§131 InsO Rückforderung von Zwangsgeld

  • Hallo :) ,

    ich habe folgenden Fall und hoffe, ihr könnt mir irgendwie helfen:

    Gegen eine Partei wurde beim Arbeitsgericht am 28. August 2013 ein Zwangsgeldbeschluss in Höhe von 200,00 EUR erlassen. An den Gerichtsvollzieher wurden am 23. Januar 2014 insgesamt 290,14 EUR überwiesen, dieser hat dann die 200,00 EUR zur Akte eingezahlt. Am 10. April 2014 wurde dann der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt, welches dann auch am 02. Juli 2014 eröffnet wurde.

    Jetzt - im Jahr 2017 - bekomme ich ein Schreiben des Insolvenzverwalters der Partei der nun einen Rückgewährungsanspruch gem. § 143 Abs. 1 i.V.m. § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO bzgl. der gezahlten die 200,00 EUR zzgl. Zinsen geltend macht.

    Mit Insolvenzrecht habe ich leider in der Regel nicht allzu viel Berührungspunkte, daher steh ich gerade ein wenig auf dem Schlauch....

    Meine Fragen daher :

    • Kommt es gem. § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO nur auf die "Handlung" und somit die "tatsächliche Zahlung" an und ist es unerheblich, dass der Grund für die Zahlung (der Zwangsgeldbeschluss) bereits schon seit August 2013 existent ist?


    • Wer ist funktionell zuständig? Rechtspfleger oder Kostenbeamter?



    • Kann der Insolvenzverwalter wirklich seit dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Zinsen verlangen?


    • Was ich mich auch frage, warum er den Rückgewährungsanspruch jetzt erst geltend macht. Gibt es hierfür nicht auch irgendeine Frist?

    Fragen über Fragen :confused:

    Ich wäre euch seeeehr dankbar für eure Hilfe :daumenrau

    Liebe Grüße
    Schenny

  • Einige der Fragen versuche ich zu beantworten:

    Einschlägig ist entweder § 131 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 InsO. Der Insolvenzverwalter müsste also entweder belegen, dass dem Staat die Benachteiligung der anderen Gläubiger bekannt war (Nr. 3, eher schwieriger), oder dass der Schuldner bereits zahlungsunfähig war (Nr. 2, eher leichter in so kurzer Zeit vor Verfahrenseröffnung).

    Es kommt wirklich nur auf den Zeitpunkt des Mittelflusses an, von wann der Titel stammt, ist egal.

    Zinsen können verlangt werden ab dem Tag nach der Insolvenzverfahrenseröffnung. Das ergibt sich aus folgender Verweisungskette, die vom BGH als Rechtsfolgenverweisung bezeichnet wird: § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 Satz 1 BGB. Manche Insolvenzverwalter meinen wegen einer früheren Entscheidung des BGH immer noch, dass Zinsbeginn der Tag der Verfahrenseröffnung selbst sei, das ist jedoch überholt (BGH IX ZR 109/15, dort ersichtliche Differenz zwischen Tenor und Benennung des Tags der Verfahrenseröffnung).

    Die Geltendmachung erfolgt innerhalb der Verjährungsfrist, die noch bis zum 31.12.2017 läuft.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Noch zur Ergänzung der zutreffenden Ausführungen von AndreasH:

    Der Insolvenzverwalter hätte sogar den gesamten gezahlten Betrag von Euch fordern können, also einschließlich der Kosten des Gerichtsvollziehers (vgl. BGH, Urt. v. 12.02.2004 - IX ZR 70/03). Zusätzlich wäre für ihn noch möglich gewesen, die Nutzungsvorteile aus dem erhaltenen Betrag ab Zahlungseingang bis zur Insolvenzeröffnung geltend zu machen (vgl. BGH, Urt. v. 01.02.2007 - IX ZR 96/04, Rn. 21f.).

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Vielen lieben Dank an "Silberkotelett" und "AndreasH", das hat mir schon mal sehr weiter geholfen.:):daumenrau

    Ich überlege nun, wie ich weiter vorgehe. Mache ich nun einen Beschluss über die Rückforderung von 200,00 EUR zzgl. Zinsen und lege es dem Kostenbeamten vor mit der Bitte um Auszahlung?

    Liebe Grüße
    Schenny

  • Rechtlich wurde wohl schon alles gesagt.

    Eine Anfechtung bzw. das Ergebnis finde ich hier allerdings fragwürdig.

    Der jetzige Inso-Schuldner sollte offenbar damals eine Handlung vornehmen und tat dies nicht freiwillig, daher die Auferlegung des Zwangsgeldes. Obwohl er die Handlung noch immer nicht vorgenommen hat bzw. Auskünfte abgegeben oder Unterlagen eingereicht, erhält er (bzw. der Verwalter für ihn) jetzt dennoch den Betrag zurück. :(

  • @ Frog:

    Das Ziel der §§ 129 ff. InsO ist nicht, den Insolvenzschuldner oder den Insolvenzverwalter glücklich zu machen.

    Die Idee hinter der Insolvenzanfechtung ist, dass ab einem gewissen Zeitpunkt und unter gewissen Voraussetzungen bestimmte Gläubiger nicht mehr bevorzugt befriedigt werden sollen. Vielmehr wird das Ziel des Insolvenzverfahrens, nämlich die gleichmäßige quotale Befriedigung aller Gläubiger, bereits vor die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verlagert. Hierzu müssen dann diejenigen Gläubiger, die nach Eintritt der sogenannten materiellen Insolvenz eine Leistung des Insolvenzschuldners erhalten haben, diese an die Insolvenzmasse zurück gewähren. Dafür muss der Insolvenzverwalter, der niemals im Schuldnerinteresse - sondern für die Gläubigergemeinschaft tätig wird - sorgen. Anknüpfungspunkt, die Leistung zurück zu verlangen, kann zum Beispiel die Tatsache sein, dass der Gläubiger im Leistungszeitpunkt wusste, dass der Schuldner bereits zahlungsunfähig war. Oder aber - wie vorliegend - wenn die Zahlung nur darauf beruht, dass der Gläubiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet hat. Über letztere, von der Rechtsprechung entwickelte Prämisse kann man streiten, aber bisher gibt es dazu noch keine gesetzgeberische Alternative.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wobei zu Gegs' Festschrift für die Insolvenzanfechtung noch zu ergänzen ist, dass der Insolvenzverwalter nicht nur Gläubigerinteressen, sondern auch die Interessen des Schuldners zu berücksichtigen hat (BGH, Urt. v. 16.07.2015 - IX ZR 127/14, Rn. 8).

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Das wünsche ich Dir und den gesamten Auditorium auch.

    Ich jedenfalls werde meinen Spaß haben. Da wartet eine Akte auf mich, da soll die Krankenkasse nur mal eben EUR 190.000,- erstatten. Aber leider sind es nur vier Jahre, sonst wäre der Betrag noch höher.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

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