Ablehnung der PKH bei unrichtigen Angaben

  • Ich bin mit der Vorprüfung der PKH beauftragt.

    Der Kläger, dem PKH bewilligt wurde, beantragt PKH für eine Klageerweiterung. Bei der Prüfung stellt sich raus, dass er offensichtlich falsche Angaben gemacht hat.

    Klar, die PKH hebe ich auf.

    Ich will aber auch die PKH für die Klageerweiterung ablehnen. Es gab mal Entscheidungen, die gesagt haben, bei offensichtlich falschen Angaben darf ich die PKH zurückweisen.

    Die gegenteilige Entscheidung des BGH ist mir bekannt. Da ich beim ArbG bin, halte ich die für mich nicht für maßgeblich, da hier weder Anwaltszwang besteht, noch Kostenvorschüsse erhoben werden.

    Hat da jemand mal eine Entscheidung ? Ich finde die nicht..

  • Möglicherweise meinst Du das (betagte) LAG Hamm, Beschl. v. 18.03.2003, - 4 Ta 446/02:

    "Als Umkehrschluß aus § 124 Nr 2 ZPO folgt, daß die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe von vornherein versagt werden kann, wenn die PKH-Partei unrichtige Angaben über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse macht. In einem solchen Falle muß die Kausalität der unrichtigen Angaben für die gerichtliche Entscheidung gegeben sein, so daß bei analoger Anwendung von § 124 Nr 2 ZPO unrichtige Angaben für die Entscheidung unwesentlichen Punkte keine Versagung der Prozeßkostenhilfe rechtfertigen können."

    "Mein" LAG hat sich einigermaßen aktuell dem BGH angeschlossen: LAG B-B, Beschl. v. 11.02.2016, - 10 Ta 85/16:

    "Im PKH-Bewillingungsverfahren kommt eine analoge Anwendung des § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht in Betracht. Die Ablehnungsgründe sind abschließend in § 118 Abs. 2 ZPO aufgeführt. [...]
    Würde man den Rechtsgedanken des § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO aber bereits im Bewilligungsverfahren anwenden und Verfahrenskostenhilfe wegen falscher Angaben versagen, ergäbe sich eine deutlich weiter reichende Folge, nämlich dass das beabsichtigte gerichtliche Verfahren überhaupt nicht geführt werden kann, letztendlich also der Zugang zum Rechtsschutz insgesamt versagt oder zumindest erheblich beeinträchtigt wird.[...]
    Die Versagung des Zugangs zum Rechtsschutz kann deswegen jedenfalls nicht im Wege der Analogie zu einer Vorschrift hergeleitet werden, die nicht das Ziel der Versagung des Rechtsschutzes verfolgt, sondern den Rechtsgrund für das Behaltendürfen einer bereits bewilligten (Sozial-)Leistung beseitigt. Daher kommt eine analoge Anwendung des § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO im Bewilligungsverfahren zur Prozesskostenhilfe nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 19. August 2015 – XII ZB 208/15). Die Versagungsgründe wegen unzureichender Mitwirkung im Bewilligungsverfahren sind insoweit durch § 118 Abs. 2 ZPO abschließend geregelt. Sie beschränken sich auf die Anordnung der Vorlage von Unterlagen, der Beantwortung von Fragen und deren Glaubhaftmachung."

    gT

  • Moment, das geht mir zu schnell:

    Eine Partei macht Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse. Dann wird sie, aus welchem Grund auch immer, aufgefordert, bestimmte Angaben glaubhaft zu machen und/oder ergänzende Unterlagen vorzulegen. Dabei stellt sich heraus, dass ihre bisherigen Angaben unzutreffend waren.

    Da gibt es nun zwei Möglichkeiten: Hat sie sich zu ihren Ungunsten geirrt, dann sind die für sie günstigeren Angaben zu berücksichtigen. Hat sie sich aber, wie eher üblich, zu ihren Gunsten geirrt, dann sind ihre früheren Angaben eben nicht glaubhaft gemacht. Diese früheren Angaben können dann bei der Bewilligung nicht berücksichtigt werden. Und das hat mit § 124 ZPO analog nicht das geringste zu tun, das ist Kernbereich des § 118 ZPO.

    Problematisch sind nur zwei Konstellationen:
    a) Auch mit den neuen Angaben bestünde noch Anspruch auf PkH - nur eben ungünstiger, d.h. Raten statt ratenfrei oder höhere statt niedrigerer Raten. In der Praxis lässt sich das Problem zum Teil lösen, indem man die Angaben systematischer prüft und dann wieder auf "fehlerhafte" Angaben stößt. Dann sind auch die neuen Angaben nicht glaubhaft gemacht und es gibt eben doch keine PkH. Nur wenn die neuen Angaben sich als richtig herausstellen, dann muss man eben gewähren (und dann war es vielleicht wirklich ein Irrtum, und keine Lüge).
    b) Es stellt sich erst nach PkH-Gewährung heraus, dass die Angaben falsch waren. Dann ist man aus § 118 ZPO heraus, aber dafür mitten in § 124 ZPO.

    Störtebecker hatte aber doch den Fall, dass er (auch) in der Vorprüfung der Erweiterung der PkH war. Und dabei haben sich die falschen Angaben herausgestellt. Also zückt er jetzt die Karte der Glaubhaftmachung der Angaben und schaut dann mal, was dabei herauskommt (siehe oben). Und § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist da ganz knochentrocken: Glaubhaftmachung gelingt nicht bedeutet Ende des PkH-Verfahrens.

    Ich habe schon mehr als einen PkH-Antrag mit (obergerichtlicher Billigung) abgelehnt, weil bei Antrag und zwei Nachfragen (jeweils mit Hinweis auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO) drei verschiedene Ergebnisse präsentiert wurden und somit keine Basis dafür vorhanden war, dass man den Angaben irgendwie hätte glauben dürfen.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Es war hier nicht von einem Irrtum auszugehen, sonst wäre ich nicht so.

    Es liegt eine eV vom sagen wir mal 25.05. vor, dass vom Verkauf von Gegenständen gelebt wird.

    Nun wird bei der Klageerweiterung versichert (leider keine e.V.), dass die Einkommensituation unverändert ist.

    Auf Nachfrage stellt sich raus, dass seit dem 01.06. ein Arbeitsverhältnis bestand.

    Da ich nicht einfach so zur Tür reingehe und sage, ich will arbeiten, war das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der e.V. schon angebahnt.

    Klar, die bewilligte PKH wird aufgrund der Nichtmitteilung aufgehoben, aber ich will für die Klageerweiterung nicht bewilligen.

  • Meiner Meinung nach (das habe ich oben vielleicht nicht deutlich genug ausgeführt) wäre PkH für die Klageerweiterung zu gewähren, falls

    a) unter den Bedingungen des Arbeitsverhältnisses PkH drin ist (muss durchgerechnet werden) und
    b) Du den entsprechenden Angaben des Antragstellers hinreichend vertrauen kannst, nach gehöriger Prüfung und Veranlassung der Glaubhaftmachung etc.

    "b" ist ev. der Knackpunkt, denn wenn Du auf Nachfrage ausweichende Antworten bekommst, nicht alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt werden oder wieder eine belegbare Falschangabe dabei ist, dann kann "b" eben nicht erreicht werden.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


    Nachtrag: Dazu kann man ja mal Kontoauszüge aller Konten für das letzte Jahr anfordern und prüfen. Dann sieht man ggf. ob die Ausgaben den ausgewiesenen Einnahmen entsprechen. Wenn jemand offiziell 800,- Euro im Monat Einnahmen hat, aber zweimal im Monat beim örtlichen Feinkosthändler für je 300,- Euro abbuchen lässt, dann stimmt etwas nicht. Wenn Abbuchungen auf ein Konto gehen, das nicht aufgedeckt wird, dann stimmt etwas nicht. Ständige Barabhebungen erheblichen Umfangs können Nachfragebedarf nach deren Verwendung auslösen ...

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (13. Dezember 2016 um 21:39) aus folgendem Grund: Nachtrag

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!