Nacherbfolge und Testamentsvollstreckung

  • Als Eigentümer steht im Grundbuch ein nicht befreiter Vorerbe. Es ist ein Nacherbenvermerk und ein Testamentsvollstreckervermerk im Grundbuch eingetragen. Ein Nachlassgrundstück wurde nun verkauft durch den Testamentsvollstrecker; der Vorerbe hat in die notarielle Urkunde auch mit unterzeichnet und dem Verkauf ausdrücklich zugestimmt. Diese Auflassung habe ich grad zum Vollzug auf dem Tisch. Zugleich sollen der Nacherben- und Testamentsvollstreckervermerk gelöscht werden am Vertragsgegenstand. In der Kaufvertrags-/Auflassungsurkunde„erteilt der Testamentsvollstrecker (TV) für die Nacherben die Zustimmung zum Verkauf".

    Es liegt – soweit ich das beurteilen kann - eine entgeltliche Verfügung vor. Ich kann nicht prüfen, ob evtl. ein höherer Kaufpreis hätte erzielt werden können. Es wurde an einen Dritten verkauft – also kein Verwandschaftsverhältnis. Der vereinbarte Kaufpreis löst bei mir keine (erheblichen) Zweifel aus.

    Ein Testamentvollstreckerzeugnis wurde nicht beantragt. Ich habe die Nachlassakte angefordert und auch schon hier. Im Testament steht folgendes zu den Aufgaben des Testamentvollstreckers:
    -Der TV hat den Nachlass zu verwalten bis der Nacherbfall eintritt.
    -Der TV hat nach Eintritt des Nacherbfalles die Auseinandersetzung des Nachlasses zu erwirken.
    -Der TV hat während der Vorerbschaft die Nacherbenrechte wahrzunehmen.
    -Er ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

    Genügt es, dass hier der TV für die Nacherben die Zustimmung zum Verkauf erteilt oder müssen diese selbst die Zustimmungserklärung abgeben? Nacherben sind 3 namentlich bezeichnete volljährige Enkelkinder des Erblassers. Ersatznacherbfolge ist angeordnet; fällt einer der 3 Nacherben aus, so treten an seine Stelle seine Abkömmlinge (derzeit nicht bekannt).

    Kann ich die Auflassung und die Löschung der zwei Vermerke vollziehen? Oder gibt es hier ein Problem?
    Meiner Meinung nach genügt es, dass der TV die Zustimmungserklärung für die Nacherben abgibt, da laut dem Testament er die Nacherbenrechte wahrzunehmen hat. Da ich jedoch noch nicht so lange Grundbuchsachen bearbeite, wäre ich für jeden hilfreichen Hinweis/Gedanken dankbar.

    Einmal editiert, zuletzt von Nikki76 (9. Februar 2017 um 09:56)

  • Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der TV nach wohl h.M. nicht den Beschränkungen des Vorerben unterliegen soll. Dies jedenfalls dann nicht, wenn er für den VE und den NE eingesetzt ist, vgl. insoweit Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdnr. 3433 m.w.N. Dies dürfte hier wohl gegeben sein, so dass m.E. Umschreibung unter Löschung beider Vermerke erfolgen kann.
    Schließt man sich dieser Meinung nicht an, bedürfte es zur wirksamen Veräußerung der Zustimmung der NE. Auch diese liegt lt. Sachverhalt vor, erklärt durch den für die NE bestellten TV. Auch dies dürfte dann m.E. ausreichend sein, zumal der TV ausdrücklich von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist.

  • Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der TV nach wohl h.M. nicht den Beschränkungen des Vorerben unterliegen soll. Dies jedenfalls dann nicht, wenn er für den VE und den NE eingesetzt ist, vgl. insoweit Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdnr. 3433 m.w.N. Dies dürfte hier wohl gegeben sein, so dass m.E. Umschreibung unter Löschung beider Vermerke erfolgen kann.
    Schließt man sich dieser Meinung nicht an, bedürfte es zur wirksamen Veräußerung der Zustimmung der NE. Auch diese liegt lt. Sachverhalt vor, erklärt durch den für die NE bestellten TV. Auch dies dürfte dann m.E. ausreichend sein, zumal der TV ausdrücklich von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist.

    Ob der für den Vorerben ernannte TV den Beschränkungen der Vorerbschaft unterliegt, ist hier nicht von Belang, weil der TV nach § 2222 BGB während der Dauer der Vorerbschaft auch für den Nacherben ernannt ist. Es geht hier also lediglich um das Verbot der unentgeltlichen Verfügung nach § 2205 S. 3 BGB und insoweit wird man die Nacherben - wie auch sonst - auch anzuhören haben.

  • Wie würde die Anhörung der Nacherben denn aussehen? Müßte eine Kopie des Vertrag an jeden Nacherben übermittelt werden oder würde ich nur mitteilen, dass der TV das Grundstück ... zu einem Preis von ... veräußert hat und um Mitteilung bitten, ob Bedenken gegen den vereinbarten Kaufpreis bestehen?

    Und wie würde ich mit dem mitgeteilten Ergebnis der Nacherben umgehen müssen? Diese können ja im Zweifel auch nur Behauptungen aufstellen, z.B. dass man hätte 100 € mehr bekommen können... Reicht eine Behauptung, um den grundbuchlichen Vollzug zu verhindern?

    Ich dachte, es genügt, dass das Grundbuchamt keine ersichtlichen Zweifel hat, denn der TV kann hier den Nachweis schlecht in der Form des § 29 GBO bringen.

  • ...vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass es bei mir nicht um ein bebautes Grundstück geht, sondern um Waldfläche/Verkehrsfläche.

  • Das Anhörungserfordernis besteht - wie im Forum schon vielfach festgestellt - auch dann, wenn das Grundbuchamt keine Zweifel an der vollen Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts hat, weil das Grundbuchamt seine Ansicht nicht an diejenige der Beteiligten setzen kann (OLG Düsseldorf FamRZ 2012, 1762; OLG Bamberg FamRZ 2016, 848). Und wie man dann mit dem Anhörungsergebnis umgeht, hängt vom Inhalt der abgegebenen Stellungnahmen ab.

    Wer zu einem Rechtsgeschäft angehört wird, muss dessen gesamten Inhalt kennen, um zu ihm Stellung nehmen zu können. Demzufolge würde ich den Nacherben stets eine Kopie des gesamten Vertrags zukommen lassen.

    Einmal editiert, zuletzt von Cromwell (10. Februar 2017 um 08:28) aus folgendem Grund: Schreibfehler berichtigt

  • Ich hänge mich hier mit einem fast identischen Fall an :):

    Nacherbfolge ist angeordnet. Nacherben sind die Abkömmlinge des Vorerben. Vorerbe ist befreit. Nacherbfall tritt ein beim Tode des VE. ErsatzNEfolge ist angeordnet.
    Testamentsvollstreckung (in Form einer Dauertestamentsvollstreckung gem. § 2209 BGB) am Anteil des VE ist angeordnet.

    Es handelt die TVin im a) eigenen Namen (sie bildet als Vollerbin mit dem Vorerben zusammen eine Erbengemeinschaft), b) als TV hinsichtlich des Erbanteils des VE. Die TVin erklärt in ihrer Eigenschaft für die Nacherben und Ersatznacherben ihre ausdrückliche Zustimmung zum (entgeltlichen) Kaufvertrag an einen Dritten. Sie wurde von der Erblasserin auch zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Nacherben gegenüber dem Vorerben ernannt.

    Lt. RdNr. 3486 HRP Grundbuchrecht erspart das die Bestellung eines Pflegers für die evtl. noch unbekannten NE und damit auch die Notwendigkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung.

    Jetzt liegt die Auflassung und der Antrag auf Löschung des TV- und NE-Vermerks am Vertragsgegenstand vor. Vor Löschung des NE-Vermerks aufgrund Unrichtigkeitsnachweises wäre dem/den Nacherben rechtliches Gehör zu gewähren (RdNr. 3521 HRP Grundbuchrecht; RdNr. 37 zu § 51 GBO, Demharter, GBO, 29. Aufl.). Ist dies hier tatsächlich nötig :gruebel:? Eigentlich denke ich nicht - s.a. BWNotZ 5-6/2004, S.97 ff, insbesondere S. 102 ... aber nachdem ich hier gelesen habe ... :( ???

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Nachdem ich den Beschluss des OLG München v. 15.04.2016, 34 Wx 158/15 und die Anm. Prof. Dr. Reimann und die RNr. 111 zu § 51 GBO, BeckOK GBO/Zeiser, gelesen habe, werde ich den NE-Vermerk löschen.

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  • Womit ich wieder bei einer Pflegerbestellung wäre ... NE gibt´s noch nicht - und wird´s wohl auch nie geben (Behindertentestament).

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  • Ich denke schon, dass es Nacherben geben wird. Denn wenn - wie Du schreibst - Ersatznacherbfolge angeordnet ist, werden wohl die Geschwister des Vorerben zu Nacherben berufen sein, wenn der Vorerbe ohne Hinterlassung von Abkömmlingen verstirbt. So ist es beim Behindertentestament auch üblich. Ob es sich dabei im Rechtssinne um eine Ersatznacherbfolge handelt oder ob sich die Persönlichkeit der Nacherben von vorneherein nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls bestimmt, bleibt sich dabei gleich.

    Um das Erfordernis einer Pflegerbestellung (alleine!) zum Zweck der Anhörung wird man nicht herumkommen. Allerdings gibt es in diesem Zusammenhang keinen Genehmigungstatbestand, weil keine materielle Erklärung des Pflegers in Frage steht.

  • Zur Abrundung: ErsatzNE ist die Vollerbin/TVin ... sorry, ich habe mich falsch ausgedrückt - ich meinte Abkömmlinge des VE (die die NE wären).

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    Einmal editiert, zuletzt von Alias (7. April 2017 um 08:20) aus folgendem Grund: Hälfte vergessen ...

  • Man sollte allerdings daran denken, dass der TV seinerseits dem Verbot der unentgeltlichen Verfügung unterliegt (§ 2205 S. 3 BGB) und dass die Nacherben, für die er nach § 2222 BGB (auch) amtiert, dann aus diesem Grunde anzuhören sind.

    Die Sache macht mich kirre :(!

    Nachdem ich jetzt unter Hinweis auf OLG Bamberg, Beschl. v. 22.01.15 (3 W 3/15) die Bestellung eines Pflegers für die unbekannten Nacherben zur Anhörung angeregt habe, fragt das Notariat an, ob ein TV-Zeugnis mit dem ausdrücklichen Zusatz, dass die TV auch für die NE eingesetzt ist, die Pflegerbestellung entbehrlich macht ... . Wenn ich die zitierte Aussage richtig lese, nein ... nur wie mache ich das dem Notariat verständlich, wenn ich es schon selber nicht mehr wirklich verstehe ... :gruebel:

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