutreffen (Palandt/Götz, BGB, 74. Aufl., § 1791 Rn. 1).


    Eine Rückgabe des Beschlusses erfolgt doch aber nicht. Welchen Wert sollte dieser für den Dritten haben? :gruebel: Dennoch könnte die Pflegschaft (analog bei Betreuung) bereits aufgehoben worden oder einer Veränderung der Aufgabenkreise (Verringerung) erfolgt sein.

    Wir sind uns darin einig, dass auch die Kombination "Bestallungsurkunde plus Anordnungsbeschluss" keine Gewähr dafür bietet, dass und in welchem Umfang die Pflegschaft noch besteht. Dafür müsste der Dritte wie von Sersch unter #6 beschrieben vorgehen.

    Ich wollte mit meinem Beitrag vornehmlich darauf hinaus, dass die Bestallungsurkunde allein nicht ausreicht.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Die Bestallung genießt und genoß noch nie guten Glauben.
    Der Pflegerbestellungsbeschluss erst recht nicht.

    Also ist es ein Unsinn, den Beschluss zu verlangen, wenn eine Bestallung vorliegt, weil der Beschluss kein "Mehr" an Nachweis bringt (er zudem bereits aufgehoben sein oder inhaltlich erweitert oder beschränkt worden sein kann) und das Gesetz nicht den Beschluss, sondern die Bestallung als Ausweis im Rechtsverkehr vorgesehen hat (sonst bräuchte man keine).

    Oder hat schon mal jemand gesehen, dass außer der Bestallung auch der Bestellungsbeschluss einer unter Mitwirkung des betreffenden gesetzlichen Vertreters zustande gekommene notariellen Urkunde beigeheftet wird?

    Aber heutzutage ist offensichtlich nichts mehr klar, nicht einmal die Dinge, die klar sind.

  • Ein Phänomen zu beobachten gab es, als die Geschäftsstelle die Bestallung auf grünem Papier, so wie es in der Betreuung oft üblich bei der Bestellung gemacht wird, gedruckt hatte, waren weniger "Zweifler" unterwegs, als es auf normalen Papier gedruckt wurde. Sah dann wohl mehr nach "amtlich" aus.


    Aber heutzutage ist offensichtlich nichts mehr klar, nicht einmal die Dinge, die klar sind.

    Meine Erfahrung ist eher, dass die Dinge, die klar erschienen, erkennbar unrichtig praktiziert werden und nur durch die "modernen" Medien erst bekannt werden. Den Spruch: "Das haben wir schon immer so gemacht!", ist heutzutage durch sachliche Argumentation schwerer zu kippen, als ich vor 10 Jahren einfach nur ein gutes Fachbuch zückte und die Fundstelle aufzeigte. Dem ist heute nicht mehr so einfach entgegenzuwirken, als oft auf andere Kollegen verwiesen wird, die es genauso praktizieren.

  • Du wirst vielleicht lachen: Aus eben dem von Dir genannten Grund habe ich die grünen kartonierten Bestallungen stapelweise gebunkert und auch - natürlich gesiegelt von Hand - weiterhin verwendet! Irgendeinen Fetzen Papier mit aufgedrucktem Siegel kann sich doch jeder basteln.

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