Geschäftsunfähigkeit oder Genehmigung?

  • Guten Tag alle Zusammen!

    Ich bin noch recht neu in Betreuung und habe in einem Verfahren ein Problem bei der Frage, ob eine beantragte Genehmigung überhaupt erforderlich ist.

    Der an Altersdemenz leidende Betroffene X hat bis vor einem Jahr in einem anderen Gerichtsbezirk gelebt und wurde von Y betreut. Mit Vertrag vom xx. Mai 2014 verkaufte der Betreuer Y in Vertretung des Betroffenen eine landwirtschaftliche Fläche des X zu einem Kaufpreis von ca. 16.000,00 €. Das zuständige Betreuungsgericht hielt diesen Kaufvertrag zu diesem Kaufpreis für nicht genehmigungsfähig (ein späteres Gutachten ergab, dass die Fläche tatsächlich ca. 24.000,00 € wert ist). Daher genehmigte der Betroffene selbst den Kaufvertrag am xx. Juli 2014. Der Genehmigung war eine Bescheinigung des Hausarztes darüber beigefügt, dass der Betroffene geschäftsfähig sei. Daher erfolgte auch bereits die Eigentumsumschreibung im Grundbuch. Der Kaufpreis wurde ebenfalls bereits gezahlt.

    Mit dem Wechsel des Verfahrens in den hiesigen Amtsgerichtsbezirk fand auch ein Betreuerwechsel statt. Die neue Betreuerin Z ist der Auffassung, dass die Genehmigung des Betroffenen vom xx. Juli 2014 mangels Geschäftsfähigkeit nichtig ist und der Kaufvertrag daher noch nicht wirksam werden konnte. Sie hat daher den Kaufvertrag vom xx. Mai 2014 noch einmal genehmigt und beantragt die Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung.


    Meine Frage ist nun, ob die Genehmigungserklärung des Betroffenen vom xx. Juli 2014 wirksam war, oder nicht. Konkrete Beweise für oder gegen das Vorliegen der Geschäftsfähigkeit sind aus der Akte nicht ersichtlich.

    Eher gegen die Geschäftsfähigkeit spricht das fachpsychiatrische Gutachten, das im Zuge der Verlängerung der Betreuung angefordert wurde. Darin wurde die Frage, ob der Betroffene am xx. Dezember 2014 bei der Genehmigung eines weiteren Kaufvertrags geschäftsfähig war, verneint. Da auch dieser späteren Genehmigung aus Dezember 2014 eine Bescheinigung desselben Hausarztes über die Geschäftsfähigkeit beigefügt war, lässt das die Sicherheit dieser Bescheinigungen eher zweifelhaft aussehen..
    Aber nur, weil der Betroffene im Dezember geschäftsunfähig war, heißt das ja nicht automatisch, dass er auch im Juli 2014 bereits geschäftsunfähig war.

    Für die Geschäftsfähigkeit spricht zum Einen die besagte (zweifelhafte Bescheinigung des Hausarzt. Außerdem ist der gesetzliche Regelfall ja grundsätzlich das Vorliegen der Geschäftsfähigkeit bei natürlichen, volljährigen Personen.

    Würdet ihr davon ausgehen, dass der Betroffene bei der Abgabe der Genehmigung geschäftsfähig war? Dann könnte ich mir das Genehmigungsverfahren ja eigentlich sparen...

    Viele Grüße,

    RiLü

  • Wenn der Betreuer den Kaufvertrag genehmigt und anregt, ein Genehmigungsverfahren durchzuführen, musst du das Verfahren einleiten und prüfen, ob der Kaufvertrag genehmigungsfähig ist.

    Nachdem sich am Sachverhalt nichts geändert hast, wirst Du mit denselben Gründen wie das vorherige Gericht die Genehmigung verweigern. Nur weil ein Betreuerwechsel stattgefunden hat wird ein nicht genehmigungsfähiges Geschäft genehmigungsfähig.

    Auf die vermeintliche Geschäftsfähigkeit des Betroffenen kommt es im Genehmigungsverfahren (leider) nicht an, wenn ein bestellter Betreuer für den Betroffenen handelt.

  • Das zuständige Betreuungsgericht hielt diesen Kaufvertrag zu diesem Kaufpreis für nicht genehmigungsfähig (ein späteres Gutachten ergab, dass die Fläche tatsächlich ca. 24.000,00 € wert ist).

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    Mit dem Wechsel des Verfahrens in den hiesigen Amtsgerichtsbezirk fand auch ein Betreuerwechsel statt. Die neue Betreuerin Z ist der Auffassung, dass die Genehmigung des Betroffenen vom xx. Juli 2014 mangels Geschäftsfähigkeit nichtig ist und der Kaufvertrag daher noch nicht wirksam werden konnte. Sie hat daher den Kaufvertrag vom xx. Mai 2014 noch einmal genehmigt und beantragt die Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung.

    Warum will die neue Betreuerin, denn ein Rechtsgeschäft wirksam machen, das negativ für den Betroffenen (zu niedriger Kaufpreis) ist?
    Wenn sie der Meinung ist, der Kaufvertrag sei nie wirksam geworden, sollte sie doch eher versuchen, die Sache rückabzuwickeln.

  • Das zuständige Betreuungsgericht hielt diesen Kaufvertrag zu diesem Kaufpreis für nicht genehmigungsfähig (ein späteres Gutachten ergab, dass die Fläche tatsächlich ca. 24.000,00 € wert ist).

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    Mit dem Wechsel des Verfahrens in den hiesigen Amtsgerichtsbezirk fand auch ein Betreuerwechsel statt. Die neue Betreuerin Z ist der Auffassung, dass die Genehmigung des Betroffenen vom xx. Juli 2014 mangels Geschäftsfähigkeit nichtig ist und der Kaufvertrag daher noch nicht wirksam werden konnte. Sie hat daher den Kaufvertrag vom xx. Mai 2014 noch einmal genehmigt und beantragt die Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung.

    Warum will die neue Betreuerin, denn ein Rechtsgeschäft wirksam machen, das negativ für den Betroffenen (zu niedriger Kaufpreis) ist?
    Wenn sie der Meinung ist, der Kaufvertrag sei nie wirksam geworden, sollte sie doch eher versuchen, die Sache rückabzuwickeln.


    :daumenrau Das Ansinnen der Betreuerin verstehe ich auch überhaupt nicht. Anscheinend macht sie sich gern unnötige Arbeit. Wenn die Genehmigung durch den Betroffenen allseits akzeptiert und das Rechtsgeschäft bereits vollständig abgewickelt wurde, besteht für eine (vorsorgliche) Genehmigung des Betreuungsgerichtes gar keine Veranlassung.

    Wenn sie hingegen eine Rückabwicklung prüfen lassen möchte wegen angeblicher unwirksamer Erklärung des Betreuten, wäre es deutlich kontraproduktiv, den Vertrag als Betreuer zu genehmigen.

  • Die Betreuerin möchte den Kaufvertrag genehmigen, weil der Betroffene eine Rückabwicklung des Vertrags nicht aus eigenen Mitteln bezahlen könnte. Inzwischen sind seine Barmittel fast aufgebraucht, es gibt neben dem Grundstück in diesem Fall nur noch ein Hausgrundstück.

    Die Käufer haben der Betreuerin bereits mitgeteilt, dass sie den Vertrag für wirksam halten. Die Geschäftsunfähigkeit müsste also erst in einem Zivilprozess bewiesen werden. Das Risiko, dass der Betroffene den Prozess verliert, ist angesichts der fehlenden Beweise für die Geschäftsunfähigkeit bei der Genehmigung durch den Betroffenen recht hoch. Hier besteht also das Risiko, dass der Betroffene die Gerichts- und Rechtsanwaltskosten des Prozesses zahlen muss.
    In diesem Fall wären für den Betroffenen nur Mehrkosten entstanden. Das Prozesskostenrisiko liegt gem. eingereichter Aufstellung bei 4.841,70 €.

    Aber selbst wenn der Prozess gewonnen werden würde, müsste der Betroffene
    - den Kaufpreis zurückerstatten,
    - voraussichtl. die Kosten für die Beurkundung des 1. Kaufvertrags und der Rückabwicklung zahlen,
    - die Kosten eines Zauns, den die Käufer inzwischen um das Grundstück herum errichtet haben, übernehmen (Höhe unbekannt).
    Dieses Geld könnte natürlich über ein (durch Grundschuld gesichertes) Darlehn beschafft werden - allerdings würden hierfür erneut Notarkosten, Gerichtskosten und Zinsen anfallen.

  • Die Betreuerin möchte den Kaufvertrag genehmigen, weil der Betroffene eine Rückabwicklung des Vertrags nicht aus eigenen Mitteln bezahlen könnte. Inzwischen sind seine Barmittel fast aufgebraucht, es gibt neben dem Grundstück in diesem Fall nur noch ein Hausgrundstück.

    Die Käufer haben der Betreuerin bereits mitgeteilt, dass sie den Vertrag für wirksam halten.


    Dann verstehe ich die Betreuerin erst recht nicht und würde ausnahmsweise einen entsprechenden Genehmigungsantrag wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses zurückweisen.

    (Oder bösartig formuliert, weiß die Betreuerin überhaupt, weshalb sie diesen Antrag stellt und das Gericht unnötig beschäftigt?)

  • Ich bin inzwischen der 3. Rechtspfleger, der die Akte hier in den Händen hat - deshalb kann ich das auch gar nicht so genau sagen. Die Betreuerin meinte, die Vorgehensweise sei so mit meinem Vorgänger abgesprochen worden, allerdings ist das aus der Akte nicht ersichtlich.. Und da der Kollege inzwischen an einem anderen Gericht sitzt, kann ich auch nicht mehr fragen.

  • Von den Zeiträumen (Genehmigung, Verlängerungsgutachten) her darf man wohl von der Geschäftsfähigkeit ausgehen auch weil sich das Attest zeitnah auf das konkrete Geschäft bezieht und das Gutachten zur Verlängerung der Betreuung eine andere Fragestellung beantwortet.
    Das Ding wurde bereits im GB vollzogen und der Käufer ist ohnehin nicht bereit ohne sich verklagen zu lassen rückabzuwickeln.

    Die Genehmigung durch den Betreuten ist insoweit erstmal als wirksam zu betrachten und damit auch das Rechtsgeschäft, die Genehmigung der neuen Betreuerin geht ins Leere, da man ein wirksames GEschäft nicht genehmigen kann. --> keine Genehmigung notwendig.
    Diesen Aktenverkerk an Betreuerin z.K. und gut sein lassen.

  • ... Und da der Kollege inzwischen an einem anderen Gericht sitzt, kann ich auch nicht mehr fragen.


    Das sollte eigentlich kein Hindernis sein. Ich habe nach meinen Behörden- und Rollenwechseln durchaus Anrufe von meinen Nachfolgern erhalten, die bestimmte Sachen abgefragt haben (warum hast du dies so gemacht; stimmt es, wenn x behauptet, das sei so abgesprochen gewesen ...) und dies natürlich beantwortet.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • ... Und da der Kollege inzwischen an einem anderen Gericht sitzt, kann ich auch nicht mehr fragen.


    Das sollte eigentlich kein Hindernis sein. Ich habe nach meinen Behörden- und Rollenwechseln durchaus Anrufe von meinen Nachfolgern erhalten, die bestimmte Sachen abgefragt haben (warum hast du dies so gemacht; stimmt es, wenn x behauptet, das sei so abgesprochen gewesen ...) und dies natürlich beantwortet.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


    Richtig, wenn der Kollege nach seinem Wechsel seine alten Akten nicht gerade gänzlich vergessen hat.

  • Das natürlich vorausgesetzt.

    Aber die werklich unangenehmen Sachen, die dann beim Nachfolger noch Kopfzerbrechen hervorrufen und deswegen Anlass für eine Nachfrage geben, die vergisst man doch nur mit einem sehr sonnigen Gemüt ganz schnell, oder? ;)

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • ich habe in einer ähnlichen konstellation mal ein Gutachten eingeholt über die Frage, ob davon ausgegangen werden muss, dass der betroffene dann und dann gecshäftsunfähig gewesen ist.
    Je nach Krankheitsbild und -enwicklung kann es da recht klare Ergebnisse geben

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • ich habe in einer ähnlichen konstellation mal ein Gutachten eingeholt über die Frage, ob davon ausgegangen werden muss, dass der betroffene dann und dann gecshäftsunfähig gewesen ist.
    Je nach Krankheitsbild und -enwicklung kann es da recht klare Ergebnisse geben


    In diesem Fall wäre die Einholung eines Gutachtens aber vollkommen verfehlt, wenn überhaupt niemand eine etwaige Unwirksamkeit aufgrund Geschäftsunfähigkeit geltend machen möchte.

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