Freigabe Einkommen von P-Konto

  • Ich quäle mich mal wieder mit dem P-Konto. Die Schuldnerin hat Ende Juni 2 Zahlungen von ALG2 bezogen. Eine davon eine Nachzahlung. Darüber hinaus erhält die Schuldnerin Elterngeld. Durch die Zahlungen ist nun der Freibetrag überschritten. Schuldnerin versucht nun nach eigenen Angaben herauszufinden, wie sie an das komplette Geld kommt. Die Bank ist überfordert, vertröstet die Schuldnerin immer wieder oder wimmelt sie ab. Anfang November gerät sie dann endlich an eine Sachbearbeiterin, die ihr einen Anruf bei der Insolvenzverwalterin empfiehlt. Die sagt ihr dann, dass sie Freigabe bei Gericht beantragen muss, was die Schuldnerin auch tut. In ihrer Stellungnahme erklärt die Verwalterin nun, dass eine Freigabe nicht erfolgen darf. Sie verweist auf BGH vom 04.12.14, IX ZR 115/14. Die Beträge werden nun schon mehrere Monate übertragen. Da die Schuldnerin den Antrag erst jetzt stelle, können sie nicht mehr freigegeben werden. Das Verfahren steht kurz vor der Aufhebung. Ich steh echt auf der Leitung. Kommt die Schuldnerin tatsächlich nicht mehr an ihr Geld? Mit Beschlüssen tue ich mich in derartigen Konstellationen ohnehin immer schwer. Was nun? Ich brauche dringend Erhellung :(

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Das würde ich vorliegend pragmatisch wohl so lösen:

    Das im Juni 2016 überwiesene ALG II inkl. der ALG-II-Nachzahlung war zwar nur bis zum 31.7.2016 "geschützt" und ab dem 1.8.2016 pfändbar,

    aber der den gesetzlichen Freibetrag übersteigende Betrag wurde von der Bank halt noch nicht an den IV abgeführt und zufällig passend würde ich daher die entsprechend abweichende Festsetzung des pfändungsfreien Betrages beschließen gem. §§ 36 InsO, analog 850k Abs. 4 ZPO i.V.m. § 42 Abs. 4 SGB II in der seit dem 1.8.2016 geltenden Fassung.

    Eine Gesamtgläubigerbefriedigung auf Staatskosten würde ich vorliegend doof finden.

    Ggf. rechtlich nicht ganz astrein, also Entscheidung von der RK abhängig machen.

    Mag der IV die Beschwerde zum LG erwägen ...

  • Blöder Fall, wie 90 % der P-Konto-Fälle.
    Vorliegend ist die Schuldnerin etwas ge*scht, weil sie sich hat vertrösten lassen. Nun sollen ja grad die friedliebenden nicht bereits aufgrund dessen Rechtsnachteile erleiden.
    Ich würde - da die Insolvenzverwalterin sich gegen das schuldnerische Begehren wendet - zunächst einstweilen einstellen (ist hochstreitig, und dogmatisch auch nicht so einfach zu begründen aber: Maus you are the judge !).
    Anschließend würde ich dies in aller Ruhe entscheiden (oki, ich pers. würde freigeben; im Falle der Ablehung riskierst du einen Antrag nach 765a).
    Egel wie die Entscheidung ausfällt: von der Rechtskraft abhängig machen und nicht vergessen die Einstellung wieder aufzuheben.
    greez Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ich bin ja immer froh, dass es mit dem ollen P-Konto nicht nur mir so geht. Ich habe jetzt die Hoffnung, dass sich das Problem von selber löst, da die Schuldnerin im Dezember kein ALGII mehr erhält und so vermutlich jetzt alles abheben kann. Darüber hinaus habe ich noch mal mit der Verwalterin telefoniert. Sie würde sich nicht gegen einen Freigabebeschluss wenden, sofern er erforderlich wird.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich bin ja immer froh, dass es mit dem ollen P-Konto nicht nur mir so geht. Ich habe jetzt die Hoffnung, dass sich das Problem von selber löst, da die Schuldnerin im Dezember kein ALGII mehr erhält und so vermutlich jetzt alles abheben kann. Darüber hinaus habe ich noch mal mit der Verwalterin telefoniert. Sie würde sich nicht gegen einen Freigabebeschluss wenden, sofern er erforderlich wird.

    Ich bin bei Dir... also bei den Problemen mit dem P-Konto ;):oops:...

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Blöder Fall, wie 90 % der P-Konto-Fälle.
    Vorliegend ist die Schuldnerin etwas ge*scht, weil sie sich hat vertrösten lassen. Nun sollen ja grad die friedliebenden nicht bereits aufgrund dessen Rechtsnachteile erleiden.
    Ich würde - da die Insolvenzverwalterin sich gegen das schuldnerische Begehren wendet - zunächst einstweilen einstellen (ist hochstreitig, und dogmatisch auch nicht so einfach zu begründen aber: Maus you are the judge !).
    Anschließend würde ich dies in aller Ruhe entscheiden (oki, ich pers. würde freigeben; im Falle der Ablehung riskierst du einen Antrag nach 765a).
    Egel wie die Entscheidung ausfällt: von der Rechtskraft abhängig machen und nicht vergessen die Einstellung wieder aufzuheben.
    greez Def

    Äh, wieso ?
    §§ 36 Abs. 1 InsO, 850k Abs. 4 Satz 3, 732 Abs. 2 ZPO.

  • Darf ich hier gleichmal ein weiteres Thema aufmachen:

    Drittschuldner überweist Summe X auf das Konto, die den Sockelbetrag übersteigt. Schuldner beantragt Freigabe. Ich höre den Verwalter an. Der sagt, der (überschießende) Betrag ist nicht freizugeben. Das normale Gehalt liegt unterhalb des Sockelbetrags. Der Überschuss resultiert aus einer Bonuszahlung. Der Arbeitgeber ist der Ansicht, dass diese Bonuszahlung an Stelle Weihnachts- und Urlaubsgeld gezahlt wird und deshalb unpfändbar ist. Der Insolvenzverwalter hält das nicht für richtig und will jetzt über den Umweg P-Konto an das Geld. was mache ich denn da jetzt. Entscheide ich wirklich über die Pfändbarkeit (durch Freigabe oder Nichtfreigabe)? Ans Prozessgericht kann man ja nicht verweisen, oder ? Bin am Grübeln und hab einen Knoten im Kopp...

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Die Bonuszahlung ist - woran man denken könnte - kein Treugeld (§ 850a Nr. 2 3. Alt. ZPO), weil darunter nur Zuwendungen für Arbeitsjubiläen fallen (LG Würzburg, Beschluss vom 12.02.2010 - 9 T 2518/09).

    Unbeachtlich ist die Zahlung an Stelle Weihnachts- und Urlaubsgeld. Bei einer Bonuszahlung handelt es sich üblicherweise um eine Leistung, die dadurch veranlasst ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer am Betriebsergebnis (und letztlich seinem Anteil daran) partizipieren lassen will. Insofern fehlt hier die auf das Motiv Weihnachten bzw. Urlaub bezogene Zweckbestimmung, die wiederum für die Unpfändbarkeit maßgeblich ist.

    Ans Prozessgericht kann man ja nicht verweisen, oder ?

    Meiner Meinung nach keine Verweisung möglich, da es um die Pfändbarkeit im Rahmen der Zwangsvollstreckung geht und nicht um die Pfändbarkeit/Massezugehörigkeit außerhalb eines Vollstreckungsvorganges.

  • [/QUOTE]

    Äh, wieso ?
    §§ 36 Abs. 1 InsO, 850k Abs. 4 Satz 3, 732 Abs. 2 ZPO.[/QUOTE]

    Ich begründe dies auch so, ist aber wohl streitig, aber mir ejal :D

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    :daumenrau

  • Die Bonuszahlung ist - woran man denken könnte - kein Treugeld (§ 850a Nr. 2 3. Alt. ZPO), weil darunter nur Zuwendungen für Arbeitsjubiläen fallen (LG Würzburg, Beschluss vom 12.02.2010 - 9 T 2518/09).

    Unbeachtlich ist die Zahlung an Stelle Weihnachts- und Urlaubsgeld. Bei einer Bonuszahlung handelt es sich üblicherweise um eine Leistung, die dadurch veranlasst ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer am Betriebsergebnis (und letztlich seinem Anteil daran) partizipieren lassen will. Insofern fehlt hier die auf das Motiv Weihnachten bzw. Urlaub bezogene Zweckbestimmung, die wiederum für die Unpfändbarkeit maßgeblich ist.

    Ans Prozessgericht kann man ja nicht verweisen, oder ?

    Meiner Meinung nach keine Verweisung möglich, da es um die Pfändbarkeit im Rahmen der Zwangsvollstreckung geht und nicht um die Pfändbarkeit/Massezugehörigkeit außerhalb eines Vollstreckungsvorganges.

    Dem ist zuzustimmen, da die Pfändbarkeit der Bonuszahlung also solche durch das Prozessgericht zu entscheiden wäre (Masse oder nicht) der Anspruch auf die Bonuszahlung ist jedoch gegenüber dem Arbeitnehmer durch Erfüllung untergegangen; Gründe für eine Freigabe über das Konto bestehen nicht; eine etwaige Differenz kann sich der Verwalter beim Arbeitgeber erstreiten.

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  • Ok Ok, ich habe es befürchtet. Aber hätte nicht einer von Euch einfach mal schreiben können " Prozessgericht, ganz klar" ;)... Dann setze ich mich mal daran...

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  • Ich hatte einen ähnlichen Fall erst neulich. Da wurde allerdings eine Jahressonderzahlung gezahlt. Falls du die Rechtsprechung des BAG hierzu noch nicht kennst: BAG, 18.05.2016 - 10 AZR 233/15. Da kann man ne Menge rausziehen.

    Ich sehe es wie die Vorredner; eine Bonuszahlung ist keine Zahlung aus Anlass von Weihnachten, sondern eher eine Art Leistungsprämie.

  • Doch, die hatte ich auch. Für mich war eher das Problem, dass das wahre Problem auf mich verlagert wird. Eigentlich hätte der Verwalter ja schon die Klärung an der Quelle vollziehen müssen. Denn der wahre Streit läuft ja bei der Gehaltszahlung. Aber nun gut, nachdem Ihr alle mich festgenagelt habt ;)...

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  • Wenn man die Bonuszahlung nicht als Weihnachtsgeld wertet, so wäre aber dem Schuldner-Antrag wohl dennoch teilweise zu entsprechen: Einkommen regulär + Boni dürfte nach der Tabelle zwar einen pfändbaren Betrag, aber auch einen unpfändbaren Betrag ergeben, der einmalig für diesen Monat höher als der gesetzliche Sockelfreibetrag ist.

    Also Antrag nur teilweise begründet nach 36 mit k4 / c3, im übrigen unbegründet, weil nicht a4.

  • Wenn man die Bonuszahlung nicht als Weihnachtsgeld wertet, so wäre aber dem Schuldner-Antrag wohl dennoch teilweise zu entsprechen: Einkommen regulär + Boni dürfte nach der Tabelle zwar einen pfändbaren Betrag, aber auch einen unpfändbaren Betrag ergeben, der einmalig für diesen Monat höher als der gesetzliche Sockelfreibetrag ist.

    Also Antrag nur teilweise begründet nach 36 mit k4 / c3, im übrigen unbegründet, weil nicht a4.

    Jo, so war es hier auch vorgesehen bzw. beantragt.

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  • Wenn man die Bonuszahlung nicht als Weihnachtsgeld wertet, so wäre aber dem Schuldner-Antrag wohl dennoch teilweise zu entsprechen: Einkommen regulär + Boni dürfte nach der Tabelle zwar einen pfändbaren Betrag, aber auch einen unpfändbaren Betrag ergeben, der einmalig für diesen Monat höher als der gesetzliche Sockelfreibetrag ist.

    Also Antrag nur teilweise begründet nach 36 mit k4 / c3, im übrigen unbegründet, weil nicht a4.

    Jo, so war es hier auch vorgesehen bzw. beantragt.

    entgegen früher geäußerter Ansicht komme ich dazu, dass die Bonuszahlung grds. pfändbar ist.

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