Löschung bedingter Rechte: Zugang eines Widerrufs

  • Ein Notar bittet um Prüfung, welche Unterlagen das GBA für die Löschung eines bedingten Wohnungsrechts für erforderlich hält. Hintergrund ist, dass die Berechtigte aufgrund einer Demenzerkrankung nicht in der Lage ist, eine Löschungsbewilligung abzugeben. Sie lebt inzwischen in einem Pflegeheim.

    Das Recht wurde damals auflösend bedingt eingetragen. Es erlischt danach

    a) wenn die Berechtigte das Anwesen dauerhaft verlässt

    b) mit Zugang einer einseitigen Widerrufserklärung des Eigentümers an die Berechtigte.

    Die Bedingung zu a) ist zwar eingetreten aber hier lässt sich m.E. kein formgerechter Nachweis führen.

    Lässt sich b) irgendwie ausreichend formgerecht nachweisen? Übersendung mit EgR durch die Post? Zustellung eines Widerrufs durch den Gerichtsvollzieher an die Berechtigte persönlich?

    Was bedeutet überhaupt "Zugang"? Reicht es evtl., dass der Widerruf in den Briefkasten des Pflegeheims eingelegt wird? Muss der Widerruf in das Zimmer der Berechtigten gelangen? Oder muss die Berechtigte den Widerruf evtl. sogar nachgewiesenermaßen zur Kenntnis nehmen?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das Recht wurde damals auflösend bedingt eingetragen. Es erlischt danach

    a) wenn die Berechtigte das Anwesen dauerhaft verlässt

    b) mit Zugang einer einseitigen Widerrufserklärung des Eigentümers an die Berechtigte.

    Die Unrichtigkeit lässt sich mE überhaupt nicht formgerecht nachweisen. Ich würde eine Löschungsbewilligung verlangen.

  • Hmmm....?
    Grundbuchmäßiger Nachweis scheidet aus.

    Bewilligung, oder ggf. (nur mal so als Überlegung) Unterschriftsbeglaubigtes Empfangsbekenntnis eines Vertreters.

  • E...die Berechtigte aufgrund einer Demenzerkrankung nicht in der Lage ist, eine Löschungsbewilligung abzugeben. Sie lebt inzwischen in einem Pflegeheim.

    Das Recht wurde damals auflösend bedingt eingetragen. Es erlischt danach

    a) wenn die Berechtigte das Anwesen dauerhaft verlässt

    b) mit Zugang einer einseitigen Widerrufserklärung des Eigentümers an die Berechtigte.

    ...

    Sind das nicht getrennte Erlöschensgründe ? Das dauerhafte Verlassen allein würde doch für den Bedingungseintritt schon ausreichen. Frage wäre nur der grundbuchmäßige Nachweis; s. die hier zitierten
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…072#post1005072

    Abhandlungen (nebst dort genannte Entscheidungen) von Zimmer, ZEV 2009, 382:

    ….“Grundsätzlich ist es daher auch möglich, das Wohnrecht unter der auflösenden Bedingung zu begründen, dass der Berechtigte das Anwesen „nicht nur vorübergehend” verlässt (BayObLG v. 7. 8. 1997, 2Z BR 61/97, NJW-RR 1998,85). Das – auf den dauerhaften Auszug – auflösend bedingte Wohnrecht (vgl. etwa Krauß, a. a. O., Rn. 1042) führt allerdings zu nicht unerheblichen Schwierigkeiten bzgl. der Feststellung des Bedingungseintritts. Erhebliche Probleme entstehen auch im Hinblick auf die Löschung des Wohnrechts, praktisch bedarf es einer Berichtigungsbewilligung….“

    und Müller-von Münchov, ZEV 2009, 549:

    ….“Die von Zimmer dabei angenommenen „nicht unerheblichen Schwierigkeiten bei der Feststellung des Bedingungseintritts” und damit der späteren Löschung im Grundbuch (ZEV 2009,382) sind jedoch überwindbar.…..“……“Auf ähnliche Weise kann man jedoch auch beim Wegzug des Berechtigten vorgehen und den Nachweis der Unrichtigkeit führen. Gemäß § MRRG § 11 Abs. MRRG § 11 Absatz 1 und MRRG § 11 Absatz 2 Melderechtsrahmengesetz (MRRG) besteht eine allgemeine Meldepflicht bei Bezug einer Wohnung, und zwar bundeseinheitlich (landesrechtlich z. B. für Bayern mit Art. BAYMELDEG Artikel 13 Abs. BAYMELDEG Artikel 13 Absatz 1 u. BAYMELDEG Artikel 13 Absatz 2 BayMeldeG). ….“

    Wilsch führt dazu im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.11.2016, § 24 RN 7 aus: „Im Falle einer sog Wegzugklausel kann der Nachweis auch durch eine entsprechende Meldebestätigung geführt werden (vgl Müller-von Münchow ZEV 2009, 549, etwa Art 16 Abs 5 BayMeldeG; vgl auch Zimmer ErbR 2014, 105).“

    Wenn aber der Zugang einer Widerrufserklärung hinzukommen muss, dann setzt dies voraus, dass der Empfänger geschäftsfähig ist (§ 131 BGB). Die nur zufällige Kenntnisnahme (auch) des gesetzlichen Vertreters von einer (nur) an den Geschäftsunfähigen selbst übermittelten Erklärung genügt nicht (s. Wendtland im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Stand: 01.11.2016; § 131 RN 4 unter Zitat BAG NJW 2011, 872 [873 f.]; Palandt/Ellenberger Rn. 2).

    Singer/Benedict führen dazu im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 131 RN 5 aus:
    „Für beschränkt Geschäftsfähige gilt die Rechtsfolge des Abs 1 entsprechend, außerdem für Betreute, für die ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist (§ 1903 Abs 1 S 2). Die Willenserklärung muss daher grundsätzlich dem gesetzlichen Vertreter, im Fall des § 1903 dem Betreuer zugehen. Dies gilt auch, wenn der Absender keine Kenntnis von der Betreuung hatte (LAG Berlin 22. 6. 2006 - 18 Sa 385/06, juris).“

    Wenn die im Pflegeheim Untergebrachte nicht mehr in der Lage ist, eine Löschungsbewilligung abzugeben, dann steht sie ja vermutlich unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Warum so kompliziert?

    Einseitige Widerrufserklärung des Eigentümers an die Berechtigte fertigen und durch GVZ zustellen lassen... Ende.

    Fraglich ist allein die Sache mit dem Zugang, da müßte man sich mal durch die Kommentierung wühlen, inwieweit eine wohl aktenkundige Demenzerkrankung problematisch sein könnte.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Bedingung ist der Zugang einer Willenserklärung (§ 130 BGB). Voraussetzung für einen wirksamen Zugang wäre demnach die Geschäftsfähigkeit des Empfängers. Die läßt sich auch mit einer Zustellungsurkunde (§§ 182 Abs. 1 S. 2, 418 ZPO) nicht nachweisen. Der Bedingungseintritt war auch sonst nicht sehr glücklich gewählt. Wenn man in dem „Widerruf“ zum Beispiel eine dem Sachenrecht fremde Kündigung erkennt (vgl. „Auflösend bedingter Nießbrauch“).

    Schönes :wochenende:

  • Den Betreuer ausfindig machen (oder wenn nicht vorhanden, Bestellung anregen) und

    • ihm den Widerruf zustellen
    • oder ihn um Abgabe einer Löschungsbewilligung bitten. Nachdem das Recht erloschen ist (durch Verlassen) ist die Berechtigte (und damit auch ihr gesetzlicher Vertreter) zur Abgabe der Löschungsbewilligung verpflichtet.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Zunächst muss ich klarstellen, dass das Eintreten einer der beiden Bedingungen genügt. Das Recht erlischt also mit Wegzug oder Widerruf.

    Das mit dem Zugang habe ich befürchtet. Das macht den Widerruf dann wohl nur mit Geständnisurkunde des Empfängers grundbuchtauglich nachweisbar.

    Hier ist keine Betreuung eingerichtet, weil es eine Vorsorgevollmacht gibt. Die Vollmacht entspricht jedoch nicht der Form des § 29 GBO.

    Ulf

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  • Dann könnte man ggf. eine Betreuung für die einzelne Rechtshandlung "Entgegennahme der Widerrufserklärung" einrichten, das geht auf jedenfall dann schneller und billiger als die Betreuung für die Abgabe der Löschungsbewilligung samt Genehmigung etc.p.p.

  • Bedingung ist der Zugang einer Willenserklärung (§ 130 BGB). Voraussetzung für einen wirksamen Zugang wäre demnach die Geschäftsfähigkeit des Empfängers. Die läßt sich auch mit einer Zustellungsurkunde (§§ 182 Abs. 1 S. 2, 418 ZPO) nicht nachweisen. Der Bedingungseintritt war auch sonst nicht sehr glücklich gewählt. Wenn man in dem „Widerruf“ zum Beispiel eine dem Sachenrecht fremde Kündigung erkennt (vgl. „Auflösend bedingter Nießbrauch“).

    Sehr richtig!

    Langer Rede kurzer Sinn: Das Wohnungsrecht hätte mit der besagten unzulässigen Bedingung zu lit. b) gar nicht eingetragen werden dürfen (aber das war bestimmt nicht Ulf ;)).

    Mit der kürzlich ausgiebig diskutierten Bedingungsfrage (Jurksch/Weber usw.) hat die vorliegende Bedingung nichts zu tun. Siehe meine Ausführungen im zitierten Parallelthread).


  • Langer Rede kurzer Sinn: Das Wohnungsrecht hätte mit der besagten unzulässigen Bedingung zu lit. b) gar nicht eingetragen werden dürfen (aber das war bestimmt nicht Ulf ;)).


    (Doch, die Eintragung habe ich vorgenommen. Immerhin hatte ich mir damals aber schon ein paar Gedanken dazu gemacht, wie sich aus meinen Randnotizen bei der Bewilligung ergeben: "Schöner/Stöber, Rn. 1382, m.w.N." :oops:)
    Wenn jetzt aber der Rechtsinhalt unzulässig wäre, müsste ich das Recht doch nach Anhörung der Berechtigten (und des Vorsorgebevollmächtigten) ohnehin löschen, oder?!? :gruebel:

    Ulf

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  • Glaube ich nicht.

    Das Recht wäre teilweise inhaltlich unzulässig, würde aber im Übrigen materiell entstanden sein. Es wäre also nur das Erlöschen des Rechts aufgrund der unzulässigen Bedingung obsolet und das Recht könnte nur noch aufgrund der anderen Bedingung erlöschen.

  • Okay, jetzt sehe ich klarer! :)

    Dank Euch allen für die lesenswerten Beiträge!

    Ulf

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