Entschädigung für Verdienstausfall e. Selbständigen (JVEG)

  • Hallo,

    ich habe einen Antrag auf Zeugenentschädigung von einem Selbständigen vorliegen. Dieser macht Verdienstausfall geltend.
    Als Nachweis seiner selbständigen Tätigkeit hat er eine vorläufige Erfolgsrechnung von 80.000,00 EUR vor Steuern für den Zeitraum
    Januar - August 2016 und eine Gewerbanmeldung vorgelegt. Im Antrag gibt er eine monatliches Einkommen von durchschnittlich 5.500,00 EUR
    (brutto) im Monat an. Kann ich ihm aufgrund dieser Angaben den Höchststundensatz von 21,00 EUR zubilligen?

    Viele Grüße Martina

  • Beteiligung der Vertretung der Landeskasse ist vor Feststellung angezeigt, soweit keine Vorlagebestimmungen darüber bestehen. Darüber hinaus würde ich mir als Anweisungsbeamter den durchschnittlichen Verdienst im letzten Jahr glaubhaft darlegen lassen. Darüber hinaus würde ich "vergleichend" mal im Internet schauen, was die Verdienstmöglichkeiten des Selbstständigen in seiner Branche üblich sind.

  • Ich klaue mal von Liesel aus dem foreno:

    Die Entschädigung für Verdienstausfall ist in § 22 JVEG geregelt. Das JVEG sieht nicht vor, daß ein Nachweis hierüber geführt werden muß (Meyer/Höver/Bach, JVEG-Kommentar, 24. Auflage, § 22 Rn. 22.3). Selbständige Erwerbstätige haben im Allgemeinen ohne Nachweis einen Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall (a. a. O. Rn. 22.17), wobei hier auch vom Höchstsatz ausgegangen werden muß.

    Weiter wird auf die Entscheidung des OLG Hamm, Beschluß vom 15.12.2005 zu Aktenzeichen 4 Ws 357/05 verwiesen, wonach Selbstständigen in aller Regel ein Verdienstausfall bis zum gesetzlichen Höchststundensatz, der als Entschädigung für Verdienstausfall gem. § 22 S. 1 JVEG zugebilligt werden kann, auch ohne Nachweis - der auch nur schwer zu führen wäre – zuzuerkennen ist (vgl. auch Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 22 Rn. 22.17 lit. b; KG Berlin, Beschl. v. 28.04.1992 – 1 W 1703/92 = juris). Ein Selbstständiger erleidet als Zeuge während seiner Heranziehung einen echten Verdienstausfall und nicht nur einen Vermögensschaden, der als solcher nicht nach § 22 JVEG zu entschädigen wäre (Zimmermann, JVEG, § 22 Rn. 4 m.w.N.).

    Der BGH (Rpfleger 2009, 274) hat in seiner Entscheidung u. a. darauf hingewiesen, daß "für einen Anspruch auf Entschädigung nicht erforderlich ist, daß ein konkreter Verdienstausfall nachgewiesen ist. Es reicht - mit der überwiegenden Rechtsprechung - vielmehr aus, wenn die Zeitversäumnis einen messbaren Nachteil für die Partei mit sich bringt, was bei wirtschaftlicher Betrachtung für die Teilnahme eines Geschäftsführers an einem Gerichtstermin (oder hier: eines Selbständigen) regelmäßig anzunehmen ist. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass es einem Wirtschaftsunternehmen (oder hier: eines Selbständigen) schwerlich möglich sein wird, die durch Abwesenheit des Geschäftsführers entstehenden konkreten finanziellen Nachteile im Einzelnen zu quantifizieren. Für die Zwecke des Kostenfestsetzungsverfahren reicht es daher im Regelfall aus, sich - wie in § 22 JVEG vorgesehen - am regelmäßigen Bruttoverdienst zu orientieren (vgl. KG, aaO; OLG Karlsruhe, aaO; OLG Stuttgart, aaO; OLG Rostock, aaO; OLG Brandenburg, aaO; OLG Düsseldorf aaO; OLG Köln, aaO)."

    Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2013, § 22 Rn. 3, weist darauf hin, daß die Höhe der Entschädigung, soweit ein Nachweis nicht erbracht wird, unter freier Beurteilung der Erwerbstätigkeit des Zeugen (hier: des Selbständigen) zu bemessen sei. Erscheine der geltend gemachte Verdienstausfall nach der Lebensstellung und der regelmäßigen Erwerbstätigkeit des Zeugen (hier: des Selbständigen) ungewöhnlich hoch, so könne Glaubhaftmachung verlangt werden.

    Das KG hat in seiner Entscheidung v. 28.04.1992 (AnwBl. BE 1992, 394) zum Selbständigen entschieden, daß die Entschädigung von Verdienstausfall regelmäßig in Höhe der (jetzt) 21,- € / h zuzusprechen ist, ohne daß die Partei nachweisen muß, daß und in welcher Höhe ihr ein Verdienstausfall tatsächlich entstanden ist. Bei selbständigen Gewerbetreibenden ist regelmäßig davon auszugehen, daß sie überhaupt Arbeitszeit versäumen.

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