Leitungsrecht - Vorteil für das herrschende Grundstück

  • Hallo zusammen,

    ich bin seit kurzem im Grundbuch und bitte um Eure Mithilfe.

    Ich habe hier einen Antrag auf Eintragung einer Grunddiensbarkeit (Ver- und Entsorgungsleitungsrecht), bei dem der Ausübungsbereich beschränkt ist auf die in der beigefügten Karte eingetragenen Markierungen (3 m Streifen):
    - rote Linie: Versorungsleitungen
    - blaue Linie: Entsorgungsleitungen

    In der Karte sind die beiden Linien entsprechend beim dienenden Grundstück eingezeichnet. Wie die Leitungen außerhalb des dienenden Grundstücks weitergehen, ist nicht eingezeichnet.

    Dienendes und herrschenden Grundstück sind benachbart.

    Die rote Linie ist kein Problem: sie führt an die Grundstücksgrenze zu meinem herrschenden Grundstück.

    Die blaue Linie jedoch führt nicht zum herrschenden, sondern zu einem Nachbargrundstück (mit anderem Eigentümer). Ich kann aus der Karte somit nicht erkennen, dass das Leitungsrecht einen Vorteil für mein herrschendes Grundstück bietet.

    Ich habe deshalb bereits mit dem Notar telefoniert. Er sieht jedoch kein Problem. Er weiß zwar nicht, wie die Leitung in diesem Nachbargrundstück weiterverläuft, da die Karte von den Beteiligten so vorgelegt wurde. Allerdings besteht ja die theoretische Möglichkeit, dass das herrschende Grundstück auch an diesem Nachbargrundstück ein entsprechendes Recht (ggf. nur schuldrechtlich) hat und die Leitung eben über dieses Nachbargrundstück in mein herrschendes Grundstück führt.

    Reicht dieser theoretische Vorteil für die Eintragung der Grunddienstbarkeit?

  • Voraussetzung für die Zulässigkeit der Eintragung einer Grunddienstbarkeit ist der Vorteil für das herrschende Grundstück. Dass ein solcher hier besteht, ergibt sich aus den Eintragungsunterlagen nicht. Somit ist die Zulässigkeit der beantragten Eintragung fraglich und derzeit nicht ersichtlich. Vermutungen helfen da nicht weiter, daher: Zwischenverfügung!

  • Insgesamt hab ich aber ja schon einen Vorteil für das herrschende Grundstück, da die rote Leitung kein Problem ist.

    Ihr seid aber trotzdem auch der Meinung, dass sich aus der Karte ergeben muss, dass die blaue Leitung über das benachbarte unbeteiligte Grundstück irgendwie an die Grundstücksgrenze zu meinem herrschenden Grundstück gelangt, oder?

    Da ich ja wegen der roten Leitung sehr wohl einen Vorteil für das herrschende Grundstück habe, frage ich mich ob ich den gesamten Antrag zurückweisen könnte, wenn der Notar weiterhin kein Einsehen hat? :gruebel:

  • Soll den explizit nur ein Recht eingetragen werden?
    Eigentlich sind das ja zwei verschiedene Leitungsrechte.

    Ob ein Fall wie in Schöner/ Stöber Rn. 1138 beschrieben vorliegt, müsste man anhand der Bewilligung beurteilen. Ich gehe aber eigentlich nicht davon aus, da ich insoweit keinen inhaltlichen Zusammenhang sehe.

  • Lt. Sachverhalt ist die Eintragung einer (einheitlichen) Dienstbarkeit beantragt. Diese kann ich natürlich so nur dann eintragen, wenn sie insgesamt zulässig ist! Sollten allerdings gesonderte Rechte bewilligt und beantragt sein, könnte man die Dienstbarkeit hinsichtlich der roten Leitung natürlich vollziehen!

  • Lt. Sachverhalt ist die Eintragung einer (einheitlichen) Dienstbarkeit beantragt.

    Aber ist das denn überhaupt möglich? Schöner/ Stöber und auch die im Palandt zu § 1018 BGB zitierte BGH-Entscheidung gehen von einer möglichen Zusammenfassung aus, wenn verschiedene Arten der Dienstbarkeit gemeint sind (z. B. Nutzung und Handlungseinschränkung des Eigentümers).

    Ob bei deiner Konstellation eine Verbindung möglich ist, habe ich nicht gefunden.

  • Wenn ich sogar unterschiedliche Arten der Belastung durch ein einheitliches Recht sichern kann, warum soll dies dann bei gleichartigen Belastungen nicht zulässig sein? Ich sehe da grundsätzlich kein Problem!

  • Die unterschiedlichen Arten bezogen sich in den diskutierten Fällen aber immer auf einen inhaltlichen Zusammenhang.

    Wenn ich als Eigentümer dulde, dass der Berechtigte mein Grundstück in gewisser Hinsicht nutzt und ich insofern auf gewisse Eigentümerrechte zusätzlich verzichte, gehört das inhaltlich zusammen.

    Eine Ver- und eine Entsorgungsleitung können von verschiedenen Seiten an das Grundstück kommen und sind für mich inhaltlich völlig getrennt.

    Ich lasse mich aber auch gerne eines Besseren belehren :)

  • Würde mich nicht stören, evtl. sind schon alte Leitungen im anderen Nachbargrundstück und hängen irgendwie an der nun scheinbar losen Leitung dran, oder die Zuleitung zu dieser Leitung ist schon anderweitig gesichert, was weiß man da schon so genau?
    Wird der Ausübungsbereich tatsächlich im Plan rechtlich festgelegt oder wird der Ausübungsbereich durch den tatsächlichen Verlauf bestimmt?
    Wenn's keinen Plan dazu gäbe müsst man's auch eintragen. Jedenfalls hat der Herrscher das Recht die Leitung zu Nutzen auch wenn's sinnfrei ist, das reicht mir schon als Vorteil.


  • Wird der Ausübungsbereich tatsächlich im Plan rechtlich festgelegt oder wird der Ausübungsbereich durch den tatsächlichen Verlauf bestimmt?

    Der Ausübungsbereich wird rechtlich festgelegt durch die Bezugnahme auf die beigefügte Karte (blaue und rote Markierungen).

  • Würde mich nicht stören, evtl. sind schon alte Leitungen im anderen Nachbargrundstück und hängen irgendwie an der nun scheinbar losen Leitung dran, oder die Zuleitung zu dieser Leitung ist schon anderweitig gesichert, was weiß man da schon so genau?

    Genau das ist auch das Argument vom Notar.

    Und die Karte ist auch richtig Bestandteil der Urkunde (Verbindung und Verweis darauf)?

    Ja, ist sie.

  • Würde mich nicht stören, evtl. sind schon alte Leitungen im anderen Nachbargrundstück und hängen irgendwie an der nun scheinbar losen Leitung dran, oder die Zuleitung zu dieser Leitung ist schon anderweitig gesichert, was weiß man da schon so genau?

    Genau das ist auch das Argument vom Notar.


    Sehe ich auch so.
    Dass das Recht dem herrschenden Grundstück dient ist nicht ausgeschlossen, die tatsächlichen Verhältnisse sind vom Grundbuchamt nicht zu prüfen.
    Die Dienstbarkeit kann mE antragsgemäß eingetragen werden.

  • Zum folgenden Sachverhalt benötige ich eure Meinung

    Grundstück A (Haus) liegt neben Grundstück B (Haus) und Grundstück B neben Grundstück C (Garage/Carport). Eigentümer Grundstück A und C ist identisch.

    Es wurden zwei Stromkabel vom Grundstück A über das Grundstück B zu Grundstück C verlegt.

    Der Eigentümer des Grundstücks A ist berechtigt auf den in der Anlage eingezeichneten Teil Stromkabel mit erforderlichen Nebenanlagen zu betreiben, zu verlegen ... Das Recht kann ausgeübt werden im Rahmen der Nutzung des Grundstücks C als Carport bzw. Garage.
    Eingetragen werden soll eine Grunddienstbarkeit zu Lasten Grundstücks B und zugunsten Grundstücks A.

    Ich finde hier nicht den Vorteil des Grundstücks A. Der Vorteil liegt bei mir beim Grundstück C oder liege ich hier doch falsch:confused:

  • Sehe ich auch so. Wenn das Recht (nur) im Rahmen der Nutzung des Grundstücks C als Carport bzw. Garage ausgeübt werden kann, dann besteht der Vorteil für das Grundstück C und nicht für das Grundstück A. Der Vorteil muss aber gerade für das herrschende Grundstück bestehen, nicht eines anderen Grundstücks (Reischl im BeckOK BGB, Stand: 01.02.2021; § 1019 RN 7; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage 2020, RN 1139; Mohr im Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 1019 RN 4; Weber im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1019 RN 6 mwN).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Das Stromkabel wird zwar von Grundstück A --> C verlegt. Frage aber ist, ob auch der Strom in die gleiche Richtung fließt. Das ist zwar anzunehmen, kann aber auch sein, dass anders versorgt werden soll. :gruebel:

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

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