Nachzahlung an Beamte in Sachsen (Pfändung)

  • Der erste interessante Fall ist hier eingetreten:

    Für diejenigen, die es nicht wissen: Das Bundesverfassungsgericht hatte ja Ende 2015 festgestellt, dass die Streichung des Weihnachtsgeldes für die Beamten im Jahre 2011 verfassungswidrig war. Eigentlich geht es dabei gar nicht so sehr um den Begriff "Weihnachtsgeld", sondern darum, dass die Alimentation in Sachsen gegenüber vergleichbaren Beamten in anderen Ländern, gegenüber den Tarifbeschäftigten in Sachsen selbst und gegenüber der wirtschaftlichen Entwicklung im Großen und Ganzen zurückgeblieben ist, man könne die Besoldung der Beamten nicht nach jeweils aktueller Haushaltlage vornehmen. Dann hat man, beginnend ab 2011, in diesem Urteil vorgerichtet, welche Beträge in welchem Jahr zu wenig gezahlt wurden, das schwankt in den einzelnen Jahren zwischen 0,9 und 2,6% des jährlichen Bruttosolds. Nunja, wir haben diese Nachzahlungen nach langem Kampf nun endlich am 30.11.2016 erhalten und konnten schon mal feststellen, dass insgesamt weniger als eine Monatsbesoldung für mehr als 5 Jahre herauskam. Insbesondere gingen - je nach Steuerklasse - gleich mal 25 bis 40% an den Finanzminister von dieser Zahlung zurück, wobei man auf mögliche Erstattungen im Rahmen des Jahressteuerausgleiches verwies.

    Nun zum Fall: Die erste Beamtin (= Schuldnerin) war da und wollte ihre gesamte Nachzahlung zusätzlich von der Pfändung freibekommen (Erhöhung des Freibetrages auf ihrem P-Konto dementsprechend). Die Rechtspflegerin wollte ihr aber nur die 500 €, die üblicherweise einmalig als Weihnachtsgeld unpfändbar sind, gewähren. Im Moment ist die Angelegenheit noch im Stadium des rechtlichen Gehörs.
    Es wäre also nun ein interessanter Fall, wie man an diese Angelegenheit herangeht. Es ist ja auch gar kein "Weihnachtsgeld" im engeren Sinne, denn auch in Zukunft werden monatlich 2,6% einfach auf die monatlichen Bezüge aufgeschlagen, ohne dass es am Jahresende noch etwas gibt. Insoweit würde ich meinen, man müsse - um es nicht extrem kompliziert zu machen, aber dennoch der Sache gerecht zu werden für beide Parteien - den Betrag, der zusätzlich freizugeben ist, wie folgt berechnen: Monatliches Nettoeinkommen, ggf. noch abzüglich Beiträge für private Krankenversicherung, davon 2% nehmen (das wären bei einem Netto von 2500 € z.B. 50 €), nach § 850c ZPO ermitteln, wieviel davon dem Schuldner für sich selbst pfandfrei verbliebe (nehmen wir mal an, es seien 20 €) und diesen Betrag letztlich multiplizieren mal 60 (Monate), so kämen wir z.B. auf 1200 €.
    Was gibt's denn sonst für Meinungen in dieser Frage?

  • Es gab da ja so ein Beiblatt, in dem die jeweiligen Nachzahlungen aufgeschlüsselt wurden.

    Ich würde schauen, ob sich bei Erhöhung der jeweiligen Monate um den jeweiligen Prozentsatz ein höherer pfändbarer Betrag ergeben hätte. Wenn nicht, kann freigegeben werden. Wenn doch, ist der demgemäß erhöhte pfändbare Betrag abzuziehen.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Bei Nachzahlungen gilt doch eigentlich auch, dass es darauf ankommt für welchen Zeitraum die Zahlung erfolgte, nicht jedoch darauf, wann diese dann tatsächlich erfolgt ist. Darauf folgt für mich, dass es sich um 5 Mal Weihnachtsgeld handelt und daher der entsprechende Freibetrag auch 5 Mal zu gewähren ist. Unzulänglichkeiten des Arbeitgebers können nicht zu Lasten der Schuldnerin gehen.

  • Bei Nachzahlungen gilt doch eigentlich auch, dass es darauf ankommt für welchen Zeitraum die Zahlung erfolgte, nicht jedoch darauf, wann diese dann tatsächlich erfolgt ist. Darauf folgt für mich, dass es sich um 5 Mal Weihnachtsgeld handelt und daher der entsprechende Freibetrag auch 5 Mal zu gewähren ist. Unzulänglichkeiten des Arbeitgebers können nicht zu Lasten der Schuldnerin gehen.

    Grundsätzlich sehe ich das ja auch so, nur ist es nicht mal 5x Weihnachtsgeld, sondern eine Nachzahlung für 60 Monate, in denen zwischen 0,9 und 2,6% zu wenig gezahlt wurde. Es gibt also nicht 5x500 €, sondern es muss Monat für Monat genau ausgerechnet werden, so kam ich oben (etwas vereinfacht) auch auf die 1200 €. Allerdings gibt es ja mittlerweile Rechtsprechung (LG Koblenz, Beschluss vom 23.1.2015, 2 T 46/15; LG Berlin, VE 14, 148), in der das mit den Nachzahlungen etwas anders gesehen wird im Hinblick auf § 850k Abs. 4 ZPO, wo man davon ausgeht, dass die nun erfolgte (hohe) Nachzahlung ja gar nicht für den laufenden Unterhalt des Schuldners benötigt wird. Wir haben uns hier am Gericht aber diesen Entscheidungen nicht angeschlossen, weil wir der Ansicht sind, warum der Schuldner denn einen Nachteil haben sollte, wenn ihm sein Arbeitgeber oder eine Sozialbehörde nicht regelmäßig und zeitnah die ihm zustehenden Leistungen gewährt.

  • Wie hoch war denn das laufende monatliche Einkommen und wurde davon etwas einbehalten?

    Wie viele unterhaltsberechtigte Personen gibt es?

    Wann wurde die Pfändung zugestellt, vor der Zeit, für die die Nachzahlung ist oder irgendwann zwischendrin?

    Liegt neben der Kontopfändung auch eine Pfändung des AE vor?

    Weihnachtsgeld im pfändungsrechtlichen Sinne, ist es ja auf keinen Fall, wenn es sich um eine monatliche Erhöhung handelt. Selbst wenn es eine Weiterzahlung der Sonderzuwendung wäre, wäre der WFB nicht zu berücksichtigen, wenn man die BAG Entscheidung zu der Jahressonderzahlung der Tarifbeschäftigten berücksichtigt.

    Wenn die Pfändung schon vorher zugestellt wurde und immer pfändbare Beträge einbehalten wurden und das monatliche Einkommen nicht über dem Höchstbetrag der Tabelle liegt, dann könnte man das einfach über § 850c Abs. 2 ZPO lösen.

    Die Schuldnerin hätte also in der gesamten Zeit, für die die Nachzahlung geleistet wurde, die unpfändbaren Grundbeträge bereits erhalten. Es wäre also nur der pfändbare, bzw. unpfändbare Mehrbetrag zu ermitteln.

    Also ganz einfach, Nettonachzahlung x 3/10 pfandfrei, wenn keine unterhaltsberechtigte Personen zu berücksichtigen sind, weitere 2/10 der NZ für die erste u.P. und je 1/10 für die weiteren u.P. (bis max. 5 u.P.).

    Das kommt zwar nicht 100 %ig hin, weil man in einem Monat über die 10,00 € Grenze der Tabelle kommt und in einem anderen eben nicht, aber unter dem Strich ist das eine gute Berechnung, mit der man eine monatliche Neuberechnung vermeidet und allen Beteiligten gut verkaufen kann. Eine monatliche Neuberechnung ist oder wäre ohnehin recht schwierig, wenn das Programm die Steuerabzüge nur in einem Betrag ausweist. Außerdem gilt für die Steuer das Zuflussprinzip, was es praktisch unmöglich macht, die Steuerabzüge auf die jeweiligen Monate aufzuschlüsseln. Man könnte natürlich monatlich die Steuerabzüge fiktiv berechnen, aber unter dem Strich würde dann die Summe der Steuerabzüge evtl. nicht den tatsächlichen Steuerabzügen entsprechen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!