Benachrichtigung Ausschlagenden, dass Nachlass vermögend.

  • Hallo liebe Community!

    Ich habe folgendes Nachlassverfahren:

    Die Erblasserin ist kinderlos und ledig gestorben. Die Eltern sind vorverstorben.

    Sie hatte 2 Geschwister.
    Ein Bruder ist vorverstorben und hat 2 Kinder gehabt.
    Ein anderer Bruder hat die Erbschaft ausgeschlagen. Von seinen 3 Kindern haben 2 ebenfalls ausgeschlagen.

    Es wurde eine Nachlasspflegschaft eingerichtet, die ergeben hat, dass der Nachlass vermögend ist (ca. 36.000,00 EUR im plus).

    Der Bruder und sein Sohn (also Neffe der EL) haben in ihrer Ausschlagung angegeben:
    "Über den Nachlass können wir keine Angaben machen; zu der Erblasserin hatten wir kaum Kontakt".
    Die Nichte hat in ihrer Ausschlagung angegeben:
    "Zum Nachlass kann ich keine Angaben machen; auch wenn der Nachlass vermögend sein sollte erkläre ich die Ausschlagung aus persönlichen Gründen"

    Meine Frage ist nun, ob ich als Nachlassgericht die Ausschlagenden darüber in Kenntnis setzen soll, dass der Nachlass vermögend ist. Außerdem frage ich mich, ob und wie umfangreich ich sie über ihre Möglichkeit der Anfechtung der Ausschlagung belehren soll (oder ob ich sie dahin gehend lediglich auf rechtliche Beratung verweisen dürfte).


    Mir ist bewusst, dass so oder so ähnliche Sachverhalte hier im Forum schon diskutiert wurden. Trotz meiner Recherche bin ich mir allerdings unschlüssig, wie ich jetzt weiter vorgehen sollte...

    Vielen Dank für eure Hilfe!

  • In den Fällen wo der Erbe über 3 Ecken zu suchen ist und jwd wohnt schreiben wir in die Berufung schon rein "nach derzeitiger Aktenlage ist der Nachlass nicht überschuldet". In den Fällen wo die Erben der Berufung zuvor kommen, prüft das der ggf. bestellte Nachlasspfleger im Rahmen der Erbenermittlung ab und nimmt je nach Formulierung der Ausschlagung Kontakt mit den Ausschlagenden auf.
    Einzelfallentscheidung.
    Letztlich wäre es auch möglich über eine Kostenrechnung bekannt zu geben wie viel Nachlass vorhanden ist. Ich meine sogar, dass wir nach GnotKG den Notar benachrichtigen müssten, damit er ggf. nacherhebt, wenn er von der Mindestgebühr ausgegangen ist.

  • Ich würde hier die durch Ausschlagung weggefallenen Erben nicht gesondert benachrichtigen, sondern nur prüfen, ob ggf. Kosten nachzuerheben sind oder der Notar über den Wert in Kenntnis zu setzen ist. Vielleicht würde ich im Einzelfall anders handeln, wenn sich ein Anfechtungsgrund geradezu offensichtlich aufdrängen würde, das ist hier aber nicht der Fall.

  • Wer ausschlägt gilt als Vorverstorben. "Verstorbene" werden von wirtschaftlichen Sachverhalten, und um solche handelt es sich, nicht informiert.

    Kosten nacherheben (bei uns fast nicht mehr, da die meisten Ausschlagungen von Notaren kommen) bzw. ggf. Notar informieren. Gut ist.

  • Ich denke dass die Benachrichtigung vorgenommen werden sollte mit dem Hinweis, dass ggf. angefochten werden kann (Form und Frist) und man sich wegen der weiteren Einzelheiten an einen Angehörigen der rechtsberatenden Berufe wenden möge.

    Die Ausschlagenden nicht zu benachrichtigen, halte ich für falsch. Auch wir unterliegen der Aufklärungspflicht (nicht gleichzusetzen mit rechtlicher und tatsächlicher Beratung). Ob die Anfechtung im konkreten Fall Aussicht auf Erfolg hat, dürfte sehr fraglich sein, da die Ausschlagenden offenbar keine eigenen Ermittlungen zum Nachlass angestellt haben.

    Im Übrigen handelt es sich nach meiner Ansicht nicht um einen allein wirtschaftlichen Sachverhalt. Die Frage, ob eine rechtlich bedeutsame Erklärung angefochten wird, muss der Erklärende selbst beantworten. Kann er aber nicht, wenn er keine Gelegenheit bekommt, sich diese Frage zu stellen. Die Folge einer wirksamen Anfechtungserklärung mag wirtschaftlicher Natur sein, alles andere jedoch nicht.

    Man sollte es sich als Rechtspfleger/Bezirksnotar auch nicht immer nur bequem machen. :)

  • Ich merke schon, auch hier im Forum gibt es darüber Uneinigkeit ;)

    Wenn die Ausschlagenden sowieso eine Kostennachforderung bekommen, kann ich sie auch gleich darüber aufklären, dass der Nachlass vermögend ist. Da das Nachlassgericht bei der Ausschlagung über Formen und Fristen belehrt, ist es wohl angebracht, das bei der Anfechtung entsprechend zu tun.

  • Wer ausschlägt gilt als Vorverstorben. "Verstorbene" werden von wirtschaftlichen Sachverhalten, und um solche handelt es sich, nicht informiert.

    Wofür die Vorversterbensfiktion des § 1953 Abs. 2 BGB so alles herhalten muss, ist schon erstaunlich.

    Im vorliegenden Fall ist diese Diskussion allerdings im Ergebnis müßig, weil alle Beteiligten unabhängig von einer Überschuldung des Nachlasses ausgeschlagen haben, so dass insoweit auch keine Anfechtungsrechte bestehen.

  • Auch der Bruder und dessen Sohn die gesagt haben sollen, zum Nachlass können sie keine Angaben machen es besteht kein Kontakt?

    Ein Notar würde hier sicher eine Anfechtung sehr gut begründen: ja hätten wir gewusst, dass der Nachlass nicht überschuldet ist wären wir nie auf die Idee gekommen auszuschlagen... Auskunft haben wir keine bekommen....Kenntnis hiervon hatten wir seit... - so oder ähnlich.

  • Auch der Bruder und dessen Sohn die gesagt haben sollen, zum Nachlass können sie keine Angaben machen es besteht kein Kontakt?

    Ein Notar würde hier sicher eine Anfechtung sehr gut begründen: ja hätten wir gewusst, dass der Nachlass nicht überschuldet ist wären wir nie auf die Idee gekommen auszuschlagen... Auskunft haben wir keine bekommen....Kenntnis hiervon hatten wir seit... - so oder ähnlich.

    Und das würde dennoch keine Anfechtung rechtfertigen. Die beiden haben sich nicht in einem Irrtum befunden. Ihnen war die Situation bekannt: Der Nachlass kann werthaltig oder überschuldet sein, wir schlagen "blind" aus.

  • Nicht die gleiche Sichtweise.

    Im Übrigen: Wem die Höhe oder Überschuldung des Nachlasses egal ist, kann sich in keinem Irrtum im Hinblick auf eine etwaige Überschuldung befinden, und selbst wenn, müsste er für die Ausschlagung kausal gewesen sein.

  • Auch der Bruder und dessen Sohn die gesagt haben sollen, zum Nachlass können sie keine Angaben machen es besteht kein Kontakt?

    Ein Notar würde hier sicher eine Anfechtung sehr gut begründen: ja hätten wir gewusst, dass der Nachlass nicht überschuldet ist wären wir nie auf die Idee gekommen auszuschlagen... Auskunft haben wir keine bekommen....Kenntnis hiervon hatten wir seit... - so oder ähnlich.

    Und das würde dennoch keine Anfechtung rechtfertigen. Die beiden haben sich nicht in einem Irrtum befunden. Ihnen war die Situation bekannt: Der Nachlass kann werthaltig oder überschuldet sein, wir schlagen "blind" aus.


    Umstände, die nicht aus der Niederschrift der Erbausschlagung ersichtlich und nicht allgemein zugänglich sind, dürfen zur Auslegung nicht herangezogen werden (BayObLG, DtZ 1992, 285/285).


  • Und das würde dennoch keine Anfechtung rechtfertigen. Die beiden haben sich nicht in einem Irrtum befunden. Ihnen war die Situation bekannt: Der Nachlass kann werthaltig oder überschuldet sein, wir schlagen "blind" aus.

    Umstände, die nicht aus der Niederschrift der Erbausschlagung ersichtlich und nicht allgemein zugänglich sind, dürfen zur Auslegung nicht herangezogen werden (BayObLG, DtZ 1992, 285/285).

    Ersichtlicher geht es kaum:

    "Über den Nachlass können wir keine Angaben machen; zu der Erblasserin hatten wir kaum Kontakt".
    Die Nichte hat in ihrer Ausschlagung angegeben:
    "Zum Nachlass kann ich keine Angaben machen; auch wenn der Nachlass vermögend sein sollte erkläre ich die Ausschlagung aus persönlichen Gründen"

    Die Beteiligten haben zur Niederschrift angegeben, dass sie keine Kenntnis über den Nachlass haben. Das bedeutet, ihnen war klar, dass es in beide Richtungen gehen könnte und sie haben in Kenntnis dieser Tatsache ausgeschlagen.


  • Die Beteiligten haben zur Niederschrift angegeben, dass sie keine Kenntnis über den Nachlass haben. Das bedeutet, ihnen war klar, dass es in beide Richtungen gehen könnte und sie haben in Kenntnis dieser Tatsache ausgeschlagen.

    Ja, so ist das.

    Deswegen sollte man bei einer Ausschlagung möglichst nichts zu den Motiven sagen.
    "Ich schlage aus" reicht vollkommen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Die Beteiligten haben zur Niederschrift angegeben, dass sie keine Kenntnis über den Nachlass haben. Das bedeutet, ihnen war klar, dass es in beide Richtungen gehen könnte und sie haben in Kenntnis dieser Tatsache ausgeschlagen.

    Ja, so ist das.

    Deswegen sollte man bei einer Ausschlagung möglichst nichts zu den Motiven sagen.
    "Ich schlage aus" reicht vollkommen.


    :gruebel: Aus Sicht des Ausschlagenden dürfte es also sinnvoller sein, die Ausschlagung mit der vermuteten Überschuldung des Nachlasses zu begründen.


  • Die Beteiligten haben zur Niederschrift angegeben, dass sie keine Kenntnis über den Nachlass haben. Das bedeutet, ihnen war klar, dass es in beide Richtungen gehen könnte und sie haben in Kenntnis dieser Tatsache ausgeschlagen.

    Ja, so ist das.

    Deswegen sollte man bei einer Ausschlagung möglichst nichts zu den Motiven sagen.
    "Ich schlage aus" reicht vollkommen.

    Ich nehme als Nachlassgericht die Begründung gerne möglichst ausführlich auf. Zum einen als Anhaltspunkt für weitere Ausschlagende, zum anderen eben als Grundlage zur Überprüfung einer etwaigen Anfechtung.

    Für die Leute wäre es im Hinblick auf eine Anfechtung in der Tat angezeigt, so wenig Begründung wie möglich zu nennen, das würde unsere Arbeit aber nicht gerade einfacher machen :)

  • Ich nehme als Nachlassgericht die Begründung gerne möglichst ausführlich auf.

    Es muss aber keine Begründung erfolgen. Wie gehtst Du damit um, dass Ausschlagende sich möglicherweise verpflichtet fühlen, eine Begründung zu geben, nur weil Du danach fragst (hoffentlich mit dem Hinweis, dass sie dazu nichts sagen müssen)?

    Zum einen als Anhaltspunkt für weitere Ausschlagende,

    Welchen Anhaltspunkt soll das liefern?

    zum anderen eben als Grundlage zur Überprüfung einer etwaigen Anfechtung.

    Dafür man eben gerade keine Begründung verlangen, die nicht abgegeben werden muss.

    Für die Leute wäre es im Hinblick auf eine Anfechtung in der Tat angezeigt, so wenig Begründung wie möglich zu nennen,

    An der Stelle widersprichst Du Dir selbst: Wieso fragst Du nach einer Begründung, wenn klar ist, dass dazu besser nichts angegeben wird?

    das würde unsere Arbeit aber nicht gerade einfacher machen :)

    Das ist dann eben so.

  • Ich nehme als Nachlassgericht die Begründung gerne möglichst ausführlich auf.

    Es muss aber keine Begründung erfolgen.

    Hat auch niemand behauptet.

    Zum einen als Anhaltspunkt für weitere Ausschlagende,

    Welchen Anhaltspunkt soll das liefern?

    Erhält der Nächstberufene die Information, dass sein Vorgänger wegen Überschuldung ausgeschlagen hat, wird er vermutlich ebenfalls ausschlagen. Wenn es aber persönliche Gründe gab, müssen die bei ihm nicht ebenfalls vorliegen.

    Zwar kann ich nicht verlangen, dass mir der Ausschlagungsgrund genannt wird. Einen sachlichen Grund, nicht danach zu fragen, hast du allerdings auch nicht genannt. Insbesondere hat der Ausschlagende keinen Anspruch darauf, dass es ihm noch leichter gemacht wird, später durch falsche Angaben die Wirksamkeit einer unwirksamen Anfechtung vorzutäuschen.


  • Die Beteiligten haben zur Niederschrift angegeben, dass sie keine Kenntnis über den Nachlass haben. Das bedeutet, ihnen war klar, dass es in beide Richtungen gehen könnte und sie haben in Kenntnis dieser Tatsache ausgeschlagen.

    Ja, so ist das.

    Deswegen sollte man bei einer Ausschlagung möglichst nichts zu den Motiven sagen.
    "Ich schlage aus" reicht vollkommen.

    Ich nehme als Nachlassgericht die Begründung gerne möglichst ausführlich auf. Zum einen als Anhaltspunkt für weitere Ausschlagende, zum anderen eben als Grundlage zur Überprüfung einer etwaigen Anfechtung.

    Für die Leute wäre es im Hinblick auf eine Anfechtung in der Tat angezeigt, so wenig Begründung wie möglich zu nennen, ....


    Das sehe ich eigentlich gerade anders herum. :gruebel:

    Beispiel: Ausschlagung mit Angabe der Begründung, man gehe von einer Überschuldung des Nachlasses aus; Anfechtung, nachdem Kenntnis erlangt, dass Überschuldung nicht vorliegt

    Die Anfechtung lässt sich doch dann viel besser begründen/nachvollziehen als wenn in der Ausschlagung nicht stünde, weshalb ausgeschlagen wird.


    Oder bin ich auf dem Holzweg? :gruebel:

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