Auszahlungsanordnung des Nachlassgerichts

  • Liebe Rechtspflegerforum-Community,

    ich habe einen Sachverhalt, den ich so noch nicht in den bereits vorhandenen Forum-Threads gefunden habe. Falls sowas doch schon einmal diskutiert wurde, bitte ich um eine Verlinkung zu dem Thread.


    Meine Erblasserin ist ohne Testament oder Angehörige verstorben. Sie hat ein wenig Bankvermögen auf einem Girokonto und Sparbuch hinterlassen. Die Stadt hat die Beerdigungskosten übernommen und fordert diese nun ein. Das Guthaben auf Girokonto und Sparbuch zusammengerechnet übersteigt die Beerdigungskosten.

    Ich beabsichtige nun, nachlassgerichtlich die Bank gem. §1960 BGB anzuweisen, die Beerdigungskosten zu bezahlen und den Restbetrag zu hinterlegen. Ich will hierfür nicht extra eine Nachlasspflegschaft anordnen.

    Ich beziehe mich dabei auf die Entscheidung des OLG Rostock vom 25.10.2012, Az. 3 W 155/12 (BeckRS 2013, 10207).

    Meine Frage ist verfahrenstechnischer Natur.
    Muss ich vor meiner Anordnung einen Verfahrenspfleger für die unbekannten Erben bestellen?
    Und muss ich vor Anordnung die Beteiligten (Bank, Stadt) schriftlich anhören?


    Haltet ihr es gar für sinnvoller, die Bank anzuweisen, erstmal alles zu hinterlegen und danach nachlassgerichtlich die Hinterlegungsabteilung anzuweisen, das hinterlegte Geld in Höhe der Beerdigungskosten an die Stadt herauszugeben?

    Mit freundlichen Grüßen

  • Diese Auszahlungsanordnung halte ich persönlich für schwierig (es gibt dazu schon verschiedene Diskussionen hier).

    Ich löse so etwas anders: Anordnung der Hinterlegung, denn das ist von § 1960 BGB sicher gedeckt. Dann - wie du hier sagst, sind keine Erben/Angehörigen vorhanden - nach Aufgebotsverfahren Staatserbrecht feststellen. Bei uns kommt dann immer ein Erbscheinsantrag, der Erbschein wird erteilt, und der Fiskus kann sich an die Hinterlegungsstelle wenden und so auch die Beerdigungskosten der Stadt bezahlen.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • noomi: Ohne vorherige Ermittlungen wird das Fiskalerbrecht festgestellt?

    Ich habe den Sachverhalt so gedeutet dass diese hier bereits erfolgt sind ("ohne Testament oder Angehörige"). Bei höherem Vermögen stellt sich ja auch die Frage, ob nicht ein Nachlasspfleger zu bestellen wäre. Aber in den Fällen, in denen nicht einmal - oder gerade so - die Beerdigungskosten gedeckt sind und niemand bekannt, ist Fiskuserbrecht die praktikabelste - und rechtlich saubere - Lösung.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • s.o.

  • Vielen Dank für die Antworten!

    Dass die Auszahlungsanordnung grundsätzlich hier im Forum schon oft diskutiert wurde, habe ich schon festgestellt. U.a. in diesem Thread wurde dargelegt, dass die Auszahlungsanordnung grundsätzlich möglich sein muss.

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…Nachlassgericht


    Für die Auszahlungsanordnung hatte ich mich daher schon entschieden - Meine Frage zielte daher auch auf die Verfahrensweise ab. Die Angaben über den Nachlass habe ich aus dem Betreuungsvorgang entnommen. Aus diesem ergibt sich übrigens auch, dass keine Angehörigen vorhanden sind.

    Ist Anordnung der Hinterlegung, Aufgebot der Erben, Feststellung des Fiskuserbrechts und Erbscheinsverfahren nicht zu viel des Guten?

    MfG

  • Ich sehe hier keinen Grund, Erben aufzubieten und das Fiskuserbrecht festzustellen. Mit der Auszahlungsanordnung erreicht man dasselbe Ziel, nämlich dass die Stadt die verauslagten Beerdigungskosten bekommt und der restliche Nachlass - sofern er so gering ist, dass eine Erbenermittlung untunlich ist - hinterlegt wird. Letzteres müsste schon angeordnet werden.

  • Da bin ich echt gespannt, ob deine Bank deine Anordnungen (egal ob Auszahlung an die Stadt oder Hinterlegung) akzeptiert. Hier sind sie nicht mehr dazu bereit. Daher ist der saubere und wirklich einfache Weg Feststellung des Fiskalerbrechts. Da ist das Gericht und die Bank abgesichert.

  • Unter

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…rdnung+Nachlass

    Oder https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…rdnung+Nachlass

    Oder oder oder
    .... Die Suchfunktion gibt einiges her.
    Generell verweisen die Befürworter der Ermächtigung auf §§1915, 1846 BGB. Ich halte das aber wie gesagt nicht für den rechtlich sauberen Weg.

    Gegenüber der Bank handelt der NLP der hier ja als Vertreter der unbekannten Erben, es ist gerade seine Aufgabe, sich um sowas zu kümmern (insofern er Vermögensverwaltung von seinem Aufgabenkreis umfasst ist, aber wann ist das nicht so), man beachte ggfs Genehmigungspflichten, die über §1915 BGB für den NLP gelten.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • @ Sersch
    wobei in der von mir anfangs angeführten Entscheidung des OLG Rostock erläutert wird, dass die Bank gegen eine solche Anordnung nicht beschwerdeberechtigt ist.

    Ehrlich gesagt wundere ich mich darüber, dass sich gegen die Anordnung geweigert wird. Denn eine Auszahlungsanweisung ist doch genauso wie die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft eine von mir gem. § 1960 BGB zu prüfende Maßnahme und nicht Sache der Bank.

    Wenn die Bank die Auszahlung verweigert, werde ich den Zahlungsberechtigten ggf. auf die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs gegen die Bank verweisen.

  • Wenn wir uns danach richten würden, was die Banken einsehen oder nicht, könnten wir unsere Tätigkeit weitgehend einstellen. Die Banken meinen - unterstützt durch über zweifelhafte Rechtskenntnisse verfügende Bedienstete der Rechtsabteilungen -, sie wären befugt, ihre Sicht der Dinge an die Stelle der maßgeblichen Sicht des Gerichts zu setzen.

    Über die Auszahlungsanordnung als solche ist im Forum schon viel geschrieben worden. Das OLG Hamm und das OLG Rostock sowie der überwiegende Teil des Schrifttums halten sie - zu Recht - für zulässig und damit hat es zur Vermeidung von überflüssigen und auch ermüdenden Wiederholungen sein Bewenden.


  • Wenn die Bank die Auszahlung verweigert, werde ich den Zahlungsberechtigten ggf. auf die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs gegen die Bank verweisen.

    Und wenn sie sich weigert und auf deinen Rat der Auszahlungsberechtigte klagt - und verliert (soll vorkommen!), dann wendet er sich an dich wegen falscher Sachbearbeitung. Von meinen OLG gibt's z.B. diesbezüglich meines Wissens noch keine Entscheidung.

  • Ich bin ja gespannt, ob man der Bank dann endlich ein Rechtsmittel zugesteht ...
    Aus Sicht der Bank wird die Sache problematisch, wenn sie Gegenrechte gegen den Erblasser hatte. Diese Rechte können nicht durch einen Beschluss des Nachlassgerichts ausgehebelt werden, der nichts mehr bewirken kann als eine Ersetzung der Willenserklärung des Kunden.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!