Umsatzsteuer bei ausländischen Mandanten

  • Guten Morgen,

    ich habe zwei KFA vorliegen.
    Bei dem ersten handelt es sich bei dem Mandanten um einen polnischen Unternehmen, der aber im Verfahren als Privatperson aufgetreten ist. Hier wurde die Umsatzsteuer beantragt mit dem Zusatz: Der Antragsteller ist zum Vorsteuerabzug berechtigt. Hierbei handelt es scih um einen im Ausland ansässigen Unternehmer.
    Bei dem zweiten ist die Mandantin ein portugisiesches Unternehmen. Hier wurde die Umsatzsteuer nicht beantragt mit dem Zusatz: Die Antragstellerin unterliegt als portugiesisches Unternehmen nicht dem deutschen Steuerrecht.

    Ich habe nur soweit Informationen gefunden, als dass der Anwalt von der ausländischen Privatperson die Mehrwertsteuer verlangen kann und diese auch soweit nach Antrag auch anzusetzen sind. Wie sieht das aber bei dem ausländischen Unternehmen aus?

    LG Martina

  • Wenn die Partei ein ausländischer Unternehmer ist, darf ihr deutscher RA gem. § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG keine USt in Rechnung stellen, weshalb der ausländische Unternehmer auch nicht befugt ist, die USt vom Gegner erstattet zu verlangen (Kostenfestsetzung/Hellstab, 21. Aufl.2012, B 595; OLG Jena, Beschluß v. 11.07.2011 - 9 W 303/11; OLG Stuttgart, JurBüro 1982, 1674 =Justiz 1982, 403; OLG Hamburg, JurBüro 1982, 1350 = MDR 1982, 857; OLG Frankfurt, AnwBl 1983, 335 = Rpfleger 1983, 85 = JurBüro 1983, 446). Die Festsetzung ist in diesem Fall trotz Erklärung abzulehnen (Hellstab, aaO.).

    Fällt keine deutsche USt an, kann die erstattungsberechtigte Partei auch keine Erstattung vom unterlegenen Gegner verlangen (Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., VV 7008 Rn. 30). Soweit das ausländische Unternehmen nach seinem Heimatrecht vorsteuerabzugsberechtigt ist, scheidet ein Erstattungsanspruch gegen den Gegner in Deutschland aus. Insoweit ist auch eine Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO notwendig.(Gerold/Schmidt, aaO., Rn. 68).

    Wenn ein Unternehmer (Anwalt) eine Leistung an ein anderes Unternehmen im Ausland erbringt, dann gilt die Leistung am Ort des Empfängers bewirkt. Die Leistung unterliegt also nicht der deutschen Umsatzsteuer.

    Siehe auch: http://www.rechtsanwaltskammerhamburg.de/uploads/Umsatzsteuer.pdf

    Einmal editiert, zuletzt von ZVR (13. Februar 2017 um 09:45)

  • Zusatz: wenn ein Unternehmen mit Sitz im Ausland dort nicht-vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann die Partei sich die in dem jeweiligen Land geltende Mehrwertsteuer festsetzen lassen.
    Ich habe das des Öfteren bei Banken mit Sitz in Irland und setze dann auch die dortige Mehrwertsteuer (etwas über 20 %) fest.

  • Zusatz: wenn ein Unternehmen mit Sitz im Ausland dort nicht-vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann die Partei sich die in dem jeweiligen Land geltende Mehrwertsteuer festsetzen lassen.
    Ich habe das des Öfteren bei Banken mit Sitz in Irland und setze dann auch die dortige Mehrwertsteuer (etwas über 20 %) fest.


    auf welcher Rechtsgrundlage? :gruebel:

    Die Ausführungen von ZVR in #2 scheinen mir eigentlich plausibel. Ergo dürfte keine MWSt. festgesetzt werden.

  • Zusatz: wenn ein Unternehmen mit Sitz im Ausland dort nicht-vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann die Partei sich die in dem jeweiligen Land geltende Mehrwertsteuer festsetzen lassen.
    Ich habe das des Öfteren bei Banken mit Sitz in Irland und setze dann auch die dortige Mehrwertsteuer (etwas über 20 %) fest.

    Die Bank erhält also ein kleines "Geschenk" dafür, dass sie gar keine MWSt bezahlt hat?
    Oder liegt dem die reverse-charge-Regelung zugrunde? Dann wäre es nachvollziehbar.

    2 Mal editiert, zuletzt von ZVR (20. Februar 2017 um 13:05)

  • Zusatz: wenn ein Unternehmen mit Sitz im Ausland dort nicht-vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann die Partei sich die in dem jeweiligen Land geltende Mehrwertsteuer festsetzen lassen.
    Ich habe das des Öfteren bei Banken mit Sitz in Irland und setze dann auch die dortige Mehrwertsteuer (etwas über 20 %) fest.

    Die Bank erhält also ein kleines "Geschenk" dafür, dass sie gar keine MWSt bezahlt hat?

    Ohne mich jetzt näher das mit beschäftigt zu haben: das sieht das OLG München offensichtlich anders und scheint von der Rechtsprechung auch gedeckt zu sein. Jedenfalls begründet der RA die gut 20 % Mehrwertsteuer nach irischem Recht mit ausreichender Rechtsprechung. Auch mein LG (Ffm) sieht es so.

  • Zusatz: wenn ein Unternehmen mit Sitz im Ausland dort nicht-vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann die Partei sich die in dem jeweiligen Land geltende Mehrwertsteuer festsetzen lassen.
    Ich habe das des Öfteren bei Banken mit Sitz in Irland und setze dann auch die dortige Mehrwertsteuer (etwas über 20 %) fest.

    Die Bank erhält also ein kleines "Geschenk" dafür, dass sie gar keine MWSt bezahlt hat?

    Ohne mich jetzt näher das mit beschäftigt zu haben: das sieht das OLG München offensichtlich anders und scheint von der Rechtsprechung auch gedeckt zu sein. Jedenfalls begründet der RA die gut 20 % Mehrwertsteuer nach irischem Recht mit ausreichender Rechtsprechung. Auch mein LG (Ffm) sieht es so.

    Hat jemand die Entscheidung OLG München vom 28.6.2011, Az 11 W 885/11?
    Kann mir nicht vorstellen, dass das der gleiche Sachverhalt ist und dass fiktive MWST festgesetzt wird, wenn sie tatsächlich nicht angefallen ist, bzw. nicht bezahlt wurde.

  • Moment, es geht in dem Fall darum, dass MWSt angefallen und bezahlt wurde, aber nicht die 19 % nach deutschem Recht, sondern - in diesem Fall - nach irischem. Von fiktiver Mehrwertsteuer habe ich nicht gesprochen.

  • Na, das ist dann ja klar, dass gezahlt MWST auch mit festzusetzen ist.

    Es ist also nicht ungewöhnlich, wenn für einen Unternehmer im Ausland (hier: eine Bank in Irland) der nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, trotzdem die USt, die er als Leistungsempfänger im Ausland "selbstversteuern" muss, festzusetzen ist, auch wenn er sie nicht als Vorsteuer geltend machen (abziehen) kann.

    Grund ist m.E. dann die Umsatzsteuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (reverse charge).

    Für Dienstleistungen an Unternehmer (B2B) ist für die Bestimmung des umsatzsteuerlichen Leistungsortes maßgeblich, wo der Leistungsempfänger seinen Sitz hat (§ 3 a Abs. 2 S.1 UStG). Dort, wo der Ort der Dienstleistung aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht liegt, ist die Leistung auch steuerbar. Wenn die Leistung für eine Betriebsstätte ausgeführt wird, kommt es darauf an, wo diese ihren Sitz hat (§ 3 a Abs. 2 S. 2 UStG). Wird eine Dienstleistung an einen unternehmerischen Leistungsempfänger (B2B) erbracht, ist nicht mehr der Sitz des leistenden Unternehmens maßgeblich, sondern der Sitz des Leistungsempfängers (§ 3 a Abs. 2 UStG).

    Auf Basis der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie gilt in allen EU-Mitgliedstaaten die reverse-charge-Regelung, wenn der Leistungsort einer B2B-Leistung zu dem in der EU ansässigen Leistungsempfänger gemäß § 3 a Abs. 2 UStG (Punkt 3.1.) verlegt wird. Bei dem reverse-charge-Verfahren übernimmt der im EU-Gebiet ansässige Leistungsempfänger die Umsatzsteuerschuld des in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässigen leistenden Unternehmers (reverse charge). Die Umsatzsteuer des jeweiligen EU-Mitgliedstaates wird von dem Leistungsempfänger nach den jeweils geltenden nationalen Regelungen des anderen EU-Staates im Rahmen seiner Umsatzsteuervoranmeldung beziehungsweise Umsatzsteuererklärung angemeldet. Bei regelbesteuerten Unternehmern kann diese Umsatzsteuer zeitgleich als Vorsteuergeltend gemacht werden (entspricht § 15 Abs. 1 UStG).

    Wird der Ort der Leistung ins EU-oder Drittlandsgebiet verlegt, hat dies auch Auswirkungen auf die Rechnungsstellung durch den Leistungserbringer. Ein in Deutschland ansässiger Unternehmer hat eine grenzüberschreitende Leistung an den Leistungsempfänger mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder Drittland jedenfalls ohne deutsche Umsatzsteuer abzurechnen.

  • Ich habe eine Frage zu diesem Thema:

    Wir haben ein Verfahren auf Familiennachzug eines minderjährigen Flüchtlings mit Wohnsitz hier, die Eltern (aus Kriegsgebiet) sind aufgrund unseres Antrages hierher gekommen. Muss ich die Umsatzsteuer beim Kostenfestsetzungsantrag quoteln, da Erfüllungsort der Leistung der Wohnsitz des mdj. und der Eltern ist, oder setze ich, da die Eltern jetzt hier in Deutschland wohnen - ganz normal - die Umsatzsteuer in voller Höhe (also ohne Quotelung) an?


  • Das reverse-charge-Verfahren (Selbstversteuerung des ausländischen Leistungsempfängers) gilt nur bei Business-to-Business (Abkürzungen: B2B, B-to-B oder BtB). Nur für Dienstleistungen an Unternehmer (B2B) ist für die Bestimmung des umsatzsteuerlichen Leistungsortes maßgeblich, wo der Leistungsempfänger seinen Sitz hat (§ 3 a Abs. 2 S.1 UStG).

    Dies bezeichnet also Geschäftsbeziehungen zwischen mindestens zwei Unternehmen.



  • Die Rechtspflegerin hat meinen KFA wegen der angesetzten Umsatzsteuer beanstandet und auf §§ 1, Abs. 1 Nr. 1, 3a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 u. 3 UStG verwiesen, was ich nachvollziehen kann.

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