Unterhaltspfändung § 850 d ZPO: 2 pfändende Kinder, 3 Beschlüsse

  • Hallo zusammen!

    Schuldner S hat zwei Kindern, A und B. Es gibt 3 Pfübs beim Arbeitgeber:

    1.) aus Januar 2016, Kind A vertr. durch Beistandschaft, pfändet rückständigen und laufenden Unterhalt. Meine Vorgängerkollegin hat den pfandfreien Betrag auf 1.000 EUR festgesetzt. Dabei wurde nicht unterschieden, was 'offizieller' pfandfreier Betrag und was Mehrbetrag für Unterhaltspflicht ist.

    2.) aus Oktober 2016, Kind B vertr. durch Beistand pfändet rückständigen Unterhalt bis Oktober 2016. Pfandfreier Betrag wurde auf 850 EUR festgesetzt + 1/2 des übersteigenden Nettoeinkommens bis zur Deckung der gesamten Unterhaltsansprüche

    3) aus Januar 2017, Kind B ist jetzt volljährig und weiterhin Schülerin, pfändet vertr. durch RA Rückstand ab November 2016 sowie laufenden Unterhalt. Pfandfreier Betrag wurde auf 850 EUR festgesetzt + 1/2 des übersteigenden Nettoeinkommens bis zur Deckung der gesamten Unterhaltsansprüche


    Der Drittschuldner will jetzt einen klarstellenden Beschluss, dass der Pfändungsfreibetrag 850 EUR beträgt und alles darüber der Pfändung unterliegt.


    Wie soll so ein klarstellender Beschluss denn aussehen? Es betrifft ja 3 unterschiedliche Pfübs?! Bzw. ist dafür überhaupt ein Rechtschutzbedürfnis gegeben? Mich irritiert der von der Kollegin festgesetzte Pfändungsfreibetrag von 1.000 EUR. Spontan war mein erster Gedanke:

    Diff. zwischen 850 EUR und 1.000 bekommt Gl. Pfüb 2, alles darüber Gl. 1. Wenn Gläubiger 2 befriedigt ist, rutscht an seine Stelle Gl. 3.

    Ich habe jetzt hier im Forum an anderer Stelle gelesen, dass eig. der Gläubiger 2 und 3 die Änderung des unpfändbaren Betrags dahingehend beantragen müsste/könnte, dass der Mehrbetrag wegfällt, da ja beide Kinder pfänden. Oder ist das hier irrelevant, weil die Kollegin den anderen pfandfreien Betrag ohnehin direkt auf 1.000 EUR festgesetzt hat?

    Danke bereits im Voraus für eure Hilfe!

  • Ist die Frage so doof oder seid ihr so verwirrt wie ich? :oops:


    Ne, doof ist sie nicht. Ich rätsel nur - wie Du wohl auch - worauf das Rechtsschutzbedürfnis des DS jetzt beruhen soll?

    Kind A ist prioritätsältester Gläubiger, erhält also den Teil, der über dem Freibetrag von 1.000 € liegt. Kind B ist prioritätsjünger Gläubiger und wird insofern gem. § 804 III ZPO nachrangig berücksichtigt. Für dieses Kind B (Beistand) steht die von Dir genannten Differenz (begrenzt auf die 850 € + 1/2 Nettomehrbetrag = NM) offen und wird bedient. Kind B (nunmehr volljährig) steht als prioritätsjüngster Gläubiger hinten an und darf warten, bis Kind A voll befriedigt ist.

    Tritt dieser Fall dann ein, dann gibt's zwei Gläubiger (Kinder), bei denen jeweils die 850 € + 1/2 NM pfandfrei belassen wurden. Wenn ich jetzt Coverna richtig verstanden habe, passiert dann doch folgendes: Die eine 1/2 des NM soll dem Schuldner doch dazu dienen, die Unterhaltspflicht für vor- oder gleichrangige Unterhaltsgläubiger zu erfüllen, also hier des anderen Kindes zu erfüllen. Wenn aber das andere (später pfändende) Kind diesen (= lfd. Unterhalt) gar nicht erhält, sondern deshalb auch pfändet bzw. pfänden muß, kann es m. E. nicht im Sinne des Erfinders sein, dem Schuldner dann diese pfandfrei gestellte 1/2 des NM zu belassen bzw. als Unterhaltspflicht zu berücksichtigen. Insofern müßte wohl dann auf Antrag bei diesem später pfändenden Kind die Anordnung + 1/2 NM auf nur 850 € abzuändern sein. Oder liegt hier ein Denkfehler vor?

    Aber auch hier frage ich mich, woraus sich für den DS ein Rechtsschutzbedürfnis einer Abänderung ergibt?

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

    Einmal editiert, zuletzt von Bolleff (27. Januar 2017 um 19:28)

  • Beschluss des BGH vom 24.01.2006 - VII ZB 93/05 -:

    "Der Erlass eines klarstellenden Beschlusses stellt keine Entscheidung über einen Rechtsbehelf dar. Über den Antrag auf Klarstellung entscheidet der Rechtspfleger, weil es sich um eine Maßnahme handelt und nicht um eine Entscheidung über eine Erinnerung."

    Also stellt sich die Frage des Rechtsschutzbedürfnis meines Erachtens nicht, weil der DS lediglich wissen will, wie er es zu machen hat, was beschlossen wurde. Vermutlich hat einer der Gläubiger eine Auffassung vertreten, mit der der DS nicht so recht klar kommt.

    Der DS muss wie folgt rechnen:

    1. Kind A: 1.000,00 € unpfändbar, also alles was über 1.000,00 € liegt, gehört Gläubiger 1 wenn er noch Rückstände hat, bzw. seine jeweils fälligen Forderungen höher sind als der Betrag, der über 1.000,00 € hinausgeht.

    2. Kind B: 850,00 € zuzüglich 1/2 des Mehrbetrages. Der Gläubiger erhält 1/2 des Mehrbetrages über 850,00 €. Wenn aber Kind A bereits alles über 1.000,00 € erhält, bleibt für Kind B nichts mehr übrig.

    3. Kind A: 850,00 € zuzüglich 1/2 des Mehrbetrages. Der Gläubiger erhält 1/2 des Mehrbetrages über 850,00 €. Nr. 3 ist also deckungsgleich mit Nr. 2. Selbst wenn Nr. 1 nicht den gesamten Betrag über 1.000,00 € in Anspruch nehmen würde, ist Nr. 2 mit dem gleichen unpfändbaren Betrag vorrangig, so das Nr. 3 leer aus geht.

    Die Beschlüsse sind so in der Welt und keiner hat die Änderung der unpfändbaren Beträge beantragt, so dass Du Dir keine Gedanken darüber machen musst, warum im ersten Beschluss glatte 1.000,00 € festgesetzt worden sind.

    Zu dem was Bolleff geschrieben hat:

    Lassen wir die erste Pfändung mal weg und betrachten nur Nr. 2 und 3. Eins (von zwei) Kindern pfändet und der unpfändbare Betrag wird auf 850,00 € + 1/2 des MB festgesetzt. Also erhält Kind 1 die Hälfte des MB über 850,00 €.

    Nun pfändet auch Kind 2 und hier wird der unpfändbare Betrag ebenfalls auf 850,00 € + 1/2 des MB festgesetzt.

    Beide Pfändungen haben also den gleichen Pfandbereich, bzw. bei beiden Pfändungen ist der unpfändbare Betrag auf 850,00 €+ 1/2 des MB festgesetzt worden. Obwohl das anders gemeint war, nämlich Kind 2 soll die Hälfte des MB bekommen, die in der ersten Pfändung als zusätzlich pfandfrei angeordnet wurden, erhält Kind 2 diesen MB nicht, weil der Arbeitgeber in beiden Fällen 850,00 € + 1/2 des MB pfandfrei an den Schuldner auszahlen muss.

    Der zweite Beschluss muss also lauten: "pfandfrei 850,00 €" (ohne Mehrbetrag). Nur dann kann Kind 2 auf den MB zugreifen, der im ersten Beschluss für das zweite Kind pfandfrei belassen wurde.

    Es wäre aber meiner Meinung nach falsch, den unpfändbaren Betrag in Nr. 3 auf (nur) 850,00 € festzusetzen, weil Kind A dann aus Nr. 1 alles über 1.000,00 € bekommt und aus Nr. 3 den Betrag von 850,00 € bis 1.000,00 € und Kind B würde immer noch leer ausgehen, weil für dieses Kind dann immer noch 850,00 € + 1/2 des MB gelten würden.

    Ich hoffe, dass ich das nicht zu kompliziert dargestellt habe.

    Die Frage, die sich in Deinem Fall stellt ist, ob die erste Pfändung bereits den gesamten Betrag beansprucht, der über 1.000,00 € liegt. Ist das der Fall, gehen die weiteren Pfändungen ins Leere, wenn das Einkommen bei mindestens 1.000,00 € liegt.

    Je nach Höhe des Einkommens könnte man unterschiedliche Berechnungsbeispiele machen.

    Was mich im Moment noch stört ist, dass Kind A in Pfd. Nr. 1 und Nr. 3 jeweils laufende Unterhaltsansprüche pfändet. Sind die laufenden Unterhaltsansprüche identisch oder werden in Nr. 3 nur zusätzliche laufende Ansprüche gepfändet?

    Wenn Du mir die Höhe des Einkommens angeben kannst und was mit den einzelnen Pfändungen gepfändet ist, könnte ich Dir eine konkrete Berechnung machen.

  • Also stellt sich die Frage des Rechtsschutzbedürfnis meines Erachtens nicht, weil der DS lediglich wissen will, wie er es zu machen hat, was beschlossen wurde. Vermutlich hat einer der Gläubiger eine Auffassung vertreten, mit der der DS nicht so recht klar kommt.


    Naja, das Rechtsschutzbedürfnis muß man schon darlegen. Allein das Problem, nicht zu wissen, wie er rechnen soll, reicht nicht aus. Es muß für einen solchen klarstellenden Beschluß m. E. schon eine Divergenz der Auffassungen der am ZV-Verfahren Beteiligten vorhanden sein. Wenn das der Fall ist, sehe ich es natürlich wie Du. Dann ist es ja vorhanden.

    Zitat

    2. Kind B: 850,00 € zuzüglich 1/2 des Mehrbetrages. Der Gläubiger erhält 1/2 des Mehrbetrages über 850,00 €. Wenn aber Kind A bereits alles über 1.000,00 € erhält, bleibt für Kind B nichts mehr übrig.


    Ja? Zwingend? Beispiel: 1.100 € Netto -> 100 € gehen demnach an A. Kind B erhält 850 + 125 € (= 1.100 - 850 = 250 ./. 2) = 975 € abzl. 1.000 = 25 € gehen an B. :)

    Zitat

    Es wäre aber meiner Meinung nach falsch, den unpfändbaren Betrag in Nr. 3 auf (nur) 850,00 € festzusetzen, weil Kind A dann aus Nr. 1 alles über 1.000,00 € bekommt und aus Nr. 3 den Betrag von 850,00 € bis 1.000,00 € und Kind B würde immer noch leer ausgehen, weil für dieses Kind dann immer noch 850,00 € + 1/2 des MB gelten würden.


    Meine Ausführungen waren nur auf den (im Ausgangsfall noch nicht relevanten, späteren) Zeitpunkt bezogen, daß Kind A als Gläubiger wegfällt und nur noch B übrig ist.

    Zitat

    Die Frage, die sich in Deinem Fall stellt ist, ob die erste Pfändung bereits den gesamten Betrag beansprucht, der über 1.000,00 € liegt. Ist das der Fall, gehen die weiteren Pfändungen ins Leere, wenn das Einkommen bei mindestens 1.000,00 € liegt.


    :gruebel: Dann ist meine obige Rechnung Mist?

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Nein, Deine Berechnung ist "natürlich" richtig, weil Du ein Einkommen von 1.100,00 € angenommen hast. Wenn das Einkommen über 1.150,00 € liegt, erhält Kind A 150,00 € und Kind B nichts, weil der unpfändbare Betrag 1.000,00 € ist (1.150,00 € ./. 850,00 € = 300,00 € / 2 = 150,00 € + 850,00 €). Liege das Einkommen bei (nur) 1.000,00 € würde Kind A nichts bekommen, weil der Betrag unpfändbar ist. Kind B würde 75,00 € bekommen (1.000,00 € ./. 850,00 € = 150,00 € / 2 = 75,00 €).

    Ich bin allerdings von einem etwas höheren Einkommen ausgegangen :)

  • Ich bin allerdings von einem etwas höheren Einkommen ausgegangen :)


    :achja::frechheit;)

    Meine Schuldner haben schließlich als Beschäftigte des öffentlichen Dienstes oder Beamte in der Regel ein minimal höheres pfändbares Einkommen, wenn sie nicht gerade Teilzeit gearbeitet haben ;)

  • Vielen Dank für eure Antworten!

    Was mich im Moment noch stört ist, dass Kind A in Pfd. Nr. 1 und Nr. 3 jeweils laufende Unterhaltsansprüche pfändet. Sind die laufenden Unterhaltsansprüche identisch oder werden in Nr. 3 nur zusätzliche laufende Ansprüche gepfändet?

    Wenn Du mir die Höhe des Einkommens angeben kannst und was mit den einzelnen Pfändungen gepfändet ist, könnte ich Dir eine konkrete Berechnung machen.

    Du hast dich verlesen, Nr. 3 ist Kind B

    Pfüb 1 ist Kind A mit lfd. und rückständig
    Pfüb 2 ist Kind B rückständig bis Oktober
    Pfüb 3 ist Kind B laufend und rückständig ab November

    Das aktuelle Einkommen hab ich nicht, aber der DS hat jetzt tatsächlich Hinterlegung beantragt und 300 EUR eingezahlt.Ich gehe davon aus, dass er wirklich nur Probleme beim rechnen hat. Ist ein recht kleiner Betrieb und wir sind ohnehin ein kleines Amtsgericht. Davon, dass es Probleme mit Gläubigern gibt, hab zumindest nichts mitbekommen.

    Beide Pfändungen haben also den gleichen Pfandbereich, bzw. bei beiden Pfändungen ist der unpfändbare Betrag auf 850,00 €+ 1/2 des MB festgesetzt worden. Obwohl das anders gemeint war, nämlich Kind 2 soll die Hälfte des MB bekommen, die in der ersten Pfändung als zusätzlich pfandfrei angeordnet wurden, erhält Kind 2 diesen MB nicht, weil der Arbeitgeber in beiden Fällen 850,00 € + 1/2 des MB pfandfrei an den Schuldner auszahlen muss.

    Der zweite Beschluss muss also lauten: "pfandfrei 850,00 €" (ohne Mehrbetrag). Nur dann kann Kind 2 auf den MB zugreifen, der im ersten Beschluss für das zweite Kind pfandfrei belassen wurde.

    Danke für die Erklärung, genau das hatte ich schon mal in nem anderen Thread gelesen und fand es logisch. Aber ohne Antrag ist das für mich ja leider keine Möglichkeit.

  • Sorry, da hatte ich wohl Tomaten auf den Augen.

    Ich habe ja schon vermutet, dass der AG Probleme mit den Anordnungen hat. Wenn er auch jetzt noch hinterlegt, stellt sich mir die Frage, ob er alles über 850,00 € hinterlegt, weil er ja eine Klarstellung haben wollte, dass alles über 850,00 € gepfändet sein soll.

    Wenn das so stimmt, dann läge das Einkommen bei 1.150,00 €. Sollte er aber (aus Versehen) richtig gerechnet haben, dann läge das Einkommen bei 1.300,00 €.

    Gehen wir mal von einem Einkommen von 1.150,00 € aus. Für die erste Pfändung wäre ein Betrag von 1.000,00 € unpfändbar, demzufolge wären 150,00 € pfändbar. Für die zweite und dritte Pfändung wäre ein Betrag von 850,00 € zuzüglich 1/2 des MB unpfändbar, also 1.150,00 € ./. 850,00 € = 300,00 € / 2 = 150,00 € + 850,00 € = ebenfalls 1.000,00 €. Der AG dürfte also nur 150,00 € hinterlegen.

    Gehen wir alternativ von einem Einkommen von 1.300,00 € aus. Für die erste Pfändung wäre ein Betrag von 1.000,00 € unpfändbar, demzufolge wären 300,00 € pfändbar. Für die zweite und dritte Pfändung wäre ein Betrag von 850,00 € zuzüglich 1/2 des MB unpfändbar, also 1.300,00 € ./. 850,00 € = 450,00 € / 2 = 225,00 € + 850,00 € = 1.075,00 €. Für die zweite und dritte Pfändung wäre demzufolge nichts pfändbar.

    Ich würde Dir empfehlen, den Arbeitgeber anzurufen und zu fragen wie hoch das Nettoeinkommen ist und wie er das gerechnet hat. Dann könntest Du ihm das mit der Berechnung erklären. Sonst stochern wir weiterhin im Dunkeln und können nur spekulieren.

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