Anfechtung/Schuldenbereinigungsplan

  • Folgender Fall:

    Ein Insolvenzgläubiger kommt der Zahlungsaufforderung des IV gemäß § 130 InsO nicht nach. Die ihm vom Schuldner kurz vor der Insolvenzeröffnung erbrachten Zahlungen seien nicht anfechtbar. Seine Kenntnis vom Schuldnerenigungsplan vor der Insolvenzeröffnung habe ihn nicht unbedingt annehmen lassen müssen, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist. Dies begründet er damit, dass die im Schuldenbereinigungsplan aufgeführten Verbindlichkeiten des Schuldners kein Fälligkeitsdatum enthalten hätten. Wie seht ihr das?

    Gemäß [FONT=&quot]BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, sehe ich das anders als der Gläubiger.[/FONT]

  • Ich sehe es so, dass niemand, der nicht wirklich in entsprechenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist, ein Schuldenbereinigungsverfahren anstrebt.

    Ein solches dürfte damit eine Tatsache sein, welche zwingend auf eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hinweist.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Schwenke mal um auf §133 InsO und nimm mal dies: IX ZR 65/14.

    Hmm,,, § 133 InsO bei kongruenter Deckung ist zwar möglich, aber etwas schwieriger.
    Laut Hamburger Kommentar werden bei kongruenter Deckung erhöhte Anforderungen an den Benachteiligungsvorsatz gestellt.Nachzuweisen sei dann, dass es dem Schuldner weniger auf die Erfüllung seiner Vertragspflichten als vielmehr auf Schädigung der anderen Insolvenzgläubiger ankam.

    Deswegen beschränke ich mich auf § 130 InsO...hier reicht aber leider die Kenntnis einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht aus, vielmehr muss die Zahlungsunfähigkeit vorgelegen haben. Und jetzt habe ich Zweifel, ob es ausreicht, wenn man den Anfechtungsgegner bzgl. des Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit auf den Schuldnenbereinigungsplan hinweist. Vom Bauchgefühl würde ich natürlich ja sagen.

  • als vielmehr auf Schädigung der anderen Insolvenzgläubiger ankam.

    Nein - so absolut kann man das nicht sehen. Denn die Absicht, seine Gläubiger zu schädigen, ist gerade keine Voraussetzung des § 133 Abs. 1 InsO. Du hast natürlich Recht, dass es dem Gläubiger bei kongruenten Deckungen eher darauf ankommen wird, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Aber es gibt auch genügend Fallgruppen, in denen das eben nicht der Fall ist. Zwangsvollstreckung und Abwendung von Zwangsvollstreckung sind die vordergründigen Fälle.

    Wenn ich weiß, dass ich pleite bin, weiß ich doch auch, dass ich nicht allen meinen Verbindlichkeiten nachkommen kann. Oder hatten hier alle Gläubiger einem Plan zugestimmt und wurden auch gleichmäßig befriedigt?

    Im Übrigen gibt es zu jedem Schuldenbereinigungsplan ein Anschreiben, aus denen die Hintergründe und Absichten des Insolvenzschuldners hervorgehen dürften.

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  • als vielmehr auf Schädigung der anderen Insolvenzgläubiger ankam.

    Nein - so absolut kann man das nicht sehen. Denn die Absicht, seine Gläubiger zu schädigen, ist gerade keine Voraussetzung des § 133 Abs. 1 InsO. Du hast natürlich Recht, dass es dem Gläubiger bei kongruenten Deckungen eher darauf ankommen wird, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Aber es gibt auch genügend Fallgruppen, in denen das eben nicht der Fall ist. Zwangsvollstreckung und Abwendung von Zwangsvollstreckung sind die vordergründigen Fälle.

    Wenn ich weiß, dass ich pleite bin, weiß ich doch auch, dass ich nicht allen meinen Verbindlichkeiten nachkommen kann. Oder hatten hier alle Gläubiger einem Plan zugestimmt und wurden auch gleichmäßig befriedigt?

    Im Übrigen gibt es zu jedem Schuldenbereinigungsplan ein Anschreiben, aus denen die Hintergründe und Absichten des Insolvenzschuldners hervorgehen dürften.

    Naja, das mit dem Schädigungswillen bei einer kongruenten Deckung im Rahmen des § 133 InsO steht so im Hamburger Kommentar.

    Im vorliegenden Fall beruft sich der Anfechtungsgegner jedenfalls darauf, dass im Schuldenbereinigungsplan kein Fälligkeitsdatum bei den aufgelisteten Verbindlichkeiten dabeistand. Daher habe man nicht zwingend auf das Vorliegen einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit schließen müssen. § 131 Inso ziehe daher nicht. Ferner sei ein Schuldenberenigungsplan nur das"Behaupten" des Schuldners, er sei zahlungsunfähig. Diese müsse im Falle der Anfechtung durch den IV aber ersteinmal positiv nachgewiesen werden. Ein Verweis auf den Schuldenbereinigungsplan im Vorfeld der Insolvenzeröffnung sei daher nicht ausreichend.

  • @ fresh: Nur damit wir uns nicht falsch verstehen, geht es um das Vorliegen einer obj. Zahlungsunfähigkeit oder die Kenntnis des Gläubigers davon?

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  • ...
    Laut Hamburger Kommentar werden bei kongruenter Deckung erhöhte Anforderungen an den Benachteiligungsvorsatz gestellt.Nachzuweisen sei dann, dass es dem Schuldner weniger auf die Erfüllung seiner Vertragspflichten als vielmehr auf Schädigung der anderen Insolvenzgläubiger ankam.
    ...


    Nun ist ja nicht der Hamburger Kommentar das Maß der Dinge, sondern die Rechtsprechung des BGH. Dort wird das anders gesehen.

    Aber zum eigentlichen Problem zurück:
    Die objektive wird ja wohl nachzuweisen sein, notfalls mit Liquiditätsgutachten, wenn die Indizrechtsprechung des BGH nicht hilft. Also kann es wohl nur um die Kenntnis des Gläubigers gehen. Habt Ihr wirklich nur das Anschreiben zum Schuldenbereingungsplan? Sonst nichts?

    Alleine das Anschreiben würde mir wohl reichen, wenn dort entsprechend deutliche Aussagen drin sind. Falls die nicht enthalten sind, dann würde es mir nicht reichen, wenn der Zahlungsverkehr zu diesem Kunden absolut unauffällig wäre. Aber wenn noch Auffälligkeiten im Zahlungsverkehr dazu kommen ...


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • @ AndreasH:
    Wirklich :eek:, ich meine, ein Schuldenbereinigungsversuch spricht doch auch ohne deutliche Worte für sich! Wobei gelegentliche Schuldenbereinigung sicherlich ein interessantes Geschäftsmodell ist.

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  • Wenn es sonst nichts gibt und das Anschreiben auch nichts her gibt? Nö.

    Schließlich kann ein vernünftiger Mensch auch auf die Idee kommen, eine Schuldenbereinigung zu versuchen, bevor ihm alles über den Kopf gewachsen ist.

    Stell Dir z.B. mal jemanden vor, der im Inland bewältigbare Schulden hat, aber hier seine Zelte geordnet abbrechen will und nicht lauter offene Verbindlichkeiten hinter sich lassen will, wenn er dann auswandert.

    Nicht missverstehen: Ich würde die Messlatte möglicherweise nicht allzu hoch legen für die zusätzlichen Momente, weil der auswanderungswillige Gutschuldner kein häufiger Fall ist. Aber ganz ohne? ... Die Messlatte heißt "zwingend" und "richterliche Überzeugungsbildung", d.h. nicht die plausiblere Möglichkeit reicht aus, sondern es müssen vernünftige Zweifel ausgeschlossen sein. Nur verdrängbare Restzweifel dürfen bleiben.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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