Grundschuld für noch nicht bestimmten Nacherben

  • Hallo zusammen,

    so etwas hatte ich noch nie :eek::

    Es soll eine Grundschuld eingetragen werden für einen Abkömmling des Vorerben, der nach dessen Bestimmung die Erbfolge antreten soll.
    Hintergrund ist, dass der Vorerbe einen Teil des Grundstücks veräußert hat, und der Anspruch des Nacherben aus dem Erlös so gesichert werden soll.
    Dass der Vorerbe die Person des Nacherben unter seinen Abkömmlingen bestimmen soll, ergibt sich auch aus dem Nacherbenvermerk.

    Ist so eine Grundschuld eintragungsfähig?
    Ich meine nicht, weil gem. § 15 GBVfg nur natürliche oder juristische Personen als Berechtigte eingetragen werden können.
    Die Person ist hier nicht bestimmt.

    Kann mir jemand weiterhelfen?

  • Das Problem liegt an anderer Stelle, nämlich darin, dass dem Vorerben wegen § 2065 Abs. 2 BGB nicht wirksam gestattet werden kann, den Nacherben aus einem bestimmten Personenkreis auszuwählen. Es ist also entweder der dies gleichwohl beinhaltende Erbschein falsch oder der Eintragung der Erbfolge liegt ein notarielles Testament zugrunde, bei welchem der Grundbuchrechtspfleger das Problem anlässlich der Eintragung der Erbfolge (samt Nacherbenvermerk) nicht gesehen hat.

  • Danke, Cromwell. Darauf wäre ich allein nicht gekommen :oops:.
    Dann werde ich die Eintragung der Grundschuld ablehnen und drauf hinweisen, dass das Grundbuch bzgl. des Nacherbenvermerks falsch ist.

  • Ich denke nicht, dass das schon die vollständige Problemlösung ist, weil die rechtliche Unmöglichkeit im Hinblick auf die Person des Grundbuchgläubigers aus der materiellen Rechtslage im Hinblick auf die Nacherbfolge resultiert, die im Nacherbenvermerk offenbar unrichtig verlautbart ist.

    Wurde die Erbfolge aufgrund eines Erbscheins eingetragen, wäre beim Nachlassgericht die Einziehung des Erbscheins anzuregen und wurde aufgrund notariellen Testaments eingetragen, wäre über die Berichtigung des Nacherbenvermerks nachzudenken - wobei offen erscheint, was anstelle der ungültigen Bestimmungen gelten soll.

    Einen diesbezüglich besonders gelagerten Einzelfall hat das OLG München entschieden: OLG München Rpfleger 2016, 417 = FamRZ 2016, 1490 = ZEV 2016, 390.

  • Die Erbfolge ist aufgrund eines Hoffolgezeugnisses eingetragen. Dann werde ich mal beim Landwirtschaftsgericht anregen, dasselbe einzuziehen.

  • Die Erbfolge ist aufgrund eines Hoffolgezeugnisses eingetragen. Dann werde ich mal beim Landwirtschaftsgericht anregen, dasselbe einzuziehen.

    Im Höferecht gibt es eine Ausnahme von § 2065 BGB (s. Litzenburger im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Stand: 01.11.2016 § 2065 RN 3, Schmidt in Erman BGB, Kommentar, 14. Auflage 2014, § 2064 RN 3; Otte im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 2065 RN 14; Hermann, Hoferbenbestimmungsrecht nach § 14 III HöfeO und Erbenbenennung nach § 2065 II BGB“, FamRZ 1995, 1396 ff: …“Im vorliegenden Fall hätte sich damit die Prüfung des § 2065 II BGB erübrigt, ja sogar ausgeschlossen, da § 14 III HöfeO auch in analoger Anwendung als lex specialis vorgeht. Daran scheint der BGH in dem genannten Beschluss von 1966 auch gedacht zu haben, wenn er aus dem Fehlen von Richtlinien zur Erbendrittbestimmung in der letztwilligen Verfügung gerade für die Auswahl folgerte, daß § 2065 II BGB nicht anwendbar sein sollte, sondern allein die HöfeO zur Beurteilung des Falles in Betracht komme..“


    Der Leitsatz des Beschlusses des BGH vom 17.03. 1966, V BLw 48/65, lautet:

    „§ 14 Abs. 3 HöfeO ist entsprechend anzuwenden, wenn der Hofeigentümer durch Verfügung von Todes wegen einen Hoferben eingesetzt und gleichzeitig dem überlebenden Ehegatten die Befugnis erteilt hat, unter den Abkömmlingen des Eigentümers den Hof erben zu bestimmen.

    Daher kann der Erblasser dem Hofvorerben die Bestimmung des Hofnacherben aus einem eng begrenzten Personenkreis überlassen.

    Die Orientierungssätze aus dem Beschluss des OLG Köln, Senat für Landwirtschaftssachen, vom 01.02.1994, 23 WLw 20/93, lauten:

    1. Gehört zum Vermögen einer Ehefrau eine Hofstelle und ist im Erbvertrag der Ehegatten bestimmt, dass der Ehemann - im Falle des Vorversterbens der Ehefrau - Hofvorerbe sein soll, ist die weitere Regelung, wonach der Ehemann berechtigt sein soll, unter den Abkömmlingen der Ehefrau einen Hofnacherben zu bestimmen, mit BGB § 2065 Abs 2 vereinbart, auch wenn keine näheren Auswahlkriterien festgelegt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn angesichts der familiären und bäuerlichen Lebensverhältnisse selbstverständlich war, daß der überlebende Ehemann und Hofvorerbe den Hofnacherben unter Anwendung derjenigen Maßstäbe auszuwählen hatte, die sonst ein Bauer bei Wahl des Hoferben anzuwenden pflegt, also danach, welcher Abkömmling geeignet und in der Lage wäre, den Hof ordnungsgemäß zu bewirtschaften.

    2. Aus HöfeO § 14 Abs 3 läßt sich eine Befugnis zur Auswahl des Hofnacherben nicht - auch - herleiten. Eine Anwendung dieser Vorschrift kommt nicht in Betracht, wenn der Ehegatte - wie hier - aufgrund der letztwilligen Verfügung selbst Hofvorerbe geworden ist.

    Ich denke daher nicht, dass es zur Einziehung des Hoffolgezeugnisses kommt.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke, Prinz, für Deine ausführliche Antwort.

    @ Cromwell:

    Sorry, dass ich die Tatsache, dass es sich um einen Hof handelt, zunächst nicht mitgeteilt habe. Ich dachte nicht, dass das einen Unterschied macht. Jetzt habe ich wieder was gelernt...
    Also müsste die Grundschuld so eintragungsfähig sein?
    Ich habe immer noch etwas Probleme mit der Bestimmtheit der berechtigten Person. Sie ist ja lediglich bestimmbar.

  • ...
    Also müsste die Grundschuld so eintragungsfähig sein?
    Ich habe immer noch etwas Probleme mit der Bestimmtheit der berechtigten Person. Sie ist ja lediglich bestimmbar.

    Da im Höferecht der Vorerbe die Person des Nacherben bestimmen kann (BGH vom 17.03. 1966, V BLw 48/65) und eine Grundschuld auch zugunsten unbekannter Erben eingetragen werden kann (KGJ 36, A 226, 229, zitiert bei Rohe im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Stand: 01.11.2016, § 1115 BGB RN 9; Reischl im jurisPK-BGB, 7. Auflage 2014, Stand 01.10.2014, § 1115 RN 7; Wolfsteiner im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, Einleitung zu §§ 1113 ff BGB, RN 91 mwN) könnte ich mir zwar vorstellen, dass die Eintragung „zugunsten der noch unbekannten Nacherben nach dem am…verstorbenen Erblasser…“ möglich ist.

    Das BayObLG führt im Beschluss vom 27. 6. 1958 - BReg. 2 Z 30 und 31/58, aus: „Die Rspr. hat den praktischen Bedürfnissen Rechnung getragen und eine hinreichende Bezeichnung des Berechtigten dann noch bejaht, wenn als Gläubiger der Hypothek die künftigen Abkömmlinge oder die noch unbekannten Erben einer namentlich bezeichneten Person eingetragen werden sollen (RGZ 72, 40; KG, RJA 2, 241; KGJ 29 A 155; 42 A 224; KG, JW 31, 544 mit Anm. von Rosenberg; vgl. auch BayGBÄDA § 262; Planck-Strecker, 5. Aufl. Erl. 2 b zu § 1115 S. 986; Mot. III, 641)…“

    Allerdings führt das BayObLG am Schluss der Entscheidung aus (Hervorhebung durch mich):

    Von einer genügenden Bezeichnung der Gläubiger der Hypothek kann aber im vorl. Falle - auch nach der eigenen Meinung der BeschwF - nicht mehr gesprochen werden, weil nach der Vertragsurkunde v. 28. 3. 1937 als Dritte die Erben der Verkäuferin oder die sonst etwa von ihr bestimmten Personen in Frage kämen.“

    Das entspricht der Wertung bei Lieder im Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 1113 RN 22: „..Es genügt daher nicht, wenn ein falsus procurator für eine erst später zu bestimmende Person tätig wird.45 Das widerspricht der Wertung des § 1113 Abs. 2 und der Systematik des Hypothekenrechts, die ein rangsicherndes Grundpfandrecht zugunsten einer unbestimmten Person nicht kennt…
    45 Staudinger/Wolfsteiner (2015) Einl. §§ 1113 ff. Rn. 74; aA Danielewski/Dettmar WM 2008, 713 (716).“

    Wolfsteiner führt an der angegebenen Fundstelle aus: „Das Grundpfandrecht erfordert eine individuelle und individualisierte Person als Gläubiger (s zum noch nicht existierenden Gläubiger unten Rn 90). Die Bestimmung des Gläubigers kann keinesfalls einem Dritten überlassen werden, auch nicht in der Form, dass ein Vertreter ohne Vertretungsmacht für noch unbestimmte Personen auftritt, deren Identität erst durch spätere Bestimmung des Vertreters und dann durch die Genehmigung des Vertretenen bestimmt wird (aA Danielewski/Dettmar WM 2008, 713). Ein rangwahrendes Grundpfandrecht, das nicht einer bestimmten Person zusteht, kennt das BGB nicht..“

    Daher sieht Wolfsteiner in RN 91 eine solche Gestaltung durch § 1113 Absatz 2 BGB nicht gedeckt, denn (Zitat) „§ 1113 Abs 2 geht davon aus, dass eine gegenwärtige Einigung über eine Hypothek für eine künftige oder bedingte Forderung möglich ist. Im Fall der (noch) nicht existierenden Person, von der zudem ungewiss ist, ob sie je entstehen wird, ist das - wie im Fall des verdeckt nichtexistenten Gläubigers - nicht möglich…“

    Und die Frage, ob die Gläubigerin je existent wird, würde sich auch bei einer Konstellation stellen, wie sie im Beschluss des OLG Hamm vom 23.10.2014, 10 W 71/14, wiedergegeben ist. Das OLG Hamm führt aus: „Es besteht zum einen die Möglichkeit, dass der Beteiligten zu 1. mit Eintritt des ins Auge gefassten Nacherbfalls die Stellung als endgültige Hoferbin gemäß § 8 I s HöfeO a. F. zugefallen sein wird, weil weitere Hof(nach)erben - die den gesetzlichen Anforderungen aus § 8 I 2 HöfeO a. F. entsprechen - dann nicht mehr vorhanden sind…“

    Auch im Fall des OLG Hamm, Beschluss vom 24.08.2015, 10 W 5/15, schied der vorgesehene Nacherbe wegen fehlender Wirtschaftsfähigkeit zum Zeitpunkt des Erbfalls gemäß §§ 7 Abs.1 S.2, 6 Abs.6 S.1 HöfeO als Hoferbe aus.

    Dem Beschluss lag folgende testamentarische Bestimmung zugrunde (Hervorhebung durch mich) „„Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein, mit der Maßgabe, dass der Erstversterbende vom Überlebenden voll und ganz beerbt (wird). Hinsichtlich des uns gehörigen Hofes soll jedoch die überlebende Ehefrau Hofesvorerbin werden, da der Hof vom erschienenen Ehemann stammt. Die überlebende Ehefrau hat in diesem Falle das Recht, den Nacherben unter unseren gemeinschaftlichen Abkömmlingen auszuwählen und zu bestimmen

    Wie das OLG Hamm ausführt, hatte das das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - unter Verkennung des inzwischen in Kraft getretenen § 8 Abs.1 HöfeO n. F. einen Erbschein nebst Hoffolgezeugnis mit dem Inhalt erteilt, dass die überlebende Ehegattin Alleinerbin des hoffreien Vermögens und Hofesvorerbin des Ehegattenhofes geworden sei, mit dem Recht, den Nacherben unter den gemeinschaftlichen Abkömmlingen auszuwählen und zu bestimmen.

    Später zog das Amtsgericht das Hoffolgezeugnis vom 11.08.1989 als unrichtig ein und erteilte mit Beschluss vom 28.11.2011 ein neues Hoffolgezeugnis mit dem Inhalt aus, dass die Erblasserin hinsichtlich des Anteils ihres am 19.04.1989 verstorbenen Ehemannes (Allein-) Hoferbin geworden sei.

    Zu dem als Nacherbe bestimmten Beteiligten zu 2. führt das OLG Hamm aus. „Der Beteiligte zu 2. ist jedoch wegen fehlender Wirtschaftsfähigkeit zum Zeitpunkt des Erbfalls gemäß §§ 7 Abs.1 S.2, 6 Abs.6 S.1 HöfeO als Hoferbe ausgeschlossen. Dies hat schon das Landwirtschaftsgericht zu Recht festgestellt. Auch das Vorbringen der Beschwerde rechtfertigt keine andere Beurteilung.“

    Also kann derzeit gar nicht abgesehen werden, ob der Nacherbfall überhaupt eintreten wird. Daran dürfte dann aber auch die Eintragung der Grundschuld zugunsten des noch nicht bestimmten Hofnacherben scheitern.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Das BayObLG führt im Beschluss vom 27. 6. 1958 ...

    Bei all den Zitaten könnte man fast übersehen, dass es tatsächlich immer noch um die Anwendbarkeit der § 328 ff BGB geht.

    BayOblG NJW 1958, 1917:

    "Diese herrschende Meinung wird aber aus praktischen Gründen bekämpft, weil sie z. B. auch bei Hofübergabeverträgen die Mitwirkung oder Vertretung weichender Kinder verlangen würde, deren Elterngutsforderung auf dem Hof hypothekarisch gesichert werden sollen (Westermann, Sachenrecht 3. Aufl. § 3 II 4 S. 18; Rosenberg, DJZ 1912, 543). Eine Gegenmeinung will den § 328 BGB auch auf Verfügungen schlechthin entsprechend anwenden (Westermann am zuletzt angegebenen Orte, vgl. auch § 96 A II 1 S. 449; Rosenberg, DJZ 1912, 541). Eine vermittelnde Ansicht will nach Analogie der §§ 328ff. BGB wenigstens diejenigen dinglichen Verträge behandeln, die einen Anspruch auf eine Leistung gewähren, wie Grundpfandrechte und Reallasten, oder einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks (dingliches Vorkaufsrecht); so Wolff-Raiser, Sachenrecht 10. Bearbeitung § 38 II 3 S. 120–121; Enneccerus-Lehmann, Schuldrecht 14. Bearbeitung § 34 VI; Lehmann, JW 1931, 525zu der dort unter Nr. 8 und vollständig in JW 1930, 3545Nr. 3 mitgeteilten Entscheidung des RG; Benecke, DRiZ 1929, 127; dahingestellt gelassen für die Hypothekenbestellung in RGZ 98, 282/283)."

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